Legen wieder Deutsche Europa in Schutt und Asche?

Ursula von der Leyen und Friedrich Merz drängen auf die Beschlagnahmung russischer Staatsvermögen für die Ukraine – und Friedrich Merz bietet für diesen Tabubruch Deutschland zur Haftung der erheblichen Risiken an. Ökonomen und selbst der belgische Premier warnen vor Rechtsbruch, Finanzbeben und einem sehr hohen Preis für Europa.

picture alliance / BELGA | N. Maeterlinck

In ruhigen Zeiten ist es nicht schön, aber verkraftbar, wenn ein Bundeskanzler dilettiert. Doch wir leben nicht in ruhigen Zeiten. Friedrich Merz hatte dem Vernehmen nach in der Fraktion durchblicken lassen, dass Innenpolitik nicht so wichtig wie Außenpolitik sei. Da sich Merz als Außenkanzler sieht und er sich einer wichtigen Rolle in der Welt schmeichelt, die er in Wahrheit gar nicht spielt, überlässt er die Innenpolitik komplett der SPD. Man fragt sich, weshalb Merz überhaupt Bundeskanzler werden wollte, wenn er sich nicht für Deutschland interessiert? Ihm scheint nicht einmal die Binse bekannt zu sein, nach der seine internationale Autorität von der wirtschaftlichen und militärischen Stärke von Deutschland abhängt. Maulheldentum wirkt nur peinlich.

Während Merkel die militärische Stärke Deutschlands und auch die wirtschaftliche ruiniert hat, legt Merz nun letzte Hand an Deutschlands wirtschaftliche Stärke, indem er innenpolitisch einer Partei freie Hand lässt, deren Vorsitzende erklärtermaßen den Klassenkampf gegen die Arbeitgeber reaktivieren will.

Aber vielleicht wird Innenpolitik wirklich unwichtig, wenn Ursula von der Leyen und Friedrich Merz in ihrem Dilettantismus Deutschland zerstören und die EU zerlegen. Die beiden CDU-Politiker, Kommissionspräsidentin und Bundeskanzler, sind sich nicht im Geringsten klar darüber, was geschieht, wenn sie zur Finanzierung der Ukraine 140 oder 160 Milliarden Euro eingefrorener Vermögenswerte Russlands verwenden, die sie genaugenommen Russland entwenden. Der Ökonom Jeffrey Sachs sagte der Berliner Zeitung: „Der Plan ist illegal, rücksichtslos und wird Europa im Falle seiner Umsetzung zwangsläufig sehr hohe Kosten verursachen. Das sagen auch führende europäische Finanzexperten. Europas finanzielle Glaubwürdigkeit wird schwer beschädigt, ganz zu schweigen von den Folgen russischer Klagen und Vergeltungsmaßnahmen. Darüber hinaus würde diese Aktion Europa tief spalten und die Beziehungen innerhalb der EU vergiften.“ Sachs übertreibt nicht, Sachs hat einfach recht.

Am 5.12. reiste der deutsche Außenkanzler statt nach Norwegen nach Brüssel. Wäre er doch nach Norwegen geflogen. Dort wollte er zusammen mit Ursula von der Leyen den belgischen Premierminister Bart De Wever davon überzeugen, dass der belgische Finanzdienstleister Euroclear russische Vermögenswerte, die derzeit aufgrund des Krieges eingefroren sind, für die Ukraine freigibt. Die Ukraine ist pleite. Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass bis ins nahe Umfeld Selenskis an der Pleite auch kräftig verdient wurde. Jetzt soll der Finanzkollaps der Ukraine dadurch abgewehrt werden, dass frisches Geld in für Korruption anfällige Kanäle gepumpt wird. Um von der Leyens und Merzens dreisten und für Deutschland katastrophalen Plan zu verhindern, können Deutschlands Hoffnungen nur noch auf dem belgischen Premier Bart De Wever ruhen.

Man muss dazu wissen, dass Euroclear nicht irgendein Finanzdienstleister ist, sondern er ist als einer der beiden größten Zentralverwahrer der Welt tätig im Bereich der Verwahrung von Wertpapieren, der Abwicklung von Wertpapiertransaktionen, der Verwaltung von hinterlegten Sicherheiten und der Vermittlung von Wertpapierleihen. Euroclear kann man als eine Säule im internationalen Finanzmarktgeschäft bezeichnen. Die Grundlage des Geschäfts besteht im Vertrauen. Wie in einem großen Grundbuch sind die Vermögenswerte und die einzelnen Beteiligungen an Vermögenswerten auf der ganzen Welt verzeichnet, in einer Globalurkunde. Wenn jetzt Euroclear die russischen Beteiligungen an Vermögenswerten in der Welt einfach streicht und dafür einfach die EZB oder die Nationalbank der Ukraine einsetzen würde, käme das einer Enteignung gleich, im Grunde wäre es Diebstahl. Die Chefin von Euroclear, Valérie Urbain, kündigte bereits an, wenn die EU die russischen Vermögenswerte entwendet, Euroclear die Entscheidung gerichtlich anfechten wird. Unter Umständen würde die EU durch die Beschlagnahmung der russischen Gelder die Insolvenz von Euroclear provozieren und damit einen Banken-Krach auslösen. Jeffrey Sachs erklärt: „Mehrere europäische Politiker, allen voran EZB-Präsidentin Lagarde und Euroclear-Chefin Urbain, haben sich besorgt über die zu erwartenden Marktreaktionen geäußert.“

Man fragt sich wirklich, was Friedrich Merz bei BlackRock gemacht hat. Kaffee gekocht? Jeder Versuch von Kanzler Merz, als stark zu erscheinen, ruft international nur noch Verwunderung, Mitleid und Gelächter hervor, weil er Schwäche verrät. „Europas Führung wird als sehr schwach und unklug wahrgenommen“, schätzt Sachs ein. „Die EU wird in Aufruhr geraten, wenn der Widerstand mehrerer Staaten einfach von Deutschland übergangen wird.“ Sachs weiter: „Das Hauptproblem wird eine tiefe Krise innerhalb Europas sein, insbesondere im Hinblick auf die Vergeltungsmaßnahmen Russlands. Die politische Gegenreaktion in Europa gegen Merz, Macron und von der Leyen wird heftig sein.“ Wobei man in dem Fall Macron eher in Moskau sehen würde, als eine Concorde zu fliegen vermocht hatte.

Der russische Botschafter in Berlin, Sergei Netschajew, erklärte bereits: „Jede Operation mit russischen Staatsvermögen ohne russische Zustimmung wäre Diebstahl. Und es ist klar, dass der Diebstahl russischer Staatsgelder weitreichende Konsequenzen haben wird“. Wenn Netschajew damit drohte, dass der Ruf der EU in der Geschäftswelt „zerstört“ werden könnte, dass „endlosen Gerichtsverfahren“ folgen würden, deren Konsequenzen in „Rechtsanarchie und Zerstörung der Grundlagen des globalen Finanzsystems“ liegen würden, deren erstes Opfer Europa wäre, sollte man das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Italiener wollen ihre Goldreserven von der Zentralbank zurückhaben (TE berichtete). Ein Zerfall des internationalen Finanzsystems könnte die Folge sein, nach dessen Reparatur Deutschland keine Rolle mehr spielen würde.

Inzwischen hat der belgische Premier zu den Verhandlungen mit von der Leyen und Merz laut der belgischen Zeitung La Libre gesagt: „Es wäre eine schöne Geschichte: Geld vom Bösewicht Putin nehmen und es dem Guten, der Ukraine, geben. Aber eingefrorene Vermögenswerte eines anderen Landes, seine Staatsfonds, zu stehlen, hat es noch nie gegeben. Es handelt sich hier um Geld der russischen Zentralbank. Selbst während des Zweiten Weltkriegs wurden die deutschen Gelder nicht beschlagnahmt. Während eines Krieges werden Staatsfonds eingefroren. Und nach Kriegsende muss der Verliererstaat diese Vermögenswerte ganz oder teilweise an die Sieger abgeben. Aber wer glaubt ernsthaft, dass Russland in der Ukraine verlieren wird? Das ist ein Mythos, eine reine Illusion. Es ist nicht einmal wünschenswert, dass sie verlieren und dass in einem Land mit Atomwaffen Instabilität um sich greift. Und wer glaubt, dass Putin die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte gelassen hinnehmen wird? Moskau hat uns wissen lassen, dass Belgien und ich persönlich die Auswirkungen einer Beschlagnahmung zu spüren bekommen werden… Und was, wenn auch Belarus und China westliche Vermögenswerte beschlagnahmen? Haben wir all das bedacht? Nein, haben wir nicht. Ich habe meine europäischen Kollegen gefragt, ob sie bereit wären, die Risiken für Belgien zu teilen. Nur Deutschland erklärte sich dazu bereit.“ Nur Deutschland? Nicht einmal Frankreich? Nur Merz? Nicht Macron? Diese Aussage von Bart De Wever sollte man noch einmal lesen: demnach ist Friedrich Merz der einzige europäische Regierungschef, der bereit ist alle Risiken im Namen Deutschlands zu übernehmen! Die Abgeordneten des Bundestages, besonders die der AfD, der Union und die wenigen außenpolitischen Realisten in der SPD sollten jetzt diesen Kanzler einhegen. Es liegt in ihrer Verantwortung, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Von den Grünen ist das nicht zu erwarten, sie hatten noch nie ein positives Verhältnis zu Deutschland und wollten und wollen der Ukraine alles geben, was die Ukraine will. Und wenn es Deutschlands Zukunft ist.

Was glauben denn die Mustertstrategen in Brüssel und Berlin, was nach dieser Beschlagnahmung geschieht? Wenn Europa nicht in den direkten Krieg schlittert, gehen dennoch in Deutschland die Lichter aus. Die EU wird zerfallen, weil andere Staaten nicht haftbar sein wollen für von der Leyens und Merzens Abenteuer. Putin ist gerade in Indien, Modi und Putin umarmten sich. Noch hält Indien eine Art Äquidistanz ein, noch. Die Chinesen blicken mit Befremden auf Deutschland. Die Dame in Brüssel und der Herr in Berlin üben sich in einer urdeutschen Eigenschaft: der Flucht aus der Realität in den Glauben. Sie blicken lieber in den Spiegel, als in die Welt. Würden sie in die Welt blicken, müssten sie erkennen, dass gerade die Welt neu aufgeteilt wird – und Ursula von der Leyen und Friedrich Merz Deutschland fahrlässig aus dem Spiel nehmen.

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