Karl Lauterbach und der Niedergang der SPD

Eine Zustandsbeschreibung der SPD anhand von Karl Lauterbachs maßlosem Umgang mit Kritikern.

© Sean Gallup/Getty Images

SPIEGEL TV bringt einen Filmbericht über die komfortable Unterbringung und Finanzierung einer syrischen Mehrfrauen-Familie. TE greift den Bericht und einen Beitrag auf WELT online dazu auf und stellt ihn in den Zusammenhang der Suspendierung des deutschen Rechts für Migranten und den doppelten Maßstab des Sozialstaats für Einheimische und Einwanderer.

Herr Lauterbach zielt auf TE, nicht auf SPIEGEL und WELT und drückt den Twitter-Abzug. Dabei vertut er sich in der Sache mehrfach. Mehrere Autoren bei TE sehen das als Teil des Zustandes der SPD, um den keine Partei zu beneiden wäre. Dessentwegen aber auch nicht zuletzt es immer weiter bergab mit der SPD geht. Denn das NetzDG schützt die SPD und die ihren zwar vor Stimmen der Opposition, aber ganz gewiss nicht davor, der Welt ihre gedankliche Bequemlichkeit und ihre unglaublich große Wählerferne zu offenbaren. Jeden Tag.

— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) February 20, 2018

Lauterbachs Fehleinschätzung beginnt damit, dass nicht Deutschland den Familienvater vor der Todesbedrohung des Bürgerkrieges in Syrien retten konnte, denn der Syrer war vorher durch mehrere EU-Länder gekommen. Dort blieb er nicht deshalb nicht, weil er und seine Familie auch dort vom Tode bedroht worden wären, sondern weil er sich in Deutschland die großzügigste Zuwendung aus der Sozialkasse erwartete – eine richtige Einschätzung, wie der SPIEGEL-Film nüchtern dokumentiert. Mit dieser Tatsache entfällt auch Lauterbachs schneller Twitter-Satz, ob der Eingewanderte arbeite oder nicht, sei ihm egal, Hauptsache er sei am Leben geblieben. Der Frage von Hugo Müller-Vogg, wie Lauterbach den deutschen Arbeitnehmern erklären wolle, dass sie arbeiten und der aus ihren Beiträgen finanzierte Einwanderer nicht, geht Lauterbach anhaltend aus dem Weg.

Der Protest war so enorm, dass Lauterbach noch spät am Abend ohne Tweet-Zitat (geht an mehr Follower), sondern als Antwort (geht an weniger Follower) an Müller-Vogg kleinlaut schrieb:

„Asyl vor Tod und Terror ist Menschenrecht“ – mit dieser Formel drückt sich Lauterbach vor einer Antwort. Der Syrer erhielt einen Ablehnungsbescheid als Asylbewerber, sonst hätte er nicht auf dem Klageweg einen dreijährigen Flüchtlingsstatus erstreiten können. Dieser Status erlaubt ihm nun eine Arbeitsaufnahme. Davon will Ahmad zur Zeit keinen Gebrauch machen. Lauterbachs Satz, das sei ihm egal, Hauptsache, der Mann sei dem Tod entkommen, hängt beziehungslos in der Luft. Denn natürlich könnte Ahmad jetzt Arbeit suchen.

Und nun zu dem, was keinem Politiker und keinem Bürger unterlaufen darf: Die hier, im SPIEGEL-Film, WELT-Bericht und auf TE dargestellte Kritik mit der Formel totschlagen zu wollen „erinnert an Nazi Juden Propaganda“. Das ist eine nicht hinzunehmende Relativierung des Holocaust, die in der Tagesauseinandersetzung täglich von immer mehr grob leichtfertig eingesetzt wird, seit Antifa, Grüne, Linke und Sozialdemokraten die Nazikeule schwingen, auch wenn der Anlass mit den Verbrechen der NS-Zeit nicht das geringste zu tun hat.

Im Buch „Rule 34“, welches TE 2015 besprochen hat, geht es um einfache und gängige Internet-Regeln. Gleich die erste Regel in dem fröhlichen Heft von Sebastian Bartoschek und Thomas Koch, mit Illustrationen von Peter „Bulo“ Böhling, besagt: „Hitler beendet jede Diskussion“. Dazu weiter: „Der Sachbuchautor Mike Godwin sagte 1990 voraus: „Mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit Nazi oder Hitler dem Wert Eins an.“ (…) So einfach geht das. So unsinnig ist es.“

Weil Karl Lauterbach sich gar nicht mehr anders zu helfen weiß, beendet er die „Diskussion“ dann wie aus dem Lehrbuch „Rule 34“ mit dem folgenden Tweet:

Noch mal: Der verlinkte Artikel behandelt die Reportage von Spiegel TV sowie Artikel bei Welt Online und Bild. Was bedeutet das nun im Umkehrschluss für Ulf Poschardt, für Julian Reichelt, Andrew Moussa und Spiegel TV?

Vielleicht schaut Herr Lauterbach auf das, was Marc Felix Serrao von der NZZ dazu zu sagen hat:

TE-Autor Alexander Wallasch bestand darauf, Karl Lauterbach für seinen Tweet zur Rede zu stellen.

Sein Berliner Büro versprach zunächst, Lauterbach den Gesprächswunsch zu übermitteln, der aber kniff. Auch eine schriftliche Anfrage ließ Herr Lauterbach bis zum jetzigen Zeitpunkt unbeantwortet.

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