Greta Thunberg besucht Hambacher Forst

Die von entrückt Begeisterten zur quasi-religiösen Ikone hochstilisierte Jugendliche spricht wie zu ihren Jüngern.

FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images

»Du meine Güte, wie gross ist das denn hier?« Auch Greta Thunberg geht es wie vermutlich jedem Besucher, der zum ersten Mal die gewaltigen Tagebaue westlich von Köln ansieht. Sie ist beeindruckt. Monstren von Bagger schaufeln Braunkohle aus der Erde, und Förderbänder leiten sie direkt in die Kraftwerke, in denen Strom erzeugt wird. Bisher zuverlässig und sehr preisgünstig, lieferten die Energie für den Aufstieg der Bundesrepublik zu einer Industrienation. Jetzt sollen sie weg, dafür »Klimaaktivisten« statt Kohlekumpel ins Revier.

Greta besuchte nur einen Tag, nachdem sie in Lausanne (Schweiz) aus einer Veranstaltung der »Fridays for Future«-Kiddies Presseleute hinauswerfen ließ, bei Köln jene Gestalten im Hambacher Forst, die üblicherweise als »Aktivisten« bezeichnet werden, Baumhütten bauen und den Wald in eine Müllhalde verwandelt haben. Die Medien beeilen sich, den Besuch wie einen Staatsbesuch abzulichten. Der WDR scheut sich nicht, Greta die Worte in den Mund zu legen: »Die 16-Jährige warb für einen früheren Kohleausstieg in Deutschland. 2038, wie derzeit geplant, sei aus Sicht der Wissenschaft zu spät.«

Worte einer wahrhaft bedeutenden Energiepolitikerin.

Die von entrückt Begeisterten zur quasi-religiösen Ikone hochstilisierte Jugendliche spricht wie zu ihren Jüngern. BILD gibt Gretas Gebot so wieder, dass in manchen Fällen ziviler Ungehorsam notwendig sei, allerdings nur solange niemand verletzt und nichts zerstört wird.

Die Haltung der garstigen Demonstration wirkt auf den verbreiteten Bildern angesichts der Klimakoryphäe Greta merkwürdig zahm, andächtig wie bei einer Beerdigung. Die angeblich so harten Kämpfer, die schon mal Polizisten mit Fäkalien bewerfen, stehen fast weihevoll mit gesenkten Blicken und lauschen, wie Greta die Aktionen der Waldbesitzer verteidigt: »Es ist absurd, dass Menschen das tun müssen, um den Wald zu schützen.« Es ist sicherlich ein Gerücht, dass die WDR-Staatsfunker nicht zeigen wollten, wie Greta ihre Aktivisten-Jünger segnet.

Bild fragt bang: »Aber denken Menschen, die ihr Gesicht mit Kapuzen und Tüchern vor den Kameras verbergen, genauso über Gewaltfreiheit? Wohl nicht. Mindestens zwei Personen verhüllten ihr Gesicht mit Stoff, blinzelten nur durch einen schmalen Schlitz in die Kameras.«

BILD zitiert mahnend NRW-Innenminister Herbert Reul: »Greta sollte aus meiner Sicht darauf achten, dass sie ihr berechtigtes Anliegen nicht dadurch gefährdet, dass sie sich mit den falschen Leuten umgibt.« Und Michael Mertens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei NRW, ergänzt: »Greta Thunberg neben einer vermummten Person fühlt sich falsch an. Der Protest im Hambacher Forst war und ist nicht von zivilem Ungehorsam getragen. Verletzte Polizisten und RWE-Beschäftigte durch Zwillenbeschuss, Steinwurf oder Molotowcocktails und permanente Sachbeschädigungen, das sind Straftaten, die verfolgt werden müssen. Das ist weit entfernt von den friedlichen Protesten der Bewegung ,Fridays for Future‘.«

Der unkritisch distanzlose Greta-Fan-Sender WDR elegisch: »Geschockt und traurig blickte die Schülerin von einem Aussichtspunkt in den Tagebau Hambach. Es sei unvorstellbar, dass dafür Natur und Landschaft zerstört und tausende Menschen umgesiedelt würden. ›Orte wie den Tagebau Hambach zu sehen, bestürzen mich zutiefst. Die Zeit läuft uns davon und die Regierungen enttäuschen uns weiterhin‹, sagte sie.«

Kein Mensch, weder beim WDR noch sonstwo, greift verhindernd ein, wenn solche blamablen Unsinnssätze veröffentlicht werden: »Ein Gespräch mit US-Präsident Trump lehnt sie weiterhin ab. Das sei Zeitverschwendung.« Sie wären noch nicht einmal bei einer Büttenrede durchgegangen.

Auf Gretas Besuchsplan steht allerdings nicht der wirklich alte Reinhardswald bei Kassel; dort würde sie vermutlich zu sehr geschockt. Denn dort sollen tatsächlich Tausende von Bäumen für Windräder gefällt werden, ein echter Frevel. Dieser Wald ist im Gegensatz zu dem jungen Hambacher Forst wirklich alt, Jahrhunderte alte Bäume sollen für die Energiewende fallen.

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