Die neuen Diktaturen wachsen in den Universitäten

Die Studentenschaft der London School of Economics lud die israelische Diplomatin Tzipi Hotovely zu einem Vortrag ein. Schon vor der Veranstaltung entschuldigten sich die Organisatoren für die Einladung „angesichts des Unmuts unter den Kommilitonen“.

Screenprint: via twitter

Universitäten galten als Orte der Meinungsfreiheit, der freien Rede und der Freiheit der Lehre und Forschung. Sicher würde eine historische Betrachtung das ideale Bild differenzieren, doch selbst in Universitäten, die sich auf die eine oder andere Art gleichgeschaltet hatten, existierten noch Residuen der Freiheit.

Die Situation ändert sich, aus den Institutionen des Geistes werden Institutionen des Ungeistes, aus Orten der Freiheit Orte der Unfreiheit. Und das vor allem durch Studenten, die im Wohlstand aufgewachsen sind – und sich in einer Art metaphysischer Not gegen die Freiheit fanatisieren.

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Politisches Engagement wird zum neuen Freizeitspaß. Wohlstandsverwahrlosung trifft auf Moral als neuen Party-Event. Gesinnung wird zur hypen Partydroge. Man fühlt sich inzwischen erst richtig gut, wenn man mit den Richtigen mitläuft, man ist nur ein Held, wenn man die schrillsten Anschuldigungen skandiert. Die Vorgänge, mit denen der Mob der Guten, die Professorin Kathleen Stock zum Rückzug zwang, sind bekannt.

Am Dienstag, am 9. November, lud die LSESU Debate Society, die Debattengesellschaft der Studentenschaft der London School of Economics (LSE), die israelische Diplomatin Tzipi Hotovely zu einem Vortrag mit anschließender Diskussion ein. Schon vor der Veranstaltung entschuldigten sich die Organisatoren für die Einladung „angesichts des Unmuts unter den Kommilitonen“. Der Begriff Unmut ist geschichtsnotorisch, er diente nicht selten als Umschreibung für eine Pogromstimmung.

Man kann den Organisatoren wirklich nicht vorwerfen, parteiisch gewesen zu sein, denn heute tritt der Leiter der Palästinensischen Vertretung in London in dieser Veranstaltungsreihe, die sich mit dem Nahen Osten beschäftigt, auf. Haben nach Ansicht der Studenten der London School of Economics nur die Palästinenser das Recht, ihren Standpunkt darzulegen? Offenbar schon.

Im Vorfeld zur Veranstaltung hatte sich eine Gruppe, die sich LSE Class War nannte, bereits zu Aktionen aufgerufen, um der Diplomatin „mal richtig Angst zu machen“. Auf ihrem Instagram-Profil rief die Gruppe dazu auf, „ihre Autofenster einzuschlagen“ und „das Gebäude zu stürmen“. Die Gruppe hatte mit dem 9. November für ihre antijüdische und antiisraelische Aktion ein denkwürdiges, ein sinnfälliges Datum gewählt.

Der Wunsch der LSE Class War ging jedenfalls in Erfüllung. Vor dem Gebäude rottete sich ein Mob aus anti-israelischen Aktivisten zusammen. Wie man auf einem Video, das in den sozialen Medien kursiert, sehen kann, wurde die Diplomatin, als sie die LSE mit einem Blumenstrauß in der Hand verließ, von einem Mob erwartet, der brüllte und buhte. Aktivisten – oder muss man sie schon Terroristen nennen? – versuchten, das Auto zu erreichen und die Diplomatin körperlich zu attackieren. Mitten in London an einem 9. November mussten Sicherheitskräfte eine Jüdin, eine israelische Diplomatin schnell zu ihrem Auto bringen.

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Weil es einem Aktivisten gelang, die Absperrung zu durchbrechen, schob ein Security-Mann die Diplomatin in den Wagen, der sogleich davon brauste, gefolgt von einem Land Rover mit weiteren Sicherheitsleuten. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Stimmungsmache, die Versuche, den Auftritt der Diplomatin zu verhindern, und schließlich der aggressive Mob von studentischen Kreisen der London Schools of Economics ausging. Zumindest äußerte ein Student einem der „freiesten“ Sender der Erde, dem staatlich iranischen Fernsehen gegenüber: „Die Studenten dieser Universität sind zutiefst beschämt. Diese Universität hat es versäumt, die Studentenschaft anzuerkennen und zu vertreten. Wenn die Palästinenser nicht vertreten sind, werden wir nicht aufhören zu debattieren.“

Zwar sind „die Palästinenser“ vertreten – und zwar heute, doch spielt das keine Rolle, denn eine Zierde der studentischen Kämpfer für die Meinungsfreiheit und für die Humanität sagte dem gleichen Sender: „Jemand wie diese Person verdient nicht wirklich das Recht zu sprechen. Sie hat Dinge gesagt, die ein ganzes Volk entmenschlichen.“ Diese Äußerung, und dann noch zum 9. November einer Vertreterin des jüdischen Staates – nebenbei der einzigen Demokratie im Nahen Osten – gegenüber, lässt jede Menschlichkeit, auf die man sich so gern beruft, vermissen. Schämen sollten sich die Studenten, aber sie sind ja keine Studenten mehr, sondern nun noch Studierende.

Die Zerstörung unserer Kultur, der Freiheit, der Toleranz und der Menschlichkeit beginnt heute an den Universitäten.


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Kommentare ( 23 )

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EinBuerger
2 Jahre her

Waren das Studenten dieser Uni? Ich finde es ja immer noch überraschend: Z.B. Studenten an Amerikas Eliteunis, die jährlich sehr viel Geld zahlen müssen, kümmern sich um wokes Gedöns. Und auch für die London School of Economics muss man sehr viel Geld zahlen. Mich würde ein Bericht interessieren, wie die Studenten an diesen Unis diese Gelder auftreiben und wie die Studenten dort so ticken.
Dass es an deutschen Universitäten so ist, wundert mich nicht. Die sind kostenlos und im Notfall kann man auch noch ein Semester dran hängen. Also genügend Zeit für die Studenten.

Giovanni
2 Jahre her

“Die Zerstörung unserer Kultur, der Freiheit, der Toleranz und der Menschlichkeit beginnt heute an den Universitäten.“ Die Zerstörung wird auch in Deutschland mit großer Geschwindigkeit voranschreiten. Schon im Kindesalter wird den Kleinen alles gerecht gemacht. Die Anforderungen an den Schulen werden immer geringer, um diese armen Kinder nicht zu überfordern. Die Meisten schaffen es ans Gymnasium Das Abitur ist so angepaßt, daß kaum Einer dasselbe nicht besteht. Dann geht es an die Universitäten. Obwohl auch hier die Anforderungen niedriger gestellt sind, merken die jungen Menschen dennoch, daß sie für ein Studium nicht geschaffen sind. Sie sind frustriert, sie geben nicht sich,… Mehr

Wolfsohn
2 Jahre her

„Aktivisten – oder muss man sie schon Terroristen nennen?“
Bezeichnen wir sie als das, was sie sind:
Nazis – in ihrer ureigensten Form!
GEGEN Juden
GEGEN Andersdenkende
GEGEN freie Meinungj
GEGEN Menschen
GEGEN Alles…..

MaximilianMueller
2 Jahre her

Wenn es nicht so traurig wäre.. irgendwie schon komisch, wie genau dieselben Muster und Strukturen, die in jedem totalitären System auftauchen, auch jetzt wieder erkennbar sind. Nur eben diesmal von Links, versteckt hinter ebenso hehren Zielen wie damals. Und jeder, der will, kann es sehen, es ist offensichtlich. Trotzdem laufen viele mit, lassen sich mitreißen von falschen Versprechungen und naiven Zielen, weltfremden Ansichten und dem Versprechen auf eine bessere Welt, die es niemals geben wird. Wieder stachelt man die Jugend auf, verbietet Bücher und unterdrückt Meinungen, gefeiert von Medien, die genauso ideologisch durchsetzt sind wie der Mob auf der Straße.… Mehr

Deutscher
2 Jahre her
Antworten an  MaximilianMueller

„Nur eben diesmal von Links, versteckt hinter ebenso hehren Zielen wie damals.“ Ich bin mir nicht sicher, ob wir es wirklich mit einer linken Bewegung im klassischen Sinne zu tun haben. Zum einen ist da die offensichtliche Verflechtung mit dem Islam. Zum anderen der globalistische Aspekt, der auch neoliberale und sozialdarwinistische Anteile hat. Und nicht zuletzt steht diese Bewegung der Arbeiterklasse eher feindselig gegenüber. Wo diese Bewegung an die klassische Linke anschließt, ist es der unbedingte Wille zu Chaos und Gewalt, der Totalitarismus, die systematische Menschenverachtung, der destruktive Hass auf alle Anderen und die perfide Zersetzungs- und Unterwanderungsstrategie. Für mich… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Deutscher
StefanZ
2 Jahre her

In totalitären Systemen gibt es eben keine Debatten und Diskussionen mehr. Wie viel „Geist“ und „Intellekt“ noch in den Universitäten steckt, wurde damit wieder eindrucksvoll bewiesen.

AJMazurek
2 Jahre her

Allahu Akbar?

AJMazurek
2 Jahre her

„Es gibt nichts Neues unter der Sonne“, sagte Kohelet und schrieb G. K. Chesterton vor ca. 100 Jahren: „Der Fortschritt, so wie er seit dem 16. Jahrhundert fortgeschritten ist, verfolgt in jeder Hinsicht den gewöhnlichen Sterblichen. […]  Auch der Fortschritt hat seine Heiligen und seine Märtyrer, seine eigenen Legenden und Wundergeschichten wie jede andere Religion, nur sind sie meistens falsch, wie die Religion, zu der sie gehören. Am verbreitetsten ist die Legende, der junge fortschrittliche Mensch werde von dem alten gewöhnlichen unterdrückt. Aber das stimmt nicht. Der alte gewöhnliche Mensch ist der Unterdrückte. Ihm hat man nach und nach alle… Mehr

Last edited 2 Jahre her by AJMazurek
Ali
2 Jahre her

Diese sogenannten „Studenten“ gehören alle vor die Türe gesetzt. Und nicht nur vor die Türe diese (nur noch) Pseudo-Elite-Uni.

Es hat sich mir ohnehin niemals erklärt wie Frauen gleichzeitig religiös motivierte Kopftücher tragen aber an unseren Universitäten studieren wollen.

Entweder muslimisches Mittelalter oder aufgeklärter Westen. Und nein, da bin ich intolerant. Aus Überzeugung! Feuer und Wasser passen nun einmal nicht zusammen.

Sollen diese Leute doch an ihren Koranschulen studieren!

thinkSelf
2 Jahre her

Es wird immer davon ausgegangen das die Universitäten so eine Art Kristallisationspunkt von Hirn sind. Dem ist keineswegs so. Auch die Nationalen Sozialisten haben ihren Siegeszug keineswegs bei den sognannten „einfachen“ Leuten angetreten, sondern an den Universitäten. Sie hatten bereits in den meisten Asten die absolute Mehrheit (bei Wahlbeteiligungen der Studenten von über 70%) als ihre Stimmenanteile in der Bevölkerung kaum wahrnehmbar noch unter 3% lagen. Die Universitäten, insbesondere die Geschwätzwissenschaften, waren schon immer eine Quelle von Ungeist und Totalitarismen. Und warum benutzt der Autor den verharmlosenden Begriff „anti-isralischer Aktivisten“, anstatt den zutreffenden Begriff des faschistischen Mobs. Diese ständige Weigerung… Mehr

Takeda
2 Jahre her

Tja, manchmal ist eine Zigarre eben nur eine Zigarre. – Man gehe einfach nur mal die Definition von Rechtsextremismus durch… Tja, Links,- und Rechtsextremismus stehen sich näher, als sie zugeben wollen. Was sich liebt, das neckt sich?