Die alternativlose Schwampel

Betrachtet man die Ausgangspositionen der sondierenden Parteien ganz nüchtern, ist eine Koalition nicht nur in der Energie- und Klimafrage schwer möglich. Aber das reale Leben schreibt bekanntlich die abenteuerlichsten Geschichten.

Das Leben schreibt die spannendsten Geschichten. Kein Autor kann sich ausdenken, was in den nächsten Wochen und Monaten auf der Bühne der Sondierungen und zu erwartenden Koalitionsverhandlungen gegeben werden wird. Kabarettisten im ganzen Land werden neidlos der unerreichbaren Qualität der Realsatire Schwampel Anerkennung zollen müssen.

Im Beitrag Wirtschaftsbegrünung vermutete ich, die Koalitionsverhandlungen zu Jamaika alias Schwampel würden „zäh wie alte Hammelsehne, boshaft wie Schneewittchens Mutter und langwierig wie ein Flughafenbau.“ Nun laufen erst die Sondierungen und ich nehme für mich in Anspruch, mit dieser Formulierung in der Tendenz einigermaßen richtig gelegen zu haben. Auffallend dennoch, dass Beteiligte der Sondierungsgespräche das Klima loben – also das der Gespräche.

Das politische Format der Beteiligten zeigte sich unter anderem daran, dass sich die Bundestagsabgeordneten der FDP wie die Jungs und Mädels aus der 3d benahmen und Spektakel veranstalteten, weil sie nicht neben den Schmuddelkindern aus der 3c sitzen wollten. Dazu sei gesagt: Nicht auf den Sitzpunkt kommt es an, sondern auf den Standpunkt, für den man die nötigen Argumente in hoher Qualität haben sollte. Es macht absolut keinen Sinn, im Wettlauf um die entschiedenste Gegnerschaft zur AfD siegen zu wollen, da haben die Linken auf Grund ihres festen Klassenstandpunktes mehr Glaubwürdigkeit und einen uneinholbaren Vorsprung.

Ob das Gesprächsklima in der Schwampel-Sondierungsrunde maßgeblich durch den alten Haudegen Kubicki verbessert wurde, darf bezweifelt werden. Sein Anschmeicheln an die grüninnen Teilnehmerinnen der Runde dürfte eher Fremdschämen ausgelöst haben. Für die Grünen reagierte Cem Özdemir mit dem Hinweis, dass der Wahlkampf vorbei sei. Die grüne Burg steht unbeirrbar fest mit dem Ziel der Weltrettung. Auf grüne Abschaltforderungen der grundsätzlich alten Kohlekraftwerke haben die anderen nur die abgestandenen Antworten von Arbeitsplätzen und Strompreisen. Dabei haben Arbeitsplätze die Grünen und ihre hauptsächlich staatsfinanzierten Wähler noch nie wirklich interessiert. Hohe Strompreise verstehen sie nur als Hebel, um auch dem letzten Kleinverbraucher klar zu machen, dass Energieverbrauch Sünde ist. Strompreise lassen sich zudem stabilisieren, wenn man anderswo für das „Killer-CO2“ abkassiert.

Statt wie auf einem anatolischen Basar zu feilschen, sollte das grüne Wolkenkuckucksheim eingerissen werden mit der einfachen Frage nach belastbaren Einstiegsplänen – samt Terminen und Verantwortlichkeiten. Weder Ausbaukorridore volatiler Einspeiser noch Visionen und Szenarien können Grundlage für die nächsten vier Jahre konkreter Politik sein. Kommt der nachhaltige versorgungssichere Einstieg, folgt der Ausstieg über den Einspeisevorrang von selbst.

Betrachtet man die Ausgangspositionen der Schwampel-sondierenden Parteien ganz nüchtern, ist eine Koalition nicht nur in der Energie- und Klimafrage schwer möglich. Aber das reale Leben schreibt bekanntlich die abenteuerlichsten Geschichten. Für alle vier gibt es im Grunde keine Alternative zur Schwampel. Eine Minderheitenregierung wäre im Bundestag hilflos den taktischen Spielchen der anderen ausgeliefert, Neuwahlen würden nur den jetzigen Oppositionsparteien nutzen und wären mit einiger Wahrscheinlichkeit das Ende der Ära Merkel.

Wäre man als Bürger nicht von den Folgen dieser großen Aufführung betroffen, könnte man sich zurücklehnen, entspannt abwarten und die Dramaturgie genießen. Man könnte auch Wetten darauf abschließen, wer von den Teilnehmern sich bis zur Unkenntlichkeit verbiegt, um Macht zu behalten oder einen Zipfel der Macht zu erhaschen. Krönung der Realsatire sind dann die Formulierungen in den Erklärungen, warum aus schwarz weiß gemacht wurde, oder eher zu vermuten, aus gelb grün und durch schwarze Beimischung eben dunkelgrün.


Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt. Erhältlich in unserem Shop:www.tichyseinblick.shop

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Kommentare ( 12 )

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Lothar Finger
6 Jahre her

..man sollte ernsthaft in Erwägung ziehen, auf die Forderungen der Rotgrünen eingehen und alle Kern- und Kohlekraftwerke für eine Woche abschalten!

„learning by doing“

Und Tritt Ihn müsste danach jedem eine Softeiskugel ausgeben!

…ich hör ja schon auf!

Gruß
L.J. Finger

Kopfbrettbohrer
6 Jahre her

…und die Farbe des Propheten…

Teufelskralle
6 Jahre her

Also, wenn ich diese Farben vermische, kommt je nach Anteil eine Variante von Braun heraus.

Rufus
6 Jahre her

„Wäre man als Bürger nicht von den Folgen dieser großen Aufführung
betroffen, könnte man sich zurücklehnen, entspannt abwarten und die
Dramaturgie genießen.“

Der festen Überzeugung, dass sich die politischen Verhältnisse in Deutschland und Europa in der kommenden Dekade vom Kopf auf die Füße stellen werden, genieße ich die derzeitige Dramaturgie tatsächlich in vollen Zügen.

von Kullmann
6 Jahre her

Eine Minderheitsregierung als taktisches Spielchen abzutun, wie in diesem Artikel geschehen, ist arm.
Lieber Herr Henning, überlegen Sie sich besser, welche demokratischen Vorteile sie haben könnte.

Rudi
6 Jahre her

Die Eintracht der neuen Schwampel (schwarze Ampel) konnte man bei der konstituierenden Sitzung des Bundestags am 24. Oktober bereits bewundern. Merkel zusammen mit Hofreiter, Özdemir, Roth und Göring-Eckard vertraulich über einem Tisch gebeugt. Lächelnd versteht man sich, kumpelhaft scherzend, können sie nun endlich gemeinsam grüne Politik machen. Die grüne Mutti endlich inmitten ihrer Lieblingspartei (nach der Wende nutzte die Sozialistin nur wegen der besseren Chancen zur Machtergreifung den Umweg über die korrupte CDU). Nachdem man bis zur Niedersachsenwahl 4 Wochen ungenutzt verstreichen ließ, kann´s Ostern werden, bis die mal anfangen, eine Koalitionsvertrag zu schreiben. Das macht aber nix, weil bis… Mehr

T. Pohl
6 Jahre her

Warum Schwampel ? Sie werden doch nicht allen Ernstes behaupten wollen, daß die CDU für schwarz, ja konservativ stünde ? Eher Beliebigkeit, Hauptsache, sie stellt die Kanzlerette. Dafür hätte die auch direkt mit den Grünen oder den Linken und oder der SPD koaliiert! Wenn die Grünen nicht vom Wähler an Position 6 (die mit der Laterne) gewählt worden wären. Die FDP ist tot, tot, tot wenn sie so weitermacht. Die CDU (warum wollen das deren noch-Abgeordnete nicht verstehen ?) übrigens auch. Die arbeitet, so wie das aussieht, an ihrem „Projekt 18“ nur um der Kanzlerdarstellerin noch mal 4 Jahre Amtszeit… Mehr

misty
6 Jahre her

Irgendjemand muss Frau KGE mal den Floh ins Ohr gesetzt haben, dass sie „schöne Hände“ hat – anders kann ich es mir nicht erklären, dass sie bei jeder Gelegenheit ihre Griffel in die Kamera hält. Wie mir diese quasireligiöse Geste dieser Frau, mit der sie die banalsten Sätze zu unterstreichen pflegt, auf den Wecker geht, kann ich gar nicht näher beschreiben.

treu
6 Jahre her
Antworten an  misty

Ja, die heilige Einfältigkeit. Gegen diesen Wahn können Sie leider gar nichts machen!

Peter
6 Jahre her
Antworten an  misty

Seit der Causa Chebli kann KGE diplomatisch auch jung und hübsch genannt werden.
PCCN= Post Causa Chebli Neusprech

Peter
6 Jahre her
Antworten an  misty

Seit der Causa Chebli kann KGE diplomatisch auch jung und hübsch genannt werden.
PCCN= Post Causa Chebli Neusprech

Dozoern
6 Jahre her
Antworten an  misty

Sie sehen das falsch: KGE winkt dem Volk zu. Vom selben Balkon, von dem früher die Fürsten dem munteren Treiben des Volkes zusahen…