Demo gegen „Polizeigewalt“ – wie die Wohlfühl-Linke Extremisten die Bahn frei machen will

In Berlin demonstriert die Linke mit kleinen Kindern und viel Party gegen Polizeigewalt. Währenddessen leidet die normale Bevölkerung der Stadt, weil die Polizei sich immer weiter zurückziehen muss und Kriminelle und Extremisten immer mehr Freiräume genießen.

IMAGO / Future Image

Wir haben in Deutschland und vor allem in Berlin ein großes Problem. Und ich meine ein wirklich großes Problem, nicht so etwas Lächerliches, wie die massive Verletzung von Grundrechten, eine grassierende Staatsquote oder eine aus dem letzten Loch pfeifende Wirtschaft – nein, unser Problem heißt Polizeigewalt. Und zwar nicht die Polizeigewalt gegen Bürger, die um  22:01 das furchtbare Verbrechen begehen, auf die Straße zu gehen, sondern die Polizeigewalt gegen die „Zivilgesellschaft“. So sehen das zumindest die Linken, die am 8. Mai – dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus bzw. der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Jahre 1945 – zu der Demo „Ihr seid keine Sicherheit! Gemeinsam gegen Rassismus und Nazis in den Sicherheitsbehörden“ aufgerufen haben. Besonders nach der Gewalteskalation am 1. Mai, die die Polizei natürlich von langer Hand geplant und mit satanischer Bosheit absichtlich herbeigeführt hatte, wurde das aber auch wirklich mal höchste Zeit.

Um der „mit rechtsradikalen Netzwerken und Ideologien durchseuchten Sicherheitsbehörde“ gleich zu Beginn deutlich zu machen, dass man ihr die „unzähligen“ rassistischen und gewalttätigen Vorfälle nicht länger durchgehen lässt, startete die Demo direkt vor der Haustür des Klassenfeindes – also direkt vor dem Landeskriminalamt am Platz der Luftbrücke. Dort versammelte sich alles, was Rang und Namen hatte: kleine und große Fridays For Future-Aktivisten, kunterbunte FLINTA*´s, fleißige Enteignungs-Stimmen-Sammler, PKK-Anhänger, Omas gegen Rechts mit selbstgehäkelten Wollmützen und natürlich zahlreiche Vertreter meiner ach so geliebten Antifa – ein wahres Fest für die Sinne, zumindest wenn man über genügend schwarzen Humor verfügt. Obwohl ich damit dank meines Lebens in Kreuzberg ziemlich gut versorgt bin, siegte an einigen Stellen doch mein Entsetzen, z.B. als ich sah, wie ein kleines, vielleicht 5-jähriges Kind voller Stolz eine riesige Antifa-Flagge vor sich hertrug. Und diese Form von Frühideologisierung und Instrumentalisierung war nicht mal das Schlimmste. Auf dem Demozug schleppte eine Mutter ihr nur wenige Monate altes Baby mit – klar, mit Lärmschutzkopfhörern, man ist ja schließlich um sein Kind besorgt.

— julius geiler (@glr_berlin) May 8, 2021

Nach den üblichen Floskeln spielte der Frontblock-Wagen lautstark einen zugleich mitreißenden und befremdlichen Redeauszug einer Holocaust-Überlebenden. Esther Bejanaro, ehemalige Insassin der KZ in Auschwitz und Ravensbrück, Vorsitzende des Auschwitz-Komitees und Ehrenvorsitzende des Bundes der Antifaschisten (VVN-BDA) hatte den Veranstaltern der Demo einen Teil ihrer Rede zum 8. Mai gewidmet: „Und an euch, liebe Freundinnen und Freunde in Berlin, ich freue mich, dass ihr heute am Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus auf das nicht eingelöste Versprechen der Entnazifizierung hinweist. Es gab NIE eine STUNDE NULL! Alte Nazis bauten die Polizeibehörden, das Militär und viele Behörden in der Bundesrepublik auf. Diese Kontinuitäten und der aggressive Antikommunismus sind auch Ursachen für die heute fast täglich bekanntwerdenden rassistischen und antisemitischen Vorfälle in den Sicherheitsbehörden. Es ist beschämend, dass heute noch neofaschistische Netzwerke in diesen Strukturen existieren können. Um diesen Bruch mit den NS-Kontinuitäten auszudrücken, brauchen wir endlich einen Feiertag am 8. Mai!“.

Heft 05-2021
Tichys Einblick 05-2021: Voll vor die Wand
 Ich habe diesem Statement genauso gebannt gelauscht wie die etwa 2.000 Teilnehmer der Demo um mich herum, konnte aber nicht mit dem gleichen Jubel reagieren – ich war eher etwas bedrückt. Ob die NS-Kontinuitäten in der Berliner Polizei heute wirklich das zentrale Problem sind?

Bevor meine Stimmung zu ernst und düster wurde, holten mich zwei Hipster, die hinter mir ganz euphorisch zu dem Gequäke der nächsten Rednerin klatschten, wieder zurück ins bunte Demogeschehen. Während die hysterische Dame auf der Bühne grade darüber sprach, dass die „Schweinepolizei“ unser kapitalistisches „Scheißsystem“ schützt, das für steigende Mieten etc. verantwortlich ist, erzählt der eine dem anderen davon, dass er grade von einer Wohnungsbesichtigung gekommen war. Wo? Natürlich im hippen Prenzlauer Berg. Und: sechs Zimmer, was denn sonst. Ich konnte mein Lachen angesichts dieser völlig unverhohlenen Doppelmoral oder auch einfach angesichts dieser Blödheit nicht unterdrücken – die beiden sahen in ihrem Gespräch und dem Demoinhalt überhaupt gar keinen Konflikt. Und so munter ging es dann auch erstmal weiter. Als der Demozug startete, hüpft als erstes eine -ich glaube-Frau, die nur mit einem Stringtanga und einem Regenschirm bewaffnet war, vor meiner Nase herum, die zum Bündnis „Trans*sexworkers“ gehörte – einer Gruppe transsexueller oft wohl auch migrantischer Prostituierten, die von der gemeinen Polizei an ihrer Arbeit gehindert und schikaniert werden.

Währenddessen zogen die Leute mit kreativen selbstgebastelten Schildern und Bannern an mir vorbei – meine Lieblingsauswahl: „Bei der Polizei ist alles doof“, „Antifa zum Konsens“, „Polizei = Nazibrei“, „Nazis haben eine Nummer – 110“ und am aller besten „Bullenhass gibt’s nie zu viel, Kommunismus ist das Ziel“. Umschallt wurde das Ganze aus diversen Lautsprechern mit punkiger Keller-Musik und Sprüchen wie „Deutschland verrecke!“, „Fackel die Banken ab“ und natürlich „Ganz Berlin hasst die Polizei“. Trotz durchaus vorhandenem Aggressionspotential blieb es auf dem Weg bei einer kleinen Showeinlage an der Hasenheide, wo Autonome auf dem Dach eines Hauses Pyros zündeten und ein riesiges „Abolish the police“-Plakat herunterrollten und einer vorrübergehenden Festnahme, weil ein Demoteilnehmer eine Baustelle beschmiert hatte – laut Demoteilnehmern versuchte die Polizei hier wieder zu eskalieren, es kam kurz zu Tumulten, beruhigte sich dann aber wieder. Die Demo mit etwa 5.000 Teilnehmern zog tatsächlich bis zum Ende seiner Route am Spreewaldplatz in Kreuzberg – es gab also zum Glück kein 1. Mai-Revival. Entgegen der Ansage der Veranstalter, dass man sich diesmal nicht provozieren und die Demo eskalieren lassen würde, lag das wahrscheinlich vor allem an der sehr hohen Polizeipräsenz – laut rbb waren 1.300 Polizisten im Einsatz, ich schätze, dass es noch mehr waren.

Erst völlig skurril, dann gewalttätig
Die „Wütende feministische Demo ohne Cis-Männer“ - die neue Linke in der Petrischale
Mir taten die ganzen Polizisten leid, die eine Demo absichern mussten, auf der sie den ganzen Tag in den Dreck gezogen und bis aufs letzte beschimpft wurden. Dabei sind die Anklagen wegen angeblicher Polizeigewalt und Nazis in den Sicherheitsbehörden grade in Berlin einfach lächerlich – ich meine, die Hälfte unserer Polizei besteht aus Türken oder Arabern und dank Antidiskriminierungsgesetz ist jeder Polizist zusätzlich sowieso schon mal per se des Rassismus schuldig, bis er das Gegenteil beweisen kann. Und von wem wirklich Gewalt ausgeht, zeigte nicht erst der 1. Mai dieses Jahres oder die Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2020, laut der die Gewalt gegen die Polizei aus dem linken Spektrum um 49,9 % zunahm. Die linksextreme Szene hetzt seit Jahren gegen die Polizei, greift immer wieder Beamte an und veröffentlicht Fotos, auf denen sie sozusagen zur Fahndung freigegeben werden. Erst kürzlich wurden nach einem Facebook-Leak Wohnanschriften, Telefonnummern und Mailadressen von Polizisten auf linksextremen Internetseiten veröffentlicht. Der Hinweis „Der Leak enthält falsche Positive, deshalb würden wir alle bitten, die ganzen Lehrer und Feuerwehrleute, die dort auftauchen, in Ruhe zu lassen. Was mit den Gefängniswärtern passiert, ist uns relativ egal.” Spricht doch wirklich Bände.

Ich bin grade als Anwohnerin des Görlitzer Parks jedem Polizisten mehr als dankbar, der sich unter solchen Umständen diesen Job antut. Und dass obwohl er mit keinerlei Unterstützung seitens der Bevölkerung, geschweige denn der Politik – deren bescheuerte Maßnahmen er umsetzen muss – rechnen kann. Die Polizei abschaffen zu wollen, ist am Ende nicht mehr als ein anarchistischer Traum, der ganz schnell wieder endet, sobald die eigenen Befindlichkeiten bedroht sind. Aber die Sorgen der normalen Leute interessieren die neue Linke ohnehin eher wenig bis gar nicht.

Anzeige

Unterstützung
oder