Die viel zu späte Abnabelung der CDU von Merkel

Die CDU will zurück zur „Leitkultur“, steht zu Sprache, Traditionen und Bräuchen und stellt sogar Erwartungen an zugewanderte Muslime. Dieselbe CDU, die aus der Atomkraft ausstieg, will nun wieder rein – und eine Reform des ÖRR. Ein Comeback reiht sich an das nächste – aber reicht das für das Comeback der CDU?

IMAGO
Es wurde höchste Zeit, dass die CDU sich nach 16 Jahren des linksschiefen, situationsethischen „Fahrens auf Sicht“ (Merkel) eine neue Programmatik gibt. Das hätte die CDU mal um einige Jahre früher tun sollen, spätestens nach Merkels eigenmächtiger Grenzöffnung im Spätsommer 2015 oder nach der ziemlich vergeigten Bundestagswahl von 2017. Mehr noch: Spätestens vor (!) der Wahl von 2017 hätte man Merkel sagen müssen: Es ist genug, Angela! Deutschland wäre viel erspart geblieben: 2021 unter anderem ein völlig ungeeigneter Kanzlerkandidat Armin Laschet von Merkels Gnaden und sodann wahrscheinlich eine Ampel, die Deutschland ab Dezember 2021 noch deutlich weiter strapaziert hat.

Die CDU-Grundsatzkommission hat am Mittwoch, 6. Dezember, nach 15-stündiger Diskussion einen ersten Entwurf für das neue Grundsatzprogramm der Partei fertiggestellt und am Montag, 11. Dezember, dem CDU-Präsidium und dem CDU-Vorstand präsentiert. Offiziell soll das neue Grundsatzprogramm bei einer Klausur am 12. und 13. Januar in Heidelberg vom Vorstand beschlossen werden. Danach soll der Entwurf mit den Mitgliedern diskutiert und dann von den 1.001 Delegierten auf dem Parteitag vom 6. bis 8. Mai 2024 in Berlin verabschiedet werden. Das aktuelle Grundsatzprogramm stammt aus dem Jahr 2007.

Nun will die CDU zurück zur deutschen „Leitkultur“. Das ist übrigens eine Erfindung von Friedrich Merz, als dieser im Jahr 2000 noch CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender war, ehe ihn Merkel ein erstes von drei Malen abservierte. Die CDU-Forderung nach „Leitkultur“ mag dem ungebremsten Erfolg der AfD geschuldet sein. Aber die Forderung ist so oder so richtig und überfällig: Sie ist drängender denn je in einem Land, in dem 12 Millionen Menschen ohne deutschen Pass leben und in dem es Parallelgesellschaften mit eigenen Rechtsnormen zuhauf gibt.

Jetzt heißt es im neuen CDU-Programmentwurf: Die Leitkultur müsse „ohne Wenn und Aber“ anerkannt werden. Sie umfasse „auch das gemeinsame Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit“ und könne „nicht ohne Verständnis unserer Traditionen und Bräuche“ sowie „der deutschen Kultur und Sprache sowie unserer Geschichte und der daraus resultierenden Verantwortung“ gelingen. Und, so heißt es: „Wir sind stolz auf Deutschland (…) Wir stehen für einen weltoffenen Patriotismus, der (…) aber im Wissen um unsere historische Schuld nicht das eigene Land über andere stellt (…) Für uns sind Schwarz, Rot und Gold die Farben des Hambacher Festes, der Paulskirche und der Deutschen Einheit, die Farben unserer Demokratie und Republik.“

Die Linken und die Woken werden toben. Auch den schwarz-grünen CDU-Genossen Günther, Wüst, Prien, Gröhe und einem MdB Laschet wird das Programm nicht passen, zumindest werden sie sich nicht stark machen dafür. Und was macht der Verfassungsschutz? Wird er die CDU nun ebenso wie die AfD unter Beobachtung stellen? Oder gar als gesichert „rechtsextrem“ diagnostizieren? Schließlich war es vor allem die Ablehnung eines Ethnopluralismus (also von „Multikulti“) durch die AfD, die der Verfassungsschutz etwa in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt auf den Plan rief. Boshaft angefügt: Da würde sich jede „Brandmauer“ erübrigen.

Erwartungen vor allem an Muslime

Den Zugewanderten gilt seitens der CDU die „klare Erwartung, dass die zugewanderten Menschen (…) unsere Werte und unsere Gesetze achten (…) Wir wollen dazu verpflichtende Integrationsvereinbarungen.“ Das heißt zugleich: Der Kniefall eines Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff, eines Ex-Granden Wolfgang Schäuble und einer Alt-Kanzlerin Angela Merkel vor dem Islam soll Geschichte sein. Die drei hatten ja pauschal erklärt, der Islam gehöre zu Deutschland. Jetzt heißt es in der CDU: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“

Von den Zugewanderten verlangt die CDU außerdem bessere Sprachkenntnisse; jedes Kind im Alter von vier Jahren muss einen Pflicht-Sprachtest durchlaufen. Die illegale Zuwanderung will die CDU mit einer konsequenten Absicherung der europäischen Grenzen stoppen: „Die Einreise muss an den Außengrenzen der EU umfassend elektronisch überwacht werden. Zu ihrer Sicherung gehört auch der bauliche und technische Grenzschutz, wo immer es nötig ist.“

Ein neues Asyl-Recht stellt sich die CDU wie folgt vor: Sie will, dass Asylbewerber künftig in sicheren Drittstaaten außerhalb Europas ihre Anträge stellen und dort den Ausgang abwarten, anstatt nach Deutschland zu kommen und womöglich monate- oder jahrelang hierzubleiben: „Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen“, heißt es. Schutzbedürftige sollen im Rahmen von Kontingentlösungen in der EU verteilt werden. Mit Drittländern soll es Migrationsabkommen geben.

Auch sonst weist der Entwurf des neuen CDU-Programm das eine oder andere „Comeback“ aus: zum Beispiel ein Comeback der Atomkraft („Kernkraftwerke der vierten und fünften Generation“), aber auch eine Debatte um ein höheres Renteneintrittsalter und eine kapitalgedeckte Altersvorsorge als weitere Säule neben der gesetzlichen Rente. Und: Der Staat soll nach außen und innen ein starker Staat sein – mit einer gut ausgerüsteten Bundeswehr und Polizeikräften.

CDU legt sich mit ARD/ZDF/DLF an

Unabhängig vom neuen CDU-Grundsatzproramm hat sich die Partei auch mit den Öffentlich-Rechtlichen (ÖRR) angelegt und darüber ebenso am Montag, 11. Dezember, beraten. Auch das längst überfällig! Die Zeit der Hofberichterstattung der ÖRR zugunsten einer nach links abgedrifteten Merkel sind vorbei; sie hat der CDU auch nichts gebracht. Jetzt hat man in der CDU erkannt, dass ARD/ZDF/DLF umgebaut werden müssen. Es solle Schluss sein mit Geldverschwendung und aufgeblähten Apparaten.

Vor allem der ARD soll es an den Kragen gehen: Das ZDF soll im Schwerpunkt ein nationales Programm anbieten, die ARD im Schwerpunkt ein regionales Programm. Der Vorsitzende der ÖRR-Kommission der CDU, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff, sagte ferner: „Was ganz besonders wichtig ist: Die Vielfalt unseres Landes, seiner Menschen und Meinungen muss besser repräsentiert werden.“ Dafür brauche es vor allem ein nicht belehrendes oder bevormundendes, nicht einseitig tendenziöses Informationsangebot für Kinder- und Jugendliche.

Und Merkel, bleibt sie CDU-Mitglied, was sie ja nie war?

Merkel wird all das öffentlich oder für sich allein in der ihr bekannten Manier als „nicht hilfreich“ abtun. Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), die ja 16 Jahre lang ausschließlich auf sie ausgerichtet war, hat sie ja schon verlassen.

All die Jahre musste die KAS ihre Jahresprogramme in Merkels Kanzleramt absegnen lassen und ihr Stiftungsprogramm an der Frage orientieren: „Was nutzt, was schadet Merkel?“ Ob Merkel auch die CDU verlassen wird? Wahrscheinlich wäre es die eleganteste Lösung, wenn der CDU-Apparat offenlegte, dass Merkel der CDU ja nie beigetreten ist. Sie kam in die CDU, weil der „Demokratische Aufbruch“, für den sie 1990 Pressesprecherin war, 1990 komplett in die CDU integriert wurde. Als Verein, nicht mit jedem einzelnen seiner Mitglieder. Von Merkel gibt es jedenfalls keinen Mitgliedsantrag. Kurios: Da wurde jemand, der vereinsrechtlich nie CDU-Einzelmitglied war, zwei Jahrzehnte Vorsitzende dieser Partei und auf diesem Ticket 16 Jahre Bundeskanzlerin gegen alle Grundsätze, die die Partei Adenauers und Kohls jemals ausmachten.

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Schwabenwilli
4 Monate her

„Erwartungen vor allem an Muslime“

Vor allem an die Moslems in der eigenen Partei welche die ganzen Jahre lustig ihre Agenda durchsetzen konnten.

Karlito
4 Monate her

Alles nur noch ein schlechter Witz, Herr Merz. Warum sollte ausgerechnet die CDU, eine Partei, die wie keine andere den Untergang der alten Bundesrepublik befördert hat, bestehen bleiben? Mit der Einführung des Euros, der Abschaltung der Kernkraftwerke und der vollkommen irrsinnigen Migrationspolitik hat die CDU sich selbst abgeschafft. Die Partei Adenauers ist zum blutsaugenden Zombie mutiert, der in seiner moralischen Verkommenheit mit der Selbstbereicherung der zwangsgebührenhungrigen öffentlich-rechtlichen Propagandaschleudern wetteifert. Weg mit den öffentlich-rechtlichen und weg mit der CDU. In zehn Jahren werden es vielleicht sogar die deutschen Rentner kapiert haben, wenn sie erst wegen der horrenden CO2-Steuern, die letztlich der… Mehr

Epouvantail du Neckar
4 Monate her

„Spätestens vor (!) der Wahl von 2017 hätte man Merkel sagen müssen: Es ist genug, Angela!“
Auf einer Wahlkampfveranstaltung mit ihr, gemeinsam mit dem „Schwiegersohn“ (Schäubles Schwiegersohn Strobl, IM von Baden-Württemberg) in Heilbronn war ich zugegen. Ein Großteil der Menschen waren (trotz 2015) wie aus dem Häuschen.
https://www.youtube.com/watch?v=f0f_zCVS-Fg

RUEDI
4 Monate her

Die CDU hat was ganz wichtiges vergessen in ihrem Konservativem Show- Programm für das politisch verblödete und vergessliche Wahlvolk : Volksabstimmungen ! Direkte Demokratie! Das haben sie vergessen bei der AFD noch abzuschreiben, diese erbärmlichen Opportunisten und Schwurbler, Brandmaurer. Das ganze Polittheater nur um der AFD hinter der Brandmauer Wählerstimmen abspenstig zu machen, um dann anschließend mit SPD in irgendeiner Weise zu kopulieren zur Not mit dem Notrad FDP – hoffentlich fliegen die raus. Riesenangst vor den LTW im Osten, dass ihre Saat nicht aufgeht. Brandmauer um jeden Preis. Wenn sie es denn ernst meinen – dann sollten sie doch… Mehr

sbogi
4 Monate her

Der Wolf hat Kreide gefressen! Willkommen im Land der Märchenerzähler.

Apfelmann
4 Monate her

Was die Parteien vor der Wahl sagen ist Schall und Rauch. Ich denke an die Grünen vor der Wahl mit ihren Parolen von Pazifismus und Klimaschutz. Und als sie dann an der Macht waren ist von beiden nichts mehr übrig geblieben.

Waehler 21
4 Monate her
Antworten an  Apfelmann

„Nicht zurückblicken, nur immer nach vorne, die Zeiten waren noch nie so schwierig.“ Ich kann es nicht mehr hören. Man sollte mal die ganzen Irrtümer und Fabelmeldungen summieren die uns nach der Wiedervereinigung um die Ohren gehauen wurden. Bei den Politikern sind die Lobbyisten und „Consulter“ ein- und ausgegangen. Ihren eigenen Vorteil fest im Blick! Politiker haben diesen Leuten geglaubt und natürlich auch mit festen Blick auf einen gut dotierten Posten in der Wirtschaft nebenbei und nach der Tätigkeit als Volksvertreter. Was ist nach der Privatisierung von Post und Bahn besser geworden? Was wurde aus Riester? Was ist mit der… Mehr

Paroline
4 Monate her

Mal abgesehen davon, dass das, was die jetzt fordern, mittlerweile nicht mehr ausreichend ist (JETZT hilft nur noch ein „Doppelwumms“), kann man denen nicht trauen. Man muss damit rechnen, dass sie nach der Wahl genau das Gegenteil tun von dem, was sie jetzt sagen, vor allem, weil sie ja wieder mit SPD und Grünen koalieren müssen. Nee, die können als Juniorpartner der AfD erstmal beweisen, dass sie es ernst meinen. Dann sehen wir weiter. Und wenn das noch ein Jahrzehnt dauert, bis die Brandmauer fällt… ich bin bereit, zu warten. DIE wähle ich jedenfalls nicht mehr, auch nicht als vermeintlich… Mehr

Farbauti
4 Monate her

Ich würde das gerne glauben. Allein das Wahlvolk macht mich kirre. Wenn wieder so gewählt wird das nur seltsame Koalitionen zustande kommen oder die AfD bis dahin verboten würde? Was dann? Merz traue ich für keine 5 Pfennig. Außerdem werden auch Alte sogar Uralte noch Chef vom Ganzen, man spritzt sie halt fit.

murphy
4 Monate her

Das CDU-Programm ist unglaubwürdig, unkonkret und absolut mangelhaft.
Was soll das Geschwafel über AKW der x-ten Generation. Die bisherigen AKW waren absolut sicher. Diese sollen aber weiter abgeschaltet bleiben (nur ein Beispiel) Dafür wird das Renteneintrittsalter erhöht. Bei einem juristisch absolut zweifelhaften Zwangsvertrag! (Beispiel2, es gibt unzählige Andere)
Daß die Partei CDU was taugt, glauben nur Leute, die meinen, Demokratie ist, wenn man sich Talkshows reinzieht.

Last edited 4 Monate her by murphy
Cethegus
4 Monate her

Neues Programm der CDU?
Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix!!!!