Warum die Corona-Aufarbeitung erst in der nächsten Generation gelingen kann

Warum sollte sich die große Mehrheit heute selbstkritisch mit der Corona-Vergangenheit befassen? Sie kann dabei nur verlieren. Wenn sich herausstellen würde, dass das Corona-Narrativ mehr Fake als Wahrheit war, dafür gibt es zahlreiche Indizien, dann wären damit Staat, zahllose Berufsgruppen und Institutionen in einer fundamentalen Vertrauenskrise.

IMAGO

Die große Mehrheit der Politiker, Medienleute, Wissenschaftler, Ärzte, Künstler, Juristen, Theologen, Wirtschaftsleute hatte in der Corona-Zeit eine feste und unerschütterliche Meinung. Sie alle wussten trotz ungenügender Datenlage ziemlich gut Bescheid über die enorme Gefährlichkeit des Coronavirus, über die Wirksamkeit der politischen Corona-Maßnahmen und über die Genialität der Impfung als „Gamechanger“. Die Wahrheit des Corona-Narrativs stand so felsenfest wie die Wahrheit, dass die Erde eine Kugel ist.

Eine offene Suche nach der Wahrheit war nicht mehr nötig. Vielmehr wurde jeder, der dem allgemeinen Narrativ widersprach, als Idiot oder gar als mitschuldig an den Corona-Toten gebrandmarkt. Gesundheitsförderliche Gelassenheit und wissenschaftsfördernder Zweifel wurden in die Nähe eines Kaptialverbrechens gerückt. Dadurch lag es im staatlichen und öffentlichen Interesse, jeden Kritiker zu kriminalisieren, zu beschimpfen, zu verachten und auszugrenzen.

Die große Mehrheit war trotz ungenügender Datenlage so überzeugt von der eigenen Weisheit, dass sie sogar mit autoritärer Härte ihre umstrittenen Ansichten allen Andersdenkenden aufgezwungen hat oder aufzwingen wollte. Und die Geschichte lehrt: Täter verdrängen hinterher allzu gern ihren Machtmissbrauch, spalten ihn bewusstseinsmäßig ab oder beschönigen ihn und versuchen mit allen Kräften, eine echte Aufarbeitung zu verhindern. Dies gelingt umso leichter, je mehr die Täter Teil einer großen Mehrheit an den Hebeln der Macht sind.

Warum sollte sich die große Mehrheit heute selbstkritisch mit der Corona-Vergangenheit befassen? Sie kann dabei nur verlieren. Wenn sich die Wahrheit des Corona-Narrativs bestätigen würde, hätte sie nichts gewonnen, denn das ist ja sowieso immer noch die offizielle Wahrheit. Wenn sich aber herausstellen würde, dass das Corona-Narrativ mehr Fake als Wahrheit war, und dafür gibt es einige Indizien, dann wären damit der Staat und unzählige Berufsgruppen und Institutionen in einer fundamentalen Vertrauenskrise.

Das wäre ein Systemcrash, der an die Dimension des Systemcrashs der DDR 1989 herankäme. Das würde elementar entwurzeln, wenn die Bevölkerung mitbekäme, dass es bei der Coronapolitik nicht nur um Gesundheit, sondern ebenso um Panikmache, Geld, Macht und Konformismus ging. In Angst vor einem solch niederschlagenden Ergebnis lehnt man die Aufarbeitung ab und hält lieber am Corona-Narrativ fest. Warum auch sollte sich die große Mehrheit dieses Risiko antun und für eine Aufarbeitung plädieren, wo sie nichts gewinnen, aber alles, wirklich alles verlieren kann?

„Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott“ (Martin Luther). Die Menschen haben ihr Herz nicht an die offene Suche nach Wahrheit gehängt. Ihr Herz hing in der öffentlich geschürten Angst vor Krankheit und Tod fest, obwohl Angst und Panik bei einer Atemwegserkrankung sicherlich nicht gesundheitsförderlich wirken. Bei wieder anderen hing das Herz an der Zugehörigkeit zur Mehrheitsgemeinschaft oder an ihrer Gier nach Macht und Geld. Die Ablehnung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag angesichts dreier einschneidender Jahre mit enormen Grundrechtseinschränkungen ist ein Beleg für diese These. Die Ablehnung einer Corona-Aufarbeitung ist eine antiaufklärerische Prioritätenkrise unseres Staates.

Selbst wenn immer wieder wissenschaftliche Befunde ans Tageslicht kommen, die gegen die Corona-Staatswahrheit sprechen, werden diese Befunde viele Menschen nicht erreichen. Da sind die Hauptmedien, die zum Hüter des Corona-Narrativs geworden sind und widersprüchliche Erkenntnisse kaum veröffentlichen. Aber selbst wenn viele Menschen alternative oder neue Medien nutzen würden, könnten sie die andere Sicht gar nicht an sich heranlassen; aus Angst vor einem ergebnisoffenen Diskurs mit möglicherweise erschütternden Erkenntnissen oder weil ihr Herz von anderen Gefühlen und Ideologien verstopft ist.

Wenn aber Angst, Ansehen, Rechthaberei, Macht und Geld einer Gesellschaft wichtiger sind als die ergebnisoffene Diskussion und die Suche nach Wahrheit, dann kann das weitreichende ungewollte Nebenwirkungen haben: Zum einen kommen viele bis heute nicht aus dem Corona-Narrativ heraus, wodurch sich eine Fortsetzung des Narrativs in diesem Herbst andeutet. Zum anderen könnte sich diese antiaufklärerische Grundentscheidung leicht auf andere politische Felder ausweiten. Damit sind bei weiteren Themen die Weichen gestellt für antidemokratische Diskursverläufe.

Es bleibt die Marathon-Aufgabe der Corona-Maßnahmen-Skeptiker, die Diskussion und die Suche nach Wahrheit gegen den Willen der Mehrheit lebendig zu halten, bis eine Generation kommt, die nicht mehr im Sumpf des Narrativs verfangen ist und darum die Wahrheitsfrage unbelastet durch persönlichen Machtmissbrauch neu und offen behandeln kann.


 

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Kommentare ( 41 )

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Axel Fachtan
7 Monate her

Es gibt ein kleines Spannungsverhältnis zwischen dem, was Herr Zorn hier schreibt und was der Verlag aktiv bewirbt. Röhrig – Die Corona-Verschwörung Wie Milliardäre, Politiker und Staatsdiener wissentlich und willentlich Freiheit und Gesundheit ausradierten „Die auf deutsches und europäisches Arzneimittelrecht spezialisierte Rechtsanwältin Dr. Brigitte Röhrig belegt den Vorsatz der politischen und weiteren Akteure bezüglich der Corona-Maßnahmen. Belegt deren planvolles und zielorientiertes Handeln. Weist nach, dass sie wussten, dass sie Freiheit und Gesundheit massiv einschränken und gefährden würden ― und es dennoch taten. Mit ihrem Buch liefert Röhrig die Belege für eine Reihe von Amtsenthebungs- und Strafverfahren. Damit die Gerechtigkeit doch noch… Mehr

Axel Fachtan
7 Monate her

Hm. Ich will aber. Dass es schneller passiert. Weil es eine generelle Frage klärt. Die Fehler der Politik dürfen nicht generell in den Skat gedrückt werden, damit sich die Fehlerhaften an der Macht halten. Sonst wird einfach nichts besser. Von der Leyens korrupten Pfizer Deal über mindestens 35 Milliarden nicht aufzuklären ist der Gipfel der Unverschämtheit. CDU CSU SPD FDP und die Mehrheit der europäischen Parteien haben ihr da Rückendeckung gegeben und decken den Mist ab. Die verfehlten Masken- und Impfstoffdeals von Spahn und Lauterbach gehören auch jetzt aufgeklärt, nicht irgendwann, wenn straf- wie zivilrechtlich niemand mehr dafür haftet. Direkt… Mehr

Andreas Meier
7 Monate her

Die Aufarbeitung wird im Nebel versinken. Unfähigkeit ist leider nicht strafbar. Wiehler hat sich im U-Ausschuss auf diese Position zurückgezogen. Eigentlich wäre es für ihn und Chichutek ein „Töten durch Unterlassen“, weil der gesetzliche Auftrag zu sorgfältiger Arbeit nicht ausgeführt wurde. Aber die Jugend ist sehr flexibel. Egal, ob Steinzeit oder Moderne, und welche Kultur: Kinder lernen das. Und sie lernten, daß man alle paar Jahre einen Kaffeefilter aufsetzt. Sie lernten, daß man Menschen, denen ein Gen (mRNA) fehlt, bis in den Tod diskriminieren darf. Sie lernten, daß das TV immer recht hat. Bei den Spatziergängen war meist die Ü50… Mehr

EndofRome
7 Monate her

Die Aufarbeitung wird durch die AFD erfolgen. In Brandenburg hat sie kürzlich einen Untersuchungsausschuss gegen den Willen der anderen Parteien durchgesetzt. Dabei kam Herr Wiehler schon etwas ins Schwitzen, und eine Dame vom PEI hat sogar eingeräumt, dass innerhalb ihres Institutes zusätzliches Personal eingesetzt werden musste, im die zahllosen gemeldeten Injektionsnebenwirkungen zu bearbeiten. Wohlan Ihr lieben Wähler in Hessen und Bayern. Bringt die AFD auf 25 Prozent, dann wird es auch bei Euch und am Ende sogar im Bundestag Corona-Untersuchungsausschüsse geben. Weinen allein bringt nichts.

Axel Fachtan
7 Monate her
Antworten an  EndofRome

Auch die werden leider an Grenzen stoßen. Sie haben zwar aufgrund ihrer parlamentarischen Anzahl die Möglichkeit, einen U.ausschuß einzuberufen, aber im Ausschuss haben sie keine Mehrheit. Deshalb auch besteht die Gefahr, dass sie kalt gestellt werden und bis zu den Landtagswahlen 2024 kein verwertbares Ergebnis vorliegt. In der neuen Legislatur kann der Spass dann von vorne losgehen. Lambrou macht in Hessen durchaus einen guten Job. Er ist der einzige AfDler, den ich jemals von einem ARDsender fair behandelt gesehen habe. Der HR hat mit ihm mal ein halbstündiges Interview ohne hässliche Spitzen gemacht. Die haben sich wohltuend von anderen Formaten… Mehr

Berlindiesel
7 Monate her

Ein ausgezeichneter Beitrag, der es auf den Punkt bringt. Aber auch TE muss sich hier an die eigene Nase fassen: Aus der Timeline der meistgelesenen Artikel ist der Beitrag schon nach wenigen Stunden verschwunden, und die Masse der TE-Leser öffnet nur diese Artikel. Wer TE auf einem Smartphone liest, muss endlos hinunterscrollen aufgrund der ungeschickten Darstellung der TE-Seite auf Smartphones, da geht das völlig unter. Es dominieren stattdessen wieder die bestimmt AD-Server-relevanteren üblichen Beiträge, die die Grünen oder die Ampel bashen, ohne wirklich neues zu erzählen.   Ansonsten kann ich die Darstellung von Achijah Zorn nur bestätigen: Auch in meiner… Mehr

Ndugu
7 Monate her
Antworten an  Berlindiesel

Zum ersten Teil: Der Menuepunkt „Kolummnen“ führt einfach zum Vorwort zum Sonntag. Ich habe damit keine Probleme. Der zweite Teil Ihres Leserbriefes entspricht meinen Wahrnehmungen. Wir Menschen sind unlogisch! Und der Verlust der sozialen, wie auch immer gearteten, Integration ist eine der grossen Ängste unseres Menschseins, selbst dann, wenn ich mich als Teil einer Schlange am Würstchenstand vor der Impfung wiederfinde… Bis heute sind wir als wohl zumeist ehrenwerte Familie für manche so ein bisschen „anrüchig“, weil wir unsere, nach längerem Nachdenken gewonnene Kritik äusserten und gemäss Apostelgeschichte 5 Gott mehr gehorchten als den Menschen.. Etliche Freunde lehnten und lehnen… Mehr

Rene Meyer
7 Monate her

Ja, ich kann Ihren Ausführungen folgen. Und in jedem Fall liegt ein Marathon vor uns und bleibt die Suche nach Wahrheit ewige, heilige Aufgabe. Und doch sehe ich die Situation in einem wesentlichen Punkt völlig anders. Denn was geschieht, ist volle Absicht, bei dem, was kommen wird, handelt es sich nicht etwa um „weitreichende ungewollte Nebenwirkungen“. Nehme ich alles zusammen, was ich beobachte, und gehe ich auch nur von einem Mindestmaß an Verstand aus, komme ich zu dem Schluss: es ist gewollt, es ist Absicht, es ist böse.

Kaiser Franz
7 Monate her

Den Gedanken habe ich seit einiger Zeit auch, dass erst die nächste Generation an einer Corona-Aufarbeitung interessiert sein könnte. Also die heutigen Kinder und Jugendlichen, die in einem sensiblen Lebensabschnitt mit Kontaktverboten, Schulschließungen, Test- und Maskenpflichten etc. ebenso gnadenlos wie sinnlos gequält, verängstigt und in psychische Störungen getrieben wurden. Vielleicht fragen die eines Tages ihre Eltern: Wie konntet ihr uns das antun? Warum habt ihr da mitgemacht? Die Parallelen zu 1945 sind ja unübersehbar. Es dauerte ca. 20 Jahre, bis die NS-Aufarbeitung in Gang kam. Die Mitmacher wollten davon nichts wissen. Und sie wollen es bei Corona auch nicht, weil… Mehr

H. Priess
7 Monate her

Um es mit den Worten der „letzten Generation“ zu sagen, es wird keine nächste Generation geben. Somit ist auch eine Diskussion sinn und zwecklos. Niemand will am Narrativ rütteln, wer will schon eingestehen ein Systemmitläufer gewesen zu sein, nein immer noch ist! Was ich immer wieder höre: Mag ja alles sein aber ohne Impfungen hätte es hunderttausende Tote gegeben! Auf der Seite -Wir haben mitgemacht-, finden sich rund 1700 Zitate von Politikenden, Mediende, Künstlernde, Journalistende, Expertende, Arztende und viele andere mehr. Eine Wort des Bedauerns habe ich von niemand gehört, das Thema, zu dem sie sich damals lautstarkt zu Wort… Mehr

Retlapsneklow
7 Monate her

…antidemokratische Diskursverläufe

Meinten Sie antiaufklärerische Diskursverläufe?

Wenn der Diskurs oder sein Verlauf demokratisch wäre, müsste er nach demokratischer Abstimmung erfolgen, also erst mal ob oder ob nicht, und wenn, dann nach Wählerwillen vorbestimmt und kanalisiert.

Demokratie heißt nur Wählerwille, nicht zwangsläufig auch Freiheit, Ehrlichkeit, Aufklärung und auch nicht Rechtsstaat.

Der Michel
7 Monate her

Ein ganz ausgezeichneter Artikel, vielen Dank Herr Zorn! Ich bin allerdings nicht ganz so optimistisch: Die nächste Generation wird da noch nichts bewirken (wenn ich mir die Jugendlichen und jungen Erwachsenen von heute so anschaue, zu denen ich beruflich viel Kontakt habe). Es dürfte noch einige Jahrzehnte dauern, bis sich irgendwann mal ein Doktorand in einer Dissertation dieses Themas annimmt – und dann zu ganz erstaunlichen, ja geradezu bestürzenden Ergebnissen kommt. Wenn wir dann gesellschaftspolitisch ein ganzes Stück weiter sein werden als heute, dann wird er diese Dissertation auch veröffentlichen dürfen – damit sie in der Folge in diversen Uni-Bibilotheken… Mehr