Deutschland und die EU verpassen die Zukunft: USA und China in Technologie vorn

Neben den USA liegt China technologisch weit vorn. Im März 2018 stellte Google seinen neuen Quantencomputer Bristlecon vor. Das Unternehmen will die Vorherrschaft in der Quantentechnologie erobern.

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Die Zukunft hat schon begonnen – jedenfalls, was richtungsweisende Technologien betrifft – für die USA und China.

Im August 2017 wurde bekannt, dass China offenbar der sprichwörtliche „Quantensprung“ gelungen ist. Das Land erprobt ein „unhackbares” Kommunikationsnetz. Die lokale Regierung von Jinan, einer Stadt im Osten Chinas, erklärte, ihre Dienststellen würden alsbald das neue Netzwerk starten. Dabei handelt es sich um die weltweit längsten, landgestützten Quanten- Kommunikationskanäle, und zwar zwischen Peking und Shanghai. Es erstreckt sich über 2.000 Kilometer und wird von den Finanzzentren beider Städte und von der Regierung genutzt.

Dabei gewähren die sogenannten „Quantum Key Distribution“ – (QKD) Netzwerke eine quasi abhörsichere Kommunikation. Ein klassischer Kanal wie etwa Telefon oder Internet-Kabel kann bewusst angezapft werden. Wird ein Quanten-Kanal angezapft, verändert es die weitergeleitete Information. Was bedeutet: ein „Lauscher“ kann die Kommunikation nicht unentdeckt „abhören“, das würde der Empfänger unweigerlich bemerken. Der „Angegriffene“ kann es sofort unterbinden. Anderen Regierungen wird es dieses Netzwerk deshalb unmöglich machen, die chinesische Kommunikation zu überwachen. Denn mit einem Quantenschlüssel verschlüsselte Daten sind nicht zu decodieren. Im Dezember 2018 machte China mit der Entwicklung des Hefei-Quantencomputers Schlagzeilen.

Auch die USA liegen diesbezüglich technologisch weit vorn. Im März 2018 stellte Google seinen neuen Quantencomputer Bristlecon vor. Das Unternehmen trägt sich dabei mit der Absicht, künftig die Vorherrschaft in der Quantentechnologie zu erobern. Zweck von Bristlecone sei es, seinen Forschern eine Testumgebung „für die Erforschung von Systemfehlerraten und Skalierbarkeit unserer Qubit-Technologie, sowie Anwendungen in Quantensimulation, Optimierung und maschinellem Lernen zu bieten“, so Google.

Apropos Google. Das Negativ-Image der „Datenkrake“ hin der her, Googles Mutterkonzern Alphabet baut in Toronto, Kanada, die „intelligente Stadt“. Hier entsteht ein ganzes High-Tech-Viertel namens Quayside. Digitale Infrastruktur und Energie-Effizienz spielen in diesem Zukunftsprojekt eine große Rolle. „Technologie ist ein großer Teil des Masterplans“, betonte der Vorstandsvorsitzende der Sidewalk Labs, Dan Doctoroff, auf einer Pressekonferenz im Oktober 2017. „Das wird kein Ort sein, wo wir Technologie um ihrer selbst willen einsetzen. Wir nutzen neu entstehende, digitale Instrumente und das neueste, städtebauliche Design, um die großen urbanen Herausforderungen zu lösen“.

Doch legen wir das Augenmerk in dem Kontext auf die Bundesrepublik. Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in der EU. Nach den USA, China und Japan liegt es weltweit – noch – an vierter Stelle. Aber Deutschland spielt bei der Digitalisierung nicht in der Champions League.

Im Akamai-Internetreport, der international als Messlatte anerkannt ist, landet Deutschland weit abgeschlagen hinter Südkorea, Norwegen, Schweden, Hongkong und vielen anderen Staaten auf Platz 25. Bereits im Koalitionsvertrag 2013 hieß es: Schnelles Internet für alle! „Union und SPD [streben] deshalb eine flächendeckende Breitbandversorgung mit Geschwindigkeiten von mindestens 50 Mbit/s bis 2018 an.“ Inzwischen schreiben wir das Jahr 2019 und von einer flächendeckenden Breitbandversorgung kann keine Rede sein. Die Koalition fokussierte ab September 2015 andere Prioritäten, als eine flächendeckende Breitbandversorgung voranzutreiben.

Die F.A.Z beklagt, die deutsche Wirtschaft sei im Umgang mit neuer Technologie zu zaghaft. „Während hierzulande noch über die Zukunft des Diesels diskutiert wird, investieren Intel und Google längst viel Geld in Quantencomputer. Das wird sich für Deutschland rächen.“ Tatsache ist aber, die deutsche Industrie will bis 2020 jährlich 40 Milliarden Euro in die Industrie 4.0 investieren.

Diesel, Braunkohle-Ausstieg, Pläne der SPD für eine CO2-Steuer, Klima sind die Akzente, die die Bundesregierung derzeit setzt. Die Opposition glänzt unterdessen mit Enteignungsplänen für Wohnungsbaugesellschaften.

Was tut sich sonst noch in der Republik – außer dem Starke-Familien-Gesetz, Gute-Kita-Gesetz und Geordnete-Rückkehr-Gesetz. Folgt demnächst das „Prima-Klima-Gesetz“? Ansonsten schreiben sich einige Ballungsräume „Smart Cities“ auf die Agenda, wie beispielsweise Berlin. Die Stadt hat aber aktuell mehr mit den Herausforderungen des Verkehrschaos und der grassierenden Wohnungsnot für Normalverdiener zu tun, als die wohlklingenden Sentenzen der Berlin-Partner praktisch anzugehen. Der Flughafen BER ist vermutlich nicht einmal 2020 betriebsbereit.

Und wie steht es mit der EU? Vorab: Ein Quantencomputer sei in Planung, wie das Wissensmagazin scinexx berichtete. Innerhalb der nächsten drei Jahre soll in Europa ein leistungsstarker Quantencomputer entstehen. Ein Anfang.

Die künftigen Herausforderungen liegen jedoch im Bereich Bildung. Und hier spielt die sogenannte Zuwanderung eine große Rolle. „China überholt alle – und Europa schaut zu“, schreibt Gunnar Heinsohn, emeritierter Professor für Soziologie in der Neuen Zürcher Zeitung. „Die Schere zwischen kompetenten und inkompetenten Menschen klafft weltweit immer weiter auseinander. In Ostasien werden die Länder insgesamt wettbewerbsfähiger. Im Westen hingegen teilen sich die Staaten zunehmend in Kompetenzfestungen und Einwanderungsländer – mit nachhaltigen Folgen.“

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Kommentare ( 31 )

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Dedaidn
4 Jahre her

Wunderbar….als einst das Land mit den meisten, innovativsten und qualitativ hochwertigsten Errungenschaften der Welt, werden wir demnächst eingezäumt und zum größten Mittelalterfest der Welt.

Dann können wir wieder auf „Feuer“ kochen (falls erlaubt, da CO2 intensiv), im Wald Kräuter sammeln, damit wir was zum Essen haben (fall man kann, denn bis dahin sind diese Flächen von den vielen Betonpfeilern der Windkrafträdern versiegelt) und vieles mehr.

Die Nase vorn haben dann die, die jetzt schon einem sog. „historischem Verein“ angehören, denn die befassen sich damit, was man wie aus etwas machte, um zu überleben

Ironie off

schwarzseher
4 Jahre her

Eine Gesellschaft, die viermal Merkel zur Kanzlerin und eine Deutschland-verrecke-Grölerin zur Bundestags-Vizepräsidentin wählt, ca. 200 Lehrstühle für Gender-Voodoo statt für MINT-Fächer einrichtet, alle Analphabeten und Gewaltäter dieser Welt in ihr Sozialsystem einläd, einer psychisch Gestörten ( zeitgemäß jetzt eine Frau, vor 86 Jahren war es ein Mann ) zu Füßen liegt, eine solche Gesellschaft ist hoffnungslos verloren und hat es nicht besser verdient.

giesemann
4 Jahre her

Die nächste Generation von Computern werden optische PC sein – die arbeiten mit Licht, auch mit Sonne.

Th.F.Brommelcamp
4 Jahre her

Quantencomputer brauchen verlässliche Elektrizität. Ich weiss nicht, ob Greta und ihre Follower das wollen.

Indigoartshop
4 Jahre her
Antworten an  Th.F.Brommelcamp

Wir haben ja eine Kanzlerin – eine Physikerin! Vermutlich mit ML als Hauptfach.

Ego Mio
4 Jahre her

In Deutschland ist das so: Der Teil der Gesellschaft, der die Politik mit Wirtschaft, Bildung, Einwanderung usw. im Griff hat, hat ganz andere Präferenzen als technischen Fortschritt, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Man betreibt hier gezielt ein soziales Experiment, das auf diese Dinge ganz bewußt verzichten will. Der viel kleinere Rest der Deutschen/Europäer, der Technik und Wirtschaft vorranbringen könnte, resigniert immer mehr, geht ins Ausland oder den Vorruhestand.

Eloman
4 Jahre her

Wenn Quantencomputer-Kommunikation nicht hackbar oder abhörbar ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass die chinesische Regierung diese Technologie der breiten Masse verfügbar macht. Da würde sie ja die Kontrolle aus der Hand geben.

W aus der Diaspora
4 Jahre her

Im Kanzleramt ist die Rohrpost wieder eingeführt worden.

So modern ist Deutschland 🙂

humerd
4 Jahre her

Nachbarssohn promovierte ist Dr. rer. nat. – sein Forschnungsprojekt: alternative Energien. Die Unis boten nur auf 6 Monate befristete Verträge, die deutschen Firmen zickten mit ihren Personalfrauen rum – Nachbarssohn ist nicht mehr in Deutshcland.
3 seiner Studienkollegen sind auch weg und ich erlebe in der Firma, dass alle Blue Card Inhaber das Land verlassen. Unsere guten IT Leute gehen auch. Oberste Personalerin ist eine Sozialpädgogin, die Personaler sind junge Uniabsolventinnen, die irgendwas „soziales“ studierten.
Der Flughafen Berlin, Stuttgart 21 und die marode Bahn sind Symbole dafür, dass es Deutschland schon seit Jahren nicht mehr kann.

Jedediah
4 Jahre her

Deutschland ist eine Land ohne Elite. Die sogenannte Elite, die das Land führt – Politik, Medien, Wirtschaftsgremien – ist eine mittelmäßige bis unterdurchschnittliche Ansammlung von Menschen. Diese produzieren quasi naturgesetzlich eine Katastrophe nach der anderen, man kann das sehr klar beobachten. Ohne eine kritische Masse von Exzellenten in Machtpositionen, die ein patriotisches Interesse an ihrem Land habe, geht nichts. China und USA sind da eindeutige Beispiele. Deutschlands Führung, nicht nur die Politik, müsste großflächig ausgetauscht werden. Aber wo soll die neue patriotische Exzellenz herkommen? Ich sehe da fast nichts.

Ralf Poehling
4 Jahre her

Dass wir keine flächendeckende Breitbandversorgung haben, ist in der Tat ein Trauerspiel und führenden Industrienation nicht würdig. Aber bezüglich Quantencomputer und KI sollte man sich nicht verrückt machen lassen. Im Bereich IT waren wir, vielleicht mit Ausnahme der Ära Nixdorf und der Erfindung diverser Datenformate/Softwarestandards, noch nie wirklich Vorreiter. Das hat uns kaum geschadet und die nötigen Investitionen, um den IT Sektor nach vorne zu pushen, haben andere getätigt. Was hier wohl die ganze Zeit mitspielt, ist die Angst vor der Spionage durch ausländische IT-Lösungen. Die Amerikaner entwickeln diesbezüglich ja geradezu eine Paranoia gegenüber IT-Lösungen aus China, was wohl eher… Mehr