Die Abtreibungsgegner in den USA werden sich durchsetzen

Im Gegensatz zu dem, was Ann Furedi in ihrem Beitrag „Warum die Abtreibungsgegner verlieren werden“ behauptet, ist in den USA die Opposition zur Abtreibung keine Minderheitenposition; manipulative Umfragen täuschen dies nur vor. Von Cornelia Kaminski

IMAGO/Zuma Wire

Unter dem Titel „Warum die Abtreibungsgegner verlieren werden“ führt die Autorin Ann Furedi aus, dass in den USA konservative Abtreibungsgegner eine Minderheitenposition verträten, die in der Bevölkerung Zustimmung verliere, und beruft sich dabei auf Umfrageergebnisse.

Schon bei der Herbeiführung des Grundsatzurteils „Roe v. Wade“ im Jahr 1973, das nun vom Supreme Court mit deutlicher Mehrheit gekippt wurde, spielten Umfrageergebnisse eine erhebliche Rolle. Sie setzten Richter und Politiker gleichermaßen unter Druck. Eine der Schlüsselfiguren in der damaligen Debatte war Bernard Nathanson, selbst Abtreibungsarzt, der über die von ihm und seinen Kollegen benutzte Taktik sagte:

„Da wir wussten, dass wir bei einer echten Umfrage eine deutliche Niederlage erleiden würden, fälschten wir einfach die Ergebnisse von fiktiven Umfragen. Wir verkündeten den Medien, dass wir Umfragen durchgeführt hätten und dass 60 % der Amerikaner für eine liberale Abtreibung seien. Dies ist die Taktik der sich selbst erfüllenden Lüge. Nur wenigen Menschen ist es wichtig, in der Minderheit zu sein.“

Für persönliche Entscheidungsfreiheit
Warum die Abtreibungsgegner verlieren werden
Minderheitenpositionen sind unbeliebt. Wer in der Minderheit ist, hat sich zu rechtfertigen. Insofern ist es für Abtreibungsbefürworter von größter Wichtigkeit, darauf zu beharren, dass diejenigen eine Minderheitenposition vertreten, für die das Recht auf Leben ohne Abstriche für alle Menschen zu gelten hat.

Es macht an dieser Stelle Sinn, den Hintergrund der Autorin Ann Furedi zu beleuchten. Ich habe ihr vor ein paar Jahren in Berlin beim FIAPAC-Kongress zugehört. Die FIAPAC (Fédération Internationale des Proviseurs d’Avortement) ist der weltweit größte Zusammenschluss von Menschen, die beruflich Abtreibungen durchführen. Ann Furedi ist in dieser Welt keine Unbekannte. Sie ist eine der weltweit prominentesten Abtreibungsärztinnen und Pro Choice Lobbyistinnen und war jahrelang Direktorin des British Pregnancy Advisory Center, Englands größtem Anbieter von Abtreibungen. Unvergessen ist mir bei dem Vortrag damals, dass sie von ihrem Sohn erzählte, der sie in einer Fernsehsendung über ihre Klinik und Tätigkeit sah, und dann sagte: „Das ist es, was du tust? Du tötest Babys, Mama?“ Sie quittierte dies mit den Worten, dass es ihr wichtig sei, dass Menschen wie ihr Sohn ein ungehindertes Sexualleben hätten und dafür müsse es eben Abtreibungen geben.

Es wundert daher auch nicht, dass in ihrem Artikel ausschließlich von „embryonalem Leben“ und „reproduktiver Entscheidungsfreiheit“, an keiner Stelle jedoch von einem ungeborenen Kind die Rede ist. Dieses Kind ist in der Denkweise Furedis eben lediglich Gewebe, das Frauen und Männern im Wege ist und daher ausgeräumt werden sollte. Wer einmal ein ungeborenes Kind im Ultraschall beobachtet hat, wer sich auch nur flüchtig mit der Entwicklung dieses kleinen Menschen befasst hat, weiß, dass Furedis Denkweise utilitaristisch, aber nicht wissenschaftlich ist. Zu keinem Zeitpunkt ihrer Existenz sind Menschen ein „Etwas“, das erst noch ein „Jemand“ werden muss, sondern stets ein Mensch, dem Würde innewohnt und den es von daher zu schützen gilt.

Menschenrechte gelten auch für ungeborene Menschen

Auch der Begriff der „reproduktiven Entscheidungsfreiheit“ ist eine Nebelkerze, die verschleiert, worum es tatsächlich geht: Die Reproduktion hat bei einer ungewollten Schwangerschaft bereits stattgefunden. Das Kind ist schon da. Von der Entscheidungsfreiheit hätte man also vorher Gebrauch machen müssen.

Gleichermaßen abstrus ist Furedis Grundthese, die breite Mehrheit der Bevölkerung sei Pro Choice, der Staat habe also seine Gesetze dem anzupassen. Recht und Gesetz dürfen nicht auf Mehrheitsmeinungen basieren, sondern müssen vielmehr das soziale Miteinander und Zusammenleben der Menschen so regeln, dass es für alle möglichst erträglich ist. Grundlage hierfür sind die Konzepte der Menschenwürde und der sich daraus ableitenden Menschenrechte. Diese haben für jeden Menschen zu gelten, unabhängig von seinem Alter und seinem Aufenthaltsort. Also auch für den ungeborenen Menschen.

Leichtfertiger Einsatz von Pubertätsblockern
Tichys Einblick Talk – Mädchen zu Jungs: Angriff auf unsere Kinder?
Furedis These, Abtreibungen seien reine Privatsache und der Staat habe sich da raus zu halten, sind daher völlig unhaltbar. Ebenso gut könnte sie formulieren, der Staat habe sich aus Fragen der fahrlässigen Körperverletzung, des Totschlags oder der Euthanasie herauszuhalten.

Umfragen mit manipulativen Fragen

Bezüglich der von ihr zitierten Umfragen lässt sich sagen, dass die Aussagen, die sie daraus ableitet, so nicht haltbar sind. Dies hat unter anderem damit zu tun, dass offensichtlich die Befragten nicht immer ausreichend informiert waren. Zwar gab es eine knappe Mehrheit, die sich für einen Beibehalt der Rechtsprechung Roe v. Wade ausgesprochen hat, allerdings haben in derselben Umfrage die Befragten mehrheitlich (72 Prozent) angegeben, Abtreibungen im zweiten Schwangerschaftsdrittel verbieten zu wollen.

Offensichtlich war ihnen nicht klar, dass Roe v. Wade Abtreibungen bis zum Ende des zweiten Schwangerschaftsdrittels ohne jede Einschränkung ermöglichte. Es zeigt sich, was schon Bernard Nathanson wusste: Ein jedes Abstimmungsergebnis lässt sich mit der entsprechenden Fragestellung produzieren. Wenn man diese Ergebnisse hinausposaunt, ändern sich Mehrheitsmeinungen. Welche Mehrheiten würden sich aber ergeben, wenn die Frage nicht lauten würde „Sollten Abtreibungen legal sein?“, sondern: „Sollten wir das Recht auf Leben für bestimmte Menschen auf Grund ihres Alters aussetzen?“

Konservative Politiker feiern Erfolge

Weder Viktor Orbán noch Georgia Meloni haben je einen Zweifel daran gelassen, wie sie zu Kindern und Familie stehen. Orbáns politischer Erfolg hängt sicher auch damit zusammen, dass seine Regierung eine dezidiert familienfreundliche Politik betreibt. Mit 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wendet Ungarn deutlich mehr Geld für Familien auf als Deutschland (3 Prozent), die jungen Menschen danken es mit einer Verdoppelung der Eheschließungen und einer Reduzierung der Abtreibungsquote um über 40 Prozent.

Eine ähnliche Politik darf man von Georgia Meloni erhoffen. In einer viel beachteten Rede in Verona beim Welt-Familien-Kongress 2019 sagte Meloni deutlich, was für sie Pro Choice bedeutet: nämlich Frauen tatsächlich eine Wahl zu lassen und ihnen eine tragfähige Alternative zur Abtreibung zu bieten. Freiheit sei eben nicht, nur die Option Abtreibung zu haben. Sie habe darum gekämpft, Schwangere, die sich für ihr Kind entscheiden, finanziell besser zu stellen. „Ist es richtig für eine Gesellschaft, immer mehr Möglichkeiten zu schaffen, wie wir uns ungewollten menschlichen Lebens entledigen können, statt uns darum zu kümmern?“

Meloni wurde auch für ihre Haltung zum Lebensschutz gewählt

Für diese klare Haltung zum Leben, zur Familie haben die Italiener sie gewählt. Abtreibungen sind in Italien immer weniger möglich, weil immer weniger Ärzte sie durchführen wollen – 70 Prozent der Ärzte weigern sich aus Gewissensgründen, eine Abtreibung vorzunehmen, und das, obwohl diese seit über vierzig Jahren legal ist. Mit Stigmatisierung hat dies also nur sehr wenig zu tun, aber sehr viel damit, dass moderne Ultraschallgeräte und Kenntnisse über das Wunder des vorgeburtlichen Lebens es einfach sehr schwer machen, hier noch von „Schwangerschaftsgewebe“ zu reden, das man absauge.

Es zeugt von profunder Unkenntnis der Sachlage, wenn Furedi nun meint, Melonis Wahlsieg habe mit der Abtreibungsfrage nichts zu tun. Ein Blick in die Medienlandschaft vor der Wahl beweist das Gegenteil: Landauf, landab war eines der Hauptthemen die Warnung, mit Melonis Wahlsieg könnten Abtreibungsrechte eingeschränkt werden. Wenn aber einer so breiten Mehrheit der Menschen ein vermeintliches Recht auf Abtreibungen so wichtig ist – warum haben sie dann trotzdem Georgia Meloni gewählt?

Abtreibungen sind kein Menschenrecht. In den USA sind es Frauen, die selbst abgetrieben haben, sowie ehemalige Abtreibungsärzte, die die Lügen der Abtreibungsindustrie nicht mehr ertragen und so zum Erfolg des Lebensrechts entscheidend beigetragen haben. Die Wahrheit setzt sich eben immer durch.


Cornelia Kaminski ist Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (AlFA).

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Kommentare ( 8 )

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Sonja Dengler
1 Jahr her

Es mag ja sein, dass für Ihr eigenes Leben gilt: es ist egal ob ich lebe oder ob ein Stärkerer, gegen den ich keine Chance habe, mich umbringt. Aber das für Ungeborene Kinder zu fordern mit dem Argument, dass beides (!) zu diskutieren ein Tabubruch sei, ist einfach nur Unsinn. Tödlicher Unsinn.

M.Friedland
1 Jahr her

Die Anmerkungen zur Person Ann Furedi und ihren unmittelbaren wirtschaftlichen Interessen sind außerordentlich hilfreich. Schade, daß es bei Blogs nicht die Compliance-Regel gibt, nach der ein Autor (m/w) seine Interessenkollisionen selbst angeben muß… Grundsätzlich fehlt mir bei der Debatte „Abtreibung JA oder NEIN“ der konkrete Hinweis darauf, worum es genau geht, also was genau ist erlaubt bzw. verboten. In D gibt es hierzu ein Bundesrecht, das verbindlich für das ganze Land festlegt, daß Abtreibungen verboten sind! Mit genau definierten Ausnahmen, die straffrei bleiben, u.a. max. 12 Wochen nach Empfängnis, obligatorische Beratung etc. In den USA gibt es kein bundeseinheitliches Recht… Mehr

Sonja Dengler
1 Jahr her

Danke für diesen Artikel! Daraufhinzuweisen ist noch, dass Frauen wie Furedi sich anmaßen, „Im Namen der Frauen“ zu reden – dem ist zu widersprechen. Die Mehrheit der Frauen lehnt Abtreibung für sich ab – was die Kindertöter jedoch tun, ist: den Ausnahmezustand Schwangerschaft und die damit manchmal verbundenen menschlichen Probleme auszunutzen und sie zur Abtreibung zu nötigen. Geht ganz leicht und Milliardengewinne warten schließlich auf sie. Furedi und ihresgleichen stammen nicht zufällig aus reichen Elternhäusern, haben vermutlich selbst abgetrieben und entwickelten sich danach zur von Selbsthass zerfressenen Frauen, die anderen ihr Muttersein nicht gönnen.

Steeb
1 Jahr her

Herzlichen Dank an Cornelia Kaminski für diesen dringend nötigen Widerspruch zu dem unterirdischen sachfremden ideologesteuerten Beitrag Ann Furedi. Danke!

Lepanto
1 Jahr her

Vielen Dank für diese Klarstellung! Dieser unsägliche Furedi Artikel war untragbar. Und: Meinungsumfragen sind nur dazu da sind, die Mehrheit zu gewinnen, indem sie Mehrheit simulieren (vgl. all die astro-turfed Aktivisten). Thomas Sowell sagte es am besten: „Like most people I’ve never seen a pollster“. Konservative, die meinen, Abtreibung soll dem Einzelnen überlassen werden, betreiben moralischen Bankrott und haben nichts verstanden. Culture is downstream from law und die Mehrheit wird sich immer nach der tonangebenden Minderheit richten. Wer verstehen will, weshalb die Abtreibung im Zentrum einer grausamen, gnostischen, technokratischen Matrix steht, dem sei Grégor Puppinck empfohlen. „Mit der Freigabe der… Mehr

Deutscher
1 Jahr her

Nun, wer sich am Ende durchsetzen wird, ist nur in politischer Hinsicht interessant. Am Ende muß jeder sein Leben und sein Tun mit seinem Gewissen vereinbaren.

Ich für meinen Teil würde mich selbst auf eine animalische Stufe herabsetzen, wenn ich mich nicht befähigt fühlte, im Gegensatz zum Tier meinen Trieb kontrollieren zu können, anstatt mich von ihm kontrollieren zu lassen.

Last edited 1 Jahr her by Deutscher
Lara
1 Jahr her

In Deutschland werden Jahr für Jahr 100.000 Abtreibungen durchgeführt.
Man könnte z.B. mal darüber nachdenken, was für schädliche Gesetze, Verwehrung der Grundrechte, Hetze gegen Ungeimpfte usw. man die letzten Jahre durchgeführt hat um im wesentlichen ein paar tausend sehr alten Menschen ein paar wenige Lebensjahre zu retten.
Mit völlig unverhältnismäßigen NOx Grenzwerten will man angeblich ein paar tausend weitere Menschen retten.
Aber bei 100.000 werdenden Menschen, die gut 80 Jahre leben könnten, da schaut man weg. 4% davon betreffen nur die Indikation.

FelizitasKueble
1 Jahr her

Der Pro-Abtreibungs-Artikel von Ann Furedi war völlig unqualifiziert und es ist gut, daß Frau Kaminski hier einige Stühle geraderückt. Die „Selbstbestimmung“ des Einzelnen findet ihre Grenze bei den Rechten der anderen, das gilt erst recht, wenn es um Grundrechte geht – in diesem Fall um das wichtigste Grundrecht überhaupt: das Recht auf Leben, auf dem alle weiteren Freiheitsrechte aufbauen. Dieses entscheidende Lebensrecht ist keine Privatsache, sondern Sache des Rechtsstaats, der verpflichtet ist, sich schützend vor die bedrohten Kinder im Mutterleib zu stellen, wenn er wirklich ein Staat sein will, der das RECHT schützt und es nicht der Willkür preisgibt –… Mehr