Bei Lanz wird 2021 ganz beiläufig schon abgeschrieben – keine Normalität für Jahre

Bei Markus Lanz knistert es zwischen den Gästen. Doch während sich Wolfgang Kubicki rechtfertigen muss, dass er Merkel zur Vertrauensfrage aufrief, zieht Merkels Lieblingsvirologin Brinkmann ungestört ihre Show ab. Und was da zutage tritt, ist erschreckend.

Screenshot ZDF: Markus Lanz

„Sehr viel unterschiedlicherer Meinung als wir hier gerade sind, kann man ja eigentlich kaum sein“, sagt Markus Lanz zum Eingang der Sendung. Dann folgt die erste Frage: Würden Sie sich mit AstraZeneca impfen lassen? „Ja, natürlich“ sagen alle Gäste – der Diskurs lebt. Man muss aber zugeben: so ruhig bleibt es nicht lange. Denn in der Liga der Charmebolzen wird nicht nur geflirtet, sondern auch gefetzt, was das Zeug hält. „Gott nehmt euch endlich ein Zimmer!“ möchte man den Bildschirm anschreien. Kein Wunder, dass die Sendung von Lanz lange nach der Familiensendezeit ausgestrahlt wird.

Heft 04-2021
Tichys Einblick 04-2021: Wie im Irrenhaus - Politik gegen den gesunden Menschenverstand
Don Juan gegen Casanova, im Streit um eine Frau. Aber nicht irgendeine Frau, sondern die Bundeskanzlerin höchst persönlich. Denn Lanz, der Ritter in schimmernder Rüstung, kritisiert, dass Kubicki tatsächlich die Vertrauensfrage gefordert hat, ob wir es uns in dieser Krise wirklich leisten können fragt er. Kubicki rudert nicht zurück und bleibt stehen. Aber danach ist die Stimmung zwischen den beiden nicht mehr so knisternd wie vorher. Kubicki sagt: „Der Freund von Herrn Lanz – Herr Lauterbach …“. Lanz ist entrüstet: „Wieso sagen Sie das so?“

Im Zentrum der Sendung steht die Virologin Melanie Brinkmann. Die Corona-Muse von Frau Merkel spielt die Rolle der etwas verschusselten, aber aufgebracht und besorgten Wissenschaftlerin exzellent. Die Männerherzen schmelzen dahin, das merkt man daran, dass die anderen wie verliebte Schuljungen kichern, jedes Mal wenn Brinkmann Sätze wie „Ich rede jetzt!“ ausruft, oder zugibt, dass sie den Faden verloren hat. Ihre Gedanken scheinen sich zu überschlagen und die anwesenden Männer schauen ihr fasziniert dabei zu. Dabei wäre etwas Opposition gar nicht schlecht gewesen. Denn sie hat nicht an Radikalität eingebüßt und schwört uns auf weitere Jahre der Pandemie ein.

Dabei schraubt sie sich langsam hoch. Erst sagt sie: „Die Wahrheit ist, dass wir im Sommer mit dieser Pandemie nicht durch sind“. Dann geht sie ein Schritt weiter: „Dieses Jahr noch nicht.“ Ganz beiläufig, einfach so. Dann erklärt sie, dass eine Impfquote von 50% nicht reichen wird. Selbst bei einer Impfquote von 70% haben wir in Deutschland immer noch ein Problem, wenn Corona in den anderen Ländern der Welt noch wütet. Dagegen sagt niemand was – und da wären wir dann wieder beim Thema Diskurs. Na toll, wenn wir erstmal die ganze Welt von Corona heilen müssen, bis wir endlich „neue Freiheiten“ in Deutschland bekommen, dann wird das dieses Jahrtausend ja nichts mehr.

Hätten wir bloß auf mich gehört

Dann geht sie dazu über, Michael Kretschmer, den Ministerpräsidenten von Sachsen anzugreifen, obwohl der ja nun auch alles andere als ein Lockdown-Kritiker ist. Aber statt auch nur irgendeine Bemerkung in ihre Richtung zu machen, lässt Kretschmer die Standpauke Brinkmanns über sich ergehen. Die inszeniert sich derweil zu der einzigen Stimme der Vernunft, auf die ja niemand gehört hat.

Standards systematisch verletzt
BBC-Reportage zeigt Schlendrian in Corona-Testlabor
 Zwischenzeitlich könnte man sie fast so verstehen, dass die Pandemie schon so ziemlich vorbei wäre, hätten wir nur auf sie gehört. Dass aber nicht nur irgendjemand, sondern sogar die Bundeskanzlerin auf sie hört, es uns seit dem aber immer noch nicht besser geht, wird dabei geschickt vergessen.

Im direkten Vergleich hat die andere Frau im Studio – die Journalistin Anja Maier – die Ausstrahlung eines aufgekochten Kamillenteebeutels. Sie übt sich auch in Kritik an der Politik, aber hier lässt ihr das keiner so einfach durchgehen. Kretschmer untermalt ihren Beitrag mit reingerufenen Neins und Kubicki tut ihn als „die Narrative von Journalisten, die ihre Artikel voll schreiben müssen“ ab.

Am Ende der Sendung hat jeder einmal mit jedem gestritten, nur Frau Brinkmann bleibt fein raus, kann austeilen, muss aber nicht einstecken. Entscheidend ist aber nicht, ob heute oder morgen geimpft wird. Entscheidend ist, ob es sich beim Lockdown noch um Monate oder doch schon um Jahre dreht. Während Melanie Brinkmann sich offen hält, was nächstes Jahr die Corona-Lage sein wird, gibt es keinen Einspruch. Bis nächstes Jahr bleibt Corona mindestens noch, das ist selbst in dieser Runde mit so vielen unterschiedlichen Meinungen (laut Lanz) Konsens.

Kretschmer wird noch etwas genauer. Sein Ziel ist, dass der Sommer 2022 so „unbeschwert“ wie der Sommer 2020 wird. Nein, nicht der Sommer 2019, sondern der letzten Jahres. Der einzige Zeitraum im letzten Jahr, wo wir keinen Lockdown hatten, aber wohlgemerkt wurde von Reisen abgeraten, überall war Maskenpflicht und soziale Kontakte waren zwar nicht direkt verboten, aber schon verachtet – und die ganze Zeit wurde ein neuer Lockdown herbeigeredet. Wenn das die neue Definition von „unbeschwert“ ist, dann gute Nacht.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 165 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

165 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Meykel
3 Jahre her

Gut, wenn ein solches Wahlprogramm in einem anderen Land veröffentlicht und angestrebt würde, könnte man sagen, es ist Gefahr im Verzug.

Aber in diesem Chaosland Deutschland, wie wir es in der letzte Zeit erlebt haben, kann man ganz beruhigt sein.

Bis die das alles durchgesetzt haben, sind die alle tot!

Also, dieser Kommentar war für einen anderen Artikel gedacht und zwar über das „Wahlprogramm der Grünen“. Wieso der hier gelandet ist, erschließt sich mir nicht.

Last edited 3 Jahre her by Meykel
Rob Roy
3 Jahre her

21 Krankenhäuser schließen und 4.000 Intensivbetten abbauen im Jahr 2020 und dann sagen, die Intensivbetten könnten knapp werden.
Genau mein Humor.

Rob Roy
3 Jahre her

Der russische Impfstoff soll wohl auch keine Nachteile haben. Aber den würden Merkel und Co. natürlich nie beim bösen Ivan bestellen.
Ich kann mich noch erinnern, wie Politik und Medien letztes Jahr sogar hämisch angezweifelt hatten, ob es „Sputnik“ überhaupt gibt.
Unsere Politiker sind das Allerletzte.

moorwald
3 Jahre her

Bescheidene Frage an den Fachmann: was heißt „asympthotisch“? Kann das Wort nirgends finden.

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Ah, Sie meinen Asymptote… ja, die ollen Griechen, mal „th“ , mal „t“ – die wußten selber nicht, was sie wollten.
– Vielen Dank und schöne Ostern! –

moorwald
3 Jahre her

Gleich nach Ostern wird es so hart wie bisher noch nicht. Es wird das letzte Gefecht: Virologen gegen Skeptiker, Bund gegen Länder, Corona-Verängstigte gegen Besonnene, Lähmung gegen Bewegung….
Und es wird nur Verlierer geben.

voyage
3 Jahre her

Der Erfinder des PCR Tests hat gesagt, dass mit diesem PCR Test KEINE INFEKTION FESTGESTELLT WERDEN KANN. Die WHO weist darauf hin. Viele Gerichtsurteile weisen darauf hin und heben reihenweise Verordnungen auf. Wenn sogar am gleichen Tag der Sendung ein hohes Wiener Gericht das nochmals bestätigt, wird nicht nicht die Frage gestellt wird, ob vielleicht die ganze CORONA Nummer eine Propagandaaktion ist? Wenn der PCR Test keine Infektion festellen kann, dann gibt es keine Fälle, keine Inzidenzien mehr. Wie ist es zu verstehen, dass die Intensivbetten nicht überbelastet sind, obwohl zeitgleich diese in ihrer Anzahl permanent reduziert werden? Wie ist… Mehr

Kristina
3 Jahre her

Leider gibt es zu viele Leute, die sich, weil finanziell abgesichert, wohlig im Lockdown eingerichtet haben. Die begrüßen sicherlich auch den Vorschlag von de Maizière das GG zu ändern, damit leichter der Ausnahmezustand ausgerufen werden kann. Und bei denen finden Wissenschaftler wie Frau Brinkmann offene Ohren. Lockdown forever! Wir sitzen erst im Lockdown bis Covid nirgendwo auf der Welt auftritt und anschließend geht es mit dem Klimalockdown weiter. Und wie immer sind die Linksorientierten besonders eifrige Verfechter von strengeren Maßnahmen, Ausgangssperren usw. Ich verstehe nur eines nicht. Angeblich ist doch der größte Teil der jungen Leute FFF-Anhänger, also Wähler von… Mehr

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Kristina

Die Freitagshüpfer haben keine Ahnung vom politischen Programm der Grünen – eher überhaupt keine Ahnung von Politik.
Und dass Greta wie Neubauer sie nasführen und durch das Familienerbe wie „Beziehungen“ lebenslang abgesichert sind, während sie, ungebildet auch durchs Schuleschwänzen, auf einem sich stark wandelnden Arbeitsmarkt chancenlos sein werden – so weit können sie anscheinend selbst nicht mehr denken.

pbmuenchen
3 Jahre her

Es ist doch ganz einfach: Selbst im Sommer 2020 bei einer »Inzidenz« von 3,5 wurden die Maßnahmen nicht aufgehoben, sondern die Tests vermehrt. Und dass fortan jeder, der poitiv getestet wurde, als in »Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung-Versorbener« gezählt werden wird, zeigt doch, was auf absehbare Zeit geplant ist.

nachgefragt
3 Jahre her

Gott sei bei uns! Mir kam gerade der Gedanke, das ZDF könnte eine diverse Neuauflage der Schwarzwaldklinik machen. Mit all den bekannten Showgrößen aus Funk und TV. In der Hauptrolle Dr. Melanie Brinkmann, lesbisch und verheiratet mit Manuela „Gabi“ Schwesig, Oberarzt Lauterbach als der junggesellige Hallodri, der ständig Brinkmanns Frau angräbt aber auch sonst schwere Nöte hat, Angela Merkel in der Rolle der Oberschwester Hildegard, Christian Drosten als der jung-dynamische Pfleger, der für alle ein offenes Ohr und guten Rat hat, … oder doch besser Brinkmanns Sohn auf Freiersfüßen? Markus Söder als der miesgelaunte Stinkstiefel im Ärzte-Kollegium. Fehlen nur noch… Mehr

nachgefragt
3 Jahre her

Brinkmann hat sich am 13.3.2020 im DLF klar gegen Schulschließungen allgemein und für gezielte Maßnahmen bei betroffenen Schulen ausgesprochen. Auch sonst kann man sich nur wundern. https://www.deutschlandfunk.de/kritik-an-schulschliessungen-wegen-corona-das-virus-wird.694.de.html?dram:article_id=472470 Zitat: „Es ist bestimmt sinnvoll, an Schulschließungen zu denken. Aber ich glaube, dass das jetzt wirklich gezielt gemacht werden muss und auch regional geschehen muss – und nicht flächendeckend. Da muss man einfach auch jetzt auf die Zahlen schauen, welche Bundesländer haben jetzt schon hohe Fallzahlen. Denn wenn man jetzt zu früh handelt, hat man auch nicht groß gewonnen. Ich empfinde das gerade so wie so mit einem Vorschlaghammer, diese Entscheidung, und sehe… Mehr

Last edited 3 Jahre her by nachgefragt