Schröter: „Der Westen wankt zwischen Anmaßung und Selbsthass“

Gottlob gibt es sie (noch?): Die unbestechlich der Wahrheit und der Realität verpflichteten Kultur- und Sozialwissenschaftler, die schonungslos den Finger in die Wunde legen, die vor keiner noch so üblen linken Attacke einknicken, die messerscharf und faktenreich belegen, wohin die Reise Deutschlands, Europas und des ganzen Westens geht: in eine dekadente Selbstaufgabe.

Susanne Schröter ist eine solche Wissenschaftlerin. Der Begriff „Dekadenz“ kommt in ihrem aktuellen Buch „Global gescheitert? Der Westen zwischen Anmaßung und Selbsthass“ zwar nicht vor. Aber bei der Lektüre der zeitgeschichtlich, religionswissenschaftlich, gesellschaftswissenschaftlich, kriminalstatistisch, medienkritisch und geopolitisch höchst fundierten Analyse Schröters schwingt beim Leser eine „Dekadenz“-Diagnose mit.

Denn die Autorin belegt umfassend, wie sich der Westen (ausgehend von US-„Elite“-Unis, aber eifrig getoppt in Deutschland) selbst abschafft: durch ungesteuerte Zuwanderung, Parallelgesellschaften inkl. Scharia-Paralleljustiz, Duldung weitreichender Islamisierung, Cancel Culture, Selbsthass kombiniert mit Hypermoral, naives Appeasement, romantisierende Interventionspolitik, Doppelmoral, geschichtsklitternden „postkolonialen“ Exorzismus, einen neuen Rassismus gegen Weißsein, die Ideologie der Intersektionalität, „Gender“ …

Wir können nicht jedes einzelne der neun Hauptkapitel hier wiedergeben und begnügen uns – quasi als Appetithäppchen – mit ein paar Zitaten, die, wäre sie noch Kanzlerin, eine Angela Merkel gewiss als „nicht hilfreich“ abqualifizieren würde.

  • Der Westen drohe zu scheitern. „Verantwortlich ist eine krude Mischung aus Hybris und Selbsthass.“
  • Über Weißsein: „Ein neuer Rassismus formiert sich, und er richtet sich – historisch ein absolutes Novum – gegen die eigene Bevölkerung. Weiß sein wird in der weißen Welt zum Stigma, im postchristlichen Sinn zur neuen Erbsünde … Die neue Rassismustheorie ist also in Wirklichkeit eine neue invertierte Rassentheorie …“ Der Weiße sozusagen als Antichrist.
  • Die Anerkennung eines Opferstatus werde „mit finanziellen Zuwendungen belohnt“ und stelle ein „lukratives Geschäftsmodell“ dar.
  • Ein Kapitel ist überschrieben mit „Hamburgs Beitrag zum 11. September“. Erläuterung unnötig.
  • Die „Schuld- und Schamrituale“ sind „Gehirnwäsche übelster Sorte.“
  • Die Autorin betont: Der muslimische Sklavenhandel sei der größte und langlebigste der Weltgeschichte gewesen. Und: Es war Europa, das die Sklaverei abschaffte.
  • Über die Naturromantik des „Edlen Wilden“ à la Rousseau: „Wer das Heil in einer Nachahmung indigener Bräuche und Strukturen sucht, sollte konsequenterweise nicht gleichzeitig die Annehmlichkeiten der Zivilisation in Anspruch nehmen.“
  • Über Zuwanderung und Integration: „Die Grundvoraussetzung von Integration ist die Bereitschaft, die zentralen Normen und Werte der Aufnahmegesellschaft anzunehmen … Die Entscheidung über Zuwanderung muss allein den Bewohnern des Aufnahmelandes vorbehalten sein.“

Die Freiheit der Wissenschaft verteidigen
Ethnologin Susanne Schröter über Postkolonialismus als Druckmittel
Und so weiter, und so fort. Stets markanter Klartext! Darüber hinaus geht Susanne Schröter sehr differenziert auf die aktuell expansiven, zum Teil aggressiven Gelüste eines Putin (Ukraine, Wagner-Gruppe in Mali …), eines Xi Jinping (Taiwan) und eines Erdogan (Traum von einem neuen Osmanischen Reich) ein.

Im politischen und medialen Berlin scheint Frau Schröter nicht sonderlich gelitten. In Talkshows sieht man sie außer zuletzt bei BILD-TV kaum. Die politische, mediale und „zivilgesellschaftliche“ sog. Elite wird ihre aufrüttelnden Bücher nicht gelesen haben und nicht lesen, auch nicht ihr letztes Weckruf-Buch von 2019 „Politischer Islam“ (das inzwischen als Paperback unter dem Titel „Im Namen des Islam. Wie radikalislamische Gruppierungen unsere Gesellschaft bedrohen“ vorliegt).

Gerade diese „Elite“- von Baerbock bis Faeser, von den Kirchen bis diversen gutmenschlichen NGOs, von ARD-/ZDF- bis SPIEGEL-, ZDF- und Co-Chefredaktionen – müssten Schröders jüngstes Buch als Pflichtlektüre vorgesetzt bekommen.

Bei Faeser allerdings in ihrer monomanischen Ausrichtung auf den „Kampf gegen rechts“ haben wir diese Forderung schon begraben. Ihr Vorgänger Horst Seehofer hatte im Frühsommer 2021 im Innenministerium einen „Expertenkreis Politischer Islamismus“ eingerichtet. Faeser hat diesen Arbeitskreis soeben auslaufen lassen bzw. nicht verlängert. Susanne Schröter gehörte dem Arbeitskreis an.

Ein paar Hinweise zur Autorin: Prof. Dr. Susanne Schröter (geb. 1957) lehrt und forscht an der Universität Frankfurt als Ethnologin und Islam-Expertin. Sie ließ sich nie einschüchtern. Auch nicht als linksaktivistische Studenten ihrer oder einer anderen Universität sie an Vorträgen oder etwa an Veranstaltungen zur Problematisierung des Kopftuchs hindern wollten.

Prof. Schröter hat eine wissenschaftliche Bilderbuch-Vita: Sie studierte Ethnologie, Soziologie, Politikwissenschaften und Pädagogik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz; lehrte und forschte u.a. an der University of Chicago und der Yale University, wurde 2004 Inhaberin des Lehrstuhls für Südostasienkunde an der Universität Passau und 2008 auf die Professur für „Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen“ an die Goethe-Universität Frankfurt berufen. Seit 2014 leitet sie das „Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam“.

Susanne Schröter, Global gescheitert? Der Westen zwischen Anmaßung und Selbsthass. Herder Verlag, Hardcover mit Schutzumschlag, 240 Seiten, 20,00 €.


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Kommentare ( 7 )

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a.bayer
1 Jahr her

„Schuld-und Schamrituale sind Gehirnwäsche übelster Sorte.“ So ist es! Was mich interessiert: Warum funktionieren diese Rituale nur in Westdeutschland, im Osten aber nicht?

giesemann
1 Jahr her

Wem etwas am Westen nicht passt, dem empfehle ich: Fernbleiben. Niemand wird zur Immigration gezwungen – schon gar nicht vom Westen. https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/buecher/schroeter-der-westen-wankt-zwischen-anmassung-und-selbsthass/

StefanB
1 Jahr her

Geeigneter Untertitel: Die Selbst-„Befreiung“ des Westens von Zivilisiertheit, Wohlstand und Sicherheit.

Ralf Poehling
1 Jahr her

Dekadenz ist genau das richtige Wort. Der Zerfall unserer Gesellschaft wird von vielen als Freiheit oder Befreiung fehlinterpretiert. Mit Freiheit hat Zerfall aber nichts zu tun. Eine freie Gesellschaft ist in sich selbst kohärent und verteidigt ihre Freiheit aktiv(!) gegen die Unfreiheit. Eine zerfallende dekadente Gesellschaft hingegen, verteidigt sich nicht, lebt nur noch von ihren Reserven, bis diese am Ende aufgebraucht sind, und zerfällt deshalb. Eine echte freie Gesellschaft ist beständig. Eine dekadente Gesellschaft wird von nicht dekadenten Gesellschaften immer gefressen. Man möge nun genau darauf schauen, was derzeit in Deutschland und mit Deutschland passiert. Freiheit geht anders. Also bleibt… Mehr

Deutscher
1 Jahr her

Richtig. Bei Ukraine/Russland liegen viele falsch und solidarisieren sich mit denen, die das eigene Volk und die eigene Nation verachten. Man muß verstehen, dass wir nicht für „unsere Werte“ gegen Putin kämpfen, sondern nur, weil das linksgrünrote Milieu in diesem unwoken Mann, der gegen alles steht, was sie für richtig & wichtig halten, ihren größten Feind sieht. Mächtige Menschen haben linksgrünrot & woke zu sein, sonst sind sie die neuen Adolfe, gegen die man verbissen bis zum letzten kämpfen muß! Es ist ein ganz persönlicher Krieg der Linksgrünroten gegen Putin, weil sie ihn nicht ausstehen können. Wir frieren nicht gegen… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Deutscher
Thorsten Maverick
1 Jahr her

Ich weiß nicht, was ich von ihr halten soll. Sie faselt auch von Islamismus und verkennt, daß es dabei um echten, authentischen Islam geht. Macht sie das, weil sie es nicht besser weiß, oder weil sie massive Probleme bekäme, wenn sie real über den Islam dozieren würde. In Hamburg wurde ja Stürzenberger wegen Volksverhetzung zu 6 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, dabei faselt er auch von politischem Islam, obwohl der Islam durch und durch politisch ist. In der Islamforschung dürfte die Saarbrücker Schule die einzig ernstzunehmende sein, weil da Leute sind, die die ganzen orientalischen Sprachen beherrschen und insbesondere auch… Mehr

RMPetersen
1 Jahr her

Wie im Text erwähnt, ist Frau Schröter in der deutschen Politik-Medien-Blase nicht wohlgelitten, daran wird auch nicht ändern, dass sie eine russische aggressive expansive Politik sieht und kritisiert. (Wenn in dem Buch eine gründlichere Analyse der Motive der jeweiligen Akteure enthalten sein sollte, nicht nur eine moralische Kritik, wäre es gut.) Worauf ich hinaus will: Russen-Kritik bis zur Feindschaft hat keine der sog. alternativen, vom Mainstream als recht geschmähten Medien (Tichy, Achse, Reitchuster, Wallasch etc.) vor den Vernichtungsangriffen der linken Mafia geschützt. Es genügt nicht, die westlichen Intentionen und die NATO-Aktivitäten gegen Russland zu loben. Wenn man auch nur in… Mehr