FDP und SPD werfen Markus Söder gezielte Irreführung der Öffentlichkeit vor

Die Debatte um mögliche Falschangaben zu den Inzidenz-Zahlen von Ungeimpften nimmt weiter an Fahrt auf. Die Bayerische SPD-Landtagsfraktion hat eine Anfrage zu Inzidenzen im Plenum gestellt, der bayerische FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Hagen fordert personelle Konsequenzen.

IMAGO / Sven Simon

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) steht in der Kritik, Inzidenzwerte von Ungeimpften durch verzerrende Datenerhebung falsch hoch ausgewiesen zu haben. Wie eine Recherche der Welt vom vergangenen Samstag offenlegte, ist wohl bei über zwei Dritteln der gemeldeten infizierten Ungeimpften in Bayern der Impfstatus tatsächlich unbekannt. Grund für diese irreführende Zahlenerfassung: Das LGL zählt zur Ungeimpften-Inzidenz auch Infektionsfälle ohne bekannten Infektionsstatus hinzu. Diese Vorgehensweise war bereits bekannt, nun zeigte sich allerdings erstmals das Ausmaß, in dem diese Erhebungsweise die Umgeimpften-Inzidenzwerte beeinflusst.

Nachdem verschiedene Medien die Vorwürfe gegen das LGL aufgegriffen hatten, beschäftigen sich nun die bayerischen Oppositionsparteien mit dem Thema. Die SPD-Landtagsfraktion hat am Montagmorgen im Plenum eine Anfrage zum Thema „Falsche Inzidenz-Zahlen der LGL: Wurde die Öffentlichkeit gezielt irregeführt?“ gestellt. Unter anderem soll die SPD gefragt haben, wer die Twitter-Grafik erstellt habe, mit der Markus Söder in seinem Tweet vom 18. November einen massiven Anstieg der Corona-Infektionen unter Ungeimpften beweisen wollte. Die Grafik hatte nahegelegt, dass angeblich rund 90 Prozent der Neuinfektionen auf Ungeimpfte zurückzuführen seien.

— Tim Röhn (@Tim_Roehn) December 6, 2021

Nach den neuen Erkenntnissen über die massiv verzerrende Erhebung dieser Daten durch das LGL steht nun die Frage im Raum, inwieweit die Landesregierung Kenntnis über diese irreführende Zahlenerfassung gehabt hat. Erst am Sonntag hatte ein Sprecher der Staatskanzlei jede Verantwortung von sich gewiesen und mitgeteilt: „Wie diese Zahlen zustande kommen, liegt allein in der Zuständigkeit des LGL“. Damit gibt sich unter anderem Matthias Fischbach, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Bayerischen Landtag, nicht zufrieden. Fischbach: „Dass sie angeblich nichts wusste, finde ich für die Führungsstärke der Staatskanzlei bemerkenswert“. Es müsse nun herausgefunden werden, was Markus Söder gewusst habe.

Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, wirft der Bayerischen Regierung direkt vor, ihre Corona-Politik mit falschen Zahlen begründet zu haben. Hagen kommentiere auf Twitter: „Entweder sie hat die Bürger getäuscht, oder sie wurde von ihrer eigenen Behörde getäuscht. In beiden Fällen muss es personelle Konsequenzen geben.“

Die Bayern-FDP erklärte, dass sie am Dienstag eine aktuelle Stunde zu dem Thema setzen wolle, wenn es nicht vorher eine Regierungserklärung von Martin Söder geben werde. Die verzerrenden Angaben zu den Ungeimpften-Inzidenzen könnten laut Hagen auch eine Überprüfung der neubeschlossenen Corona-Regeln in Bayern zur Folge haben: „Das Argument gegen 3G war ja, dass ein ungetesteter Geimpfter weniger gefährlich ist als ein getesteter Ungeimpfter. Diese These wird vor dem Hintergrund dieser Sache noch einmal ganz neu zu überlegen sein“.

Das LGL selbst weist indes alle Vorwürfe, falsche Inzidenzwerte veröffentlich zu haben, von sich. Am Sonntag hatte Walter Jonas, Präsident des LGL, erklärt: „Wir haben uns entschieden, die Fälle ohne Angaben zum Impfstatus zunächst zu den Ungeimpften zu zählen. Denn es hat sich herausgestellt, dass diese – nach später vorliegenden Daten – in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle ungeimpft waren. Ein bloßes Weglassen der fehlenden Werte hätte zu völlig falschen Inzidenzverhältnissen geführt“.

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