Hamburg kassiert 8 Millionen Euro Corona-Bußgeld – und erlässt Warburg 47 Millionen

Ein Fall regt die Bürger der Hansestadt besonders auf – das Vorgehen der Justiz gegen eine demente 87-jährige Frau. Die gleiche Justiz zeigte sich allerdings in einem 47-Millionen-Euro-Fall sehr großzügig.

IMAGO / Hanno Bode
Zwei Polizisten weisen einen älteren Mann in der Mönckebergstraße in Hamburg auf die Maskenpflicht hin, 2.3.2021

Für die Hamburger Stadtkasse erwiesen sich Corona-Bußgeldbescheide als üppige Einnahmequelle. Das geht aus einer Antwort auf eine Anfrage der AfD-Bürgerschaftsfraktion hervor. Demnach verschickte die Hansestadt bisher insgesamt 47.076 Bußgeldbescheide wegen oft geringfügiger Verstöße gegen die häufig wechselnden und widersprüchlichen Auflagen, und kassierte auf diese Weise über 8 Millionen Euro.

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Gut 1450 Fälle sind immer noch offen – weil sich Betroffene vor Gericht gegen die Bescheide zur Wehr setzen. Das ergibt sich aus der Senatsantwort auf eine weitere Anfrage des CDU-Abgeordneten Richard Seelmaecker. Demnach seien bei der Staatsanwaltschaft des Stadtstaates noch 375 Einspruchsverfahren gegen Corona-Bußgeldbescheide mit 378 Betroffenen anhängig. Weitere 1072 Verfahren leitete die Behörde an Gerichte weiter.

Ein Fall, der in Hamburg für große Aufmerksamkeit sorgte, betraf ein Rentnerehepaar. Sein Vergehen: Die 87-jährige Dame, die unter Demenz leidet, hatte das Bedürfnis nach einer Toilette verspürt, als beide in der Stadt unterwegs waren. Beide gingen deshalb in eine Bäckerei – und versäumten es dort, den Kontaktbogen vollständig auszufüllen. Ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes, der zur Kontrolle vorbeikam, entdeckte den Verstoß.

Die Folge: Das Seniorenpaar erhielt einen Bußgeldbescheid über 357 Euro. Immerhin hob ein Richter jetzt den Bescheid gegen den Rentner auf. Das Verfahren gegen die Frau läuft noch, soll aber laut Gericht eingestellt werden. Der Richter stellte fest, dass die Corona-Verordnung des Senats überhaupt nicht festgelegt hatte, in welchem Zeitraum der sogenannte Kontaktbogen auszufüllen sei.

In Hamburg gewinnt das kleinliche Vorgehen der Justiz selbst gegen eine demente Rentnerin eine besondere Brisanz, weil die gleiche Behörde vor Kurzem entschied, nach einer Anzeige des renommierten Strafrechtsanwalts Gerhard Strate gegen Kanzler Olaf Scholz gar nicht erst zu ermitteln. Strate hatte den Bundeskanzler am 15. Februar 2022 wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und der Falschaussage angezeigt. Es ging dabei um die Cum-Ex-Geschäfte des Hamburger Bankhauses Warburg, die im rechtlichen Graubereich stattfanden und mittlerweile als illegal gelten. Hamburgs Finanzverwaltung hatte von der Warburg-Bank deshalb eine Steuernachzahlung von 47 Millionen Euro gefordert.

Nach insgesamt vier Gesprächen leitender Bankiers mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz nahm die Finanzbehörde die Forderung zurück. Einen möglichen Tatbestand der Beihilfe durch Scholz, schrieb die Staatsanwaltschaft an Strate, könne sie nicht erkennen – und auch keinen Verdacht der Falschaussage. Scholz hatte vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss angegeben, er könne sich an den Inhalt seiner Gespräche mit den Warburg-Bankern nicht mehr erinnern.

Erinnerungslücken, meint dagegen die zuständige Oberstaatsanwältin damals in ihrem Begründungsschreiben zur Nichtaufnahme eines Ermittlungsverfahrens, seien „ein häufig diagnostiziertes Problem“.

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Kommentare ( 24 )

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Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Die deutsche Justiz zeigt gerne sehr deutlich auf welcher Seite sie steht. Man hält es mit den Mächtigen, das Recht ist zur Nebensache geworden. Die denkwürdigen jüngsten Entscheidungen des BVerfG zeigen m. E., dass die Justiz in Deutschland nicht einmal mehr gewillt ist, den Schein der Unabhängigkeit zu wahren. Gemeinsame Abendessen mit den Regierenden, also einer Prozesspartei, vor einem Urteilsspruch, demonstrierten die offenkundige Parteinahme des höchsten Gerichts. Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaften gegenüber den Justizministerien ist ein weiterer Stein des Anstoßes in einen „Rechtsstaat“, der… Mehr

Astrid
1 Jahr her

Ja, so ist es jeden Tag aufs Neue. Aber so falsch kann eben diese Politik nicht sein, da die meisten Bürger, egal wo auch immer gewählt wird, genau diese Parteien wählen. Bis auf den letzten harten Kern der Montagsspaziergänger scheint das niemanden zu stören. Es ist völlig Wurscht, was sie mit den Kindern machen, ob Masken, Corona-Test, Quarantäne, frühe Sexualerziehung (bereits im Kindergarten), Kurzarbeit, explodierende Lebenmittelpreise und Energiekosten, Massenmigration, Wahlbetrug,Rentenpolitik, Ukrainekrieg, kaputtes Gesundheitswesen usw., keiner kommt vom Sofa hoch und steht für seine Familie, Kultur und Werte ein. Satt geht halt nicht auf die Straße. Die Steuereinnahmen waren im April… Mehr

G. Lohhoff
1 Jahr her

Genau deswegen haben meine Frau und ich den doppelten Bußgeldbescheid wegen harmlosen Spazierengehens in Hamburg auch widerspruchslos bezahlt. Das Abenteuer, uns mit einer von Rechtsstaatlichkeit völlig losgelösten Justiz erfolglos und schlußendlich noch teurer herumschlagen zu müssen, wollten wir nicht mehr eingehen. Stattdessen hat Deutschland jetzt zwei Staatsverächter mehr!

Polarstern 43
1 Jahr her

Also, ich verstehe das Vorgehen der Hamburger Justiz. Irgendwer muss doch den Abgang von 47 Millionen ausgleichen.

Endstadium0815
1 Jahr her

Da fällt mir Scholz sein Wahlplakat ein, mit der Aussage von „Respekt und so was“. Das hängt sicher in jedem Büro in der Warburg Bank. Den Bürger meinte er sich nicht. Die Verbecher in der Politik, der Justiz und den Medien verlieren jede Kontrolle und machen offen was sie wollen. Aber die Wahlen und Wähler „legitimieren“ sie ja.

Last edited 1 Jahr her by Endstadium0815
Klaus Kabel
1 Jahr her

Was soll man dazu noch sagen? Das ist die neue Normalität in Deutschland. Diese Politclique wirft das Volksvermögen der Bürger mit vollen Händen zum Fenster raus, und sie selbst stopfen sich die Taschen voll mit kriminellen und korrupten Aktionen. Abwählen kann man sie nicht mehr, verklagen geht auch nicht mehr. Und der Michel schnarcht dazu.

Siggi
1 Jahr her

Hamburg ist immer noch im Scholzsumpfmodus. Das wird sich erst ändern, wenn dieser Sumpf trockengelegt wird. Das allerdings kann in der jetzigen Gemengelage nicht erreicht werden, denn die Frösche werden das zu verhindern wissen.

hansmuc
1 Jahr her

Dieser „Staat“ hat sich in den letzten Jahren zu einem verbrecherischen Monster gegen die eigene, „indigene“ Bevölkerung gewandelt. Jeden Tag gibt es diesbezüglich Nachrichten, die einen entsetzt und sprachlos zurücklassen.
Hilfreich für diese Entwicklung ist eine Feigheit in der Bevölkerung, die alles übertrifft, was man sich vor 20 Jahren noch als schlimmsten Fall vorstellen hätte können. Man bekommt das sichere Gefühl, dass die BRD-Konstruktion mit allen Mitteln abgeschafft werden soll, was ja an sich begrüßenswert wäre, nur:Was kommt danach?!

Schwabenwilli
1 Jahr her

Es ist kein Wunder und verständlich, mache ich ja auch so, dass sich immer mehr Menschen in die innere Migration begeben, das heißt auch sich diesem Staat verschließen, nicht mehr das geringste Interesse haben am Gemeinwohl. Letztendlich wird das die Finanzierung dieses Staates zusammenbrechen lassen. Vorher werden zwar noch immer verrücktere Abgaben und Steuern erfunden die Bevölkerung ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Das verschlimmert natürlich die ganze Entwicklung und beschleunigt sie sogar. Wenn es einmal so weit ist dass es ein Großteil der Einwohner dieses Landes vollkommen egal ist was die Konsequenzen daraus sind, dann sind wir in der Endphase der… Mehr

bani
1 Jahr her

Die Kleinen hängt man, die Großen laufen dank der parteipolitisch besetzten Justiz straffrei herum.