EU-Kommission warnt vor Wahlen wieder einmal vor Desinformation aus Russland

Mehrere Wahlen drohen ein für Brüssel unbefriedigendes Ergebnis zu liefern. Höchste Zeit um den Desinformationsalarm anzuwerfen. Die Beeinflussung der Wahlen droht dabei natürlich mal wieder aus dem autokratischen Russland. Da hilft nur noch "demokratische Zensur".

IMAGO / ZUMA Wire
Die Europawahlen im Juni 2024 scheinen zwar noch in weiter Ferne zu liegen, doch die EU-Kommission ist bereits jetzt darauf bedacht, entsprechende Narrative frühzeitig zu etablieren. Die tschechische Vizepräsidentin der EU-Kommission Vera Jourova forderte vor allem die großen Internetkonzerne und Social-Media Unternehmen dazu auf, mehr gegen Desinformation auf ihren Plattformen zu unternehmen.

„Die großen Plattformen müssen sich mit diesem Risiko auseinandersetzen, vor allem, weil wir damit rechnen müssen, dass der Kreml und andere vor den Europawahlen aktiv werden“, so Jourova. Der russische Staat habe sich „auf einen Krieg der Ideen eingelassen”, um den europäischen „Informationsraum mit Halbwahrheiten und Lügen zu verunreinigen und ein falsches Bild zu erzeugen, dass die Demokratie nicht besser sei als die Autokratie.“

Die Überlegenheit der Demokratie soll nun also durch Zensur sogenannter Desinformation unter Beweis gestellt werden. Beispiele solcher Bekämpfung von Desinformation konnten im Laufe des letzten Jahres immer wieder bei Enthüllungen der Twitter-Files, bzw. erst kürzlich bei den Facebook-Files, beobachtet werden, bei denen regierungsnahe Organisationen und Lobbygruppen auf Social-Media Unternehmen einwirkten, um sogar faktisch richtige Behauptungen zu unterdrücken, wenn diese aus unliebsamem Munde kamen.

EU, X und der ewige Russe

Jourova hofft dabei auf die Mitarbeit der Internetriesen, die seit Ende August nicht nur dem neuen Digital Services Act der EU unterliegen, sondern die sich großteils auch dem freiwilligen Verhaltenskodex der EU gegen Desinformation unterworfen haben und den Kampf gegen Desinformation über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehend betreiben. Auffallend abwesend ist in dieser Gruppe Elon Musks X, das sich vor einigen Monaten aus dem Kodex verabschiedete und daraufhin prompt immer wieder als besonders anfällig für Desinformationskampagnen diffamiert wurde.

Jourova bezeichnete Musks X als „Plattform mit dem größten Anteil an Fehl- und Desinformationsbeiträgen“. Beunruhigt zeigte sie sich vor allem angesichts der Tatsache, dass „Desinformationsakteure“ deutlich mehr Follower als ihre „Nicht-Desinformationskollegen“ haben. Obwohl Jourova als EU-Kommissarin für „Werte und Transparenz“ zuständig ist, ist es aber um letztere nicht allzu gut bestellt. Berichte über 400 Kanäle auf YouTube, sowie 300 Websites auf Google, die geschlossen oder nicht mehr angezeigt wurden, berufen sich fast ausschließlich auf vage Verbindungen zu von Russland geförderten Agenturen.

Zwar ist keineswegs auszuschließen, dass Russland auch im Kampf der Ideen ein Budget zur Verfügung stellt, allerdings erwiesen sich im Zuge der Twitter-Files ähnliche Vorwürfe über russische Einflussnahme auf US-Wahlen als nicht nachweisbar und in manchen Fällen sogar als von amerikanischen Organisationen durchgeführte Ablenkungsmanöver. Das hält aber europäische Medien und die EU-Kommission nicht davon ab, weiter darauf zu pochen, dass etwa die Wahl Donald Trumps auf russische Einflussnahme zurückzuführen sei.

Desinformation hat mehr mit dem Absender, als mit dem Informationsgehalt zu tun

Neben Jourova engagiert sich auch der französische EU-Kommissar Thierry Breton immer wieder für die zunehmende Regulierung des Internets durch die EU-Kommission. Die „Integrität der Wahlen in Europa“ habe für Breton „Priorität bei der Durchsetzung des Digital Service Act“. Neben den EU-Wahlen im nächsten Jahr sieht die EU dabei vor allem mit Sorge auf die anstehenden Wahlen in der Slowakei (am 30. September), bei nationale Parteien sowohl aus dem linken wie rechten Spektrum die bisherige Russlandpolitik in Frage stellen könnten, sowie die baldige Wahl in Polen.

Apropos Desinformation: Die unbelegte Behauptung, polnische Beamte hätten bis zu 600.000 Migranten illegal Visen verschafft und damit die EU geflutet, findet sich bis heute unkorrigiert, unzensiert und ohne Warnhinweis auf Plattformen wie Google und Facebook. Diese Zahl findet sich in polnischen Medien jedoch nicht, dort ist die Rede von 600 Migranten, von denen weniger als 300 illegal Arbeitsvisen erhalten hätten. Dass dieser Skandal allerdings von der polnischen Opposition rund um Donald Tusk kurz vor der Wahl hochgekocht wurde, ist aber wohl nur Zufall und hat mit Desinformation und Wahlbeeinflussung rein gar nichts zu tun.

Im Kreuzfeuer der EU-Kritik bleibt aber vor allem Elon Musk und seine Plattform X. An diese wandte Jourova sich mit einer der patentierten Drohungen der EU-Granden, als sie meinte: „Ihr müsst euch hart an das Gesetz halten. Wir werden beobachten, was ihr tut.“ Denn nur so lässt sich beweisen, wie viel besser unsere Demokratie als eine Autokratie ist.

— Bruce Wendell (@BruceWendell7) September 25, 2023

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