Der Bund ist sich keiner Hochwasser-Schuld bewusst: „Unsere Warninfrastruktur hat vollständig funktioniert“ 

Der Bund hat bei der Vorsorge gegen die Flut versagt. Doch man will von nichts wissen: Seehofer wittert "billige Wahlkampfrhetorik", Pressesprecher kennen grundlegende Informationen nicht, der Bevölkerungsschutz-Präsident ist gar ein wenig stolz, wieviele Leben man gerettet habe.

IMAGO / Max Stein
Gegen die Bundesregierung stehen schwere Vorwürfe im Raum: Mehrere Tage vor der Katastrophe wurde man gewarnt. Das Hochwasser-Warnsystem Efas hatte schon am 10. Juli, also vier Tage vor den verheerenden Überschwemmungen, Alarm geschlagen und präzise mitgeteilt, in welchen Regionen das Hochwasser am gefährlichsten werden sollte, die Daten wurden der Bundesregierung übermittelt. Dennoch gelang es nicht, die Menschen vor Ort flächendeckend zu warnen. Eine Erklärung dafür bleibt man seitdem schuldig – die Rechtfertigungsversuche aus der Politik wirken hilflos. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bezeichnete die Kritik am Katastrophenschutz gar als „billige Wahlkampfrhetorik“.

Auf der Bundespressekonferenz am Montag war die Sprecherin des zuständigen Ministeriums nicht in der Lage den Zeitpunkt zu nennen, wann man überhaupt gewarnt wurde. Auch, wie das europäische Warnsystem grundsätzlich mit dem deutschen zusammenhänge und funktioniert, wisse sie nicht. „Wann jetzt, wer, wie wo, wann informiert wurde, da liegen mir jetzt gerade keine Informationen vor“. Wohlgemerkt an jenem Tag, als diese Vorwürfe in Deutschland bereits im medialen Fokus standen.

Warum nach dem offenkundig fehlgeschlagenen Sirenen-Warntag im vergangenen Herbst keine Verbesserung der Lage herbeigeführt worden konnte, wurde nicht plausibel erklärt. Der Sprecher des Innenministeriums: „Nach meinen Erkenntnissen haben in manchen Kommunen auch Sirenen funktioniert“.

Im Interview mit dem Deutschlandfunk ist sich Armin Schuster, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe dann gar keiner Schuld mehr bewusst. Er sagt: „Unsere gesamte Warninfrastruktur hat vollständig funktioniert“. Die Schuld sieht er offenbar bei den Betroffenen selbst, er sagt, es komme darauf an, „wie sensibel reagieren wir auf solche Warnungen“.

Im Gegenteil seien ihm sogar Fälle von Menschen bekannt, die sagen würden, die Warnapp oder Lautsprecherdurchsagen hätten ihr Leben gerettet : „Wir können doch mal die Frage stellen, wie viele hat unser Hilfeleistungssystem eigentlich gerettet.“, so Schuster. Gerade sei man dabei, die Sirenen-Infrastruktur wieder herzurichten, das dauere aber auch noch mehrere Jahre.

Der nächste Warntag ist für das Jahr 2022 geplant.

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Kommentare ( 55 )

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merlin999
2 Jahre her

„Die Politiker sind die Retter“ obwohl sie vollkommen versagen, genauso wie bei der Coronapolitik, spielen sie sich noch als Retter auf. Dabei werden diese Menschen von Politikern, oder Kreaturen – denn mit Menschlichkeit hat ihr Handeln schon lange nichts mehr zu tun, nur mehr von ihren hirnverbrannten Ideologien getrieben. Und die Deutschenglauben alles!!

HavemannmitMerkelBesuch
2 Jahre her

Und seit 16 Jahren und im Herbst ein weiteres Mal wählt eine (trotz geschichtlicher schlimmster Erfahrungen zum Thema Propaganda) durch widerliche billige Dauerpropaganda aus allen Rohren zu schizophrenen ideologischen Robotern zusammen geschossene Bevölkerung die immer gleichen Quacksalbater, Phrasendrescher und Wortbausteinhülsenverketter, Demagogen, Lügner, Korruptionsmafiosi und Speichelecker. SachsenAnhalt hat gezeigt, das eher die Hölle gefriert, als das der Deutsche von seinem Wohlstandssofa den Arsch hoch kriegt und kluge verantwortungsvolle Wahlentscheidungen treffen kann. Des Deutschen Krankheit bleibt also, immer solange wie er noch eine Wahl hat, sich seinen Untergang immer herbei zu wählen, der dann keine Wahl mehr zulässt. Dieses Land hat im… Mehr

Ralf Poehling
2 Jahre her

Für direkte Maßnahmen vor Ort ist der Bund beim Katastrophenschutz überhaupt nicht zuständig. Das ist aus gutem Grund Aufgabe der Länder und Kommunen, denn Katastrophenschutz ist ein hochgradig indviduelle, an lokalen geologischen und infrastrukturellen Details anzupassende Angelegenheit. Das erfordert überaus flexible Maßnahmen, die der Bund überhaupt nicht leisten kann. Wie ich mein Haus oder meine Wohnung gegen Unwetter oder auch Einbrüche absichere, ist meine Angelegenheit als Eigentümer bzw. Mieter. Wie die Straßen, Flüsse und Gebäude drumherum angelegt sind, ist zuvorderst Aufgabe der Kommunen und teils der Länder. Inklusive aller damit einhergehenden Risiken. Nichts davon ist Aufgabe des Bundes oder des… Mehr

U.M.
2 Jahre her

„Warninfrastruktur hat vollständig funktioniert“, mag sein, sieht aber nicht so aus. Das ist auch nicht der Punkt. Die Frage ist, wer hat die Warnung aus London und die des DWD nicht weitergeleitet und einfach ignoiert? So nach dem Motto, es wird schon nicht so schlimm. Es müssen Namen her, auch wenn sie aus der obersten Führung sind. Man kann sich nicht hinter einer Infrastruktur verschanzen. Die Entscheidung trifft kein Computer, sie trifft immer noch ein Mensch aus Fleich und Blut. Und wer war dieser Mensch?? Es wurde ja versucht dem DWD die Schuld in die Schuhe zu schieben. Der DWD… Mehr

Mikmi
2 Jahre her

Man stelle sich vor, morgen ist Klimawandel und keiner geht hin.
Keiner ist nicht ganz richtig, unsere Elite stolpert mit der Systemtreue Presse durch die Landschaft.
Es wird gelacht, jetzt nehmen wir mal richtig Geld in die Hand, so 500 Mrd. sollten reichen, keine Stadt, keine Gemeindekasse wird belastet, alles richtig gemacht.
Alles, der Bürger wird beruhigt, ihr bekommt zukünftig eine SMS und alles wird gut.
Nur, mein Wlan geht nicht mehr, der Strom ist abgeschaltet, ooh.
So viele Menschenleben, wer hat das nur zugelassen, welcher Bürokrat?

RA.Dobke
2 Jahre her

Die Warninfrastruktur in der BRD ist umfassend abgeschafft und rudimentäre Reste haben so gerade noch funktioniert. Das war, weil der böse Ostblock zusammengebrochen war. Jetzt baut man neue Schimären auf, um die Gesellschaft bange zumachen, es ist die Natur, derer wir uns erwehren müssen. Es ist der böse Russe, der noch aus dem alten Feind übrig geblieben ist . Was soll man diesen Popanzen wie Laschet & Cie. denn noch glauben. Und unsere politischen Eliten „verdienen ihr Geld“ mit Politik und offenbaren hinter einem Lügenschild, dass diese gänzlich ungebildeten Menschen zur Staatsführung auch nicht ansatzweise geeingnet sind. Wohin mit den… Mehr

d.rahtlos
2 Jahre her

Die Rheinland/Pfalz-Korrespondentin des DLF heute morgen zu Berichten über eine versagende Leitzentrale in Ahrweiler: „..so deutlich wird das gesagt, und das ist natürlich ’ne Riesengefahr, weil Querdenker da reinstoßen könnten.“
Soll heißen: nicht das Behördenversagen stellt das Problem dar, sondern die „feindlich-negativen Personen“..

Der Michel
2 Jahre her

Es wird immer wieder geschrieben, die „vielen Warnungen“ hätten zu einer Art „Abstumpfung“ geführt, sodass sie nicht mehr ernst genommen wurden. Das kann ich nicht glauben: Wir haben heute sehr verlässliche Wettervorhersagen (für den Zeithorizont von einigen wenigen Tagen) – auch die Niederschlagsmenge und daraus folgende die Überschwemmungsgefahren kann man sehr genau prognostizieren. Es muss also klar gewesen sein, dass da eine „Jahrhundertflut“ auf die betroffenen Regionen zurollt und eben kein Hochwasser, wie es alle paar Jahre auftritt. Entsprechend hätte man warnen können und müssen. Und ich bin mir sicher, dass die Leute darauf reagiert hätten. Die Sachschäden (und, wie… Mehr

Der Michel
2 Jahre her
Mausi
2 Jahre her

Tja, man muss sich die Fragen immer passend machen. Immer so drehen, dass sie nicht ohne grossen Aufwand beantwortet werden können und ablenken. Hier die Frage nach den Geretteten, dort bei Corona die Frage nach noch mehr Toten, die es wegen der wirksamen Verhinderungsmittel nicht gegeben hat.

Und immer positiv bleiben. Hier Gerettete, dort verhinderte Tote.

Last edited 2 Jahre her by Mausi