Inflation, Italien, Internet und Hoffnung im Handelskonflikt

Am EZB-­Fahr­plan mit Einstellung der Anleihekäufe Ende 2018 und Leitzinserhöhun­gen frühestens nach dem Sommer 2019 dürften somit weder die Inflations- noch die BIP-Daten etwas ändern.

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Stärker als erwartet sind im Oktober die Verbraucherpreise gestiegen. Die Inflationsrate kletterte in Deutschland mit 2,5 Prozent auf den höchsten Stand seit 2008, die Preise im Euroraum lagen 2,2 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt eine Inflation von knapp zwei Prozent an. Da vor allem höhere Preise für Energie die Teuerungsraten antreiben, herrscht dort Skepsis, ob der Inflationsdruck tatsächlich so kräftig ist. Denn die Kernrate ohne die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise lag in Deutschland bei 1,7 und im Euroraum bei 1,1 Prozent. Schwächer als erwartet fielen die Daten zum Wirtschaftswachstum der ­Eurozone aus: Das Brutto­inlandsprodukt (BIP) legte im dritten Quartal um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu; im zweiten Quartal waren es 0,4 Prozent. Volkswirte verweisen auf Sonder­faktoren wie die Produktionsausfälle bei deutschen Autoherstellern wegen der Umstellung aufs neue Abgasmessverfahren WLTP. Deshalb könnte das Wachstum in Deutschland nach Ansicht der Bundesbank im dritten Quartal vorübergehend zum Erlie­gen gekommen sein; offizielle Daten gibt’s am 14. November. Am EZB-­Fahr­plan mit Einstellung der Anleihekäufe Ende 2018 und Leitzinserhöhun­gen frühestens nach dem Sommer 2019 dürften somit weder die Inflations- noch die BIP-Daten etwas ändern.

Italien hat schon BIP-Zahlen fürs dritte Quartal vorgelegt — die Wirtschaft stagnierte. Die Nullnummer sorgte für Druck auf die Staatsanleihe­kurse, bei denen die Ratingagentur S & P zuvor für Erleichterung gesorgt hatte. Die Agentur senkte die Bonitätsnote des Landes nicht, sondern setzte nur den Ausblick auf „negativ“. Die Regierung in Rom sieht im schwachen Wachstum ein Indiz, dass, wie von ihr geplant, mehr öffentliche Investitionen notwendig seien. Von der EU-Kommission werden die Haushaltspläne abgelehnt, Bis 13. November soll Italien geänderte Pläne vorlegen.

Internationale Organisationen haben ein feines Gespür für Tagungsorte. So treffen sich seit Montag im angenehm warmen Dubai mehr als 2.500 Delegierte aus 193 Ländern und von 700 Unternehmen wie Facebook, Huawei sowie mehreren internationalen Telekomkonzernen zur 20. Generalversammlung der International Telecommunication Union (ITU). UN-Generalsekretär António Guterres forderte gleich zu Beginn per Videobotschaft „Smartphones und Internetzugang für alle!“ — schließlich seien noch immer vier Milliarden Menschen ohne Anschluss. Die Kongressteilnehmer debattieren indes nicht nur über Datenmonopole und 5G-Netze, sondern genießen auch ein Stück vom Paradies am Golf. Am ersten Abend ging es zum Galadinner mit Klavierkonzert und arabischen Köstlichkeiten am Fuße des welthöchsten Gebäudes Burj Khalifa. Einkaufsausflüge und Wüstensafaris folgen. Klimatisierte Reisebusse befördern die gestressten Teilnehmer vom Tagungszentrum Dubai World Trade Center zu den nahe gelegenen Luxushotels. Der ITU-­Gipfel dauert bis 16. November. Die Mobil- und Festnetzkunden in ­aller Welt wünschen sicherlich: gute Unterhaltung!

Der Oktober war ein stürmischer bis orkanartiger Monat für Aktionäre. Selbst nach der Aufwärtsbewegung in seinen letzten Tagen hinterließ er Verwüstungen in Form hoher Verluste. November und Dezember sind im Gegensatz zum Vormonat statistisch durchweg positiv belegt, die Monate tauchen mehrfach in der Liste der historisch ertragreichsten Monate im DAX auf. Dieser November ist nicht nur angesichts der schmerzhaften Vorwoche gut angelaufen. Die Problemzonen des Börsenumfelds bleiben uns zwar erhalten — etwa steigende US-Zinsen oder die Abkühlung in China, der Brexit, der Haushalt Italiens —, im Handelsstreit aber zeigt sich US-Präsident Trump, offenbar wegen der Börsenschwäche, zumindest taktisch zum Einlenken bereit. Das treibt die Wall Street. Überdies sind Aktien insgesamt auch wieder deutlich günstiger zu haben. Die Erholung verläuft, ausgehend von den US-Märkten, v-förmig. Das sieht nach Chance aus. Es wird spannend zu sehen, wie es weitergeht. Denn die hohe Volatilität der vergangenen Börsentage hat Spuren im hinterlassen.

Die erneute Hoffnung auf einen möglichen Ausweg aus dem US-Handelsstreit mit China hat der Wall Street am Freitag gleichwohl nicht nachhaltig geholfen. Nach zuletzt drei festen Handelstagen hatte der Dow Jones Industrial schon einiges vorweg genommen, und so ging ihm nach einem ersten Anstieg bis auf knapp 25.579 Punkte der Schwung verloren. Am Ende gab der US-Leitindex in der Mitte seiner Tagesspanne um 0,43 Prozent auf 25.271 Punkte nach. Die Woche beendete er aber mit einem Aufschlag von mehr als zwei Prozent.

Die Stimmung wurde von der verbleibenden Skepsis im Handelsstreit und von der Aussicht auf weitere US-Zinserhöhungen gebremst, nachdem der Arbeitsmarktbericht robust ausgefallen war. Außerdem lastete ein enttäuschender Apple-Ausblick auf dem Markt und dort vor allem auf den Technologiewerten, deren Auswahlindex NASDAQ 100 um 1,5 Prozent auf 6965 Punkte fiel. Für den breit gefassten S&P 500 ging es um 0,6 Prozent auf 2723 Punkte bergab.

Auch ein als robust gewerteter US-Arbeitsmarktbericht lieferte am Freitag eher negative Impulse für den Aktienmarkt, weil er Experten zufolge die Aussicht auf weitere graduelle Leitzinserhöhungen seitens der US-Notenbank Fed untermauert. Die Fed habe derzeit keinen Grund, die Zinserhöhungen zu stoppen, kommentierte etwa die BayernLB. Steigende Zinsen zehren im Regelfall an der Attraktivität von Aktien.

Die Berichtssaison kam mit insgesamt durchwachsenen Quartalsergebnissen daher. Apple enttäuschte die Börse mit seiner Umsatzprognose für das wichtige Weihnachtsgeschäft, die Aktien begaben sich mit fast sieben Prozent auf Talfahrt. „Im vierten Geschäftsquartal war der Apfel schmackhaft, aber die Zahl der ‚braunen Stellen‘ nimmt zu“, schrieb Analyst Ingo Wermann von der DZ Bank. Für große Unsicherheit sorgte auch, dass der Konzern für seine Produkte wie das iPhone keine Absatzzahlen mehr veröffentlichen will.

Ein weiterer großer Verlierer waren die Aktien des Lebensmittelkonzerns Kraft Heinz, die wegen einer enttäuschenden Gewinnentwicklung im dritten Quartal um fast zehn Prozent abrutschten. Um knapp zehn Prozent nach oben ging es dagegen bei Starbucks. Die Kaffeehauskette überraschte den Markt mit der Umsatzentwicklung am US-Heimatmarkt positiv – und trieb ihre Aktien auf einen Rekordstand.

Kursgewinne gab es nach Zahlen auch von den beiden großen Dow-Werten aus dem Ölsektor: ExxonMobil verbuchten am Ende ein Plus von 1,6 Prozent, während Chevron an der Spitze des Leitindex um mehr als drei Prozent vorrückten. Höhere Ölpreise hatten im Sommerquartal die Gewinne der beiden Ölriesen sprudeln lassen.


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Sonny
5 Jahre her

Um mal die Aussichten bzgl. unseres BIP und z.B. Großbritanniens auf den Punkt zu bringen: Deutschland Inzwischen rangiert Deutschland als Wirtschaftsstandort nur noch auf Platz 24 kurz vor Aserbaidschan (4 weitere Plätze runter im Vergleich zu 2017). Geht es um die Attraktivität, in Deutschland ein neues Unternehmen zu gründen, landet Deutschland mittlerweile auf Platz 114 von 190 untersuchten Ländern. Großbritannien Die Briten werden voraussichtlich in den nächsten 5 Jahren Mehreinnahmen von ca. 70 Milliarden GBP erwirtschaften. Unternehmensgewinne, Konsum und Beschäftigung steigen und bescheren dem Land hohe Steuereinnahmen. Laut Deutscher Bank bedeutet dies für Großbritannien eine Minderung der Staatsverschuldung um rund… Mehr

Nibelung
5 Jahre her

Ein weiser Mensch hat einmal gesagt, wenn die Menschen sich mehr in ihren Zimmern aufhalten würden, gebe es weit weniger Probleme und mit der heutigen Mobilität werden Resourcen im Unverstand verbraucht und außerdem prallen Kulturen aufeinander, die unter sich, mehr oder weniger in friedlicher Koexistenz lebten und dadurch hin und hergerissen werden und das alles führt zu innerem Aufruhr und nicht zur Beruhigung und selbst wenn der Globalist recht hätte mit seiner These, die Welt nicht nur auszubeuten und zu beherrschen sondern auch gleichzeitig zu befrieden, was eigentlich eine Utopie darstellt, stellt sich trotzdem zum Schluß die Frage und was… Mehr

Frank B.
5 Jahre her

Ich kann leider nicht in meinem Kommentar korrigieren. Es soll heissen: “ die ach so auf ihre wirtschaftliche Selbsständigkeit bedachte…“. Da fehlte mir ein Wort.
Vielleicht könnt ihr das bei Tichys Einblick mal ändern. Zu schnell hat man Fehler reingehauen.
Dabkeschön

Marc Hofmann
5 Jahre her

Die Basis für unsere Industrie basierende Wohlstandsgesellschaft eine billige Energie und Stromversorgung/Infrastruktur…kommt noch vor der Bildung und Wissenschaft! Mit der Energiewende verabschieden wir uns erst von unserer Industrie dann vom Wohlstand und zum Schluss von unserer Wissenschaft/Bildung/Fortschritt = Zukunft der technischen-digitalen Revolution/Evolution

BK
5 Jahre her

Schauen Sie sich nur die Rohölpreise, und im Verhältnis dazu die Spritpreise an der Tanke an. Wir sind an der Tanke jetzt da, wo wir waren, als das Fass 120,-Dollar kostete. Momentan geistert der Rohölpreis aber erst bei 70 rum. Will sagen, dass die Inflation schon bald die 10%-Marke knacken wird. Gehen Sie mal essen, dann wissen Sie was ich meine. Geht es so weiter, dann ist Amerika in spätestens 5 Jahren pleite. Über Italien und den Euro reden wir dann längst nicht mehr. Der EU gebe ich noch maximal 18 Monate. Dann ist der Traum ausgeträumt.

Marc Hofmann
5 Jahre her
Antworten an  BK

@BK Aha….0,86 EUR für den Liter Benzin in der teuersten Gegend von den USA ist also viel…soso…hier mal einige Vergleichsdaten…in Dollar Angabe und das bitte dann erst in EURO/LIter umwandeln. Benzin (Normalbenzin) Durchschnittspreise 1. Nov 2018 Der Wechselkurs ist heute 1 Euro ca. US$ 1.14 1 USD ca. 0.88 Euro. Benzinpreis pro Gallone: US$ 3.91 bis 2.97 — Westen der USA (Washington, Oregon, Idaho,Kalifornien, Nevada, Utah) US$ 3.38 Mittelwert — Alaska US$ 3.91 Mittelwert — Hawaii US$ 3.76 Mittelwert — Kalifornien US$ 2.90 Mittelwert — Arizona US$ 2.93 bis 2.86 Mittelwert — Colorado, Wyoming US$ 2.64 Mittelwert — Florida US$… Mehr