Wie Eurokraten einen frei gewählten Ministerpräsidenten unter Druck setzen

Von der Leyen und Merz wollen 210-Milliarden-Kriegskredite mit enteignetem russischem Geld absichern – und lassen sich von Eurostat die Schulden zur „Eventualverbindlichkeit“ schönrechnen. Wer widerspricht, wie Belgiens Premier De Wever, wird in Brüssel wie Orbán kaltgestellt.

IMAGO

Wenn etwas auf der Welt grenzenlos ist, dann ist es die Arroganz der EU-Aristokratie und der „Europäer“. Unter der pathetischen Bezeichnung die „Europäer“ sind eigentlich nur so beeindruckende Politiker wie Keith Starmer, Emmanuel Macron und Friedrich Merz zu verstehen. Was diese Europäer auszeichnet, ist dreierlei, erstens, dass sie ihre Staaten immer stärker verschulden, zweitens, dass sie nichts unversucht lassen, um die amerikanischen Bemühungen um einen Frieden in der Ukraine zu torpedieren, dabei sich als unfähig erweisen, auch nur das geringste für einen Frieden zu tun, und drittens die Gefahr der Eskalation des Krieges zu erhöhen.

Zur Finanzierung des Krieges, den sie damit verlängern, wollen sie die eingefrorenen russischen Vermögenswerte, die von dem belgischen Unternehmen Euroclear verwaltet werden. Würde Schwedt und das PCK in der Welt von Friedrich Merz existieren, wüsste er, wie schädlich Enteignungen bzw. Zwangstreuhandschaften sind. Bisher hat sich nämlich für die Rosneft-Anteile am PCK, die auf Betreiben Habecks im September 2022 unter Treuhand der Bundesnetzagentur gestellt wurden, kein Käufer gefunden.

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Nun sollen also nach von der Leyens und Merz‘ Willen die eingefrorenen russischen Vermögenswerte enteignet und in einen sogenannten Reparationskredit umgewandelt werden. Es muss mit dem besonderen Verhältnis der „Europäer“ untereinander zusammenhängen, dass über die eingefrorenen russischen Vermögenswerte, die auf einer französischen Banken liegen, nicht gesprochen wird.

Warum der Reparationskredit eigentlich ein Kriegskredit ist, zeigt sich an der Struktur des Kredits, denn dieser Kredit ist Teil eines Finanzpakets für die Ukraine in Höhe von 210 Milliarden Euro, das sich laut Politico aus 3 Bestandteilen zusammensetzt, 45 Milliarden Euro für die Rückzahlung eines G 7 Kredits, 50 Milliarden für den Haushaltsbedarf des ukrainischen Staates und sage und schreibe 115 Milliarden zur Finanzierung der ukrainischen Kriegsindustrie.

Die Europäer, allen voran Merz und von der Leyen, stellten sich den kleinen Raubzug einfach und beschaulich vor, denn sie rechneten nicht damit, dass Euroclear als Unternehmen und Belgien als Staat es wagen würden, sich dem zu verweigern, denn Euroclear muss nicht nur um seine Reputation, sondern auch um seine Existenz als Unternehmen bangen. Welcher Staatsfonds, welcher Anleger hätte noch Vertrauen zu einem Verwahrer von Vermögenswerten, der dem Zugriff der „Europäer“ und einer von der Leyen offensteht?

Der belgische Premierminister Bart De Wever fürchtet vollkommen zurecht russische Vergeltungsmaßen, denn dass die Russen das nicht einfach hinnehmen würden, dürfte jedem – mit Ausnahme von Friedrich Merz – klar sein. Um mal in einem Bild zu sprechen, wenn die russischen Vermögenswerte de facto enteignet werden, wäre das, als ob man eine Atombombe im Finanzmarkt zünden würde, deren eigentlich Zerstörungskraft in unkontrollierbaren Kettenreaktionen liegen würde. Das weiß man in Brüssel, in Berlin vielleicht nicht, denn auf eine Anfrage der Berliner Zeitung spricht die EU davon, das „Garantien, Entschädigungen oder sonstige geeignete Entschädigungsmechanismen…„das Risiko von Vergeltungsmaßnahmen sowohl in Russland als auch in Drittländern sowie jegliche Liquiditätsrisiken abdecken““ müssen.

Aus Sicht von Euroclear sollen die Risiken, die mit diesem Schritt zusammenhängen, komplett von den Staaten der EU übernommen werden, schließlich will die EU ja die Enteignung. Der Verursacher haftet. Doch das möchte niemand, denn die Garantien wären Schulden – und noch mehr Schulden kann niemand in der EU gebrauchen, schon gar nicht Frankreich und Italien, deren Schuldenlast längst die 100 % ihrer Wirtschaftsleistung übertroffen haben. Doch am Hofe von Ursula von der Leyen gelten keine Regeln, außer den Regeln, die Ursula von der Leyen aufstellt und nur solange, wie sie dieses Regeln mag.

Das Statistische Amt der EU, Eurostat, jedenfalls informierte laut Politico Italien und Frankreich, „dass die zur Absicherung eines 210 Milliarden Euro schweren Finanzierungspakets für die Ukraine benötigten Finanzgarantien ihre ohnehin schon hohe Schuldenlast nicht erhöhen werden.“ Schulden sind laut Brüsseler Aristokraten nun mehr keine Schulden, wenn Ursula von der Leyen es nicht will, sondern sie sind dann „Eventualverbindlichkeiten“, die sich nur dann auf die Staatsschulden auswirken, wenn man sie in Anspruch nimmt. Im Deutschen heißt allerdings das verschwurbelte Kunstwort „Eventualverbindlichkeit“ nichts anderes als Garantie.

Denn schließlich, so biegt man sich in der EU Aristokratie die Welt zurecht, haftet die EU dafür, womit die Gefahr, dass die EU Länder für die Garantien jemals zahlen müssten, gering sei. Mit anderen Worten, von der Leyen spielt mit Garantien der EU Länder Roulette, doch die Gefahr, dass sie das Geld verliert, obwohl sie va banque spielt, ist äußerst gering. Wers glaubt, bekommt ein Volontariat im EU-Mediendienst. Und überhaupt sieht Eurostat die Gefahr der Rückzahlung des Darlehens durch die EU-Länder als „ein komplexes Ereignis, dessen Wahrscheinlichkeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar ist“ an. In diesem Fall ist die sine qua non der EU, sich dummzustellen, nur dass es hier nicht um die Monte-Carlo-Simulation handelt, bei der Zufallsstichproben einer Verteilung mithilfe von Zufallsexperimenten gezogen werden, sondern ganz einfach und völlig unmathematisch um Russisch Roulette.

Da Ungarn schon erklärt hat, dass es keinerlei Garantien für den Hazard von Ursula von der Leyen und Friedrich Merz übernehmen will, dürfte sich die deutsche Garantiesumme von 52 Milliarden Euro erhöhen. Ob die 1000 Milliarden Euro, die Klingbeil und Merz pumpen, am Ende bei diesem sich täglich für die Ukraine vergrößernden Finanzbedarf ausreichen werden, denn die Belgier wollen alle denkbaren Risiken abgesichert haben, weiß zur Stunde niemand.

Aber auch dafür hat der EU-Absolutismus bereits eine Lösung, keine elegante, aber eine, die man bei Victor Orbán seit Jahren exekutiert. Laut Politico, das sich auf einen EU-Diplomaten „mit Kenntnis der laufenden Gespräche“ beruft, würde man Bart De Wever, wenn er auf seinen Forderungen beharrt und damit eine Einigung am 18.12. beim EU-Gipfel verhindert, von den „Europäern“ wie Victor Orbán ausgegrenzt werden. Politico listet auf: „Die Botschaft an Belgien lautet: Wenn es nicht mitmacht, werden seine Diplomaten, Minister und Führungskräfte am EU-Tisch keine Stimme mehr haben. Beamte würden Belgiens Wunschliste und Bedenken bezüglich des langfristigen EU-Haushalts für 2028–2034 ganz unten auf den Stapel legen….Ihre Meinung zu EU- Vorschlägen wird nicht erfragt werden. Ihre Anrufe werden unbeantwortet bleiben, sagte der Diplomat.“

Deutlicher kann man es nicht machen, dass in Brüssel eine Kaste zwar luxuriös von Europa lebt, aber gegen die Völker Europas handelt, deren demokratische Rechte sie komplett missachtet. Politico berichtet über europäische Diplomaten, die meinen, dass „in verzweifelten Zeiten verzweifelte Maßnahmen nötig seien.“ Werden die Interessen der europäischen Völker der Ukraine geopfert? Mehr noch, die Vorgänge in der EU, die Entmündigung oder Erpressung demokratischer Regierungen legt den Verdacht nahe, dass der Krieg in der Ukraine die Demokratie in Europa schwächt. Um so länger der Krieg in der Ukraine anhält, um so mächtiger wird die EU-Aristokratie, um so ohnmächtiger die Völker Europas, die gewählten Regierungen. Man könnte auch spotten, dass über 235 nach der Französischen Revolution wieder eine Monarchie in Europa aufgerichtet wurde, nämlich in Brüssel.

Jedenfalls treffen sich nach Mittwoch die EU-Botschafter der Staaten am Freitag zum zweiten und am Sonntag zum dritten Mal, um die belgische Regierung auf Linie zu bringen. Das Schauspiel, das vor unseren Augen gegeben wird, ist respektlos den Bürgern gegenüber.

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Raul Gutmann
25 Minuten her

Wir befinden uns in interessanten Zeiten.
Ist es überzogen, das damals progostizierte Schicksal der DDR-Nomenklatura im Sommer 1989 der gegenwärtigen EU-Kommison gegenüberzustellen?
„Man muß mit allem rechnen. Eine Woche vor dem Mauerfall hat keiner das Ende der DDR vorausgesehen. Und einen Tag danach tönten alle: Das mußte ja so kommen. … Jeder Dammbruch fängt mit einem Haarriß an.“
                                                                                   Henryk M. Broder 2014