US-Unternehmer missbilligt Vermischung von Wirtschaft und Politik

Der in den USA wegen seiner Kritik an der „woken“ Kultur bekannte Unternehmer und Autor Vivek Ramaswamy in der NZZ über die Rolle von Unternehmen: Sie sollten sich nicht in Politik einmischen und „Spitzenleistungen statt Stakeholder-Kapitalismus“ erbringen.

IMAGO / ZUMA Wire

Auf die Frage, wie seine Botschaft für Unternehmen laute, antwortet der 36-jährige Vivek Ramaswamy, Unternehmer im Gesundheits-, Technologie- und Finanzsektor sowie Bestsellerautor, in einem Interview der Neuen Zürcher Zeitung vom 18. Juli 2022, die Botschaft sei sehr einfach: „Unternehmen sollten sich ausschließlich darauf konzentrieren, ihren Kunden exzellente Produkte und Dienstleistungen zu liefern. Jenseits davon sollten keine anderen Ziele verfolgt werden, weder soziale noch politische.“

Momentan funktioniere die Unternehmenswelt aber anders. So wollten die großen Vermögensverwalter wie zum Beispiel Blackrock „die Unternehmen auf eine soziale und politische Agenda entlang der ESG-Nachhaltigkeitskriterien verpflichten; sie sollen also definierte Umwelt- und Sozialstandards sowie solche zur Unternehmensführung einhalten“. Die großen Fondsgesellschaften würden das Geld von Bürgern verwenden, um soziale und politische Ziele voranzutreiben, mit denen die meisten dieser Bürger nicht einverstanden seien. Das sei Machtmissbrauch, so Ramaswamy, der laut NZZ zu einer Art Hassfigur eines Großteils der amerikanischen Unternehmenswelt sowie der amerikanischen Linken geworden ist.

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Als Beispiel für Auswüchse des sogenannten Stakeholder-Kapitalismus nennt Ramaswamy das Unternehmen Disney. Disney führe gerade einen nationalen, politischen Kreuzzug gegen ein Gesetz über sexuelle Aufklärung und Geschlechteridentität in Grundschulen. „Dass Gesetze von den Bürgern diskutiert werden, ist richtig. Genau das muss in einer Demokratie geschehen“, so Ramaswamy. Aber wenn ein Unternehmen beschließe, seine Unternehmensressourcen zu nutzen, um sich auf eine Seite dieser Debatte zu stellen, dann sei das Anmaßung.

Als weiteres Beispiel nennt Ramaswamy die Öl- und Gasindustrie. In den USA werde die Produktion reduziert, weil es Großaktionäre wie Blackrock fordern. „Dadurch verlieren Firmen und Haushalte den Zugang zu erschwinglicher Energie.“ Das mache nicht nur die Unternehmen weniger profitabel, sondern ziehe auch die Gesellschaft in Mitleidenschaft. „Wir brauchen Spitzenleistungen und nicht Stakeholder-Kapitalismus“, so Ramaswamy. Er glaubt zwar, dass Unternehmen die Welt besser machen können. „Unternehmen haben meiner Meinung nach sogar eine soziale Verantwortung dafür. Wenn man ein Solarenergie-Unternehmen ist und das Produkt ‚saubere Energie‘ ist, sollte man dies als exzellentes Produkt liefern.“ Die Lösung sei aber nicht, „dass Ölunternehmen weniger Öl fördern, weil das besser aussieht“. Er meint, dass Firmen keine Umweltpolitik betreiben sollten.

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Auf die Frage, was er davon halte, dass Investoren Druck auf Unternehmen ausüben, Russland zu verlassen, antwortet Ramaswamy, als Bürger halte er den Angriff Russlands auf die Ukraine für eine Tragödie. Er möchte aber nicht, dass CEO Geopolitik betreiben. Die Politik solle die Regeln aufstellen. Es sei ihr Primat, beispielsweise Sanktionen festzulegen.

Ramaswam, der selbst indische Wurzeln hat, wehrt sich dagegen, dass Verwaltungsräte diverser werden oder mehr Frauen oder People of Color aufnehmen müssen. Seine Begründung: „Im Namen der Vielfalt und Inklusion haben wir die wahre Meinungsvielfalt in den Aufsichtsräten der Unternehmen völlig zerstört. Unter dem Banner der Inklusion haben wir eine exklusive Kultur geschaffen, in der bestimmte Standpunkte einfach nicht willkommen sind.“ Die Vielfalt der Argumente sei aber wichtig, um gute Entscheidungen zu treffen.

„Viele amerikanische Unternehmen haben festgelegt, dass ein bestimmter Prozentsatz der Mitarbeiter eine bestimmte Rasse, ein bestimmtes Geschlecht oder eine bestimmte sexuelle Ausrichtung haben muss. Diese harten Quotensysteme sind meiner Meinung nach sehr spaltend“, so Ramaswamy. Sie schafften eine antidemokratische Alibikultur. Diesen Trend habe er in Europa nicht annähernd so stark ausgeprägt gesehen.

Das gesamte Interview in der NZZ finden Sie hier.

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Kommentare ( 3 )

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bkkopp
1 Jahr her

Die Konfliktfelder sind vielfältiger und komplizierter als es ein vereinfachter, anarcho-libertärer Shareholder-Value-Kapitalismus immer wieder darstellen will. Bei den sogenannten weichen Themen, in den USA cultural issues genannt, ist es sicher fast immer richtig, gegen Quoten usw. zu sein. Die Links-Progessiven kommen dort immer auch auf verrückte Ideen, die dann, manchmal, stückchenweise sogar angewandt werden. Anarcho-libertärer Kapitalismus ist aber keine “ ordoliberale, soziale Marktwirtschaft „. In den letzten ca. 40 Jahren haben sich, nicht ausschließlich aber ganz besonders in den USA, derart gravierende Fehlentwicklungen ergeben, die Korrekturen unverzichtbar machen. Eine Firma wie Amazon wurde, neben der brillianten unternehmerischen Idee und einer… Mehr

Wolfgang Schuckmann
1 Jahr her

Recht illusorisch, was da der reinherzige Unternehmer propagiert.
Jeder aufgeklärte Mensch weiß, daß es anders ist.

EinBuerger
1 Jahr her

Realistisch betrachtet sind Unternehmen ab einer gewissen Größe immer mit der Politik verflochten. Aktuell ist es Mode, möglichst deutlich zu zeigen, dass man für die gute Sache ist.
Was der Herr hier propagiert, ist, dass man öffentlich zeigt, dass man sich aus der Politik raushält, was man natürlich nicht tut und auch gar nicht kann.