Sollbruchstelle Lauterbach

Die Aufmerksamkeit ruht auf Lauterbach, da er nun Impfnebenwirkungen thematisiert, obwohl er sie zuvor ausgeschlossen hat. Aber was ist mit Medien und anderen Politikern, die dieses Narrativ monatelang stützten?

IMAGO / photothek

#LauterbachLuegt erreichte gestern Twitter-Trends. Das Husarenstück von der Behauptung, die Covid-Impfung beinhalte keine Nebenwirkungen, hin zur Behauptung, es gebe Impfgeschädigte und er habe immer die Nebenwirkungen betont, wirkt immer noch nach.

Dabei ist die öffentliche Empörung über Karl Lauterbach nur eine logische Antwort auf die vorherige öffentliche Verherrlichung, die nicht nur in den Medien stattfand, sondern auch in den sozialen Netzwerken. Dort avancierte Lauterbach zum Shooting-Star des Teams „Sicherheit“. Die Umfragen zeigten sich entzückt, die Talkshows des deutschen Fernsehens breiteten den roten Teppich aus.

Rolle rückwärts und Ablenkungsmanöver
Lauterbach redet Impf-Versprechen schön und lenkt von Fälschungsvorwurf ab
Dass der neue Kanzler Olaf Scholz den gebürtigen Dürener im Dezember 2021 zum Bundesgesundheitsminister ernannte, war dem zu verdanken, was man (ver)öffentlich(t)e Meinung nennt. Nicht nur Journalisten schwärmten für ihn. Ob wegen Dauerberieselung oder Überzeugung: Auch ein gewisser Teil der Deutschen zeigte sich von dem Mann fasziniert.

Der Beliebtheitseinbruch Lauterbachs erfolgte nicht erst am Sonntag. Er ist ein länger anhaltender Prozess. Bereits im Laufe des letzten Jahres zerbrachen die Hoffnungen jener Journalisten, die ihn zuvor zum Talk eingeladen hatten. Die Studien, mit denen Lauterbach früher gepunktet hatte, widersprachen ihm nicht nur; immer wieder stellte sich heraus, dass Lauterbach diese sogar falsch wiedergab oder andere Studien verschwieg. Seit Kurzem steht auch die Vita des Gesundheitsministers infrage: Hat er seinen eigenen Lebenslauf geschönt?

Im heute journal des ZDF geschah etwas, das man in den Corona-Jahren in den öffentlich-rechtlichen Medien sträflich vernachlässigt fand: kritische Nachfragen. Vielleicht, weil Lauterbach nur ein Fragment ist. Denn um eine Persönlichkeit wie Lauterbach, die im Grunde seit Beginn der 2010er Jahre politisch in der dritten Reihe versank, plötzlich in den Mittelpunkt zu rücken, bedarf es Medien, die dazu willig sind. Hätte der ehemalige „Gesundheitsexperte mit der Fliege“ von Gesundheitsminister Ulla Schmidt eine Rückkehr in die oberste Prominenz der Bundespolitik erlebt – ohne mediale Helfer?

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Lauterbach war auch nicht der einzige Politiker. Freilich darf man sich nicht der Ablenkungsstrategie hingeben, einzig die Vorgängerregierung trage Schuld für die Corona-Politik, die Ampel hätte sie lediglich fortgeführt. Die Erklärung hapert schon daran, dass sich die heutige Kanzlerpartei SPD damals in einer Koalition mit der von Angela Merkel geführten Union befand. Sie hat die Entscheidungen des Kanzleramtes, das die eigentlichen Parameter der Pandemiebekämpfung bestimmte, mitgetragen.

Dennoch: Der Eindruck mag nicht weichen, dass auch ehemalige politische Entscheidungsträger, die eine Schlüsselstellung in der Corona-Krise innehatten – allen voran der heute immer noch sehr aktive ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn – sich derzeit aus der Verantwortung stehlen, indem mit Lauterbach ein gefundener Sündenbock parat steht. Seine Verehrer sind enttäuscht, seine Prominenz auf einem Tiefpunkt, das Vertrauen gleich null. Lauterbach loszuwerden, so hoffen offenbar einige, könnte dazu führen, dass auch die eigenen Sünden reingewaschen werden.

Ein Bauernopfer Lauterbach käme daher nun einigen entgegen. Es böte die Möglichkeit für die Medien, ihr eigenes Versagen an ihm abzuarbeiten. Und Kanzler Scholz könnte sich nicht nur von einem Minister trennen, der in den letzten Monaten mit Inkompetenz geglänzt hat, sondern auch die Frauenquote im Kabinett wiederherstellen. Doch gerade weil sich Lauterbach so gut als Opfer anbietet, dürfte ein sofortiger Rücktritt eher ausgeschlossen sein. So kann man wenigstens noch die unbeliebten Gesundheitsthemen wie die Reform der Pflegeversicherung bei ihm abladen, bevor ein Nachfolger ohne diese Lasten frisch ins Amt steigt.

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Kommentare ( 42 )

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42 Comments
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Nachdenklich
1 Jahr her

Und noch viele, viele mehr! Was ist mit den hörigen Medien, den nicht aufklärenden, giftspritzenden Ärzten, den Beamten von den aussperrenden Gemeinden über prügelnde Polizisten, realitätsverweigernden Staatsanwälte und Richter bis zu den kindeswohlgefährdenden Lehrern??
Ich fordere ganz große Entschuldigungen und die Entfernung und Verurteilung der schlimmsten Subjekte – ich werde ganz sicher NICHT zur Tagesordnung übergehen!!

Rainer Schweitzer
1 Jahr her

Unabhängig von seinen eigenen Qualitäten ist Lauterbach die Personifikation des Versagens des ÖRR als kritischer Vierter Gewalt und der personifizierte Beweis für die Rolle des ÖRR als Staatsrundfunk, als Propagandafunk.

Nibelung
1 Jahr her

Die Frage nach den Medien ist absolut berechtigt, denn sie waren die Einpeitscher der Schwarzen und Roten und beide zusammen, waren vermutlich Erfüllungsgehilfen von Teilen der Pharmaindustrie, die ihre große Chance witterten, aus einem entfleuchten Virus in Wuhan Kapital zu schlagen und man kann ihnen sogar noch dabei unterstellen, daß sie die Gefahrenlage kannten und deshalb umso schlimmer, wenn sich deutsche Politiker mißbrauchen lassen um ein Land in ein großes Gefängnis umzugestalten. Das muß man erst mal fertig bringen, ohne Not, wie es sich nun herausstellt. die Leute höchsten Risiken auszusetzen, sogar noch mit Todesfolge durch die Impfung selbst und… Mehr

Lina
1 Jahr her

Lauterbach wirkt schon seit einigen Monaten psychisch angeschlagen und auch körperlich ausgezehrt.Früher hatte er selbst noch das Bild eines spleenigen Sonderlings gepflegt, mittlerweile glaube ich, dar ist fertig und hält nicht mal mehr bis Ostern als BM durch. Die SPD sucht schon nach einer Nachfolgerin, ich tippe mal auf Esken, die erfüllt die für diesen Job gewünschten intellektuellen Voraussetzungen.

hansmuc
1 Jahr her

Ich bin wahrlich alles andere, als ein Lauterbach-Freund, aber ihn zum Sündenbock zu machen für alle Verfehlungen dieser – in meinen Augen – hochkriminellen BRD-Geschichte, ist bestimmt falsch. Besonders ekelerregend ist, wie ich finde, das Ausblenden der Merkel/Spahn/ Steinmeier- etc., etc. – Verantwortung, es ließen sich leider noch viel mehr Personen und Institutionen aufzählen.
Lauterbach sollte unbedingt zurücktreten, gerade auch wenn sich herausstellt, dass er wichtige Punkte seiner Vita gefälscht hat – aber das ist ja wohl in dieser verkommenen Republik inzwischen „normal“…

Fieselsteinchen
1 Jahr her
Antworten an  hansmuc

Lauterbach bekommt den Deckel nicht mehr auf seine inkompetente Lügensuppe. Rücktritt oder zurückgetreten werden, das ist eine Frage der Zeit. Vielleicht implodiert diese Regierung in absehbarer Zeit von allein. Wünschenswert wäre das, denn man kann diese Dilletantismus nicht mehr ertragen. Egal mit wem man spricht, sogar viele, die zu Corona noch Regierungsmeinung breitgetragen haben, haben die Nase gestrichen voll. Lauterbach wird Scholz Zugeständnisse abringen müssen, z. B. dass er nicht in Haft muss oder sonst wie geschützt wird. Der weiß, was ihm blüht! Ugur und Özlem halten sich auch sehr bedeckt und schielen ins Ausland! Die Lügereien Lauterbachs sind doch… Mehr

Brotfresser
1 Jahr her
Antworten an  Fieselsteinchen

Unterstellen Sie nicht Dummheit und Inkompetenz als Grund für diese Misere, wenn auch knallharte wirtschaftliche Interessen dahinterstecken könnten (das Inverse von Ockhams Razor…).
Wenn das Lastenausgleichsgesetz zu Beginn des nächsten Jahres greift, werden wir den Beginn der größten Enteignungs- bzw. Eigentumsübertragungswelle erleben, flankiert von Heizungsverboten und Dämmvorschriften die vielen Hausbesitzern das Halten der Immobilie verunmöglichen wird. Die Immobilienpreise werden bis dahin weiter fallen und die Inflation wird weiter zunehmen… da kann sich jeder denken, wohin die Reise geht!?

Delegro
1 Jahr her

Es geht nicht mehr um gute Politik für das Volk. Es geht um Parteienproporz und die Schuld für das eigene Versagen anderen in die Schuhe zu schieben. Sündenböcke braucht das Land, die vom eigenen Versagen ablenken. Natürlich müssen diese Sündenböcke auch entfernt werden, da unfähig. Aber das trifft auf die gesamte Regierungsmannschaft zu. Ein Wirtschaftsunternehmen mit einem solchen Management würde keine 3 Monate überstehen. In der Politik sieht das eben anders aus. Fehler über Fehler und alles wird dann notdürftig für kurze Zeit mit Geld vom Steuerzahler „verdeckt“. Es ist ja nicht da eigene Geld. Die monatliche Überweisung des Gehaltes… Mehr

AnSi
1 Jahr her

Ich denke, der KL wird nur zum Abschuss frei gegeben, weil unser Senilus eigentlich auch die Plapperlena und den Habück sofort entsorgen müsste. Da er aber keine weiteren strunzdummen Nachfolger und Betrüger zu bieten hat, muss jetzt der Klabauterbach herhalten. Das lenkt auch gut von allen Vorgängen ab, die im Hintergrund so durchgezogen werden. Beispiel Hausdämmung: alle lesen haarsträubende Geschichten über Karlchen und währenddessen beschließt die EU mal eben die Zwangssanierung von Millionen von Häusern. Dumm-Michel merkt es aber nicht, weil die Medien es nicht berichten. Wer liest von denen schon Alternativ-Medien, die sind doch *pfui*!? Geschickt eingefädelt!

Schiffskoch
1 Jahr her

Lauterbach ist kein Bauernopfer, denn er war einer der treibenden Akteure. Das andere ebenso beteiligt waren ist auch klar. Ein erster Schritt wäre nach Lauterbachs Abkehr ein Prozeß gegen die Impf – Scharlatane Ehepaar Sahin, die durch ein Nonsense – Medikament ohne jeden medizinischen Nutzen zu Milliardär en wurden. Deren Konten müssten eingefroren werden um damit wenigstens einen Teil ihrer Opfer entschädigen zu können. Zusätzlich muss es zu einem Umdenken im Gesundheitswesen kommen, JEDE Behandlung, Medikament, Vorsorge usw muss auf den Prüfstand. Damit wäre auch schnell der Ärztemangel behoben, auch wenn sicherlich nicht jeder der derzeitigen Pharma – Betrüger auf… Mehr

Kati.D
1 Jahr her

Genau meine Meinung. Lauterbach wurde von Anfang an als Bauernopfer aufgebaut und eingesetzt, falls es schief geht und der ganze Mist auffliegt. Er war die schlechteste Besetzung als Gesundheitsminister, er hat Null Sozialkompetenz und man hat geahnt, dass er sich um Kopf und Kragen redet und man ihn zum richtigen Zeitpunkt opfern kann, um alles andere unter den Tisch zu kehren oder von anderen Dingen abzulenken. Man hat das Gefühl, die Welt um einen herum bricht zusammen, da war Corona nur der Anfang.

Fulbert
1 Jahr her

Das Erschreckende ist doch, dass existenzielle Fragen in diesem Land zur Showeinlage verkommen sind. Als die Medien lustvoll nach Seuche und Panik gierten, bediente der seltsame Vogel aus dem Rheinland dieses Bedürfnis nur allzu gerne mit immer neuen Hiobsbotschaften. Frei nach dem Motto von Bruce Darnell: „Drama, Baby, Drama!“ K.L. als Gesundheitsminister war somit nur die Konsequenz einer tief verwurzelten Neigung zur medialen Transformation und Inszenierung des Politischen, in dessen Folge ein dubioser Schwätzer zum Minister gemacht wurde. Dass „der Kanzler“, wenn auch zögerlich, diesem Verlangen nachgab, fügt sich in das Bild einer um mediale Erfolge, nicht jedoch um Lösung… Mehr