Merkels Ehrenrunde: Und der Lockdown für Ungeimpfte kommt doch

Merkel überlebt sie alle: Schon gar nicht mehr wirklich im Amt, will sie nochmal einen Lockdown der Sonderklasse auf den Weg bringen. Scheuen sie weiter einen offenen Bruch, werden sowohl die CDU als auch Olaf Scholz in ihrem Schatten stehen bleiben.

IMAGO / Chris Emil Janßen

Es war keine große Rede, mit der Angela Merkel ihr wohl letztes bedeutendes politisches Zeichen setzte. Es brauchte nur ein Nicken an der einen, ein Schweigen an der anderen Stelle – und einen Satz, um klar zu machen, was Sache ist; einen Satz mit der brachialen Beiläufigkeit, die nicht nur für Merkels Corona-Politik so typisch ist. „Es wird starke Einschränkungen für Ungeimpfte geben“, sagte sie auf der Sitzung des CDU-Bundesvorstandes am Dienstag – und zwar Einschränkungen sogar über das 2G-Modell hinaus.

Dabei ist ein flächendeckendes „2G-Modell“ nichts, aber auch wirklich gar nichts anderes als ein Lockdown für Ungeimpfte – etwas, das darüber hinaus gehen sollte, ist eigentlich kaum vorstellbar. Es wäre der härteste Lockdown, den wir in Deutschland bis dato hatten – dass er nur für Teile der Bevölkerung gelten würde, macht es nicht milder, sondern auch im Hinblick auf den Zustand des Rechtsstaates nur noch schlimmer.

Angesichts von niedrigen Todeszahlen, von einer Impfquote bei fast 80 Prozent, die doch nach eigener Aussage die Normalität zurückbringen müsste, und angesichts von erfolgreichen Freedom-Day-Projekten in Großbritannien, Dänemark und Schweden entbehrt ein solcher Schritt jeglicher Logik, aber um die ging es ja ohnehin nie.

Wir haben eben „exponentielles Wachstum“, sagt Merkel. Und wir alle wissen, was es bedeutet, wenn sie das sagt.

Merkels Chancen: Die CDU ist schon wieder auf ihrem Kurs

Merkel hat den Beschluss von Maßnahmen wie dieser nicht mehr in der Hand – im Bundestag ist sie ohne Mehrheit, ihre letzte Hoffnung sind die Ministerpräsidenten. Chancen hat sie dennoch: Markus Söder will Ungeimpften nur noch mit schwer bis unbezahlbarem PCR-Test Zutritt zum öffentlichen Leben gewähren; Winfried Kretschmann geht in Baden-Württemberg einen ähnlichen Weg. Am radikalsten zeigt sich Sachsens Michael Kretschmer, der noch vor nicht allzu langer Zeit die Behauptung, es komme eine Impfpflicht durch die Hintertür, als falsch und „bösartig“ bezeichnete. Jetzt will er flächendeckendes 2G und sogar Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte (Treffen nur mit einem weiteren Haushalt erlaubt).

Die neue alte CDU scheint sich zu fügen: Jens Spahn hielt Merkel bei ihren Ausführungen im Bundesvorstand die Hand, und auch der neue NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst setzt sich dafür ein, dass nächsten Mittwoch ein Corona-Gipfel angesetzt wird, um neue Maßnahmen zu beschließen. Offenbar will er die Ära Laschet besonders schnell aufrollen – und fängt mit dem größten Verdienst des Kanzlerkandidaten an: ein moderates Gegengewicht in der Corona-Politik zu bilden.

Widerstand aus anderen Teilen der CDU bleibt bis dato aus. Verhindern wird Merkels Plan also wohl wenn – dann die SPD.

Über Merkels Gründe lässt sich nur spekulieren. Sie dreht eine Ehrenrunde – vielleicht um es allen noch einmal zu zeigen, vielleicht um ihre Corona-Politik zu verewigen, vielleicht um ihren Nachfolger an sich zu fesseln, der doch so sehr hoffte, das Thema einfach vergessen und hinter sich lassen zu können. Sicherlich spielt auch ihre viel beschriebene ganz persönliche Angst vor dem Virus eine Rolle und eine gewisse späte Hybris, dass Merkel teilweise wirklich glaubt, sie würde sich und ihre Schäfchen vor dem Tode retten.

Corona und Angela Merkel, das ist ohnehin eine Schicksalsgemeinschaft. So grau wie das Thema, das dieses Land seit anderthalb Jahren in Schach hält, so schal ist auch jene Frau, die das Land durch diese Zeit führt. Nie taugte die Rolle der uncharismatischen, aber ruhig scheinenden Frau an der Spitze besser als für den Moment der absoluten Angst, in dem ausgewachsene Bundesbürger aus ihren bürgerlichen Rollen fielen und sich gänzlich ihrem pseudo-fürsorglichen autoritären Stil beugten.

Genau wie die Ära Merkel schließlich, wird das Thema Corona regelmäßig voreilig für beendet erklärt, weil man von der Ästhetik auf die Macht schließt, obwohl beide nichts miteinander zu tun haben.

Überlebt Merkel politisch sich selbst?

Im Corona-Sommer suchten Politiker schon hilflos nach neuen Themen, veranstalteten einen Wahlkampf, der Corona einfach ausblendete, aber sie haben ihre Rechnung ohne die roten Kurven aus dem RKI gemacht. Diese roten Kurven sind aufgeladen mit den tiefsten Gefühlen von uns allen, von tiefer Angst, von Wut, Verzweiflung und Sehnsucht, und genau deshalb kommt an diesem leidigen Thema keiner vorbei, auch wenn es erst Laschet versuchte und jetzt die Ampel. Die wollte einfach die Augen verschließen und so tun, als befinde sich nicht das halbe Land weiterhin im Ausnahmezustand. Genau wie im letzten Corona-Sommer dachte man auch bis vor Kurzem, Corona wäre überstanden, und übersah, dass die Weichen eigentlich schon seit Juni auf einen neuen Lockdown gestellt sind.

Manch anderer Politiker versuchte lange, auf der Welle des Themas zu reiten, oft mit zunächst großem Erfolg, aber auf dem Scheitel angekommen, rissen die Fluten die Corona-Machertypen hinunter, ohne dass sie auch nur irgendetwas ausrichten konnten: So erging es Spahn und so ergeht es auch Söder. 
Die einzige, die die Kurve immer wieder kratzte, war die Bundeskanzlerin, die eigentlich schon seit zwei Jahren abgeschrieben ist – spätestens seit ihrem Oster-Lockdown-Desaster – und die dennoch die halbe Politikerschaft überleben wird. Totgeglaubte leben eben doch wieder und wieder am längsten.

Und jetzt holt sie zum finalen Schlag aus. Es wäre die Krönung und das logische Ende ihrer Kanzlerschaft: die totale Aufspaltung der Gesellschaft in Gut und Böse – in geimpft und ungeimpft. Sie würde ein unregierbares Land an eine Regierung übergeben, die nur noch zwei Möglichkeiten hätte: die stille Fortführung ihrer Politik oder der radikale Bruch; die Ära Merkel auf einen Schlag zu beenden oder sie über ihre Person hinaus fortzuführen.

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Kommentare ( 182 )

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Michael M.
2 Jahre her

Ich wurde noch nie gegen die Grippe geimpft, gegen Corona auch nicht und auf Corona getestet wurde ich auch noch nie.
Trotzdem lebe ich noch, unglaublich oder?! Vielleicht hängt aber sogar das eine mit dem anderen zusammen, wer weiß das schon. Der Karli würde auf alle Fälle staunen und vermutlich massiv ins stottern kommen …

Del. Delos
2 Jahre her

Nach allem, was ich bisher erfuhr, kommt Merkel aus der Kaderschmiede des WEF. Wenn das so ist, dann geht es ihr nicht um irgendeine „Angst vor dem Virus“. Dann geht es allein darum, das ihr letztlich durch die Davos-Clique anvertraute Land auf einen bestimmten „Level“ zu bringen, von dem aus es kein Zurück mehr geben soll. Die verbleibende Strecke bis zur endgültigen Umsetzung, der Auflösung des Nationalstaats Deutschland in einer totalitären, imperialen EU (als Etappe bis zur 1-Welt-Regierung) soll also möglichst kurz sein. Die CDU, so denke ich, interessiert Merkel nicht. Auch nicht die anderen Parteien. Ihr geht es einzig… Mehr

Alt-Badener
2 Jahre her

Und bitte nicht vergessen, nach 6 Monaten sind wir immer wieder Ungeimpfte, dieser Terror, so nenne ich das, wird immer heftiger werden. Und die depperten Deutschen merken nicht, welch böses Spiel mit ihnen getrieben wird. Vor zwei Jahren gab es noch, wenn ich mich recht erinnere, ca. 25.000 Grippetote, im letzten Herbst/Winter interessanterweise keinen einzigen. Jetzt wird auf Teufel komm raus Corona geimpft, die Kinder sind jetzt auch fällig, dazu bitte gleich noch eine Grippeimpfung und natürlich, da der „Schutz“ der ersten Coronaimpfung verflogen ist, muss der dritte Schuss verabreicht werden.

Dozoern
2 Jahre her
Antworten an  Alt-Badener

Doch, doch, langsam dämmert es einigen Leuten. Es sind in D bisher nur 2 Millionen Boosterimfungen gespritzt worden. Die Leute kapieren schon, dass das Zeug nur eine begrenzte Wirkung mit extrem hohen Nebenwirkungen, im Vergleich mit normalen Imfungen, hat. Deshalb war Biontec ja praktisch vor Corona Pleite. Weil sie seit zehn Jahren erfolglos versucht hatten das Zeugs als Anti-Krebsmittel zu verhökern. Aber die Onkologen haben immer abgewunken. Warum? Wegen der extremen Nebenwirkungen. Fragen Sie mal aufrichtige Mediziner. Alles bekannt. P.S. Übrigens, mit die besten Beiträge zu COVID von Dr. Ghani unter „Hausarzt Kenzingen“ im Internet. Der Sohn eines iranischen Arztes,… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Dozoern
Micha.hoff
2 Jahre her

Dass gesunden Menschen von der Regierung eine medizinische Behandlung „nahegelegt wird“, an der man potentiell schwer erkranken und sogar sterben kann, ist eine besondere Form des Managements der Volksgesundheit. Aber nicht neu.

luxlimbus
2 Jahre her

Frauenkarte?
Kann es nicht sein, dass Merkel sehr wohl intelligent genug ist um zu Erkennen, dass Sie auf das falsche Pferd gesetzt hat, – und nun persönliche Schadensbegrenzung betreibt, in dem Sie sich, mittels dieser überzogenen Handlung, um ein Frauenbild der Irrationalität (Narrativ: mütterlich, ängstlich übertriebene Vorsorglichkeit) bemüht!?
Die impulsiv, übertrieben handelnde Weiblichkeit, verspricht mehr Nachsicht in der Retrospektive ihres politischen Schaffens herzugeben, als das kommende Abbild einer institutionalisierten Versagerin. Der Köder muss dem Fisch, nicht dem/der Angler:in, schmecken!

Del. Delos
2 Jahre her
Antworten an  luxlimbus

Warum sollte sie „auf’s falsche Pferd gesetzt“ haben? Es hat doch alles ganz wunderbar geklappt, was sich die Davos-Clique als Ziel gesetzt hat. Keiner war darin vermutlich so erfolgreich wie sie. Das Frauenbild interessiert so eine durch und durch verdorbene Frau nicht und auch nicht, wie WIR über sie denken. Was die Davos-Clique über sie denkt und wie die künftige Weichenstellung aussehen könnte… nur DAS ist für Merkel interessant.

Ronde
2 Jahre her

 „50 Millionen sind jetzt zwei Mal geimpft. Wir waren ja alle die Versuchskaninchen für diejenigen, die bisher abgewartet haben. Deshalb sage ich als einer dieser 50 Millionen – es ist gut gegangen!
Auch dieser Kanzler wäre falsch am Platz.

Physis
2 Jahre her

Vor allem müssten ja nun beinahe alle Bürger bereits genesen sein, wenn man nun täglich hört, dass sich zehntausende binnen weniger Tage angesteckt haben, aber nur wenige Leute hospitalisiert sind…

ratio substituo habitus
2 Jahre her

War doch logisch. Die Lügen der Regierung werden immer offensichtlicher. Die Impfung schützt nicht vor Infektion. Es ist mit der Zweitimpfung nicht getan, immer mehr Berichte mit Kollateralschäden tauchen auf. Die Indizien häufen sich, dass die von den „Verschwörungstheoretikern“ befürchtete Veränderung des Immunsystems eintritt – zumindest das sogenannte ADE, die beschleunigte Aufnahme von Viren in die Zellen bei Geimpften (einfach mal nach Waterford in Irland googeln – über 95 % Geimpfte, Inzidenz über 1000!). Was war schon immer die Reaktion von ertappten Lügnern in der DDR (und anderen Diktaturen, aber wie erwähnt wurde Frau M. ja in der DDR groß)?… Mehr

Evero
2 Jahre her

Am Ende ist die Krankheitsindustrie die einzige, die Deutschland angesichts der im Land wütenden rot-grün-schwarzen Industrieschleiferei noch bleibt. Kein Witz!
Wenn man Kommunisten machen läßt, leisten sie gleich ganze Arbeit.

Last edited 2 Jahre her by Evero
Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Evero

Aber von was sollte sich das finanzieren?
Beobachten könnte man allerdings das EU-Land Portugal, wo die Chinesen inzwischen nicht nur etliche Luxuskliniken betreiben: https://www.dw.com/de/%C3%BCbernimmt-china-die-wirtschaft-portugals/a-44856392

Schwabenwilli
2 Jahre her

Jetzt hätte die CDU die Chance gehabt noch beim rauslaufen Merkel eine mitzugeben. Der Spahn Jens der noch vor ein paar Tagen ganz groß getönt hat, alternativlos darf es nie wieder geben, ist ganz kleinlaut geworden. Resümee, auch unter einem Friedrich Merz ist diese CDU einfach nicht mehr wählbar.