Kulturstaatsminister Wolfram Weimer legt im Streit mit den US-Digitalkonzernen nach. Unbeeindruckt von den Vorwürfen möglicher Urheberrechtsverletzungen im großen Stil treibt der Minister die Einführung einer Strafsteuer voran.
picture alliance/dpa | Michael Kappeler
In diesen Tagen lässt sich eine Menge Psychologie studieren. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer liefert ein Paradebeispiel für eine klassische kognitive Dissonanz. Auf der einen Seite verantwortet er mit The European ein Magazin, dessen Geschäftsmodell möglicherweise im Kern auf der Veröffentlichung nicht autorisierter Texte beruhte.
Auf der anderen Seite zündelt derselbe Mann im schwelenden Handelsstreit mit den USA – ohne auch nur im Ansatz über die möglichen Folgen seiner eigenen, verheerenden Kommunikation nachzudenken.
Bereits in der vergangenen Woche, während seiner Rede auf der Frankfurter Buchmesse, geißelte Weimer die Geschäftspraktiken von US-Medienkonzernen wie X, Google oder Meta als „digitalen Kolonialismus“ und „geistigen Vampirismus“. Mit künstlicher Intelligenz, so der Minister, werde die Kreativität der Nutzer dieser Plattformen regelrecht ausgesaugt – ohne faire Entlohnung und ohne Respekt vor dem Urheberrecht.
Welche Ironie, angesichts der nun von zahlreichen Autoren erhobenen, schweren Vorwürfe gegen Weimer, sich genau dieser Praxis selbst seit 2012 im großen Stil bedient zu haben.
Unangemessen und würdelos
Seine für einen Minister völlig unangemessene Attacke und der groteske Fehlgriff im Tonfall wurden vom US-Sonderbeauftragten Richard Grenell auf der Plattform X bereits in aller Schärfe zurückgewiesen.
Grenells zynischer Kommentar – gerade Weimer dürfte sich in dieser Rolle wohl ausgesprochen wohlfühlen – zeigt, dass man in Washington sehr genau weiß, mit wem man es hier zu tun hat.
Weimer liefert den altvertrauten Diplomatenton aus Brüssel: Maximalforderungen ohne jede Spur von Verhandlungsstrategie. Und während man in der EU Donald Trump regelmäßig unsaubere Verhandlungsmethoden vorwirft, betreibt man selbst genau das – nur ohne Erfolg. Ein groteskes Schauspiel.
Hinter Weimers Ausfällen steht die eigentliche Verteidigungslinie der Europäischen Kommission, auf die auch US-Präsident Donald Trump wiederholt hingewiesen hat. Genau hier, in dem Versuch, die Inhalte und Reichweiten der großen Medienplattformen zu kontrollieren, kulminiert der Handelsstreit zwischen den USA und der EU.
An dieser Front versucht Brüssel verzweifelt, die mediale Deutungshoheit zurückzuerobern – jene Hoheit, die man in den letzten Jahren vor allem in den entscheidenden Fragen der Klima-, Wirtschafts- und Ukrainepolitik zu verlieren droht.
Die USA haben unmissverständlich klargemacht, dass sie diese Linie nicht akzeptieren werden. Bereits im August erhielt US-Außenminister Marco Rubio den Auftrag, die europäischen Diplomaten für dieses Thema zu sensibilisieren und jeden Hinweis auf Strafaktionen gegen amerikanische Unternehmen genau zu verfolgen.
Weimer legt nach
Doch der Streit aus der vergangenen Woche ist längst nicht beigelegt. In einem Interview mit ntv legte Wolfram Weimer gestern nach. https://www.n-tv.de/politik/Google-und-Co-sollen-Milliarden-in-Deutschland-abdruecken-article26108167.html
Er kündigte die Einführung einer Strafsteuer auf US-Digitalkonzerne an – ein Modell, das ein Milliardenvolumen für den Fiskus erzielen könne.
Als Vorbild nannte er Österreich, wo Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro und inländischen Online-Werbeerlösen von über 25 Millionen Euro bereits heute eine Sondersteuer zahlen. Auf diese Weise habe der österreichische Staat im vergangenen Jahr 124 Millionen Euro eingenommen, so Weimer.
Richard Grenell bezeichnete diesen Vorstoß als „massiven Angriff auf die gesamte US-Digitalindustrie“ – mit dem offensichtlichen Ziel, sie in Europa stillzulegen. Weimer wiederum sprach von einem „historischen Raubzug“ der US-Konzerne, der seit Jahren systematisch erfolge.
Die Plattformen, so der Minister, hätten über Jahre hinweg „zig Milliarden damit verdient, die Leistungen anderer kostenfrei zu nutzen.“
Weimer versteht das Geschäftsmodell nicht. Er begreift nicht, welche Tragweite eine solche politische Entscheidung hätte. Dass unzählige unabhängige Medienmacher – auf TikTok über X bis hin zu Telegram – ihre Einnahmen gerade auf diesen Plattformen erzielen, ist einem Funktionär wie ihm schlicht nicht zu vermitteln.
Heilung durch Besteuerung
Heilung soll, wie es in der Europäischen Union und im Geiste der Zentralplanung inzwischen guter Brauch geworden ist, eine neue Steuer bringen. Wie genau eine solche Abgabe – die selbstverständlich in die Staatskasse fließt – das angeblich beschädigte Urheberrecht freier Autoren auf diesen Plattformen stärken soll, kann der Minister nicht erläutern.
Wir kennen dieses Spiel bereits aus der ideologisch völlig verkanteten Klimaschutzdebatte. Mit der Erhebung von CO₂ zum Klima-Killer-Gas hat sich die Politik wohl das genialste Instrument geschaffen, um aus nahezu jedem ökonomischen Prozess – aus Produktion, Konsum und Mobilität – noch den allerletzten Euro herauszupressen.
Unter dem moralischen Deckmantel des „ethisch gebotenen Handelns“ hat sich der Fiskus hier dreist und unverhohlen an die Spitze der Nahrungskette gesetzt. Dort saugt er, solange das CO₂-Narrativ noch trägt, unablässig Wertschöpfung aus dem privaten Sektor ab – ein perfektes System der Umverteilung, getarnt als Weltrettung.
Natürlich handelt es sich auch bei diesem neuerlichen fiskalischen Vorstoß, in den übrigens NRW-Medienminister Nathanael Liminski eingebunden ist, um nichts anderes als den Versuch, eine weitere Einnahmequelle für einen Staat zu erschließen, der seine finanziellen Probleme längst nicht mehr selbst zu lösen vermag.
Überreguliert und abgehängt
Im ntv-Interview erklärte Weimer, dass bereits im November ein entsprechendes Eckpunktepapier in die parlamentarische Debatte eingebracht werden solle.
Anfang des kommenden Jahres könne dann das Gesetzgebungsverfahren starten, so Weimer. Er betonte, die Maßnahme richte sich „wirklich nur gegen Big Tech“, also gegen jene Konzerne, die seiner Auffassung nach „Monopolisierungsstrukturen“ aufwiesen.
Auf die Frage jedoch, warum es in Europa überhaupt keine ähnlich dominanten, innovativen Tech-Unternehmen gebe, wissen Politiker wie Wolfram Weimer selbstverständlich keine Antwort zu geben. Dass die groteske Regulierungswut der EU dafür verantwortlich sein könnte, dass junge Unternehmen lieber in den USA gründen, dort Kapital aufnehmen und wachsen, kommt der Politik – weder in Brüssel noch in Berlin – in den Sinn.
Und dass es illusorisch ist, mit staatlicher Hilfe künstlich Konkurrenzunternehmen heranzuzüchten, angesichts der massiven Netzwerkeffekte von Plattformen wie X, Google oder Telegram, scheint sich in der Ministerialbürokratie ebenfalls noch nicht herumgesprochen zu haben. Wie wir heute wissen, beschränkt sich das ökonomische Verständnis dort im Wesentlichen darauf, immer kreativere Varianten der fiskalischen Abschöpfung ins Leben zu rufen.
Das geht solange gut, bis buchstäblich nichts mehr zu holen ist.






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„Wir mussten die Presse zuerst zensieren, denn das Problem war bei der Presse, daß die von der Opposition genutzt wurde, um uns zu schaden. Und dann mussten wir die Opposition verbieten. Wir werfen unseren Gegnern immer das vor, was wir machen.“ Wer hat´s gesagt? Nein: Nicht Weimer. Der tut es nur. Es war Eckardt – äh, Verzeihung: HERMANN natürlich! HERMANN Göring! Tz, tz … Wie konnte ich diese beiden Personen des öffentlichen Lebens und auf offener Straße blutig Sterbens nur verwechseln. Etwa, weil die Methoden heute wieder die Gleichen sind? War es nicht auch der Typ aus der IKEA-Zimmerpflanzenabteilung, der… Mehr
Der saubere Herr Minister stellt sich wohl so etwas wie eine rein deutsche GEMA-Gebühr für KI-Inhalte vor, mit denen man die stets zur Seite springenden, aber darbenden deutschen Medienunternehmen pampern kann. So eine Art von US-Kapitalisten bezahlte Staatszuwendung an die altbekannten deutschen Medienlakeien. Wenn die KI gefragt wird wieviele Folgen die Lindenstraße hat, klingelt es bei der ARD im Beutel – so wie ich ja auch für Dinsey+ bezahle, damit ich dort die Lindenstraße anschauen kann. Er offenbart damit ein grün-analoges und zutiefst sozialistisches Verständnis der globalisierten Welt, welches bekanntlich immer in der Katastrophe endet.
Klingt ganz gut was der Minister da sagt: Kolonialismus modernster Art. Wie war das im klassischen Kolonialismus? Indien musste Baumwolle zu Hungerpreisen liefern und GB hatte das Monopol auf den Import von Stoffwaren aller Art. Heute sind unsere abgefangenen Daten der Rohstoff der Medienkonzerne und deren Verwertung ist einer US – Medienindustrie kostenlos überlassen. Wehren kann man sich als Verbraucher nicht – es sei denn man wird zum digitalen Eremiten. Ob man hier von Kartell- oder Monopolstrukturen spricht scheint mir sekundär. Wir befinden uns in einer modernen Situation der totalen Abhängigkeit. Wir sind nicht einmal in der Lage uns von… Mehr
O nein, es handelt sich bein Weimer keineswegs um manifeste „kognitive Dissonanz“, wenn die Begründung gegen ihn nicht ohne ein spekulatives „möglicherweise“ auskommt, die selber pressefreiheitsrechtlich auf arg dünnen Beinen steht. Lassen wir die Spekulation weg und lassen rechtsstaatsaffin die Unschuldsvermutung gelten, bleibt Weimers Anliegen, Kreativität und die damit verbundenden finanziellen und ideellen Interessen vor Klau durch KI-performende digitale Großkonzerne zu schützen, so oder so mehr als berechtigt. Der Kampf für die Freiheit ist leider bei manchen Protagonisten selber unehrlich und doppelzüngig. Am Ende liest es sich so: Google darf mit seiner KI Geklautes performen (der wahrlich großangelegte „Raubzug“ nur… Mehr
Weimer glaubt, Angriff sei die beste Verteidigung. Nur ist er sich nicht bewusst, daß er äußerst stumpfe Waffen hat!
Was sagen eigentlich Musk oder die US-Regierung zu diesem Helden?
Oder ist das alles mit der Rede von Vance bei der Sicherheitskonferenz in München abgegolten? https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/rede-jd-vance-original-und-uebersetzung/
Im Unterschied zu Herrn Weimer‘s Media Group investieren die frei arbeitenden Konzerne ständig in Technologien in Hard- und Software. Außerdem sorgen diese mit den Anforderungen an ihrer Mitarbeiter für einen weltweiten Bildungsaufstieg und die Verbreitung von Wissen. Die Nutzung all der Neuen Technologien ist das wieder ein großer Schritt für die Menschheit. Zumindest für die die daran eine Teil haben können. Natürlich hat in der Entwicklung nicht alles nur die Sonnenseite. Aber das die Schattenseiten kleiner werden arbeitet man ja an den Dingen. So wie ein Auto nicht mehr pufft und stinkt wie früher, arbeitet man ja trotzdem an der… Mehr
Die Konsequenz und Ignoranz, mit der die „Eliten“ der Weimerer Republik vorgehen, zeigt, wie sicher sie sich in ihrer Macht fühlen. Und ja, sie besitzen tatsächlich die uneingeschränkte, ungefährdete Macht. Und dabei müssen sie noch nicht mal die Polizei bzw. 2029 zur Wahl die Bundeswehr einsetzen.
> Unbeeindruckt von den Vorwürfen möglicher Urheberrechtsverletzungen im großen Stil treibt der Minister die Einführung einer Strafsteuer voran.
Solche Strafsteuer würde Trump sicherlich vergelten und dann steckt die eh schon fallende EUdSSR im heftigen Handelskrieg.
Ich wünschte übrigens, Trump würde bei den Zollverhandlungen mit der EUdSSR allerlei Luftverkehrsabgaben und „Tourist-Taxen“ berücksichtigen, die immerhin auch US-Touristen treffen. Erstes hat er in seiner ersten Amtszeit den US-Airlines versprochen – nach vier Jahren Pause könnte er zum Thema zurückkehren.
So what? Es wird kein Ami gezwungen Europa zu besuchen. Und kein Ami wird hier so unverschämt und arrogant bei der Einreise befragt und untersucht wie das in den USA normal ist.
Jetzt folgt der nächste Schritt. Nach der Verharmlosung, Vertuschung und Schuld auf Andere schieben folgt statt Rücktritt die Ablenkung. Die Sache hat System, es ist immer das gleiche Muster. Der Mann ist für unsere Demokratie nicht länger tragbar.