Ursula von der Leyen führt die Europäische Union nur noch im Ausdruck ihrer eigenen Angst: mit immer neuen Kontrollapparaten, die über Medien, Meinungen, Chats herrschen bis zur Überwachung jeder Geldbewegung und einem EU-Geheimdienst. Dies ist das Endstadium einer überholten politischen Struktur.
picture alliance / Hans Lucas | Martin Bertrand, IMAGO - Collage: TE
Das Misstrauen wächst. Das der Bürger gegen Brüssel und das von Brüssel gegen die Bürger der EU. Seit Monaten häufen sich Misstrauensanträge gegen Ursula von der Leyen, während ihre Machtbasis im Parlament zusehends bröckelt. In dieser Atmosphäre der Nervosität und der Erosion der Macht ruft sie nach immer mehr Kontrolle: nach Kontrolle über Sprache, Information und Meinung.
Widerspruch heißt jetzt „Desinformation“
Es ist kein Zufall, dass sie die angebliche „Manipulation von Informationen“ zur größten Gefahr der Demokratie erklärt. Was früher Widerspruch oder Kritik hieß, gilt heute als Desinformation. Die neue Doktrin lautet: Kritik ist verdächtig, Skepsis gefährlich, Zweifel staatsfeindlich.
Damit wird aus der Europäischen Union, die einmal Freiheit versprach, ein Labor autoritärer Steuerung. Statt Vertrauen in mündige Bürger setzt man auf Filter, Frühwarnsysteme und „Krisenprotokolle“ – alles im Namen der Demokratie. Wer entscheidet, wann Kritik zur Lüge wird, bleibt für Außenstehende unklar. Doch es ist ihr Machtapparat.
Es sind jene Netzwerke, die längst an den Schnittstellen von Medien, NGOs und Politik operieren. Organisationen, deren moralische Überlegenheit mit Steuergeld finanziert wird und die ihre Deutungshoheit aus dem bezahlten Aktivismus ableiten. Ausgerechnet sie sollen künftig als „zivilgesellschaftliche Partner“ der EU Wahrheit und Unwahrheit sortieren.
Kernstück dieser neuen Meinungsarchitektur ist der Digital Services Act – das wohl gefährlichste Gesetz, das Brüssel je verabschiedet hat. Unter seinem Deckmantel entstanden Dutzende Meldestellen, in denen Aktivisten darüber entscheiden, welche Inhalte „Hassrede“ oder „Falschinformation“ sind. So verwandelt sich die Meinungsfreiheit schleichend in eine Genehmigungsfreiheit.
In Deutschland führt das bereits zu bizarren Szenen. Hausdurchsuchungen wegen ironischer Posts, Sanktionen gegen missliebige Journalisten – alles im Namen des „Schutzes vor Desinformation“. Die EU liefert die juristische Grundlage, nationale Behörden setzen sie mit Eifer um.
Missstände werden wegreguliert
Von der Leyens politische Handschrift ist in dieser Entwicklung unübersehbar. In ihrer Amtszeit wurde Transparenz zur Pose, Kontrolle zur Praxis. Der geheime SMS-Deal mit Pfizer, die verschleierten Milliardenverträge, die verdeckte Einflussnahme von Klimaverbänden auf EU-Gesetzgebung – das alles hat das Vertrauen in die Institutionen zerstört. Nun reagiert Brüssel nicht mit Offenheit, sondern mit weiterer Abschottung.
Selbst Wahlen geraten unter den Generalverdacht. Mit dem „Europäischen Kooperationsnetzwerk für Wahlen“ will die Kommission künftige Abstimmungen auf „Einflussnahme“ prüfen. Doch wer kontrolliert die Kontrolleure? In Rumänien wurde eine Präsidentschaftswahl bereits rückabgewickelt – offiziell wegen Online-Manipulationen. Faktisch, weil das Ergebnis nicht passte.
Die Parallelen sind offensichtlich: Unter dem Vorwand, Demokratie zu schützen, wird ihre Substanz ausgehöhlt. Aus dem Ideal der freien Meinungsbildung wird ein System staatlich lizensierter Wahrheit.
Von der Leyens Rhetorik vom „Schutz der Demokratie“ klingt dabei wie eine Karikatur der Aufklärung. Sie spricht vom Kampf gegen autoritäre Mächte und installiert gleichzeitig Strukturen, die selbst hochautoritär sind.
Brüssel will Europa vorgeblich resilient machen. Doch die eigentliche Resilienz – jene der freien Rede, der offenen Debatte, des pluralen Denkens – steht längst unter Quarantäne.
Wer heute seine Macht mit immer neuen Kontrollgremien und Wahrheitsräten absichern muss, hat sie innerlich schon verloren. Die Angst vor dem Wort, vor der Meinung, vor dem Bürger – das ist das sicherste Zeichen einer Macht, die sich selbst nicht mehr traut.
Drei Anträge gegen die Kommissionschefin
In den letzten zwölf Monaten gab es mindestens drei offiziell zur Abstimmung gestellte Misstrauensanträge gegen die von Ursula von der Leyen geführte Europäische Kommission: Am 10. Juli 2025 wurde ein Misstrauensantrag abgelehnt – 175 Stimmen dafür, 360 dagegen, 18 Enthaltungen. Am 9. Oktober 2025 folgten zwei getrennte Abstimmungen: Antrag der Fraktion Patrioten für Europa: 179 Stimmen dafür, 378 dagegen, 37 Enthaltungen.
Antrag der Fraktion Die Linke: 133 Stimmen dafür, 383 dagegen, 78 Enthaltungen.
Zwar überstand von der Leyen alle drei Voten, doch die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der Rückhalt schmilzt. Die Kommissionspräsidentin regiert weiter, aber ihre Macht erodiert. Quer durch das politische Spektrum. Und das Misstrauen wächst mit jeder Sitzung des Parlaments.
Der Pfizer-Deal: Ein Lehrstück über Macht und Intransparenz
Noch schwerer wiegt die Affäre um den sogenannten Pfizer-Deal. Von der Leyen hat milliardenschwere Impfstoffkäufe der EU per SMS mit Pfizer-Chef Albert Bourla persönlich verhandelt – Dokumente, die bis heute als „nicht auffindbar“ gelten. Der EU-Rechnungshof forderte Einsicht, die Kommission verweigerte sie. In funktionierenden Demokratien wäre ein solcher Vorgang politisch kaum überlebbar. In Brüssel dagegen wurde das Weglöschen brisanter Nachrichten zum politischen Stilmittel. Transparenzforderung bis hin zur Durchleuchtung sämtlicher privater Chatnachrichten – große Geheimhaltung nach innen.
Im Frühjahr 2021 verhandelte die Europäische Kommission unter von der Leyens Führung einen Vertrag mit Pfizer über rund 1,8 Milliarden Dosen des Impfstoffs. Dabei blieb unklar, ob und in welchem Umfang schriftliche Kommunikation, insbesondere SMS-Nachrichten zwischen von der Leyen und Albert Bourla, existiert, archiviert oder zugänglich ist. Wegen dieser fehlenden Transparenz, vor allem beim Zugang zu den Nachrichten, wurden Vorwürfe laut, die sich auf mangelhafte Dokumentation, fehlendes Protokollieren der Verhandlungen und mögliche Interessenkonflikte beziehen.
Im Mai 2025 entschied das Gericht der Europäischen Union, dass die Kommission die Nachrichten herausgeben muss und dass die Weigerung, dies zu tun, eine Form von „Missadministration“ darstellt. Die Klage eingereicht hatte die New York Times, die Zugang zu den SMS-Kommunikationen zwischen von der Leyen und Bourla verlangte. Das Urteil gilt als Präzedenzfall für Transparenzpflichten der EU-Kommission – und als politisches Menetekel für eine Präsidentin, die meint, über allen Dingen zu stehen.
Musk stellt die Grundsatzfrage: Wer hat von der Leyen gewählt?
Der Machtverfall wird immer stärker auch von außen sichtbar. Elon Musk fragt auf X offen, warum Ursula von der Leyen als „führende Stimme der EU“ denn nicht direkt vom Volk gewählt werde.
Musk löste damit eine breite Welle der Zustimmung aus. Mehrere Millionen Mal gesehen, traf seine Bemerkung einen Nerv: die wachsende Diskrepanz zwischen europäischer Machtausübung und demokratischer Legitimation. Nicht ein anonymer Troll, sondern der sichtbarste Unternehmer und der reichte Mann der Welt stellte die Frage, die viele Europäer längst umtreibt – wer kontrolliert eigentlich die Kommission, wenn nicht das Volk?
Erosion der Legitimation: EU antwortet mit noch mehr Kontrolle
Pfizer-Deal, Misstrauensanträge, Machtverlust, Legitimations-Debatte – all das sind keine zufälligen Einzelereignisse. Sie markieren den schleichenden Übergang von demokratischer Akzeptanz zu exekutiver Selbstbehauptung. Je stärker der Rückhalt im Parlament und in der Öffentlichkeit schwindet, desto stärker reagiert die Kommission mit zentralisierter Kontrolle. Der Verlust an Vertrauen wird durch neue Mechanismen ersetzt – durch Aufsicht, Regulierung und Überwachung.
Inzwischen scheint sich die EU-Kommission nach innen zu einem totalitären Machtapparat gewandelt zu haben, der sich nicht mehr durch Zustimmung, sondern durch Steuerung zu legitimieren sucht. Je weniger demokratische Bindung, desto mehr Verwaltung. Je weniger Korrektur, desto mehr Kontrolle. Die Antwort auf Misstrauen ist nicht Selbstprüfung, sondern ständiger Macht- und Kontrollausbau. So verwandelt sich die ehemalige demokratische Idee Europa in ein totalitäres Kontrollgremium – mit dem ausgesprochenen Misstrauensantrag gegenüber jedem einzelnen Bürger im EU-Raum.
Der „Democracy Shield“ – Europas Wahrheitsministerium
Das jüngste Beispiel für den Kontrollreflex der EU-Kommission ist der euphemistisch genannte European Democracy Shield, den Ursula von der Leyen im Frühjahr 2024 als „Schutzwall für die Demokratie“ präsentierte. Offiziell soll er Europa gegen „Desinformation, Einflussnahme und hybride Bedrohungen“ wappnen. In der Realität entsteht eine Struktur, die Informationsflüsse politisch überwachen und deuten kann – eine Art „Frühwarnsystem“ für abweichende Narrative.
Neu ist die Logik, nach der dieses System arbeitet. Brüssel will künftig auf „Frühwarnsysteme“ und „Krisenprotokolle“ setzen, um Mitgliedstaaten bei angeblicher Desinformation zu einem koordinierten Vorgehen zu verpflichten. Dahinter steht ein Konzept aus dem Sicherheitsapparat: Politik als Dauerabwehrlage. Wer aber entscheidet denn, wann eine solche Krise beginnt? Und wer legt denn fest, wann Kritik an Regierung oder EU-Politik in „Desinformation“ übergeht? Die Antwort liegt im Kleingedruckten: Es sind nicht Parlamente oder gewählte Vertreter, oh Wunder – sondern ein Netzwerk von privaten Akteuren aus NGOs, Stiftungen und sogenannten „Faktenprüfern“.
Neun Milliarden Euro will die Kommission für diese neue Armada mobilisieren. Unter den begünstigten Organisationen: das European Fact-Checking Standards Network (EFCSN), in dem auch die hoch umstrittene deutsche Plattform Correctiv sitzt, die Tichys Einblick in der Vergangenheit bereits gerichtlich unterlegen ist und wo es deutlich weniger um Fakten, mehr um Meinungen geht. Ausgerechnet solche mehr als fragwürdigen Akteure sollen also für die EU künftig die Trennlinie zwischen Wahrheit und Lüge ziehen? Damit delegitimiert sich das Ganze schon von selbst.
Hiermit überträgt die Kommission Aufgaben, die in einer Demokratie Sache unabhängiger Öffentlichkeit wären, an ein ideologisch homogenes NGO-Milieu. Niemand hat diese Gremien gewählt, niemand kann sie abwählen, und niemand kontrolliert, wer die Aufträge vergibt. Das Vakuum, das dadurch entsteht, wird in Brüssel mit dem Schlagwort „Zivilgesellschaft“ überklebt; abermals ein Euphemismus für ein Netzwerk aus politischen Aktivisten, die ihre Legitimation aus Förderbescheiden statt aus Wahlen beziehen.
Ebenfalls Teil des Shields ist ein „Europäisches Kooperationsnetzwerk für Wahlen“. Offiziell soll es Wahlbeeinflussung verhindern, tatsächlich aber öffnet es der Kommission die Möglichkeit, in nationale Wahlprozesse hineinzuregieren. Schon der bloße Verdacht auf „Einflussnahme“ reicht, um politische Bewegungen zu delegitimieren. Die Erfahrung aus Rumänien, wo eine Präsidentschaftswahl unter dem Vorwand möglicher Desinformation faktisch annulliert wurde, zeigt, wohin das führen kann.
So verwandelt sich das Konzept des Schutzes in sein Gegenteil: Wer Wahrheit institutionell verwalten will, schafft unweigerlich eine Wahrheitsbehörde. Das ist keine demokratische Resilienz, sondern der administrative Notstand einer Macht, die sich vor Kritik fürchtet.
European Media Freedom Act – perfekte Mediensteuerung
Der European Media Freedom Act (EMFA), der ab 2025 greift, soll angeblich „Medienvielfalt schützen“. Doch die neue European Board for Media Services wird in Brüssel zentral definieren, wer als „vertrauenswürdiger“ Anbieter gilt und wer nicht. Diese Bewertung entscheidet, ob ein Medium in Suchergebnissen, Empfehlungslisten oder Plattform-Feeds sichtbar bleibt. Allein die Zusammenstellung des dafür zuständigen Boards lässt grundsätzliche Fragen an Neutralität und Integrität aufkommen.
Während staatsnahe oder EU-freundliche Medien durch harmonisierte „Compliance-Standards“ geschützt werden, geraten kritische Publikationen wie Tichys Einblick in strukturellen Nachteil. Sichtbarkeitsverluste bei Google News, algorithmische Herabstufung, Ausschluss aus Empfehlungsnetzwerken – eine Form der stillen Zensur ohne greifbaren Zensor. Offiziell heißt das „Transparenz“, faktisch bedeutet es: politisch erwünschte Sichtbarkeit.
Überhaupt sind alle diese Sprachkreationen wie aus dem Köfferchen von George Orwells 1984 gezogen.
Ironischerweise schreibt der EMFA „redaktionelle Unabhängigkeit“ fest – und öffnet zugleich die Tür zur zentralen Bewertung redaktioneller Praktiken. Wer zu unbequem ist, verliert Sichtbarkeit und Reichweite. Aus Medienfreiheit wird Medienlenkung.
Hiernach hätte sich auch kaum die Wahrheit um die durch Brüssel kolportierten und angeblichen GPS-Störaktionen bei von der Leyens Flieger durchsetzen können:
Der Digital Services Act – Brüssels Werkzeug digitaler Kontrolle
Wie seine vielen euphemistischen Neusprech-Geschwister ist auch der Digital Services Act einst als Fortschritt verkauft worden – als rechtlicher Rahmen, der Ordnung ins Internet bringen und Machtmissbrauch der großen Plattformen eindämmen sollte. In Wirklichkeit ist ein Instrument entstanden, das Macht neu verteilt: weg von Unternehmen und Nutzern, hin zu Behörden, NGOs und Kommissaren.
Was die Kommission als „Verantwortung der Plattformen“ bezeichnet, bedeutet in der Praxis: Private Firmen werden gezwungen, im Auftrag der EU politische Inhalte zu prüfen. Aus Richtern über Inhalte werden Exekutoren einer Gesinnung. Die entscheidenden Begriffe im Gesetz – systemisches Risiko, Desinformation, gesellschaftliche Gefährdung – sind bewusst vage formuliert, damit sie jederzeit politisch anpassbar bleiben. Was heute als Schutzmaßnahme gilt, kann morgen zur Waffe werden.
Das Gesetz hat in allen Mitgliedstaaten eine Bürokratie der Verdächtigung geschaffen. In jedem Land entstehen sogenannte „Meldestellen“, die im Namen des Gemeinwohls Meinungen katalogisieren. Offiziell geht es um „Hassrede“, faktisch um Kontrolle. Die EU hat ein System von Denunziationsbüros institutionalisiert – ausgestattet mit Fördergeldern, juristischem Schutz und einem direkten Draht nach Brüssel.
Das Prinzip ist ebenso schlicht wie gefährlich: Wer von der Kommission als „vertrauenswürdiger Hinweisgeber“ anerkannt wird, darf Inhalte markieren, Plattformen zum Handeln zwingen und Narrative verschieben. Es sind dieselben Organisationen, die seit Jahren als politisch-moralische Wachtposten auftreten – aus dem Dunstkreis von Aktivismus, Stiftungsfinanzierung und parteinaher Öffentlichkeitsarbeit.
Damit verschiebt sich der Schwerpunkt der Meinungsfreiheit: Weg vom Recht auf Rede, hin zum Recht auf Meldung. Plattformen wiederum handeln nach einem einfachen ökonomischen Kalkül: Wer Milliardenstrafen vermeiden will, löscht lieber zu viel als zu wenig. So wird Zensur zur rationalen Kostenentscheidung. Die Angst vor Sanktionen ersetzt die Freiheit des Wortes – ein Modell, das im Endzeit-Brüssel als Erfolg gilt.
Dass sich dieses System längst über den digitalen Raum hinaus auswirkt, zeigt der wachsende politische Druck auf Intellektuelle und Journalisten. In mehreren Mitgliedstaaten werden Ermittlungen wegen Online-Äußerungen eingeleitet, ohne dass ein Gericht je prüfte, ob ein Delikt vorliegt. Die bloße Meldung genügt und eine staatliche Repressionsmaschinerie setzt sich in Gang – wobei ganz klar zwischen Freund und Feind unterschieden wird. Meldungen gleicher Inhalte werden von Meldestellen entweder ignoriert oder abgelehnt.
Ein neues Dogma entsteht: Wer auffällt, ist verdächtig; wer widerspricht, gefährdet „das Vertrauen“. Im Kern hat der DSA eine alte Idee reaktiviert – die Idee des pädagogischen Staates, der seinen Bürgern vorgibt, was gut für sie ist. Nur dass die Pädagogik heute algorithmisch vollzogen wird. Jeder Klick, jeder Beitrag, jedes Kommentarwort fließt in ein System, das „gesellschaftliche Risiken“ misst. Was nach Wissenschaft klingt, ist politische Technik: eine Maschine, die aus Meinung Statistik macht und daraus Moral ableitet.
Im Krisenfall – etwa bei Wahlen, Pandemien oder Protesten – darf die Kommission laut Artikel 36 DSA sogar Direktanordnungen an Plattformen erteilen. Das heißt: Die Exekutive entscheidet unmittelbar, welche Informationen sichtbar bleiben. Die Grenze zwischen Notfallregelung und Normalzustand löst sich auf.
So entsteht ein neues Machtgefüge: eine supranationale Aufsicht, die nicht das Recht schützt, sondern den Diskurs steuert. Die EU nennt das „Resilienz“. Tatsächlich ist es die Wiederkehr einer alten Versuchung – die Wahrheit nicht auszuhalten.
Die Chatkontrolle – Der Generalverdacht als neues Normal
Die Chatkontrolle – offiziell Verordnung zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern – ist das vielleicht gefährlichste Gesetzesvorhaben in der Geschichte der Europäischen Union. Kein anderes Projekt legt so offen, wie weit sich die politische Klasse von den Grundprinzipien einer freiheitlichen Ordnung entfernt hat.
Die Idee klingt auf den ersten Blick hehr und edel: Missbrauchsdarstellungen sollen im Netz aufgespürt, Täter enttarnt, Kinder geschützt werden. Doch der Weg, den Brüssel wählt, ist die radikalste Variante denkbarer Überwachung: Jede Nachricht, jedes Bild, jede Sprachnotiz – alles soll künftig gescannt werden, bevor es überhaupt verschickt wird. Jeder einzelne Bürger wird unter Generalverdacht gestellt.
Der technische Begriff dafür lautet Client-Side-Scanning. Was harmlos klingt, bedeutet nichts weniger als den Umbau jedes Smartphones in ein Überwachungsgerät. Eine Software durchsucht alle Dateien auf dem Endgerät, vergleicht sie mit Datenbanken und meldet Verdachtsfälle automatisch an Behörden. Es braucht keinen Verdacht, keinen Beschluss, keinen Anlass. Der Bürger wird präventiv durchsucht – nicht mehr als Ausnahme, sondern als Regelfall.
Die EU-Kommission nennt das „präventiven Kinderschutz“. In Wahrheit wird hier der Kern digitaler Freiheit zerstört: die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die einzige Garantie, dass private Kommunikation privat bleibt. Ist sie einmal gebrochen, bleibt sie es – für immer.
Juristen warnen, dass dieses Prinzip dem Wesen des Rechtsstaats widerspricht. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach entschieden, dass der Staat nur bei konkretem Verdacht in den privaten Bereich eindringen darf. Doch Brüssel operiert längst jenseits nationaler Schranken – und außerhalb demokratischer Kontrolle.
Das Verstörende ist nicht die Technologie, sondern die Haltung dahinter. Die Chatkontrolle behandelt alle Bürger als potenzielle Täter. Sie kehrt das Prinzip der Unschuldsvermutung um: Wer kommuniziert, steht unter Verdacht. Wer verschlüsselt, hat etwas zu verbergen. Wer Privatsphäre will, muss sie rechtfertigen.
Unterstützt wird das Projekt von einer bemerkenswerten Allianz: Sicherheitspolitiker, Kinderschutz-NGOs, Polizeiverbände und EU-Kommissare bilden eine Koalition der Tugend, die jede Kritik moralisch delegitimiert. Wer Einwände erhebt, gilt als Zyniker, wer Verschlüsselung verteidigt, als Komplize der Täter. So entsteht ein moralischer Ausnahmezustand – und der dient, wie alle Ausnahmezustände, der Macht.
Ebenso breit ist der Kreis derer, die den Bestrebungen widersprechen.
Besonders brisant ist der Zeitpunkt, an dem das Vorhaben vorangetrieben wird. Während nationale Parlamente über Datenschutz und Grundrechte streiten, bereitet Brüssel die technische Umsetzung längst vor. In internen Papieren ist von „On-Device-Scanning in Kooperation mit Diensteanbietern“ die Rede – also einer tiefen Integration in Betriebssysteme wie iOS und Android. Damit wird aus der EU-Gesetzgebung eine Schnittstelle zwischen Staat, Konzern und Privatsphäre.
Der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) und der Europäische Datenschutzausschuss (EDPB) äußerten in einem gemeinsamen Gutachten bereits 2022 „ernste Bedenken“ hinsichtlich der Vereinbarkeit der Chatkontrolle mit den Artikeln 7 und 8 der EU-Grundrechtecharta – also dem Recht auf Privatleben und auf Datenschutz. Auch internationale Bürgerrechtsorganisationen wie Privacy International und Access Now warnen vor einem massiven Eingriff in die Grundrechte aller EU-Bürger. Doch die Kommission treibt das Projekt weiter voran – scheibchenweise, in technischen Arbeitsgruppen in Hinterzimmern, fern jeder öffentlichen Kontrolle.
Die Chatkontrolle ist der logische nächste Schritt. Wer die Kontrolle über öffentliche Kommunikation errichtet, wird dann auch die private nicht dulden. Nach der Informationsaufsicht (Democracy Shield) und der Medienaufsicht (DSA, EMFA) folgt nun die Kommunikationsaufsicht.
Die EU setzt damit auf ein neues Menschenbild: den ständig überprüfbaren Bürger. Nicht mehr das Vertrauen in die Mündigkeit, sondern das Misstrauen in die Freiheit bildet die Grundlage der Politik. Was als Kinderschutz beginnt, endet als Architektur der totalen Durchleuchtung.
Wenn dieses Gesetz kommt, wird kein Whistleblower mehr sicher kommunizieren, kein Journalist seine Quelle schützen, kein Arzt vertraulich mit Patienten schreiben können. Es ist das Ende jeder vertraulichen Kommunikation – ein endgültiger Bruch mit der liberalen Moderne.
Anti-Money Laundering Regulation (AMLR) – Kontrolle über Ihre Geldbörse
Wenn Politik in die Taschen der Menschen greift, geht es selten nur ums Geld. Oft geht es um Macht. Und kaum eine Maßnahme verdeutlicht das so sehr wie die von Brüssel geplante Bargeldobergrenze.
Offiziell dient sie der „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“. In der Realität geht es um etwas anderes: um die schrittweise Entmachtung des Bürgers in seiner letzten privaten Sphäre – seiner finanziellen Handlungsfreiheit.
Offiziell dient die Regelung der „Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“. In der Praxis markiert sie einen weiteren Schritt zur Durchleuchtung des Bürgers. Ab 2027 sollen Barzahlungen über 10.000 Euro unionsweit verboten sein – Mitgliedstaaten dürfen allerdings niedrigere Limits einführen. Deutschland etwa könnte, wie schon in früheren Gesetzesinitiativen angedeutet, Schwellen um 5.000 Euro oder darunter festlegen.
Für Bartransaktionen ab 3.000 Euro schreibt die AML-Verordnung außerdem eine Pflicht zur Identifizierung des Kunden vor. Das heißt: Händler oder Dienstleister müssen die Personalien erfassen, speichern und im Zweifel an die zuständigen Behörden übermitteln. Es handelt sich dabei nicht um ein weiteres Bargeldverbot, sondern um eine sogenannte Customer Due Diligence-Pflicht, eine Vorstufe der Kontrolle, die jeden größeren Bargeldvorgang in ein meldewürdiges Ereignis verwandelt.
Damit verschiebt sich das Verhältnis zwischen Bürger und Staat erneut: Wer bar bezahlt, gilt künftig nicht mehr als frei, sondern als verdächtig. Das Zahlungsmittel, das einst Unabhängigkeit bedeutete, wird zum potenziellen Risiko erklärt. Die EU hat es geschafft, aus einem Stück Papier mit aufgedruckter Zahl ein Politikum zu machen, zu einem Symbol für Misstrauen von oben nach unten.
Ökonomen und Bürgerrechtler warnen, dass die Bargeldgrenze Teil einer viel weiterreichenden Agenda ist: der Vorbereitung auf den digitalen Euro. Beide Systeme – die Bargeldbeschränkung und die geplante Zentralbankwährung – sind zwei Seiten derselben Medaille. Wer Bargeld limitiert, schafft Akzeptanz für digitales Geld; wer digitales Geld etabliert, schafft die technische Möglichkeit der Nachverfolgung.
Die Kommission beteuert, der digitale Euro werde „nicht zur Überwachung genutzt“. Doch dieselbe Rhetorik begleitete bereits die Chatkontrolle und den Digital Services Act. Die Versuchung, aus Transparenz Kontrolle zu machen, ist in Brüssel zur Gewohnheit geworden.
Das Bargeld, einst Symbol bürgerlicher Autonomie, wird unter Generalverdacht gestellt. Die EU-Kommission begründet das mit dem Satz, Bargeld sei „ein Einfallstor für illegale Aktivitäten“. Diese verquere Logik kennt man: Erst wird ein Risiko konstruiert, dann wird Freiheit zur Bedrohung erklärt.
Dabei gibt es für die behauptete Wirksamkeit solcher Maßnahmen kaum Belege. Kriminelle Netzwerke nutzen längst verschlüsselte Kryptotransaktionen, Offshore-Konten oder Strohmänner. Die Bargeldgrenze trifft nicht die Schattenwirtschaft, sondern den Mittelstand, den Handwerker, den Autokäufer, den Antiquitätenhändler. Sie trifft den Bürger, der unabhängig bleiben will.
Was in der Öffentlichkeit kaum thematisiert wird: Die AMLR ist keine isolierte Maßnahme, sondern Teil einer viel größeren digitalen Agenda. Parallel zur Bargeldgrenze treibt die EU-Kommission die Einführung des „digitalen Euro“ voran, einer Zentralbankwährung, die jede Zahlung in Echtzeit nachvollziehbar macht. Was heute noch als Option dargestellt wird, kann morgen zur Verpflichtung werden. Und nach aller Erfahrung sollte auch dieses Szenario Realität werden.
Die Kombination aus Bargeldbeschränkung und digitalem Zentralgeld schafft eine beispiellose Transparenz über das Verhalten jedes Einzelnen. Wer wann wo was bezahlt, wird zu einer Frage der Registrierung. Das Steueramt wird zum Datenzentrum, die Bank zum Erfüllungsgehilfen, die Geldbörse zum Interface staatlicher Kontrolle.
Ein System, das auf totale Nachverfolgbarkeit angelegt ist, verändert auch das Verhältnis zwischen Staat und Bürger. Wo Geldfluss und Lebensführung verschmelzen, entsteht eine ökonomische Disziplinargesellschaft. Der Gedanke, dass Eigentum frei verfügbar sein muss, weicht der Vorstellung, dass es verwaltet werden darf.
Ökonomen warnen, dass die EU mit der Bargeldgrenze den entscheidenden Hebel für eine neue Form wirtschaftlicher Steuerung schafft. In einer digitalen Währung mit programmierbaren Eigenschaften kann der Staat Kaufentscheidungen lenken, Ausgaben drosseln oder Konsum zeitlich begrenzen. Theoretisch ließen sich Negativzinsen oder „zweckgebundene Guthaben“ implementieren: Geld, das nur für bestimmte Käufe gilt oder nach Ablauf einer Frist verfällt.
Was heute als Science-Fiction gilt, ist technisch längst möglich. Die EZB testet diese Funktionen im Rahmen ihrer Pilotprojekte zum „digitalen Euro“ bereits. Offiziell sollen solche Instrumente „ökonomische Stabilität fördern“. In Wahrheit würden sie den Staat zum unsichtbaren Mitspieler jeder Transaktion machen.
Jede Betonung, dass dies nicht zur Überwachung genutzt werde, ist hohles Gewäsch. Dieselbe verlogene Rhetorik begleitet bereits die Chatkontrolle. Und wie dort ist es nur eine Frage der Zeit, bis aus technischer Möglichkeit politische Versuchung wird.
Die Bargeldgrenze ist der psychologische Türöffner für diesen Wandel. Denn sie verschiebt den moralischen Rahmen: Bargeld wird zum verdächtigen Relikt, digitale Zahlung zum Zeichen von „Modernität“ und „Sicherheit“. So bereitet man die Bürger auf den Übergang von Autonomie zu Abhängigkeit vor: Schritt für Schritt, leise, fast unmerklich. Bis die Schlinge sich zugezogen hat.
Am Ende steht nicht mehr der souveräne Bürger, sondern der kontrollierte Konsument. Ein Mensch, der jederzeit nachvollziehbar, bewertbar und gegebenenfalls korrigierbar ist. Ein Mensch, dessen ökonomische Bewegungen nicht mehr seine Angelegenheit sind, sondern eine Variable im Gleichgewicht der Märkte und Regierungen. So wird aus Geld ein politisches Instrument.
Der EU-Geheimdienst – Informationsmacht ohne Kontrolle
Wenn Demokratien Selbstvertrauen verlieren, beginnen sie, Geheimdienste zu bauen. Nicht gegen äußere Feinde, sondern gegen die Unberechenbarkeit des eigenen Volkes.
Was lange als Tabu galt, nimmt in Brüssel gerade Gestalt an: eine Nachrichtendienststruktur auf EU-Ebene, koordiniert aus dem Generalsekretariat der Europäischen Kommission und unter direkter Aufsicht Ursula von der Leyens. Die offizielle Begründung lautet, man müsse Sicherheitsrisiken und hybride Bedrohungen besser koordinieren. In Wahrheit entsteht damit ein Machtinstrument, das selbst die Mitgliedstaaten nur noch bedingt durchschauen.
Der Plan: Nationale Geheimdienste sollen ihre Erkenntnisse in ein gemeinsames europäisches Lagezentrum einspeisen. Diese „Vernetzung“, so das Schlagwort, soll Informationslücken schließen und „effizientere Krisenreaktionen“ ermöglichen. Doch Vernetzung in Brüsseler Diktion heißt immer Zentralisierung. Informationen, die bislang über nationale Parlamente, Kontrollgremien und Datenschutzgesetze abgesichert waren, landen künftig in einer europäischen Schaltstelle außerhalb jeder demokratischen Kontrolle.
Juristisch bewegt sich das Vorhaben in einer Grauzone. Nach den EU-Verträgen liegt die Kompetenz für nachrichtendienstliche Tätigkeit ausdrücklich bei den Mitgliedstaaten. Doch die Kommission argumentiert, sie koordiniere ja nur, sie bündele keine, sondern verknüpfe Daten. In der Praxis macht das kaum einen Unterschied: Sobald Datenströme zentral zusammenlaufen, entsteht Macht. Und Macht neigt dazu, ihren eigenen Zweck zu suchen.
Das Modell erinnert an die Architektur großer Datenkonzerne. Statt Bürgerrechte zu schützen, werden sie „verwaltet“. Das Schlagwort „Hybrid Threats“ – also Bedrohungen, die irgendwo zwischen Desinformation, Cyberangriff und politischer Destabilisierung liegen, dient als Gummiparagraph. Er rechtfertigt alles, was technisch machbar ist: Überwachung sozialer Netzwerke, Analyse privater Kommunikation, Profilbildung über politische Einstellungen.
Besonders brisant ist die geplante Anbindung dieser EU-Einheit an den „Democracy Shield“. Man muss gar nicht mehr Richtung USA schielen und die Enthüllungen von Edward Snowden. Die EU mit Ursula von der Leyen und ihren schwindenden Machtzirkeln ist ebenso wild entschlossen, diese Dystopie umzusetzen.
Was offiziell der Bekämpfung ausländischer Propaganda dienen soll, kann leicht zu einem politischen Frühwarnsystem gegen unerwünschte Meinungen im Inneren werden. Wer Informationen zentral sammelt, kann sie auch zentral bewerten. Wer sie bewertet, kann sie steuern.
Die Erfahrung zeigt: Aus Koordination wird Kontrolle, aus Kontrolle Überwachung. Schon heute tauschen sich die Nachrichtendienste der Mitgliedstaaten über Plattformen wie „SIENA“ (Europol) oder das „EU Intelligence Analysis Centre“ aus. Doch nun geht es um mehr – um die Schaffung einer politisch legitimierten, aber juristisch unkontrollierten Meta-Behörde.
Die politische Brisanz liegt nicht nur im Inhalt, sondern in der Logik des Vorgehens. Die Kommission agiert, als wäre sie selbst ein souveräner Staat, der sich eigene Sicherheitsstrukturen aufbauen darf. Damit durchbricht sie ein Grundprinzip der europäischen Idee: die Trennung zwischen Exekutive und Kontrolle, zwischen Union und Souveränität der Staaten.
Das Paradoxe daran: Dieselbe EU, die nationale Geheimdienste regelmäßig für ihre Intransparenz kritisiert, schafft nun selbst eine Struktur, die keiner demokratischen Kontrolle unterliegt. Kein Parlament, kein Gericht, keine Öffentlichkeit hat Zugriff auf ihre Daten.
Die Folgen sind absehbar. Ein solcher Dienst wird früher oder später nicht mehr nur nach außen, sondern nach innen schauen. Aus „hybriden Bedrohungen“ werden dann „innere Risiken“: unliebsame Gruppen, oppositionelle Bewegungen, missliebige Journalisten. Der Informationsvorrat, den die EU heute aufbaut, wird morgen zur politischen Währung.
Europa wird damit zum Labor eines neuen Regierungstyps: einer bürokratischen Sicherheitsdemokratie, die den Bürger nicht mehr als Souverän, sondern als potenzielle Variable im System betrachtet. Freiheit wird zur Fußnote im Sicherheitskonzept.
Und Ursula von der Leyen? Sie präsentiert das Projekt mit dem gewohnten Lächeln als „unverzichtbaren Beitrag zur Stabilität Europas“. Man kann das auch anders lesen: als letztes Aufgebot einer Macht, die ihre Legitimation längst nicht mehr aus Zustimmung zieht, sondern aus Kontrolle und Repression, den Devotionalien der staatlichen Armseligkeit.
Die Zentralisierung als Überlebensstrategie
Was in Brüssel derzeit entsteht, ist also kein Zufallsprodukt, sondern die logische Konsequenz einer Politik, die ihre Legitimation in Gänze verloren hat. Die EU reagiert auf schwindendes Vertrauen nicht mit Selbstkritik, sondern mit Machterweiterung.
Der Democracy Shield soll die Informationsräume sichern, der Media Freedom Act die Berichterstattung zähmen, der Digital Services Act das Netz überwachen, die Chatkontrolle das Private durchleuchten, die Bargeldgrenze das Wirtschaftliche disziplinieren und der geplante EU-Geheimdienst schließlich alles zusammenführen.
In ihrer Summe ergeben diese Maßnahmen eine neue politische Architektur: eine Union, die sich nicht mehr durch Zustimmung stabilisiert, sondern durch Kontrolle. Je größer das Misstrauen gegenüber den Bürgern, desto fester werden die Zügel angezogen. Je mehr Kritik, desto enger das Korsett.
Die EU verwandelt sich in eine Verwaltung, die nicht mehr von der Demokratie lebt, sondern sie ersetzt. Ihre Sprache bleibt demokratisch, wenn auch unbeholfen missgestaltet, ihre Struktur nicht. Die alten Schlagworte „Schutz“, „Transparenz“ und „Resilienz“ dienen nur noch als hohle Vokabeln, um das Gegenteil zu verkleiden: einen Machtapparat, der sich selbst schützt, intransparent agiert und gegenüber abweichenden Meinungen keinerlei Resilienz mehr zeigt.
Die Ironie der europäischen Idee
Die Tragik dieser Entwicklung liegt in ihrer Ironie. Was als Friedens- und Freiheitsprojekt begann, mutiert zum moralisch bemäntelten Überwachungssystem. Die Union, die sich einst durch Offenheit definierte, hat panische, sogar hysterische Angst vor dem offenen Wort.
Aus dem Versprechen „Einheit in Vielfalt“ wurde eine Gleichschaltung in Bürokratie. Die Vielfalt darf bleiben, solange sie konform ist. Doch Demokratien, die ihre Bürger erziehen wollen, erziehen sich selbst ab. Wer ständig Angst hat, manipuliert zu werden, verliert irgendwann den Willen, überzeugt zu werden. Und wer Kontrolle als Ersatz für Vertrauen begreift, regiert nicht mehr, er verwaltet Misstrauen.
Die EU ist an diesem Punkt angekommen.
Sie regiert gegen die Skepsis, nicht für das Vertrauen. Ihr ganzer bürokratischer Eifer – von der Löschung unliebsamer Posts bis zur Limitierung des Bargelds – ist Ausdruck derselben Furcht: dass die Bürger anders denken, anders handeln, anders wählen könnten, als die Apparate es wünschen.
Was heute als „Resilienz“ verkauft wird, ist in Wahrheit der bürokratische Ausnahmezustand. Er braucht keine Panzer, keine Notverordnungen, keine offenen Diktate; er funktioniert leise mit Verordnungen, Prüfstellen, Zertifikaten. Er lebt vom Anschein der Legalität und der Routine der Verwaltung. Das Totalitäre kommt nicht mehr als Ideologie, sondern als Prozess. Und wie in jedem System, das seine Grenzen spürt, verschiebt sich der Fokus nach innen.
Die EU hat in den letzten Jahren gelernt, sich gegen Kritik zu immunisieren. Nicht durch Argumente, sondern durch Regeln. Sie schützt sich vor der Freiheit, die sie einst versprach.
Der letzte Reflex der schwindenden Macht
In Wahrheit ist all das kein Ausdruck von Stärke, sondern von Schwäche. Die Kommission unter Ursula von der Leyen agiert, als führe sie ein System, das im Gleichgewicht ist. Tatsächlich kämpft sie immer verbissener gegen den eigenen Zerfall.
Statt Vertrauen zu gewinnen, wird einfach die Kontrolle in allen Bereichen erhöht. Statt Kritik zu verstehen, wird sie wegreguliert. Statt Rechenschaft abzulegen, werden Daten gesammelt. So agiert kein selbstbewusstes Gemeinwesen, sondern eine Machtelite, die am Ende ist. So agiert nichts und niemand, der sich seiner Stärke sicher ist.
So agiert eine politische Klasse, die Angst hat bis in die Haarspitzen – Angst vor Widerspruch, Angst vor Öffentlichkeit, Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit. Und diese Angst treibt sie dorthin, wo alle gescheiterten Eliten enden: in die Hybris des Totalitären.
Die Kontrolle ersetzt den Dialog. Die Überwachung ersetzt die Debatte. Die Bürokratie ersetzt den Bürger. Die Europäische Union steht damit an einem Wendepunkt. Sie steht am Ende jener Idee, die sie einst trug: dass Macht sich rechtfertigen muss, nicht der Bürger.
Und wenn eine politische Klasse diese Wahrheit vergisst, dann bleibt ihr am Ende nur noch eines: die Angst und die Flucht ins Totalitäre.
Die Zeit läuft ab.





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Wenn Pressekritik am Ludwig-Erhardt-Gipfel der Weimer Group aus konservativ-rechten Kreisen kommt, dann ist der Fall unrelevant. Wahrheit spielt keine Rolle. Googeln Sie einfach mal heute (18.11) „80.000 Euro“ + „Weimer“, und Sie werden erstaunt sein, wie gering die Gesamtresonanz ist, weil die dem System Erlegenen keine Lust haben, diesen Bericht aufzugreifen, selbst wenn er denn belegbar wahr wäre. Weil man nicht will. Passt doch — Frau van der Leyen? Man nennt es: -Desinformation – rechts -Kritik aus rechten Kreisen selbsterklärend, sprich: Solange einen zu Füßen liegende Journos nicht kratzen, ist alles gut. Es zählt wer wann was sagt. Und wann… Mehr
Dass vdL ihre Macht zementieren will, liegt auf der Hand. Sollten wirklich einmal andere Leute an die Macht kommen, die ihre Machenschaften unter die Lupe nehmen (z.B. Pfizer-Deal) könnte eventuell ein Lebensabend hinter schwedischen Gardinen drohen. Von daher gilt für sie, Alles oder Nichts.
Und wenn eine politische Klasse diese Wahrheit vergisst, dann bleibt ihr am Ende nur noch eines: die Angst und die Flucht ins Totalitäre. Oder man fängt einfach einen Krieg an und dann fragt niemand mehr nach dem warum, wieso, woher und vor allem wer. Wenn die Probleme und Widersprüche in einer Gesellschaft, oder wie hier „Gemeinschaft“, zu groß werden gibt es nur zwei Möglichkeiten. Die erste, eine Revolution. Die ist leider nicht in Sicht aber die Herrschenden fürchten sie mehr als alles andere denn sie könnten hinweggefegt werden. Deshalb tun sie alles das Volk in die Irre zu führen. Die… Mehr
„Das Schloß“ von Franz Kafka als Vorlage des totalitären EU-Systems. Ich hoffe, irgendwann müsste auch für die Untertanen,(denke hier an D), der Geduldsfaden reißen. Oder?
Eine sehr analytische Aufarbeitung, liebe Frau Taxidis. Ein sehr guter, geballter Artikel.
Was heißt das Misstrauen wächst?
Es gibt hier kein, auch nur irgendwie, geartetes Vertrauen mehr.
Diese Bande, inklusive der Verrückten in den nationalen Parteien (gerade Deutschland und Österreich haben da ganz besondere Exemplare ertragen müssen und müssen auch aktuell noch), werden als die Zerstörer der europäischen Völker in die Geschichte eingehen.
Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ein Lügner wie Merz länger als einen Tag im Amt bleiben kann und das nach der ERSTEN Lüge.
Inzwischen wundert man sich ja, wenn er einmal die Wahrheit sagt und nicht umgekehrt.
Welch eine Verschwörungstheorie 😉. Leider muss ich widersprechen. Habe kein Geld für einen Bademantel.
Schieben Sie diese Aktivitaeten nicht allein der Kommission zu. Nichts geschieht ohne Initiative und Mitwirkung der Mitgliedsstaaten, die sich dann hinter der Label „EU“ verstecken. Wir doch nicht. die EU gibt vor. Wir muessen ausfuehren, sonst drohen Strafzahlungen. Ein heuchlerisches Spiel. Und das Scheinparlament stimmt eh zu. Der Buerger durchschaut diese Rollenaufteilung selten und nimmt alles als gottgegeben hin.
Wunderbarer Artikel, Frau Taxidis. Aber eine Sache würde ich gerne korrigieren: Zitat:“Wenn dieses Gesetz kommt, wird kein Whistleblower mehr sicher kommunizieren, kein Journalist seine Quelle schützen, kein Arzt vertraulich mit Patienten schreiben können. Es ist das Ende jeder vertraulichen Kommunikation – ein endgültiger Bruch mit der liberalen Moderne.“ Das ist längst der Fall. Seit 24 Jahren. Induziert durch 9/11 und den angeblichen „War on Terror“, der das genaue Gegenteil von dem ist, was er vorgibt zu sein. Es ging nie um die Terrorbekämpfung, sondern um das Aushorchen und Fremdsteuern der gesamten Welt, indem sich ein übergriffiger Staats- und Politikapparat an… Mehr
Wir Kinder aus dem Altreich haben diesen EU-Betrug nie ernst genommen. Die Kandidaten für das Pseudo-Parlament waren immer schon gruselig. Die einzigen, die den Unsinn geglaubt haben, waren die Ossis nach der Wende. „Endlich mal frei und selbstbestimmt wählen.“ So wörtlich in den 90igern ein Ost-Bekannter. Mittlerweile ist er schmallippig geworden.