Drohung gegen Biologin Vollbrecht: Sie soll keine Uni-Karriere machen

Die Wissenschaftlerin Marie-Luise Vollbrecht zog den Zorn radikaler Aktivisten mit ihrer Feststellung auf sich, es gebe nur zwei biologische Geschlechter. Aktivisten überlegten öffentlich, ihr in Zukunft beruflich zu schaden.

IMAGO / Christian Spicker
Humboldt-Universität in Berlin

Am heutigen Donnerstagabend darf die Biologin Marie-Luise Vollbrecht nun doch ihren Vortrag an der Humboldt-Universität halten, der eigentlich schon am 2. Juni stattfinden sollte – dann aber von der Hochschule auf Druck radikaler Trans-Ideologen abgesagt wurde. Grund für deren Wut: Vollbrecht, Doktorandin der Biologie, wollte über den Unterschied zwischen biologischem Geschlecht und Geschlechterrollen sprechen. Zu ihrem Vortrag gehört auch die in der Biologie weltweit unbestrittene Feststellung, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt.

Unmittelbar nach dem Anfang Juli verhinderten Vortrag gab es auch eine konzertierte Attacke mehrerer Aktivisten, darunter die Medizinsoziologin Dana Mahr. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau spricht Mahr der Biologin Vollbrecht ab, überhaupt wissenschaftliche Fakten vorzutragen:

„Ich denke, es geht und ging in diesem Vortrag nicht um Argumente oder wissenschaftliche Thesen. Der Vortrag war und ist vielmehr Bestandteil einer regressiven Kommunikationsstrategie jener Akteur:innen, denen die (bis jetzt noch) bestehende Offenheit unserer Gesellschaft ein Dorn im Auge ist“, behauptet Mahr dort – und erklärte gleichzeitig ohne jeden Beleg, Vollbrecht und andere in der sogenannten „Siff-Twitter-Bubble zielen darauf ab, trans* Menschen, Sexarbeiter:innen und Menschen mit Behinderung als ‚die Anderen‘, ‚die Gefährlichen‘, die ‚Degenerierten‘ zu labeln“.

Nichts davon kommt nur andeutungsweise in Vollbrechts Referat vor, das inzwischen auch auf Youtube zu sehen ist.

Mahr deutete in einer Twitter-Nachricht außerdem an, Vollbrecht werde in Zukunft Schwierigkeiten in ihrer akademischen Karriere haben. „Was an ihr 2025 hängen bleiben wird, wenn sie sich um einen Post-Doc an einer anderen Uni bewirbt, ist „auch das war doch die von BILD bis Tichys Einblick in 2022 zur Märtyrerin gemacht wurde“.


Screenshot via twitter / Mahr

Offenbar in Bezug darauf schrieb Marie Maurer, Studentin und Gremienmitglied an der Ruhr-Universität Bochum (RUB):
„Ist vielleicht nur Spekulation, aber ich denke ihrer Uni-Karriere werden diese Tweets noch gänzlich im Wege stehen…Ich sitze bei uns der FKS (Finanzen, Strukturen etc.) und wir machen backgroundchecks wenn wir Professuren verteilen.“

Screenshot via Twitter / Maurer

Maurer gehört dem Vorstand der Grünen in Witten an. Ihren obenstehenden Tweet löschte sie, in ihrer Twitter-Timeline findet sich allerdings der Retweet einer anderen Polemik gegen Vollbrecht. Vor allem die Begriffe „backgroundcheck“ (also Hintergrundüberprüfung) und „wenn wir Professuren verteilen“ lassen aufhorchen. Finden an der RUB tatsächlich politische Gesinnungsprüfungen vor Berufungsverfahren statt, und werden Professuren in Bochum „verteilt“?

Auf die entsprechende Nachfrage von TE antwortet eine Sprecherin der RUB:
„Berufungsverfahren sind wissenschaftsgeleitete Verfahren. Sie werden offen ausgeschrieben; dann findet eine Bestenauslese durch eine Berufungskommission statt. Ausgewählt wird nach wissenschaftlichen Kriterien, unter anderem Anzahl, Originalität und Sichtbarkeit der Publikationen sowie eingeworbene Drittmittel. Darüber hinaus werden für Universitäten auch Aktivitäten im Wissenstransfer immer wichtiger. Backgroundchecks finden nicht statt.“

Damit stellt die Universität allerdings nur fest, wie das Verfahren eigentlich laut Gesetz stattfinden sollte. TE hatte auch gefragt, welche Schritte die RUB unternimmt, um Mauer künftig von jedem Einfluss auf Berufungsverfahren fernzuhalten, und wie die Hochschule den Reputationsschaden einschätzt, den Maurer mit ihrer freizügigen Bemerkung verursacht hat. Beide Fragen ließ die Universität unbeantwortet.

An den Vortrag Vollbrechts am Donnerstagabend soll sich noch eine Podiumsdiskussion unter anderem mit Bundeswissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) anschließen, die Vollbrechts Aussagen „kontextualisieren“ soll.
Vollbrecht lehnte eine Teilnahme daran ab: Erstens spreche schon die Zusammensetzung der Runde nicht für eine wissenschaftliche Fachdiskussion. Sie sehe in einer solchen Runde auch keine Chance, angemessen zu Wort zu kommen.

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Kommentare ( 67 )

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bfwied
1 Jahr her

Auch hier wird wieder deutlich, wie ideologisch-totalitär die Gesellschaft unterwandert ist. Wer gut in seinem Beruf/Studium ist, dem kann man nur raten, auszuwandern u. so lagen wegzubleiben, bis der grünrote Spuk vorbei ist.

Ralf Poehling
1 Jahr her

Es wird Zeit für ein paar Zwangsexmatrikulationen.
Die Universität ist ein Ort der Forschung und Lehre.
Wer das behindert und den Laden stürzen will, hat dort nichts zu suchen.
Schluss mit den sinnlosen Diskussionen. Mit Leuten, deren Absicht nicht im Studium, sondern in der Zerstörung liegt, macht diskutieren keinen Sinn.
Sicherheit lässt sich herstellen. Man muss es nur wollen.

Waldorf
1 Jahr her

Die Gender- und Transaktivistenbubble ist nicht progressiv, sondern regressiv bis reaktionär. Die Wissensgewinne der Aufklärung werden rückabgewickelt, Glaube bis reiner Aberglaube wird salonfähig gemacht, zumindest in „Uni-Kreisen“ Glaubt irgendein „normaler“ Mensch an 30, 50 oder mehr „Geschlechter“, nur weil jemand „an einer Uni“ das behauptet? Selbst wenn man „Gender“ wohl richtig nur als „Geschlechterrolle“ und als biologisches Geschlecht versteht, gibt es auch nicht 10, 20 oder mehr „Geschlechterrollen“ Es gibt sicher viele Gefühle und oder rege Phantasie, nur hat das wenig bis nichts mit den beiden biologischen Geschlechter und deren „kulturellen“ Rollen zu tun. Wer sich als geschlechtslos oder fluid… Mehr

Wolfgang Schuckmann
1 Jahr her

Mit anderen Worten, man hat uns jetzt da, wo man uns haben wollte. Eine Gesellschaft, die zulässt, dass ein Sumpf von Dummheit als Autobahn für absolute Versager missbraucht wird, ist eine Gesellschaft, wie die Unsere.
Es gab mal eine klare Ansage in diesem Land :. Wehret den Anfängen!
Wenn diese Vergewaltigung unserer Hochschulen so weitergeht, dann ist das nichts anders mehr als ‚Tausendjähriges Reich‘ heute.

Konservativer2
1 Jahr her

„Vollbrecht und andere in der sogenannten „Siff-Twitter-Bubble zielen darauf ab, trans* Menschen, Sexarbeiter:innen und Menschen mit Behinderung als ‚die Anderen‘, ‚die Gefährlichen‘, die ‚Degenerierten‘ zu labeln“.“ Haben diese Ideologen jeglichen Kontakt zur Realität und zur Gedankenwelt der „Normalos“ verloren? Wenn ich es für richtig und nachweisbar halte, dass es biologisch zwei Geschlechter gibt, hat das nichts mit der Frage, wie ich zu Prostituierten oder Behinderten stehe, zu tun. Das war in der Vergangenheit (!!! – da wurde das Thema noch gar nicht diskutiert!) so, das wird auch so bleiben. Die Methode ist klar: hier werden „Minderheiten“ argumentativ ohne deren Zustimmung… Mehr

kasimir
1 Jahr her

Wir nähern uns mit Riesenschritten dem Mittelalter (die Erde ist eine Scheibe). Ich wünsche Frau Vollbrecht alles Gute. Auf eine Wissenschaftskarriere hier in D kann sie sicherlich gut verzichten. Andere Länder wie die Schweiz, Norwegen, Kanada oder auch USA werden sich um sie reissen. Einen gut bezahlten Job wird sie sicherlich auch ohne das Wohlwollen deutscher Unis bekommen. Danke für ihren Mut, davor habe ich wirklich Respekt. Ich wünsche ihr alles Gute für die Zukunft. Schnell noch hier den Doktor machen und dann Tschüß… Deutschland will es doch so: an den Unis fast nur noch unterbelichtete und wohlstandsverwahrloste Studenten. Der… Mehr

FerritKappe
1 Jahr her

Fakten sind Meinungen.
Deswegen gibt es plötzlich beliebig viele biologische Geschlechter. Kobolde erzeugen mithilfe von Tiefkühlhühnchen Strom und speichern den im Netz.
Ungeheizte Wohnungen sind schön warm. Und demnächst steigt die Kartoffel auf, vom Schimpfwort zum einzig nötigen und sogar Vegan-korrekten Lebensmittel.

Henni Gedu
1 Jahr her

Schweigegelübde gibt es seit dem Mittelalter und passen ins Konzept des rotgrünen Berlins: ‚Sie fördern religiöse Kontemplation und sind Ausdrucksform religiösen Glaubens.‘ Fehlt noch, dass sich die HUB einmauert.

Eine linke Berliner Tradition, um Angebot und Nachfrage zu steuern, falls sich Gleichheit und Brüderlichkeit nicht als Naturgesetz erweisen. Die FUB bewirtschaftet die Freiheit, ein Fremdkörper im Berliner Treibhaus.

Gewne
1 Jahr her

„Eine überragende Kutur kann nicht von außen her erobert werden, solange sie sich nicht von innen selbst zerstört hat“. William James“Will“Durant

Exilant99
1 Jahr her

Frau Vollbrecht hat meinen größten Respekt. Die ist einfach nach ihrem Vortrag gestern nach Hause gegangen und hat sich nicht mit den „Aktivisten“ und Politikern unterhalten. So führt man diese Leute vor.

Stattdessen hat sie sich auf YouTube in einem Livestream hingesetzt, genannt „Geschlecht und Cancel Culture“ mit Dr. Alexander Korte und Professor Steinhoff. Absolut sehenswert.