Es gibt keine Phrase, die Friedrich Merz nicht im letzten dreiviertel Jahr hinausposaunt, die er nicht in ihr Gegenteil verkehrt, kein Versprechen, dass er nicht gebrochen, keinen Verrat, den er nicht an seinen Wählern begangen hätte.

Man sieht jetzt aber auch, was aus Deutschland unter den Regierungen Merkel-Steinmeier, Merkel-Gabriel, Merkel-Scholz, der Ampel und nun Klingbeil-Merz geworden ist, denn vor Merkels Kanzlerschaften hätte sich weder ein Staatsminister wie Wolfram Weimer, hätte sich weder eine Regierung wie die Regierung Klingbeil-Merz, weder eine CDU wie die Merz-CDU im Amt halten können, noch wären zweifelhafte Juristen wie Kaufhold und Emmenegger zu Verfassungsrichtern gewählt worden.

Legt man die Zeitrechnung der DDR zugrunde, befindet man sich im Jahr 1989. Das System ist vollends erschöpft, das handelnde Personal weniger als suboptimal. Um so weniger das handelnde Personal die Bürger überzeugen kann, um so mehr ist es von sich selbst überzeugt. Dysfunktionalität der Eliten werden zum Existenzproblem des Landes. Am deutlichsten wird das, wenn man mit Blick auf CDU und SPD feststellen muss, das sich beide Parteien überlebt haben, weil sie nicht mehr von ihren Mitgliedern, sondern nur noch von ihren Parteiapparaten getragen werden.

Aufmerksame Beobachter haben nichts von Friedrich Merz erwartet – und auch das war noch übertrieben optimistisch. Im Jahr 2023 sagte Friedrich Merz noch über den Industriestrompreis, den er jetzt einführt: „Wir halten es für falsch, die Strompreise nur für die Großindustrie zu senken und den Mittelstand im Regen stehen zu lassen.

Es braucht hier eine Entlastung für alle, für die energieintensive Industrie ebenso wie für den Mittelstand, vom Handwerk bis zur Bäckerei.“ Ebenfalls 2023 erklärte Friedrich Merz, dass er die Lockerung der Schuldenbremse nicht sehe, ebenso wenig wie höhere Steuern. Im ARD-Sommerinterview gab sich Merz klar und kämpferisch in der Ablehnung eines staatlich subventionierten Industriestrompreises: „Wenn wir für alle Unternehmen Energiepreise senken, und zwar über die Steuern und Abgaben, dann ist insbesondere den energieintensiven Unternehmen am meisten geholfen.“ Im Januar 2024 äußerte Friedrich Merz zur Schuldenbremse: „Ich schließe eine Zustimmung meiner Fraktion zu einer Aufweichung der Schuldenbremse des Grundgesetzes heute von dieser Stelle aus erneut aus.“

Kurz nach der Wahl, noch am 25. Februar 2025 erklärte Merz tapfer: „Es ist in der naheliegenden Zukunft ausgeschlossen, dass wir die Schuldenbremse reformieren.“ Kaum gesagt wurde in einem rechtlich bedenklich, eigentlich illegitimen Akt der alte Bundestag noch einmal zusammengetrommelt, mit den Stimmen der Vereinigten Linken die Schuldenbremse ausgehebelt und die größte Verschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik, nahezu 1 Billion Euro, beschlossen. Dabei hatte Friedrich Merz am 11. Dezember 2023 erklärt: „Ich sehe keine Notwendigkeit, über eine Reform oder gar Abschaffung der Schuldenbremse zu sprechen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, finanzielle Prioritäten zu setzen, statt das Geld unserer Kinder in Form von weiteren Schulden auszugeben.“ Und Ende Januar 2024 zurecht gemahnt: „Wir dürfen unseren Kindern nicht immer mehr Schulden hinterlassen. Denn alle Schulden müssen bezahlt werden.“

Am 4. Dezember 2024 wurde Merz sehr leidenschaftlich in der Verteidigung der Schuldenbremse: „Ich will ihnen mal sagen, warum ich bei der Schuldenbremse so klar bin: Die schützt das Geld und die Steuerzahlungen der jungen Generation. Und jetzt sitzen hier einige aus der jüngeren Generation. Sollen wir deren Geld heute schon ausgeben, weil wir mit dem, was wir haben, nicht auskommen? Wir nehmen 1000 Milliarden Steuern ein pro Jahr, und damit sollen wir nicht auskommen?“ Dass die Junge Union gegen die Mega-Verschuldung und die Aushebelung der Schuldenbremse protestiert hätte wie jetzt gegen das Rentenpaket, ist übrigens nicht bekannt, dabei ging es laut Merz doch darum, nicht das Geld der Jungen Generation jetzt schon auszugeben.

Nun kommt Merz nicht einmal mit der Bereichsausnahme Verteidigung und dem „Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz“ hin. Deutschland hat sogar Spanien überholt – und zwar beim Haushaltsdefizit. Hinzu kommt, dass laut dem Institut der deutschen Wirtschaft jeder 2. Euro aus dem „Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz“ zweckentfremdet und ganz ordinär dazu benutzt wird, Haushaltslöcher im Kernhaushalt zu schließen. Die Regierung verschiebt Posten aus dem Kernhaushalt in das „Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz“, um Gelder für zweifelhafte Klimaprojekte in aller Welt in Höhe von 11,4 Milliarden Euro freizubekommen.

Eine kleine Chronique scandaleuse verdeutlicht den Niedergang:

1. Noch kurz vor der Wahl posaunte Friedrich Merz : „Links ist vorbei. Es gibt keine linke Mehrheit und keine linke Politik mehr in Deutschland.“ Merz versprach, dass er wieder Politik für die Mehrheit der Bevölkerung machen wolle, die gerade denke und „alle Tassen im Schrank“ habe – und nicht „für irgendwelche grünen und linken Spinner auf dieser Welt.“ Kaum war die Wahl vorbei, da tat sich Merz mit den „grünen und linken Spinner auf dieser Welt“ zusammen und kippte für grüne und linke Projekte die Schuldenbremse.

2. Auch der Koalitionsvertrag, der ganz durchdrungen vom linken Klassenkampf gegen „rechts“ ist, trägt eine linke Handschrift.

3. Die Zuwendungen für die NGOs der „grünen und linken Spinner auf dieser Welt“ erhöhte er sogar.

4. Es gibt zwar keine linke Mehrheit, keine Mehrheit für linke Politik in Deutschland, dafür dank Merz weiterhin eine linke Politik in Deutschland gegen die Mehrheit im Land.

5. Als einige Abgeordnete der Union berechtigte Zweifel an den Vorschlägen der SPD für das Verfassungsgericht äußerten, stellte sich Merz gegen die eigene Fraktion und verteidigte im Bundestag im Duell gegen die Abgeordnete Beatrix von Storch (AfD), das er verlor, Brosius-Gersdorffs Position in der Frage des Schwangerschaftsabbruchs und zerbrach damit das letzte Porzellan der Union. Nun stehen sie ohne da, ohne Werte, ohne Identität, ohne politische Berechtigung. Die wichtige Diskussion nannte Merz im Nachhinein „dämlich“, eine Diskussion, die sich nicht wiederholen dürfte. Jetzt wird sie sich mit Blick auf das Rentenpaket wiederholen.

6. Auf Wunsch Klingbeils zerdepperte Merz dann auch noch das allerletzte Porzellan der Union, die Solidarität mit Israel, als er die Waffenlieferungen einschränkte.

7. Merzens Außenminister Wadepuhl macht wie schon Baerbock Deutschland in aller Welt lächerlich und will, dass Deutschland die finanzielle Hauptlast beim „Wiederaufbau“ von Gaza und Syrien trägt. Überhaupt dürfen Syrer nicht gedrängt werden, nach Syrien zurückzukehren, weil es nach seiner Meinung in Syrien schlimmer aussehe als in Deutschland 1945. Nun will Wadepuhl den Syrern Geld anbieten, um sie zur Rückkehr zu bewegen. Warum? Nimmt er das Geld von seinem oder von Merzens Sparkonto?

8. Obwohl die Ukraine in einem mehr als handfesten Korruptionsskandal steckt, erhöht Deutschland die Zuwendungen für die Ukraine. Macron und Selenskyj verabschieden gerade einen spektakulären Waffendeal, einen „historischen Deal“. Die beiden Präsidenten haben gut lachen auf den Bildern, sie wissen, wer diesen Deal bezahlt. Es gibt doch Friedrich Merz im einfältigen Berlin.

9. Vielleicht hat Friedrich Merz auch eine eigene Sicht auf Vorteilsnahmen, denn dass sein Staatminister für Kultur in handfesten Skandalen versinkt, dass es bei Wolfram Weimer freundlich ausgedrückt, handfeste Interessenkonflikte gibt, schert den Kanzler nicht die Bohne. Sofia Taxides schreibt dazu auf TE: „Die Affäre um Kulturstaatsminister Wolfram Weimer ist über den Punkt hinausgewachsen, an dem sie sich als individuelle Verfehlung erklären ließe. Sie berührt den Kern staatlicher Integrität, weil sie aufzeigt, dass die Trennung von politischer Verantwortung und privatem Vorteil aufgehoben wurde – aber offensichtlich auch: Nicht nur Wolfram Weimer muss sich mit dem Vorwurf der Vorteilsnahme im Amt auseinandersetzen. Und er hat diese Vorteilsnahme auf Bundeskanzler Friedrich Merz, auf Bundestagspräsidentin Klöckner und auf weitere Mitglieder des Bundeskabinetts ausgedehnt, die er gewissermaßen zur Miete angeboten hat: Für Zwecke der politischen Einflussnahme.“

10. Doch was jetzt deutlich wird, ist, dass der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, der geschworen hat, Schaden von der Bundesrepublik und von ihren Bürgern abzuwenden, für die ganz große Sause des Klima-Kartells bereit ist, über den sogenannten Deutschlandfonds die Kommunen und Landkreise und ihre Stadtwerke bis zur Handlungsunfähigkeit zu verschulden. Nicht nur, dass der Bund sich für das gigantische Umverteilungsprogramm von den Bürgern zum Klima-Kartell hin ruiniert, so will man die Kosten der sogenannten Energiewende, des Bereicherungsprogramm des Klima-Kartells auf die Kommunen und Landkreise abwälzen und sie damit in den Bankrott treiben, die fast die Hälfte der Kosten des Umverteilungsprogramm „Energiewende“ tragen sollen, 535 Milliarden Euro von 1,3 Billionen Euro bis 2045. Nicht nur die Kommunen und Landkreise werden in eine Situation getrieben, in der sie keine Schule instandhalten, kein Schwimmbad oder keine Sporthalle heizen können, sondern auch der Steuerzahler hat über den Industriestrompreis, das Wohlleben des Klima-Kartells sicherzustellen. Der Industriestrompreis, der auf Kosten der Steuerzahler, der mittelständischen Industrie, der Freiberufler, der Handwerksbetriebe, der Handel- und Gewerbetreibenden die steigenden Energiekosten für die energieintensive Groß-Industrie subventionieren soll, ist vor allem eines, eine Mega-Subvention für die EEG-Barone, für das in Wahrheit in Deutschland diktatorisch herrschende Klima-Kartell, der Herrschaft „der grünen und linken Spinner auf dieser Welt“, für die die Regierung Merz inzwischen arbeitet.

11. Weil die Nachwuchsfunktionäre der Jungen Union sich plötzlich sehr große Sorgen um ihre Karriere machen, mucken sie nun beim Rentenpaket auf und haben Friedrich Merz ein wenig die Gefolgschaft aufgekündigt. CDU-Politiker wie Karin Prien üben Verständnis mit dem Parteinachwuchs, doch Friedrich Merz steht unter Druck, unter Klingbeils Druck, der öffentlich erklärte, dass dieses Rentenpaket ohne die geringste Änderung beschlossen wird. Das Rentenpaket ist nur ein Ventil – und auf allen Seiten reines Alibi, reine Demagogie, weil die wirklichen Fragen nicht gestellt werden, weder von der SPD, weder von Klingbeil, noch von Merz, noch von der Jungen Union. Es ist ein Ventil für die Nachwuchs-Politiker der JU, weil sie spüren, dass Merz ihre Zukunft und ihre Karriere verjubelt, nur um einen Tag länger Bundeskanzler zu bleiben.

Erinnert sich noch jemand an Merzens Herbst der Reformen? Er ist zum Winter des Missvergnügens der Union geworden. Jemand vertrat letztens die wunderliche Ansicht, dass Söder für die Union 30 % der Wählerstimmen holen würde. Derjenige dürfte nicht mitbekommen haben, dass sich das Zeitfenster der Union jetzt sehr schnell schließt. Mit Söder könnte derjenige die Liebe zur morgigen Schlagzeile gemein haben. Richtig ist, dass Merz gerade dem Gedanken an eine Minderheitsregierung eine Abfuhr erteilte, genauso richtig ist, dass die Koalition keine Zukunft hat, doch eine Vergangenheit besitzt sie auch nicht – und nur eine Gegenwart, die an Polanskis Tanz der Vampire erinnert. Richtig ist auch, dass, will die Union noch eine Zukunft haben, Merz stürzen muss, denn der kann es nicht. Doch das genügt nicht, sie muss die Fenster aufreißen, die „brutalst mögliche Aufklärung“ betreiben – und sich erneuern. Dazu, dass Söder dazu in der Lage wäre, liebt der Franke zu sehr die Schlagzeile von Morgen, denn was er zu tun hätte, ginge über den Tag hinaus.

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