Beamte unter Generalverdacht des Extremismus? – Aktionismus à la Nancy Faeser

Bundesinnenministerin Faeser will das Disziplinarrecht für Beamte verschärfen. Das Bundeskabinett hat den von ihr vorgelegten Gesetzesentwurf beschlossen. Kritik kommt aus verschiedenen Reihen. Den Grünen geht der Entwurf dagegen nicht weit genug, sie wollen ihn im parlamentarischen Verfahren „nachschärfen“.

IMAGO / Mike Schmidt
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Berlin, 15. Februar 2023

Wenn es nach dem Willen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) geht, dann sollen Beamte zukünftig bei Dienstvergehen schneller disziplinarrechtlich verfolgt und verurteilt werden können. Einen von ihr vorgelegten Gesetzesentwurf hat das Bundeskabinett am Mittwoch, 15. Februar, beschlossen. Die federführende Ministerin Faeser sagte dazu: „Wir lassen nicht zu, dass unser demokratischer Rechtsstaat von innen heraus von Extremisten sabotiert wird.“

Von den 190.000 Bundesbediensteten übrigens mussten im Jahr 2021 ganze 373 Beamte ein Disziplinarverfahren über sich ergehen lassen. Das sind 0,2 Prozent von allen.

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Das dann novellierte Bundesdisziplinargesetz (BDG) soll für die rund 190.000 Bundesbeamten gelten. Ohne Soldaten, für die die Wehrdisziplinarordnung WDO gilt. Und ohne die Landesbeamten der 16 deutschen Länder, die womöglich Faesers Initiative folgen könnten. Vor allem soll der jeweilige Dienstherr künftig selbst eine Disziplinarverfügung aussprechen können. „Das langwierige Disziplinarklageverfahren, mit dem der Dienstherr statusrelevante Disziplinarmaßnahmen vor Gericht beantragen musste, entfällt“, teilte das Bundesinnenministerium mit. „Durch die Vorverlagerung des Ausspruchs auch dieser statusrelevanten Disziplinarmaßnahmen auf die behördliche Ebene ist ein schnellerer Abschluss des Verfahrens möglich“, heißt es in dem Gesetzentwurf.

Um eine deutliche Beschleunigung zu erreichen, sollen künftig Entfernungen und andere statusrelevante Disziplinarmaßnahmen (Zurückstufung, Aberkennung des Ruhegehalts) durch Disziplinarverfügung ausgesprochen werden. Das langwierige Disziplinarklageverfahren, mit dem der Dienstherr statusrelevante Disziplinarmaßnahmen vor Gericht beantragen musste, entfällt.

Neben der Änderung des Bundesdisziplinargesetzes werden die beamtenrechtlichen Beendigungsgründe bei strafrechtlichen Verurteilungen verschärft. Nun soll der Verlust der Beamtenrechte künftig bereits ab einer Verurteilung wegen Volksverhetzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe möglich sein. Bislang war die Grenze bei einem Jahr.

Heftige Kritik

Die Kritik an Faesers Plänen kommt aus unterschiedlichen Richtungen. Zeitungsleser sprechen mit Blick auf das Gesetzesvorhaben von einer „Demontage des Rechtsstaates“, von „Willkür, der Tür und Tor geöffnet“ würde, von „Säuberungsaktionen“ usw. Selbst der „Behördenspiegel“ titelt „Beamte unter Generalverdacht“.

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Heftige Kritik übte die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der GdP-Bundesvorsitzende, Jochen Kopelke, sagte, der Entwurf umfasse nicht nur Extremismus-Fälle, sondern greife auch bei „gewöhnlichen Dienstvergehen, die zu Zurückstufungen, beziehungsweise Degradierungen führen sollen“. Aus Sicht der Gewerkschaft fehlen in dem Entwurf außerdem Vorgaben dazu, wie fälschlich beschuldigte Beamte nach einem Abschluss der Untersuchung rehabilitiert werden sollen. Es dürfe nicht vergessen werden, alles dafür zu tun, deren Ansehen in der jeweiligen Dienststelle wiederherzustellen. Wichtig wäre es laut GdP zudem, Fristen für die Einleitung und Durchführung von Untersuchungen und Widerspruchsverfahren zu etablieren.

In einer Stellungnahme des Deutschen Beamtenbundes (dbb) hieß es, die Verfahren würden durch die Reform womöglich sogar länger dauern, denn neben dem bewährten behördlichen Disziplinarverfahren und einem bis zu dreistufigen gerichtlichen Instanzenzug komme noch ein behördliches Widerspruchsverfahren hinzu.

Im parlamentarischen Verfahren allerdings will die „Grünen“-Fraktion eine „Nachschärfung“ einbringen. Der Obmann der Grünen-Fraktion im Innenausschuss Emmerich sagte: „Dabei geht es um die Entfernung von Mitgliedern verbotener Vereinigungen, weitere gravierende Straftatbestände, die zur sofortigen Entlassung führen und die Frage, wie man Beamte im Ruhestand stärker in Verantwortung nehmen kann.“

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Kommentare ( 57 )

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Freiheit fuer Argumente
1 Jahr her

Es ist nichts anderes als ein Maulkorb für alle Beamten. Alleine das Risiko, dass künftig kann schon eine falsche Bemerkung zum Rausschmiss oder Kürzung der Bezüge führen kann, dürfte Wirkung zeigen. Man denke dabei auch an verbeamtete Lehrer oder Professoren. Mit Freiheit von Wissenschaft und Lehre ist das völlig unvereinbar, auch mit dem Bild eines mündigen Staatsdieners, welcher der Verfassung und dem Staat verpflichtet ist, aber eben nicht der Regierung. Schon deshalb sind solche Durchgriffsrechte der Exekutive mit dem Bild eines unabhängigen und dem Wohl des Landes verpflichteten Staatsdieners unvereinbar. Im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Justiz (Richter!) wird das… Mehr

antoine
1 Jahr her

Verschärfung des Disziplinarrechtes. Ist schon klar. Jetzt sollen die Beamten zu Klatschhasen der politischen Führung erzogen werden. Das macht ja auch Sinn. In den höheren Rängen der Beamtenschaft fällt sofort auf, was die Ampelregierung für einen sinnbefreiten Mist produziert hat. Aber keine Sorge, Frau Faeser, auch durch solche Maßnahmen wird die Kritik gerade an Ihrer Amtsführung nicht verstummen. Das werden Sie bei der Landtagswahl in Hessen erleben. Der nächste Ministerpräsident von Hessen wird garantiert nicht Faeser heißen.

RandolfderZweite
1 Jahr her

„Wir lassen nicht zu, dass unser demokratischer Rechtsstaat von innen heraus von Extremisten sabotiert wird.“
Der Lacher des Tages…..korrekte Formulierung aus Sicht der Wähler:
„Wir lassen nicht zu, dass unser demokratischer Rechtsstaat von oben herab von extremen Ideologen sabotiert wird.“

LadyGrilka55
1 Jahr her

Die Ironie der Geschichte: Die Parteien, die uns dieses Personal beschert haben, sind gewählt worden! Und werden immer wieder gewählt.

RauerMan
1 Jahr her

Faeser möchte die nach dem Krieg sich demokratisch-liberal orientierte Beamtenschaft umkrempeln in eine links-orientierte sozialistische Gefolgschaft ala DDR. Die gefestigte Moral der derzeitigen Gesellschaft ist ihrein Dorn im Auge. Dagegen muß die Gesellschaft aufstehen, wachsam sein, will sie nicht morgen in der beschriebenen Gesellschaftsordnung aufwachen. Die Destabilisierungsversuche durch ein noch weit mehr offen stehendes Land für alle Völker dieserWelt, ist ein weiteres Alarmsignal vor dieser machthungrigen Frau. Faeser ist sich dessen bewußt,daß sie bei den Wahlen in Hessen ohne reale Chance ist. Deshalb hält sie sich die Türe, Innenministerium in Berlin offen, was m.E. aber die noch größere Gefahr für… Mehr

Max und Moritz
1 Jahr her

Besonders die Nachschärfung gegen Pensionäre ist perfide. Sind es doch gerade die aus ehemaligen Führungspositionen, die in der Öffentlichkeit besonders kritisch gegenüber der Regierungspolitik sind.

LadyGrilka55
1 Jahr her
Antworten an  Max und Moritz

Deswegen will man diesen speziellen Pensionären ja auch einen Maulkorb verpassen. Aus Sicht der Cancel-Kulturisten ist das nur logisch.

Bisher konnten diese Leute noch relativ frei ihre Meinung äußern, weil sie keine beruflichen Nachteile mehr zu befürchten hatten, und wurden aufgrund ihrer Kompetenz (Führungspositionen) auch eher gehört. Das soll aufhören.

EinBuerger
1 Jahr her

Soweit ich es verstanden habe, geht es nicht um Extremismus. Es geht nur um Rechtsextremismus (oder was man dafür definiert). Gegen andere Formen des Extremismus hat man nichts.

santacroce
1 Jahr her

Es ist das Ausschalten der Opposition. Man möchte auch im eigenen Haus nur von Jubelpersern umgeben sein.
Wenn man selbst zu den Guten gehört, dann ist jeder Andersdenkende ein Feind, den man vernichten will.
Was hat das mit Demokratie zu tun? Aber woher will Fancy Näser mit heftigen Antifa-Kontakten das wissen?

wackerd
1 Jahr her

Ich komme – zu meinem eigenen Missfallen – nicht umhin, mich immer wieder über diese zutiefst unsympathische Erscheinung Faeser mit der Attitüde einer Politkommissarin zu äußern. Eine einzige tiefrote politische Linie, die diese Frau verfolgt. Alles, aber auch alles passt in ihr Weltbild einer linken Diktatur.Erschreckend, wen die SPD so alles hervorbringt.

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Was geschieht denn mit den politischen Beamten, die seit Jahren Art. 16a GG und die untergesetzlichen Regelungen zum Asylrecht aktiv missachten und damit hunderte von Toten durch Migrantengewalt verursacht haben? Was ist mit den Grundrechtsverletzungen, die willkürlich während der Corona-Panik-Pandemie begangen wurden? Dadurch wird der demokratische Rechtsstaat unterminiert. Aber wehe ein Beamter ist künftig nicht auf der links-grünen Linie und wagt es eine eigene Meinung zu äußern, dann greift das neue Disziplinarrecht. Man wird sehen, was nach dem parlamentarischen Verfahren von diesem Gesetzentwurf noch übrigbleibt. Wirksamen Grundrechtsschutz durch das BVerfG wird es für betroffene Beamte nicht geben. Die Beamtenschaft muss… Mehr