Die Amish-Mennoniten und das Covid-Experiment

In den Gemeinden der Amish-Mennoniten in den USA will man auch in Zeiten der Corona-Pandemie vom Staat vor allem eines: in Ruhe gelassen werden. Ob sie damit sehr viel schlechter durch die Pandemie kommen als die modernen Gesellschaften, ist noch nicht ausgemacht.

Die Christenheit ist ein buntes Völkchen. Weltweit gibt es weit über 10.000 unterschiedliche christliche Glaubensrichtungen. Gleichschaltung scheint den Jüngern Jesu nicht in die Wiege gelegt. Eine interessante Konfession sind die Amish-Mennoniten in den USA; eine wachsende Gemeinschaft mit ca. 300.000 Anhängern vor allem in Pennsylvania. Sie lehnen Autos ab und bevorzugen Pferdekutschen. Und in ihrer Kleidung sehen sie aus, als kämen sie gerade aus den Vitrinen des Heimatmuseums.

Doch der Amish-Tourguide erklärte mir vor einigen Jahren: „Dass wir Autos und Strom ablehnen, das hat nichts mit unserem Glauben zu tun. Das ist einfach unsere Lebensart, wie wir sie von unseren Vätern übernommen haben. Das hat sich für uns bewährt. Warum sollten wir das ändern? Wir lehnen moderne Dinge nicht prinzipiell ab. Unsere Gemeinde hat sogar ein Telefon. Das dürfen alle in bestimmten Fällen benutzen.“

Das Verhältnis der Amish zum Staat ist äußerst reserviert. Die Amish mögen keine staatliche Regierung, keine staatlichen Schul- und Erziehungssysteme, kein staatliches Gesundheitssystem. Obendrein lehnen sie jeglichen Militärdienst ab. Kurz: Die Amish lieben nur den Staat, der sie in Ruhe lässt.

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Kein Wunder, dass man im deutschsprachigen Raum die Amish-Mennoniten nicht ertragen konnte und sie deshalb im 18. Jahrhundert in die USA auswandern mussten. Mein Kirchengeschichtsprofessor sagte in einer Vorlesung sinngemäß: „Wenn es in Deutschland wieder ein Amishgruppe geben sollte, das wäre für mich das beste Zeichen, dass Deutschland ein liberales Land wäre. Der Platz für sie etwa in Mecklenburg-Vorpommern wäre wohl da; aber ob der deutsche Geist jemals solche Querdenker ertragen könnte?“ Als Student habe ich das damals nicht verstanden; heute erinnere ich mich an diese hellsichtigen Worte des Professors: Nicht die FDP als vermeintlich liberale Kraft, sondern die sperrigen Amish-People als Goldstandard für die Liberalität der Bundesrepublik Deutschland.

In der Lebensführung kennzeichnen die Amish folgende vier Schwerpunkte: Die Amish lieben ihre Beziehung zu Gott, die sie in Gottesdienst und Bibelstunden pflegen. Sie lieben das Familienleben über alle Generationen hinweg. Sie lieben ihre Gemeinschaft. Sie lieben ihre Arbeit.

Deshalb sei die Covid-Kultur nichts für die Amish, sagt Calvin Lab im Youtube-Video der ex-CBS-Reporterin Sharyl Atkinson „Amish Covid – Full Measure“. „Die Covid-Kultur ist komplett gegen alles, was uns lieb und teuer ist“. Darum habe man sich der neuen Covid-Kultur nicht untergeordnet. Man habe weiter in vollen Kirchen seine Gottesdienste gefeiert. „Wenn einer infiziert war, dann waren eben alle infiziert“. Man habe die ganze Zeit weiter gearbeitet und Gemeinschaft gepflegt. Und selbst wenn Menschen sterbenskrank im Bett lagen, sind alle Familienmitglieder, die Freunde und Nachbarn gekommen, um sich persönlich zu verabschieden.

Kurz: Die Amish haben exakt das Gegenteil von dem gemacht, was Karl Lauterbach gepredigt hat. Mit allen Konsequenzen: Innerhalb von kürzester Zeit waren wohl 90% der Amish mit dem Covid-Virus infiziert. Eine ganze Reihe von Amish mussten zu Grabe getragen werden. Die amerikanischen Lauterbachs zeigten mit mahnendem Zeigefinger auf diese religiösen „Covidioten“.

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Doch dann wurde es rapide besser. Calvin Lab erzählt mit einem Lächeln und einer gewissen Genugtuung, die Amish seien mit den Todeszahlen auf mittlere Sicht besser durchgekommen als der Rest Amerikas. Amerikanische Zeitungen titelten, dass die Amish die erste Gemeinschaft der Welt sei mit fast vollständiger Herdenimmunität.
„Zudem haben wir im letzten Jahr mehr Geld gemacht als wir jemals zuvor gemacht haben. Als alle anderen aufgehört haben zu gehen, da haben wir angefangen zu laufen,“ freut sich Calvin Lab.

Das Beispiel der Amish zeigt: Covid ist ein Marathonlauf. Und erst am Ende wird abgerechnet.

Lasssen sich die Amish impfen? „Vielleicht haben sich einige von uns impfen lassen. Doch insgesamt ist das bei uns kein Thema. Wir haben Covid als eine Krankheit erlebt, die unsere Gemeinschaft nicht ernsthaft gefährdet hat. Außerdem haben wir eine natürliche Immunität. Sollen sich doch alle anderen impfen lassen, soviel sie wollen.“
Lassen sich die Amish testen? „Wir brauchen keine Testungen. Ein Amish spürt auch ohne Test, ob er eine schwere grippeähnliche Krankheit hat oder nicht.“
Tragen Sie Masken? „Masken haben sich bei uns nicht durchgesetzt.“
Die Antworten der Amish scheinen wie von einem anderen Stern. Genau wie ihre Pferdekutschen in einer Welt der Digitalisierung und Beschleunigung.

Doch das Erstaunliche: Ausgerechnet die Menschen, die den Gesundheitsschutz nicht absolutistisch über alles andere stellen, kommen auf lange Sicht als Gemeinschaft nicht schlecht mit ihrer Gesundheit davon.
Vielleicht hat das Jesus Christus gemeint mit seinem Denkspruch: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen“ (Matthäus 6,33).

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Kommentare ( 49 )

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Silmo
2 Jahre her

In Deutschland wäre der amishe Lebensstil schon allein deshalb nicht möglich, weil Heimunterricht verboten ist 🙁

MarkusF
2 Jahre her

Mir scheint es so als ginge es beim ‚Kampf gegen Covid‘ auch um den Fortschrittsglauben der darin besteht das man durch Fortschritt auch auch Körper und Gesundheit völlig im Griff hat.
Die Amish glauben das nicht, ergo ist auch Covid kein Problem.

Helmut in Aporie
2 Jahre her

Das unterscheidet die USA von Australien. Dort werden die Aborigines genannten Ureinwohnern auch noch im letzten Buschlager aufgespürt, zwangsgeimpft und trotzdem in Lager verfrachtet.
Der Willkür der Herrschenden, ich meine nicht die jeweiligen Regierungen, sind keine Grenzen gesetzt. Wer nicht spurt ist weg. Das gilt auch für Regierungschefs. John Magufuli hat das nicht überlebt, Sebastian Kurz, der bei der Migration aufmuckte, kann froh sein, wenn er nicht noch im Gefängnis landet. Es gibt zahllose Beispiele.
Wer solcherart die Marionetten tanzen lässt, kann man sich zusammenreimen. Die einzige Hoffnung ist, dass auch denen mal das Geld ausgeht

Wolfsohn
2 Jahre her
Antworten an  Helmut in Aporie

Keine Sorge, irgendwann geht denen vielleicht nicht das Geld, aber das Licht aus – ob sie sich dann für ihre Machenschaften verantworten müssen? – Das werden sie dann selbst sehen…
Ihr vieles Geld werden sie mit Sicherheit nicht mitnehmen können….

AnSi
2 Jahre her

The Amishes sind hier in USA (Ohio, ja auch da gibt es eine Menge von ihnen…) vor allem dafür bekannt, dass sie ganz wunderbar mit Holz als Werkstoff umgehen können. Sie bauen Möbel für alles und Jeden. Außerdem Garagen, Carports, Gartenhütten. Ihre Terrassenstühle werden hier gehypt. Unter $200 geht kein Stuhl aus dem Laden. Wir bekamen nach unserem Einzug hier massenhaft Empfehlungen für Amish-Läden. Sehr praktisch, weil die auch liefern konnten und keine Engpässe hatten, wie die übrige Möbelindustrie in USA. Mir scheint, man respektiert sie. Und man nimmt sie so, wie sie sind. Ja, sie sehen anders aus, sie… Mehr

Rasio Brelugi
2 Jahre her

Zitat: „Man habe weiter in vollen Kirchen seine Gottesdienste gefeiert.“ Die Amish haben gar keine Kirchen, die zelebrieren ihren Gottesdienst reihum in den Häusern der Gemeindemitglieder (auf recht engem Raum). Wie auch immer: Der Artikel wäre eine schöne Gelegenheit, einen sehenswerten Spielfilm im Amish-Milieu mal wieder anzuschauen: „Der einzige Zeuge“ („Witness“) vom Regisseur Peter Weir (1985). Auch wenn der Film einige (filmische) Schwächen hat, so ist doch die Scheunenbau-Szene allein fotografisch herausragend – wie auch einige andere. Sowohl die Ermordungs-Szene am Anfang, sowie den Showdown gegen Ende des Films erspare ich mir beim wiederholten Ansehen, ohne dass der Film dadurch… Mehr

achijah
2 Jahre her
Antworten an  Rasio Brelugi

Danke für die guten Hinweise! Kirche ist, wo „zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“; urgemeindliche Hauskirchen.

Warren Buffett jun.
2 Jahre her

Werter Achijah Zorn (werte Redaktion),
gibt es da auch irgendwelche Zahlen über die Corona-Epidemie bei den Amish People? Oder lehnen die das Rechnen ab aus religiösen Gründen?
Solche schwammigen Wendungen wie z.B.:

  • “ Eine ganze Reihe von Amish mussten zu Grabe getragen werden. “ 
  • “ Doch dann wurde es rapide besser. “ 
  • “ (…) kommen auf lange Sicht als Gemeinschaft nicht schlecht mit ihrer Gesundheit davon. „
  • usw. usw.

erlauben keinerlei vergleichende Betrachtungen. Die Gesamtaussage des Artikels ist daher in Frage zu stellen.

Sofia Taxidis
2 Jahre her
Antworten an  Warren Buffett jun.

Beleglinks sind im Beitrag hinterlegt.

Andreas aus E.
2 Jahre her

Ich halte die Amish ja für reichlich durchgeknallt, aber bitte: Wer so leben möchte, mag das tun.
Gesund sind die allemal. Wünschenswert wäre so ein Mittelding zwischen denen und fortschrittlichem Nationalanarchismus.

Manfred007
2 Jahre her

interessan Gemeinschaft, Ich glaube die Menschen sind ohne Internet und den ganzen modernen Kram nicht unglücklich. Sowas wieder in Deutschland zuzulassen wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Wer hier nicht im Gleichschritt mit marschiert wird ganz schnell der Meute zum Fraß vorgeworfen. Da halten die Reihen noch zusammen wie in einer Wagenburg.

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Manfred007

Die Amischen sind mit ihrem Verzicht auf Elektrizität (so das heute noch so ist) bei einem „Blackout“ so gut wie gar nicht betroffen. Da ist viel know-how über alternative Antriebe, das die Welt der „Klimafreaks“ bereichern würde – so sie sich damit befassen und es denn lernen wollten.

Edmund
2 Jahre her

Die Amish versuchen nicht, das Unabwendbare abzuwenden. Klingt irgendwie vernünftig. Den Ansatz hatten wir hier am Anfang auch mit „flatten the curve“. Damals gab es kurz die Abschiedsfloskel „Ich wünsche dir einen angenehmen Verlauf!“, weil sich eh jeder infizieren wird. Das wurde jedoch ersetzt durch „Bleiben Sie gesund!“ mit dem Anspruch, durch Kontaktbeschränkungen Infektionen gänzlich zu verhindern, verbunden mit der Hoffnung auf die Impfung. Jetzt sehen wir, dass die Impfung kaum wirkt und dass auch Geimpfte mit dem Virus in Kontakt kommen und sich mehrmals anstecken werden. Letzteres hat Drosten behauptet. Wir sind im endlosen Impf-Mantra gefangen und die faschistoiden… Mehr

merlin999
2 Jahre her

Die Amisch leben heute noch so wie wir vor 2 Jahren gelebt haben. Doch dann kamen die Medien und die Politik mit dem Virus. Nicht das Virus verbreitete Angst und Panik, sondern die, welche es erhöht haben und zu dem machten was es sein sollte. Der Weg zur Transformation der Gesellschaft wie in die Politik und die Medien haben wollen. De Amisch haben das Virus überwunden, wie jede andere schwere Grippewelle. Doch wir lassen und von den MSM und Scharfmachern der Politik die Freiheit, den Verstand und den Glauben an Gott berauben. Der Mensch wird dadurch zu einer seelenlosen Kreatur… Mehr