Die teure Zukunft der Windenergie

Die Windkraft fordert ihren Tribut. Den windschwachen Süden will man mit Windkraftanlagen beglücken - und zahlt drauf. Aber Stromverteuerung ist nur ein Effekt. Der Naturschutzexperte Michael Shellenberger setzt Offshore-Windparks und das Walsterben in einen Zusammenhang.

IMAGO / ANP

Es wurde als Durchbruch der Wettbewerbsfähigkeit der off-shore Windindustrie gefeiert: BP und Total hatten sich im Juli diesen Jahres bei der letzten Ausschreibung der Bundesnetzagentur Flächen in Nord- und Ostsee gesichert, um 7000 MW Windkraftanlagen auf hoher See bauen zu können. Die beiden Konzerne verzichteten sogar auf eine feste Einspeisevergütung und waren einverstanden, 12,6 Milliarden € Pachtgebühr zu bezahlen.

Bei Lichte betrachtet sieht die Lage aus Sicht der Stromkunden weniger rosig aus. Die Zahlungen von 12,6 Milliarden € werden natürlich an die deutschen Stromkunden weitergereicht. Das macht alleine eine Strompreiserhöhung um 2,5 €ct/kwh aus. Zudem wissen wir aus Kalkulationen der Branche, dass off-shore Strom nicht unter 10 €ct/kwh zu erzeugen ist. Denn die Kapital- und Materialkosten haben sich in den letzten vier Jahren um mehr als 50 Prozent erhöht.

Das bedeutet, BP und Total bauen die Windkraftanlagen, wenn der Börsenstrompreis bei etwa 12,5 €ct/kwh liegen wird. Hören wir nicht fast täglich, dass die Strompreise, die vor der Energiekrise bei 4-5 €ct/kwh lagen, mit dem Ausbau der Windenergie gegenüber dem heutigen verdoppelten bis verdreifachten Niveau wieder sinken sollen? Wird nicht ständig davon gesponnen, dass die Industriestrompreise auf 5-6 Ect/kwh herunter subventioniert werden sollen, um durch diesen Brückenstrompreis für wenige Jahre die Deindustrialisierung zu stoppen?

Die Perspektive ist in Wirklichkeit: diese Brücke führt ins Nirgendwo, denn Windenergie wird nicht billiger, sondern teurer. Und auf Dauer 12,5 €ct/kwh teuren Offshore-Windstrom herunterzusubventionieren, kann sich keine Gesellschaft leisten.

Für BP und Total ist es eine sichere Wette auf eine teurere Stromzukunft. Und wenn in Deutschland die Strompreise nicht steigen sollten, ist der Verlust für beide verschmerzbar. Denn BP und Total haben schliesslich nur 10 % des Pachtpreises einzahlen müssen.

Auch die Windenergie an Land wird teurer. Auch hier schlagen Kapital- und Materialkosten preissteigernd zu Buche. Daher musste Wirtschaftsminister Robert Habeck im letzten Dezember die Einspeisevergütung für Windenergie um 25 Prozent anheben lassen. Nunmehr sind 7,35 €ct/kwh 20 Jahre lang zu vergüten.

Das gilt allerdings nur für einen normalen Windstandort in Norddeutschland mit etwa 6,5 m/sec durchschnittlichem Wind. In Süddeutschland – namentlich in Bayern -, wo es wenig Wind gibt, werden bei der Hälfte der Windgeschwindigkeit etwa 11 €ct/kwh gezahlt. Dies ist eine volkswirtschaftliche Verschleuderung von Geld nach dem Motto: wo weniger Wind ist, wird mehr gezahlt. Das ist grüne Effizienz und grüne Mathematik. Das kann man nur ideologisch verstehen: weil man auch den windschwachen und ungeeigneten Süden mit Windkraftwerken beglücken will, zahlt man dort bis zu 50 Prozent mehr für die Kilowattstunde aus Wind.

Somit ist jedes Windkraftwerk im Süden ein weiterer Sargnagel für die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie, denn mit 11 €ct/ kwh ist in Deutschland weder die Grundstoffindustrie, die Düngemittelindustrie oder die chemische Industrie wettbewerbsfähig. Ganz Verwegene träumen dann auch noch, auch diesem teuren süddeutschen Windstrom dann auch noch teuersten Wasserstoff zu machen. Denn die Windkraftanlagen in Süddeutschland stehen mehr als sie drehen. Sie haben dort lediglich 1600 Vollastsstunden von 8760 Stunden des Jahres. Und wenn sie sich nicht drehen, füllt man die Lücke mit Strom aus teuerstem Wasserstoff, wenn es nach Olaf Scholz und seinem Traumkabinett geht.

Um diesen Verteurungseffekt durch Windkraft im Süden ein wenig zu kompensieren, baut man die Anlagen höher, bis zu 250 m hoch. Der ökologische Eingriff mit tödlichem Folgen für Greifvögel, Fledermäuse und wandernde Insekten wird entsprechend gewaltig.

Am Ende kommt man auch für den Windstrom an Land zu Kosten von 14 €ct/kwh, wenn man die notwendigen Kosten für den Netzausbau, die Kompensationskosten (Redispatch) und die Wasserstoffkraftwerke hinzuaddiert. Damit kommt die Deindustrialisierung an ihr Ziel : Industrie ist bei einem solchen Stromerzeugungspreis nicht mehr wettbewerbsfähig.

Damit wir uns nicht missverstehen: Windenergie an starken Windstandorten leistet einen begrenzten Beitrag in einem zukünftigen Energiesystem. Aber kein Industrieland wird es auf absehbare Zeit schaffen, 100% einer wettbewerbsfähigen Energieversorgung durch Solar und Wind zu gewährleisten. Der Beitrag von Solar und Wind zur Primärenergie in Deutschland betrug 5,1% im Jahr 2021.

Auch in den USA und Großbritannien hat die Windenergie zu kämpfen

Zahlreiche geplante off-shore Windprojekte werden zur Zeit in den USA und Grossbritannien nicht weiter verfolgt. Die Projekte vor der Küste des Staates New York wollen eine höhere Einspeisevergütung, um die gestiegenen Kosten für Komponenten und Kapital auszugleichen. Oersted und Eversource wollen eine 27 % ige Mehrvergütung (880 MW Sunrise Wind Projekt), Equinor und BP wollen einen Aufschlag von 35 bis 66 % für ihr 2100 MW Projekt Empire Wind. Gefordert werden 14 $ct/kwh im ersten Fall, im zweiten Fall reichen die Forderungen von 16 $ct bis 18 $ct/kwh. In Großbritannien sind bei der letzten Ausschreibung überhaupt keine Gebote mehr gemacht worden. In den USA und Großbritannien werden off-shore Windparks aus wirtschaftlichen Gründen infrage gestellt.

In den USA gibt es nunmehr zudem eine intensive Diskussion über das Walsterben vor der Küste New Yorks. Seit 2017 sind 95 tote Wale an der Küste aufgefunden worden. Während die US-Behörden bislang einen Zusammenhang mit dem Ausbau der off-shore Windturbinen vor dieser Küste verneinen, kommt der Naturschutzexperte Michael Shellenberger zu einem bedrückenden Verdacht. Die hohen Unterwasserschall-Vibrationen, die von den Turbinen kilometerweit ausgesendet werden, sowie die Zunahme des Service-Schiffsverkehrs zu den Turbinen stehen im Verdacht, die Walpopulation vor der Küste zu vernichten.

Ich würde mir sehr, sehr wünschen, dass Michael Shellenberger diesmal nicht Recht hat.

Hinweis der Redaktion: Unseren Autor Fritz Vahrenholt können Sie auch persönlich auf folgender Veranstaltung am 26.10. in Frankfurt treffen:



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Kommentare ( 52 )

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Melusine
6 Monate her

Oh, was für unwillkommene Nachrichten. Nun hat man mir doch fest zugesichert, dass „Wind und Sonne keine Rechnung schicken“. Und nun das! – Sarkasmus off.
Nicht aber die unfassbare Wut auf eine Clique von Wahnsinnigen an der Macht und auf alle, die sie immer und immer wieder mit dem Wahlzettel dorthin befördert haben.

HansKarl70
6 Monate her

Ich glaube die seltsamen oder gekauften (wer weiß das schon) Politiker trifft keine Alleinschuld. Es sind wohl größtenteils die eigenen Mittbürger die diesen Wahnsinn unterstützen.

FrankV
6 Monate her

Das kennen wir doch ! Prof. Christian -Friedrich Vahl / Gefäßchirurg Unimedizin Mainz bei SWR aktuell : „… das die Applikation von Schallwellen also Vibrationen mit niedriger Frequenz zu einer Hemmung der Kraftentwicklung von Herzmuskelpräparaten führt“ (Quelle : https://www.youtube.com/watch?v=DxLq-SCIs8s&list=PLsfFW7jmFBNf0GpZaSNN8ZYvVrZG5WoOR&index=33&ab_channel=EIKE-Europ%C3%A4ischesInstitutf%C3%BCrKlimaundEnergie).
Früher wurden Autobahnen nicht gebaut, weil zu befürchten stand, das eine seltene Population von Lurchen in ihrem Bestand gefährdet würde und heute wischt man Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen vom Tisch und ignoriert sie, weil sie das Narrativ gefährden !

Transformation
6 Monate her

Solar tot (EU/USA), E-Auto tot, offshore tot, Windräder bald tot (keine Arbeiter, Zement irre teuer geworden, Material fehlt, Arbeiter fehlen, riesige Probleme beim Transport usw.) und nun auch noch die Wärmpumpe bald tot. Ausschnitt aus den Medien heute: EU beschließt neues Verbot ab 2027 – mit drastischen Folgen für Wärmepumpen-Branche❗️ In Brüssel wurde soeben eine Grundsatz-Entscheidung gefällt: Bestimmte Kältemittel sollen ab 2027 in Wärmepumpen verboten werden. Was bedeutet die Regelung jetzt? Die Europäische Union hat sich nach längerem Ringen auf ein Verbot von sogenannten F-Gasen in Wärmepumpen und Klimaanlagen geeinigt. Das berichteten mehrere Interessensverbände übereinstimmend, unter anderem die European Heat… Mehr

Last edited 6 Monate her by Transformation
Transformation
6 Monate her

Ich schrieb es schon an anderer Stelle ausführlicher, daher mache ich es hier kürzer. Die gesamte grüne Ideologie hinsichtlich alternative Energien ist am Ende. Offshore bereits tot, E-Autos tot, Solar in EU/USA tot, Windräder tot wird kommen (Material, Arbeiter, Transportprobleme usw.), und nun auch die Wärmepumpe. Ausschnitt aus den Medien heute: EU beschließt neues Verbot ab 2027 – mit drastischen Folgen für Wärmepumpen-Branche❗️ In Brüssel wurde soeben eine Grundsatz-Entscheidung gefällt: Bestimmte Kältemittel sollen ab 2027 in Wärmepumpen verboten werden. Was bedeutet die Regelung jetzt? Die Europäische Union hat sich nach längerem Ringen auf ein Verbot von sogenannten F-Gasen in Wärmepumpen… Mehr

Last edited 6 Monate her by Transformation
JohnDoe1988
6 Monate her

Das habe ich mal getippt und copy pasted: Windrad: SF6 Schwefelhexafluorid Gas tritt aus (20000-30000 mal schädlicher als CO²). Man kann die Rotorblätter nicht recyceln, man kann sie nur verbrennen, wegen dem verwendeten Carbon und Glasfaser. Ein einziges Rotorblatt wiegt etwa 25 Tonnen! Ein Windrad hat 3 Rotorblätter also werden 75 Tonnen (!) von Material einfach verbrannt! Wir haben 30000 Windräder also sind das 90000 Rotorblätter die zusammen 90000×25=2250000 Tonnen SONDERMÜLL ergeben! Die müssen etwa alle 20 Jahre ersetzt werden! Sie stehlen Wind. Sie trocknen den Boden und die Luft aus. Für die Produktion braucht man Neodym, wo bei der… Mehr

Last edited 6 Monate her by JohnDoe1988
MichaelR
6 Monate her

Erst einmal ein wichtiger Punkt zuerst: Die zu mehr als 30 % ausgelasteten Windräder der Norddeutschen Küstenländer erzeugen den Strom nicht für sich selbst, sondern für die Industriestandorte in NRW, BW und BY. Im Norden stellt man den Menschen die Windräder vor die Nase und profitieren nicht einmal davon. Die vielen Windräder gibt es auf dem Land ohnehin nur, weil Städte und Gemeinden viel Geld dafür bekommen, wenn sie Standorte genehmigen. Sehr praktisch ist dabei, dass die meisten Stadt- und Gemeindekassen ohnehin klamm sind. Damit, dass das fragwürdige Geschäft mit den Windrädern doch bestens funktionieren wird – und zwar im… Mehr

bfwied
6 Monate her
Antworten an  MichaelR

Vieles richtig, aber die wirtschaftlichen Zusammenhänge sind schlicht im Wesentlichen falsch. Der Energiepreis, in allen Formen, ist viel zu hoch, wodurch die Produkte konkurrenzlos teuer sind und viele zu produzieren unmöglich geworden sind – und natürlich auch zu teuer, um sie zu konsumieren. Die Schere zw. Einkommen und Kosten geht immer weiter auseinander.

MichaelR
6 Monate her
Antworten an  bfwied

Vieles richtig, aber die wirtschaftlichen Zusammenhänge sind schlicht im Wesentlichen falsch. Das ist mit großer Sicherheit nicht so. Sie müssen sich nur mal damit beschäftigen, wie es gerade in den Industrieländern aussieht; dort geht nämlich die Wirtschaft gerade den Bach hinunter. China ist das beste Beispiel. Es brodelt in der chinesischen Wirtschaft Nun ist es offiziell. Die chinesischen Exporte sind, laut der Zollverwaltung in Peking, im Vergleich zum vergangenen Jahr um 7.5 Prozent gesunken. https://www.the-germanz.de/es-brodelt-in-der-chinesischen-wirtschaft/ Im Februar hat China einen Exportrückgang von sagenhaften 17,5 % zu verzeichnen gehabt. Glauben sie vielleicht, dass die Wirtschaft anderer Industrieländer keinerlei Auswirkungen auf andere… Mehr

Klaus D
6 Monate her

Der strompreis ist aber auch so hoch weil sich die energieversorger dumm und dämmlich verdienen dank der lobby-politik der bundesregierung könne sie die preise erhöhen wie sie wollen.

26.07.2023

RWE korrigiert Gewinnprognose um mehr als eine Milliarde nach oben

Der Energiekonzern RWE korrigiert seine Gewinnprognose nach einem starken zweiten Quartal nach oben – und wird dafür an der Börse belohnt. Grund für die rosige Perspektive: unter anderem die hohen Strompreise.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/rwe-erhoeht-jahresziele-um-mehr-als-eine-milliarde-aktie-macht-einen-satz-a-c9738a69-2130-4350-a10c-24376d2e0b6d

bfwied
6 Monate her
Antworten an  Klaus D

Ist denn etwas anderes zu erwarten, wenn der Staat, toleriert von der Gesellschaft, immer tieferin die Taschen der Bürger greift? Warum sollten diese Firmen sich in diesem zerfallenden Staat zurückhalten?

HansKarl70
6 Monate her
Antworten an  bfwied

Nun sie könnten eine Menge tun um den Bürger zu schonen aber das Interesse an einem solchen Verhalten dürfte bei den Vorstandsmitgliedern und auch bei den Mitarbeitern einiger Stufen darunter, dank überdimensionaler Vergütung, nicht sehr ausgeprägt sein. Wo genug Geld vorhanden ist, kennt man man wohl keine Grenzen mehr. Nur bedauerlich, dass man wirklich n i c h t s mitnehmen kann.

Aletheia
6 Monate her

Strom aus Wind und Sonne müßt ihr koofen,
denn er ist was für die Doofen!