Sind die Blauen auch eine Alternative für die Gelben?

Liberal ist nicht irgendetwas in der Mitte zwischen links und rechts, sondern etwas ganz eigenes, drittes. Die Liberalen stehen dem Staat prinzipiell skeptisch gegenüber, die AfD dagegen bekämpft den Staat nur, solange er in anderen Händen ist.

Immer wenn ich schreibe, dass die AfD keine Alternative zur FDP ist, reagieren manche Leser gereizt. Offenbar glauben sie, die AfD vertrete liberale Positionen besser als die FDP. Auch wenn der Liberalismus in der FDP mittlerweile ein kümmerliches Dasein fristet, bedeutet das noch nicht, dass die AfD eine liberale Partei ist.

I.

Die Tatsache, dass sich die FDP selbst ohne Not in ein Bündnis mit der grün-linken Klimasekte begeben hat, macht aus AfD-Politikern noch keine Liberalen. Wenn die Regierungsmehrheit das liberale Fundament dieses Staates zerstört, werden aus Oppositionsparteien nicht automatisch Freiheitsverteidiger. Das gilt für CDU, CSU, Linke und AfD.

II.

Das schließt nicht aus, dass die AfD die eine oder andere liberale Position bezieht. In weiten Bereichen, etwa in der Kultur- und der Einwanderungspolitik zeigt sie sich jedoch völkisch und deutschnational – das Gegenteil von liberal. Die AfD ist eben nicht mehr die euroskeptische Partei der Anfänge, deren Protagonisten sich längst verabschiedet haben. Auch, dass die Linke die AfD als „neoliberal“ beschimpft, macht sie nicht zu Liberalen.

III.

Für Liberale ist nicht die Nation das Höchste, sondern die Freiheit des Individuums. Liberale wollen nicht, dass der Staat sich überall einmischt, auch nicht, wenn der glaubt, am besten zu wissen, was dem Volk gut tut. Das Volk ist nichts, was einen Liberalen begeistern könnte. Sie sind bestenfalls Verfassungspatrioten. Die „Nationalliberalen“ in Deutschland waren nur wirtschaftsliberal. Das Nationale mit dem Sozialen zu verknüpfen ist ebenfalls alles andere als liberal. Liberal ist nicht irgendetwas in der Mitte zwischen links und rechts, sondern etwas ganz eigenes, drittes. Die Liberalen stehen dem Staat prinzipiell skeptisch gegenüber, die AfD dagegen bekämpft den Staat nur, solange er in anderen Händen ist.

IV.

Die AfD verdankt ihre Existenz ja nicht der Tatsache, dass die FDP als liberale Partei versagt, sondern dass Merkels CDU ihren konservativen Flügel rechts liegen ließ. Wenn es, wie auch von den Unionsparteien behauptet, keine schlimmere Partei als die AfD gibt, hätten CDU und CSU das Schlimmste selbst verhindern können und müssen. Die Ausgrenzung der AfD aus dem demokratischen Spiel, ihre Dämonisierung und Kriminalisierung ist so ziemlich das Dümmste, was den anderen Parteien einfallen konnte. Die Gegner der AfD können zwar die Partei verteufeln, aber nicht deren Wähler. Bis heute machen die Unionsparteien rechtskonservativen Wählern kein programmatisches Angebot. Statt dessen paktiert die Union lieber mit den Grünen. Die AfD wird folgerichtig zunehmend als einzige richtige Oppositionspartei wahrgenommen und auch von Leuten gewählt, die ihr weltanschaulich gar nicht nahe stehen, geschweige denn „faschistisch“ ticken.

V.

Ja, die AfD wird diskriminiert – aber sie hat sich selbst in die rechte Ecke gestellt. Ihre Ausstrahlung auf Rechtsradikale kommt nicht von ungefähr – und macht sie für Liberale zu einem intellektuellen wie zu einem ästhetischen Problem. Die AfD erzeugt natürliche Abstoßreflexe. Manch liberaler Bürger ekelt sich vor ihr. Außerdem ist die AfD sehr zügig zu einer stinknormalen Partei geworden, in denen Berufspolitiker um Posten und Diäten konkurrieren. Mit ihren Intrigen muss sich die AfD nicht verstecken, da ist sie absolut konkurrenzfähig.

VI.

Solange die AfD als Koalitionspartner ausgeschlossen wird, kommt in Deutschland immer mindestens eine linke Partei mit an die Regierung. Das ist das Problem – eine Art babylonische Gefangenschaft der liberal-konservativen Mehrheit. Die Befreiung aus dieser Lage ist Aufgabe der Unionsparteien und der FDP. Aber nicht nur. Auch die AfD muss sich bewegen, und das heißt, den eigenen rechtsradikalen Sumpf trockenlegen. Andere rechtskonservative Parteien in Frankreich und Italien gingen erfolgreich diesen Weg, und die Türen zur Macht stehen ihnen deshalb offen. Ein vergleichbarer Prozess ist in und an der AfD bisher stets gescheitert. Sie bleibt im Abseits höcken.

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Kommentare ( 153 )

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153 Comments
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Axel Fachtan
11 Monate her

Eine notwendige liberale Position ist es aus meiner Sicht, Machtmissbrauch zu verhindern und zu bekämpfen. Die FDP wirkt beim Machtmissbrauch mit. Schon alleine deshalb ist sie keine Alternative. Die AfD ist 2021 zumindest in Brandenburg mit der Parole angetreten, jetzt sei es aber an der Zeit, endlich mal die Liberalen „auszuschwitzen“. Da ist also auch kaum Platz für Liberale. Entweder also der Kampf von Rechts oder der Kampf gegen Rechts. Dass beides populistischer Müll sein könnte, fällt keinem so recht auf. Und wer den Kampf gegen Rechts genauso für spalterischen Unsinn hält, wie das, was teils der Flügel veranstaltet, der… Mehr

Sonny
11 Monate her

Ihre Meinung Herr Herles, vertrete ich nicht. Auch wenn wir sonst meistens einer Meinung sind. Die Rechtsradikalität der AfD, die Sie ansprechen, vermag ich nicht zu erkennen. Würde so etwas nicht auch beinhalten, jegliche linke politische Ansichten total abzulehnen („radikal“)? Das ist aber bei weitem nicht so. Die AfD-Politiker sind meinem Empfinden nach mehrheitlich diejenigen, die noch das Grundgesetz und die persönliche Freiheit des Einzelnen verteidigen (einzelne Idioten gibt es überall). Sie (AfD) sprechen offen den Filz und die Mafia und den Dilettantismus in Deutschlands Altparteien an. Erkennbar wollen Sie die deutsche Bevölkerung vor Mißbrauch, Gewalt und Enteignung schützen. Was… Mehr

Last edited 11 Monate her by Sonny
ElCazador
11 Monate her

Lieber Wolfgang Herles, vieles von dem, was sie schreiben ist richtig, doch selbst das Richtige wird durch einen groben Gesamtfehler falsch: Sie schreiben „die AfD“ und „die AfD-Politiker“. Aber es gibt sie nicht, „die AfD“, die eine. Denn die AfD ist mindestens zwei Parteien, eher drei. In der AfD gibt es einen überzeugten liberalen bis libertären Block, dem der Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte und der Schutz des Individuums vor einem übergriffigen Staat an erster Stelle steht. Dies steht in keinem Widerspruch zu einer positiven Grundhaltung gegenüber dem Nationalstaat obgleich sie seltener wird, je näher man dem libertären Pol kommt. Es… Mehr

Mathias Rudek
11 Monate her
Antworten an  ElCazador

Eine ausgezeichnete Darstellung der Innenverhältnisse dieser im Kern bürgerlichen Partei. Ich schließe mich dieser Beschreibung voll und ganz an.

Ali Mente
11 Monate her

Ehrlich gesagt, kann ich nicht richtig nachvollziehen, wie und wo die AFD den Staat bekämpft. Die machen gute Oppositionsarbeit, sind die einzige Partei die der Regierung wirklich kritisch auf die Finger schaut. CDU und Linke treten so ja kaum in Erscheinung, vielleicht mal ein Scheinangriff, der dann aber sofort abgebrochen wird, man hat ja größte Angst davor, dass die Splitterpartei Grüne verärgert werden könnte. Die AFD stellt immer wieder gut platzierte Anfragen um die Lügen und Vertuschungen der Regierung zu entlarven. Ansonsten machen sie Politik für das einheimische Volk, gut, wenn man das als völkisch bezeichnet und es für unredlich… Mehr

mkraetzschmar
11 Monate her

Vor einer Wahl befrage ich gelegentlich den Wahl-O-Maten und musste in den letzten Jahren stets feststellen, dass ich mit der AfD die meiste Übereinstimmung habe. Beim ersten Mal 2013 habe ich mich noch gewundert und mal ins Wahlprogramm der AfD geschaut und fand ein Wahlprogramm wie bei der CDU in der Vor-Merkel-Ära. Leider wird in unseren ÖR-Medien kein faires Bild von der AfD gezeichnet. Wen wundert’s, wenn fast alle Redakteure in den GEZ-Medien aber auch in den „führenden“ Zeitungen Grün-Rot-Sympathisanten sind.

Wolfgang Schuckmann
11 Monate her

Verduzt reibe ich mir die Augen Herr Herles und Frage mich ob Sie den vorliegenden Artikel wirklich so geschrieben haben. Denn wenn, muß ich einige meiner Sie betreffenden Überzeugungen über Bord werfen. Ein bisschen nachdenklicher geworden lassen Sie mich zurück in einem Moment, wo eine große Konzentration für die Rettung dieses Landes notwendig ist. Es geht weder um die Befindlichkeit von Parteien und anderen sogenannten Prioritäten. Es geht auch nicht mehr darum, wer letztendlich “ Recht“ behält in seiner politischen Analyse, es geht um Deutschland und sein Überleben in einem Konkurrenzkampf, der noch nie schlimmer war unter den Völkern, als… Mehr

Michael Palusch
11 Monate her
Antworten an  Wolfgang Schuckmann

Nach der Lektüre des geschätzten Autors Textes, bin ich mir nicht mehr ganz so sicher, ob die FDP nicht doch an der Seite der Grünen und anderer Nationalstaatsverächter bestens aufgehoben ist.
Und natürlich sind, auch das typisch FDP, wenn’s schief läuft immer die anderen Schuld und ohne die FDP in ihrer Not wäre es noch viel schlimmer gekommen.

Kartoffelstaerke
11 Monate her

Immer wenn ich schreibe, dass die AfD keine Alternative zur FDP ist, reagieren manche Leser gereizt. Offenbar glauben sie, die AfD vertrete liberale Positionen besser als die FDP. Nein, Herr Herles, bei allem Respekt, Sie verstehen es m.E. wirklich nicht. Die AfD ist natürlich nicht die bessere „liberale Partei“ – sie ist unter allen anderen Bundestagsparteien die am wenigsten durch lange Zeit der Machtbeteiligung versaute, korrumpierte Partei! Deshalb ist sie momentan die einzige verbleibende, echte Alternative für Wähler, die wenigstens noch versuchen wollen, ihre Interessen im Bundestag vertreten zu sehen. Wir brauchen endlich wieder mehr frischen, echten bürgerlichen Wind im… Mehr

Last edited 11 Monate her by Kartoffelstaerke
verblichene Rose
11 Monate her
Antworten an  Kartoffelstaerke

Ich muss jetzt mal anmerken, dass ich gar nicht weiss, wie Herr Herles auf diesen Vergleich der beiden Parteien kommt.
Gab es dazu einen Anlass? Hat die AfD etwa selber von sich zuletzt lautstark geäussert, liberaler als die FDP zu sein?
Also mir ist davon nichts bekannt.
Das wäre dann auch eine weitere Kritik an diesem Kommentar des Herrn Herles.
Wenn er nämlich die FDP kritisieren wollte, blieb ihn das genauso unbenommen das zu tun, wie er auch die AfD kritisieren darf.
Aber dass er das tatsächlich über den Umweg „FDP“ macht, ist all zu auffällig.

Wolfgang Schuckmann
11 Monate her
Antworten an  verblichene Rose

Vielleicht wird da ja auch nur versucht zurückzurudern. Selbstverständlich geht das Leben auch dann weiter, wenn alles zu Kleinholz geworden ist. Trümmerfrauen haben wir allerdings heute keine mehr, die die Drecksarbeit erledigen. Oh je, ich bin schon wieder viel zu weit im Voraus.

chino15
11 Monate her

Widerspruch! Als libertäre Atheistin (ich bestehe auch auf Glaubensfreiheit bezüglich der Klimareligion) werde ich niemals in eine Partei eintreten. Aber die AfD ist für mich die einzige relevante Partei, die ich derzeit wählen kann. Die AfD war die erste relevante Partei, die sich gegen die staatlichen Corona-Schikanen wandte. Sie war die einzige Partei, die im Bundestag geschlossen gegen jede Art von Impfpflicht stimmte. Sie ist die einzige Partei, die mir nicht vorschreiben will, wie ich zu denken und zu leben habe, was ich essen, wie ich heizen und mich fortbewegen darf. Was die Zuwanderung betrifft, haben Sie offensichtlich das Parteiprogramm… Mehr

mkraetzschmar
11 Monate her
Antworten an  chino15

Voll meine Meinung. Ich habe noch nie die Grünen gewählt und schon seit 2013 wähle ich auch keine Partei, die nicht ausschließt, mit den Grünen zu koalieren.

Haeretiker
11 Monate her

„Die Befreiung aus dieser Lage ist Aufgabe der Unionsparteien und der FDP.“
Das ganz gewiss nicht. Denn die Unionsparteien und die FDP sind doch die Eltern der AfD. Sie haben ihre Aufgabe erfüllt.

Teiresias
11 Monate her

Ich sehe das so:
Es brennt lichterloh.
Die Altparteien sind die Brandstifter.
Die einzig mögliche Feuerwehr ist die AfD.
Es ist nämlich keine Zeit, eine neue Wunschfeuerwehr zu erfinden.
Ob es einem gefällt oder nicht, die AfD ist die einzige Chance, wenigstens Teile von Deutschland zu erhalten-
Weil die Altparteien wesentlich aus Politikern bestehen, die sich Seite an Seite mit der US-Hochfinanz an der Zerschlagung der deutschen Wirtschaft begraichern wollen.
„Ich weiss nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird, aber wenn es besser werden soll, muss es anders werden.“