Im Auftrag des Deutschen Weininstituts, einer Marketingorganisation des deutschen Weinbaus, schlägt die amtierende Weinkönigin Charlotte Weihl alkoholfreie Alternativen als Strategie vor. Geht’s noch? Von Georg Etscheit und aufgegessen.info

Das waren noch Zeiten, als sich Majestäten ungeniert und wie selbstverständlich auf Gott und höhere Mächte beriefen, und all ihre Unzulänglichkeiten und Fauxpas’ dem Volk als gottgewollt verkaufen konnten. Wer in unseren Tagen, zumindest im bundesrepublikanischen und zunehmend gottlos gewordenen Deutschland außerhalb der närrischen Tage eine Krone trägt, ist offensichtlich nicht von höheren Mächten auserkoren, sondern scheint immer öfter von allen guten Geistern verlassen zu sein. Ein Phänomen, das sich längst auch in der bürgerlichen Welt etabliert hat, die sich zuweilen gerne mit royalen Insignien schmückt, um dem allzu Profanen etwas Glanz zu verleihen.
Exemplarisch dafür steht das „Deutsche Weininstitut“. Eine durch und durch graue Institution, gesegnet mit der Dynamik und dem Ideenreichtum einer blassen Verwaltungsbehörde, wenig innovativ oder gar zukunftsträchtig, aber finanziell fürstlich ausgestattet durch Zwangsabgaben der deutschen Winzerschaft. Sich selbst bezeichnet das DWI als die „zentrale Kommunikations- und Marketingorganisation der deutschen Weinwirtschaft“, deren Kernaufgabe es sei, „die Qualität und den Absatz von Weinen aus den 13 deutschen Anbaugebieten durch wettbewerbsneutrale Marketing-Maßnahmen im In- und Ausland zu fördern“.
Um dieser Aufgabe ein bisschen Glanz zu verleihen, inthronisiert das DWI alljährlich in einer reichlich provinziell anmutenden Show die „Deutsche Weinkönigin“ und ihre Prinzessinnen. Noch sind es junge Frauen, meist mit weinbaulichem Hintergrund, die mit den vinologischen Heilsbotschaften des DWI durchs Land tingeln und in ferne Länder geschickt werden. Doch längst ist die Debatte darüber entbrannt, ob nicht auch Männern, Diversen oder einem von den abseits der Biologie angenommenen Geschlechtern die Talmi-Krone aufs Haupt gesetzt werden könnte. Warum nicht, das gebe der Hofberichterstattung zumindest etwas Esprit und vor allem Aufmerksamkeit in der ansonsten spröden Außendarstellung des DWI.
Denn Aufmerksamkeit wäre dringend nötig in Zeiten, da der Weinkonsum in Deutschland weiter sinkt, renommierte Winzer offen über Flächenreduzierung nachdenken, einige Keller noch gut mit früheren Jahrgängen gefüllt sind, und die Nachfolge der jüngeren Generation in Familienbetrieben, auch angesichts zunehmender Bürokratie, nicht mehr so sicher ist wie einst. Da kommt auf die Weinbranche, die lieber im Wald pfeift und Probleme bei einem Glas Wein klein und schön redet, etwas zu, was dem einen oder anderen Kopf und Kragen kosten kann.
Wo die Probleme unaufhaltsam wachsen, und das DWI keine erfolgversprechenden Strategien auf den Tisch legen kann, können auch die märchenhaften Verlautbarungen der aktuellen Weinkönigin Charlotte Weihl der angeschlagenen Winzerschaft wenig Trost spenden. Die 25-jährige Majestät möchte ihr Amt „modern interpretieren und zeitgemäß umsetzen“. Eine Plattitüde im Politstil, die so inhaltslos klingt wie ein leeres Weinfass. Dazu möchte die Wein-Repräsentantin von DWIs Gnaden dem sinkenden Weinkonsum „mit neuen Ideen begegnen“, und sieht in der Absatzkrise auch „Chancen für neue Lösungen und Produkte“. Als Beispiel nennt die 25-Jährige „kreative Vermarktungsstrategien“ und die Erschließung neuer Märkte mit alkoholfreien Weinen.
Ob sogenannte kreative Vermarktungsstrategien, was immer Frau Weihl darunter verstehen mag, mit dem behäbigen DWI zu machen sind, sei mal dahingestellt. Viel spannender ist der Blick auf die alkoholfreien Wein-Varianten, die dem Kulturgut Wein am Ende die Seele nehmen und ihn zu einem austauschbaren Softgetränk machen könnten. Vorbei die individuellen Charaktereigenschaften des vom Terroir geprägten Rebensaftes, aufgegeben die Trias von Landschaft, Klima und Winzerhandwerk, dem man jahrelang gehuldigt hat.
Sicher sind alkoholfreie Weine ein Thema, das einhergeht mit dem EU-Populismus, der sich den Alkohol als nächsten Feind ausgesucht hat, den man mit allen bürokratischen Mitteln bekämpfen muss. Da werden den Brüsseler Strategen sicher noch einige Vorschriften einfallen, um den deutschen Winzern das Leben noch schwerer zu machen. Das alles geschieht nur zum Wohle der Bürger und der Demokratie! Wer daran auch nur leise zweifelt, bekommt die ganze Härte des politischen Vokabulars zu spüren, das heute schnell zur Hand ist und Menschen in Ecken drängt, die sie vorher gar nicht kannten.
Vielleicht kann man mit alkoholfreien Weinen ja die Demokratie retten, denn Kinder und Betrunkene sagen bekanntlich die Wahrheit, wie der Volksmund weiß. Und die Wahrheit ist natürlich die dunkle Seite der Märchenwelt, die man dann ausblendet, wenn man keine Lösungen präsentieren kann, Wahrheiten gepachtet hat, und um jeden Preis den eigenen Status quo halten möchte. Jahrhunderte lang konnten die Menschen auch mit dem Gedanken leben, dass die Erde eine Scheibe sei.
Noch in den 1990er Jahren wurde moderater Weingenuss als gesund gefeiert, dazu gab es jede Menge medizinischer Studien, internationale Fachpublikationen, und sogar ein von Ärzten initiiertes Forum „Wein und Gesundheit“. Schnee von gestern, jetzt geht es schnurstracks in die andere Richtung. Nur haben die meisten Winzer mit dem komplizierten und aufwendigen Verfahren, alkoholfreien Wein herzustellen, so gut wie keine Erfahrung. Insoweit wird die Erschließung neuer Märkte, die erst einmal definiert und lokalisiert werden müssten, noch viele Jahre dauern. Vielleicht wird es dann auch eine „Alkoholfreie Weinkönigin“ geben. Oder sollte man besser dem Wein, dem man mit dem Entzug des Alkohols das Hemd ausgezogen hat, einen anderen Namen geben?
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Ohnehin sind die wenigsten deutschen Weine genießbar. Wozu der ganze Aufriss? Manche Lagen könnten komplett gerodet werden, fiele gar nicht auf. Die deutschen Winzer tun der Welt einen Gefallen, wenn sie nun Fruchtbrause und Saft verkaufen.
Habe mir bei einem Weinversand ein kleines Sortiment alkoholfreier Weine und Sekte bestellt, in der Regel sogar prämiert, wobei mir noch nicht klar ist ob die untereinander verglichen werden oder mit richtigem Wein. Start war mit einem Rosé „Sekt“ mit 94 Falstaff Punkten. Schmeckt nicht schlecht, bissel fruchtig, nicht zu süß, leicht säuerlich, frisch sprudelnd, riecht wie? Weiß nicht. Also ein fruchtiges Erfrischungsgetränk, aber Sekt, nein. Kommentar der Chefin: Was mit Sprudel drin. Heute Chardonnay „Sekt“, riecht nach Traubensaft, schmeckt auch nach ca. 70% Saft, 30% was „Weiniges“, nicht zu süß. Sekt nein, sprudelndes Erfrischungsgetränk schon eher. Bin auf die… Mehr
Am Beispiel des DWI kann vieles festgemacht werden, was hier im Lande nicht mehr funktioniert. Bleiben wir beim DWI. Dieser bräsige und wie schon beschrieben schwer durchschaubare Verein, von zwangsgenerierten Geldern am Leben gehalten, hat nach meinem Wissen keine signifikanten Erhöhungen des Weinansatzes durch seine Tätigkeit nachweisen können . Es wurden stets die Bilder von vermutlicher Weinseligkeit transportiert, aber eine Auseinandersetzung mit den Trägern dieser Institution, den Winzern selbst, als unnötig betrachtet. Wichtig war dem Verein nur die Frage, was man als Nutznießer fremder Arbeit absahnen könnte . Schön erkennbar am Verhalten der Frontfrau der Institution Reule, die zur Jahresmittel… Mehr
Was Sie da über das DWI berichten, kann ich voll bestätigen. Die Meininger Zeitschrift „Weinwirtschaft“ kann man in diesem Zusammenhang jedoch doch nicht loben. Die Redakteure haben über viele Jahre hinweg noch nie wirklich Kritik an wirksame Reklame in Sachen Weinverkauf sehen der Organisation DWI und an den Tätigkeit der Akteure beim DWI geübt. Auch die „Weinwirtschaft“ sing seit einiger Zeit das Lied des „alkoholfreien Weines“ und vermittelt fälschlicherweise den Eindruck, dass damit die Probleme der Weinerzeuger und Weinvermarkter behoben werden können. Immer wieder werden in der „Weinwirtschaft“ beispielhaft einzelne Weingüter/Direktvermarkter präsentiert, bei denen das Geschäft super läuft (ich keine keinen… Mehr
Keine Einwände gegen ihre Wertung meines Kommentares bis auf einen Punkt. Und der bezieht sich auf die Fachzeitschrift Deutsche Weinwirtschaft. Meine Einlassung sollte zeigen, wie man es richtig machen kann im Ausland und dies in einem deutschen Druckerzeugnis an die Kundschaft rüberbringt. Die Chefredakteure von Meiniger waren und sind nichts anderes als die Helfer des allgemeinen Untergangs für den Weinbau, genau wie in allen anderen Branchen in allen anderen Bereichen in Deutschland. Kaputtmacher, immer zu dem Vorwurf bereit, man sei ja selbst am Untergang schuld und brauche sich nicht zu beschweren. Damit war die feine Gesellschaft fein raus und bei… Mehr
Da wäre eine aus dem Außenamt genauso gut geeignet gewesen, bevor sie sich in der Politik verwirklichen wollte und noch zum Abschluß eine Sondervorstellung der rot-grünen Bande in unseren Qualitäts-Sendeanstalten geboten bekommen hat, wo der Schmerz des Niedergangs nicht zu übersehen war, wenn man nun etwas verliert, was besser nie dahin gekommen wäre, wenn man den Ansehensverlust dabei berücksichtigt. Der einzige der es noch zumindest den Worten nach schnallt, daß es für das eigene Seelenheil besser wäre, sich mit dieser Sozialistenvereinigung im grünen und roten Glauben aus eigenen Sicherheitsgründen nicht zu vereinigen ist der Bayer und wenn es nicht nur… Mehr
Vielleicht weil in einer bestimmten Glaubensgemeinschaft Alkohol streng verboten ist?
Meinen diese Abstinenz-Trommlen tatsächlich, der Mensch solle nüchtern diese Politik ertragen? Oder ist der neue EU-Populismus, der sich den Alkohol als nächsten Feind ausgesucht hat, den zukünftigen Herrschern Europas, den Muslimen, geschuldet? Meine Weine, bevorzugt sind italienische oder französische Lagen, sowie Rotwein aus der spanischen Region um Ronda (z.B. Cortijo los Aguilares Tadeo Tinaja) haben Alkokol und werden immer Alkohol enthalten. Darauf einen Ardbeg Single Malt von der Insel Islay.
Hm. Der Zeitgeist ist ein anderer.
Und wer sich die Demografie anschaut, wonach in deutschen Großstädten über 50% der unter 16jährigen Migrationshintergrund haben sollen, der ahnt, dass der Zug abgefahren ist.
Ähnliches gilt für darstellende Künste, Museen …
Die Zeit der Intellektuellen und Bohemiens läuft ab, schon allein, weil nur wenige so scharfsichtig sind wie Houellebecq.
Und bitte Herrn Sarrazin nicht vergessen, als Vorkämpfer richtiger und wichtiger Erkenntnisse, die uns ohne diese um Kopf und Kragen bringen können.
Wie wär es denn noch damit:
Die Weinproduktion in Deutschland muss verboten werden, denn bei der Gärung entsteht Kohlendioxid und das ist die Ursache für die „Klimaerwärmung“. Das da die Grünen noch nicht drauf gekommen sind. Das gleiche gilt für die Bierherstellung. Alles Klimaschädlinge. Und die das auch noch trinken, pfui.
Bier und Mineralwasser mit Kohlensäure gehen auch nicht …
Jedwede sportliche Aktivitäten müssen ebenso verboten werden.
Denn sportliche Aktivitäten steigern den Ausstoß von CO2 beim Menschen beim Ausatmen um bis zum 10fachen gegenüber der Atmung bei normaler Atmung.
Nun der Bill wird schon an Menschen forschen, die CO² einatmen und Sauerstoff ausatmen…wahrscheinlich müssten aber auch die meisten Tiere vom Erdboden verschwinden, die atmen ja auch noch herkömmlich CO² aus…
“ Weinkönigin“, das erinnert mich immer an Karneval. Ansonsten: Die Weinwirtschaft mit ihrer Werbeorganisation DWI hat es seit vielen Jahren nie geschafft ein Werbekonzept zu entwickeln, mit der sie die jüngere Generation zum Wein trinken bringen könnten. Totalversagen einer Werbeorganisation würde ich das hier nennen. Mit dem Einsatz von Weinköniginnen, die es ja in einer riesigen Anzahl in Deutschland gibt, kann das natürlich nicht funktionieren. Damit erreicht man als Zielgruppe nur die Verbrauchergruppe der Opas. Jetzt alkoholfreie Weine (was ja im eigentlichen Sinne gar kein Wein ist) zu bewerben ist so lustig, wie wenn Milchbauern, wenn der Milchabsatz einbricht, Werbung… Mehr
Tja, dann wird wohl der hausgemachte Fruchtwein wieder Einzug erhalten. Soll ordentlich wirken, wie mir vor zig Jahrten mal ein Kenner gesagt hat.
Bürokratie: Der sichere Tod. Das Glyphosat für jeden Betrieb. Zusätzlich zum Wetter, dem Personal für die Lese, der Weitergabe des Betriebes aus Altersgründen.
Wieviel ausländischer Wein wird in D eigentlich getrunken im Vergleich zu deutschem Wein? Ah, https://www.weinfreunde.de/magazin/weinwissen/kein-trockenes-thema-deutsche-weinstatistik/
45% des Verbrauchs ist deutscher Wein.