Wie viel Staat ist zu viel Staat im Bau?

Sandra Maischberger hat pünktlich zum Wahlkampf in Hessen und Bayern das Thema Wohnen und Bauen entdeckt. Die Bauministerin darf über Lösungen für den Einbruch im Bau schwadronieren, der CDU-Mitdiskutant findet viel Staat im Heizungskeller gut.

Screenprint X /Maischberger
Es hat gedauert, aber Sandra Maischberger hat das Thema Wohnen und Bauen entdeckt. Sicherlich war es nur Zufall, dass sie dieses Thema ausgewählt hat, nachdem Olaf Scholz eine Woche vorher eine Konferenz zu diesem Thema abhielt. Eine Konferenz, in der Sachverständige nicht mehr als Nick-Komparsen waren, die die Ideen der Regierung absegnen sollten. Tichys Einblick berichtete. Ebenso zufällig war Bauministerin Klara Geywitz zur Diskussion im Studio. Mit Geywitz darf Thomas Heilmann von der CDU diskutieren. Das ist der CDUler, der wenigstens eine kurze Zeit lang das Gebäudeenergiengesetz mit einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht aufhielt. Kurzzeitig, denn nun wurde es von der Ampel beschlossen und soll nachträglich nochmal nachgebessert werden.

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Von Heilmann darf man auch nicht zu viel erwarten. Er hatte sich gegen das GEG nicht etwa gewehrt, weil es ein schlecht gemachtes, übergriffiges Gesetz ist. Sondern, weil er sich in seinen Rechten als Parlamentarier beschnitten sieht, weil die Bundesregierung ihm nicht genug Zeit zum Lesen des Gesetzesentwurfes gab. Die Zeit dafür war auch eindeutig zu kurz, aber der Fall zeigt die Prioritäten vieler Mitglieder des Bundestages gut auf: Es muss nur das Parlament geachtet werden, dann sind wir bei jedem Übergriff auf die Bürger dabei.

Scholz hatte am Anfang seiner Kanzler-Legislatur versprochen: 400.000 neue Wohnungen sollen gebaut werden, pro Jahr. 2022 wurden aber nur 295.000 gebaut, in diesem Jahr werden es wohl 223.000 werden, im nächsten Jahr gar nur 177.000. Das Ziel ist also weit, weit verfehlt. Dabei wächst die Bevölkerung, vor allem in den Großstädten wegen Migration und immer weiterer Urbanisierung schnell an.

Geywitz versucht zu erklären, woran das Bauen leidet. Hohe Zinsen will sie dafür verantwortlich machen – und unterschlägt, dass auch in der Niedrigzinsphase zu wenig gebaut wurde. Sie will „strukturelle Reformen“: Serielles Bauen, Digitalisierung, eine Ausweitung der Kapazitäten. Heilmann findet, das Versprechen des Kanzlers war „leichtsinnig“. Die Versuche des Kanzlers, die Bauwirtschaft zu stützen, findet er „nicht ausreichend“. Wobei sich die Frage stellt: Was soll der Kanzler noch machen? Die Bundesregierung hat so viel Geld ausgegeben, dass sie nun in der eigens ausgehobenen Grube sitzt: mehr Geld ist einfach nicht da. Die Schuldenbremse muss eingehalten werden, noch mehr Geld lässt sich auch nicht in einem Schattenhaushalt von Sondervermögen und Schulden aufbauen.

Am Klimaschutz rütteln für den Bau?

Was einen aufhorchen lässt in dieser Sendung, ist, dass die Klimaverbände wenigstens kurz in ihre Schranken verwiesen werden sollen. Zumindest von den beiden Diskutanten. Maischberger bricht dagegen weiter eine Lanze für den Klimaschutz. Denn die Moderatorin will wissen: Plant die Ministerin eine Lockerung der Umweltstandards? Das ist die Befürchtung der Umweltverbände, die aus einem unerklärlichen Grund in der Bauindustrie eine wichtige Stimme haben. Konkret sollen die Vorschriften zur Energieeffizienz von Neubauten nicht weiter verschärft werden. Und tatsächlich: Sowohl Ministerin als auch Oppoositionsdarsteller finden eine Verschärfung der Energieeffizienzregeln unangemessen. Was der Bauwirtschaft egal sein könnte, droht doch das EU-Parlament schon mit Sanierungspflichten und Aktenbergen neuer Vorschriften.

Das heißt aber nicht, das Geywitz erkannt hätte, dass ewige Staatsinterventionen schädlich sein können. Für sie sind eben nur diese Regulierungen und Eingriffe schädlich. „Das Ziel ist es, den Bauherren und Ingenieuren eine große architektonische Freiheit zu geben“, sagt sie. Sehr nett, dass die Ministerin für Bauen und noch irgendwas den Bürgern ein bisschen Freiheit geben will.

Heilmann gehört derselben Art Politiker an. Er fordert Änderungen am Gebäudeenergiengesetz, weil bestimmte Technologien nicht die Anerkennung finden, die er sich wünscht. Sich aus dem Bauen rauszuhalten, kommt auch ihm nicht in den Sinn.

Mehr Staat ist nicht mehr gut

In Geywitz reift die revolutionäre Erkenntnis: „Manches, was wir uns geleistet haben an Eingriffen auf Bundesebene, auf Landesebene (Grunderwerbssteuer) und Abgaben, die auf kommunaler Ebene beschlossen wurden, kann man nicht mehr realisieren, weil die Finanzierungskosten nach oben gegangen sind.“ Was die SPD-Frau zu sagen versucht: Vielleicht ist es keine gute Idee, wenn der Staat an jeder Ecke die Hand aufhält, wenn jemand bauen möchte. Maischberger gibt das Wort sichtlich verwirrt an Heilmann weiter — dass Steuern die Bürger ausbluten lassen können, versteht die rundfunkabgabenfinanzierte Talkerin nicht.

Irgendwann will Maischberger es dann doch wissen: Wann wird die Bundesregierung die 400.000 neugebauten Wohnungen pro Jahr erreichen? Geywitz versucht sich wieder aus der Schlinge zu ziehen, die perfekte Beliebigkeit eines Scholz hat sie aber noch nicht erreicht. Die Zinsen seien zu hoch, „wenn sie runter gehen“, wird mehr gebaut. Heilmann widerspricht richtig: Die Zinsen gehen auf absehbare Zeit nicht mehr runter. Und vier Prozent sind auch kein unglaublicher Zinssatz auf einen Baukredit. Jedenfalls nicht in einer gesunden Wirtschaft.

Maischberger bohrt nach: werden die 400.000 Wohnungen Neubau im Jahr in dieser Legislaturperiode erreicht? Nein, muss auch Geywitz zugeben.

Im Einzelinterview soll Christopher Clark die aktuellen Diskussionen historisieren. Er eröffnet mit einem Vergleich der preußischen- und neudeutschen Diskussion zum Verhältnis mit Russland. Er will auch erklären, wie Wladimir Putin die Bundesrepublik einlullen konnte. Alles ganz nett, aber wie viele Ukrainesendungen: Am aktuellen Geschehen vorbei. Clark zeichnet sich dadurch aus, dass er zwar keine Friedenslösung fordert, aber doch anerkennt: „Auch nach dem Krieg müssen wir mit Russland leben“. Der viel wiederholte Satz, dass nicht alle Russen Putin sind, wird von ihm glaubhaft vorgetragen. Das heutige will er auf das gestrige spiegeln: nett anzuhören. Ob man ihm zustimmen will, muss man selbst entscheiden.

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Kommentare ( 47 )

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curryculum
7 Monate her

Mit der Wahl der Ampel hatten wir uns von fast allen Mietimmobilien zur Altersvorsorge getrennt. Es lebt sich viel leichter ohne 24/7-Bereitschaft dank Wertpapieren. Uns hat der deutsche Mietwohnungmarkt für immer verloren.

cernunnos
7 Monate her

„mit Ihrer 3D Planung und Ihrem Bauzeitenplan gehen nicht einmal auf die Baustelle und gleichen am Ende des Tages die Realität mit Ihrem Plan ab. Wenn es nicht passt wird geschrieben.“ Alles richtig, aber nicht nur dort. Auch in den höheren Etagen der Wohnungsgesellschaften wird es immer lächerlicher. Da werden Pläne herausgegeben die technisch gar nicht durchführbar sind, ohne Mitteilung Pläne geändert während der Bau schon läuft um sich bei Abnahme aufzuspielen und und und. Völlig realitätsfremd. Und ja, direkt von der Uni, irgendwelche Mädels, Geltungsdrang hoch fünf tausend, lieben es ihre Macht auszuspielen etc. Wenn es am Ende doch… Mehr

dienbienphu
7 Monate her

Ich erlebe die Diskussionen in Deutschland zunehmend entrückt.
Wie viel Staat im Bau ist gar nicht das Thema.
Denn in China klappt es wunderbar mit dem Bauen. Trotz Staat. Brücke einer achtspurigen Autobahn erneuert in 43 Stunden. Gebäude mit 57 Stockwerken errichtet in 19 Tagen.

D. Ilbert
7 Monate her

Diese Aufregung kann ich nur zum Teil verstehen. Der wäre m.E. auch abzuhelfen. Auf bild.de gab es am 23.04.23 einen interessanten Bericht, wonach deutschlandweit rd. 1,7 Millionen Wohnungen leer stehen. Wovon jedoch rd. 800.000 nicht bezugsfertig sondern sanierungsbedürftig wären. Leider befinden sich die freien Wohnungen überwiegend auf „dem platten Land“. Und im Osten. In Zwickau z.B. gibt es lt. „Freier Presse“ vom 23.4. 23 rd. 20% Leerstand. Desgleichen in Glauchau, lt Bericht des MDR vom 6.9.23. In dem Bericht ist die Rede von einer Miete von 3,88€ je qm. Aber an 50€ pro Nacht im Hotel läßt sich natürlich mehr… Mehr

alter weisser Mann
7 Monate her

Warum KfW 55 und nicht 70 oder 85?
Der Unterschied sind auch jeweils nur 15 Punkte. Im übrigen sollte man zum Thema Wohnungsbau mal von der Perspektive „Architekt für EFHs“ wegkommen. Im Geschosswohnungsbau nennenswerter Wohnungsmassen verliert der Bodenwert doch erheblich an Preistreiberfunktion. Da zählt eher, ob man 40 oder 50 m² Wfl. pro Nase will und bodentiefe Fenster und … und … und.
Der Mietendeckel hat seine Funktion … aber nur im sozialen Wohnungsbau: vorne Förderung hinten Bindung.

alter weisser Mann
7 Monate her
Antworten an  alter weisser Mann

„Viele Menschen wollen …“ da sind wir echt beim Punkt.
Viele Menschen wollen dies nicht und das nicht und dafür beachtet werden. Viele Menschen wollen dies und das und können es nicht bezahlen.
Da müssen diese Menschen echt mal selbst mit klarkommen.

Bernhardino
7 Monate her

Alle regen sich auf, hier über gestiegene Baukosten etc.. NUR, die Erkenntnis, das nahezu ALLE Probleme politisch verantwortet und begründet sind, scheint nicht sehr weit verbreitet. Sonst wäre die EINZIGE Partei, die diese politisch verursachten Probleme angehen und abwickeln will, nicht nur bei 29%. In BW sind die Wahlprognosen weiterhin bei 22% Grüne und gar 29% für die alles auslösende und verantwortliche CDU. Alles lamentieren nützt null und nichts, wenn man die Ursache der Probleme nicht zu erkennen und korrigieren imstande ist. Ich spreche hier vom Wahlverhalten, auch der Nichtwähler.

Peter Klaus
7 Monate her

Die Zinsen sind nicht das Problem und bedingt auch nur die Baukosten. In den 70ern wurde mit 13% Zinsen gebaut und zwar „Bunker“, in welche heutige durchschnittliche EFH 3x hineinpassen und auf Grundstücken, die 3-5x so groß waren. Bauen war schon immer nicht ganz billig, sich Geld leihen ebenso, mit Ausnahme der durch die EZB verursachten Null-Zins-Periode, um irgendwelche Party-Staaten im Süden zu retten.
Das einzig wahre Problem ist – die Bürger
a) verdienen zu wenig und
b) es bleibt vom Verdienten zu wenig übrig, um Eigenkapital anzusparen, etc.

John Beaufort
7 Monate her
Antworten an  Peter Klaus

Genau so ist es! Und der Grund für den sinkenden Wohlstand ist Planwirtschaft. Geld wird systematisch von produktiven Marktteilnehmern an Unproduktive umverteilt. Somit erwirtschaften immer weniger Personen und Unternehmen den Wohlstand für immer mehr Transferempfänger. Das geht von der Geldpolitik, die Manchen im wahrsten Sinne des Wortes die Lizenz zum Gelddrucken gibt, über Kredite und Subventionen für insolvente Banken und Großunternehmen (die von gut wirtschaftenden Unternehmen bezahlt werden müssen) bis hin zu Sozialleistungen.

Der kleine Muck
7 Monate her

Es ist völlig irrelevant, in welchen Mengen und wie energieeffizient neue Häuser gebaut werden, da jede neue Wohnung sofort von einem neu zugezogenen Migranten belegt wird. Selbst wenn nur noch Nullenergiehäuser gebaut werden, der CO2 Gesamtausstoss wird sich nicht ändern.

Wilhelm Roepke
7 Monate her

Lustige Truppe, die ohne Beteiligung eines AFD-Poliltikers gar nichts bringt. Wir brauchen grob gesagt 10 Punkte und jeder mit marktwirtschaftlichen Kenntnissen weiß das auch: Eine Ende der illegalen Massenimmigration, dann steigt die Wohnungsnachfrage nicht mehr so stark. Konsequente Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber, dann wird Wohnraum frei. Eine eigenständige Geldpolitik mit nationaler Währung wie die Schweiz, dann sinken sofort die Zinsen. Geht nur mit der Drohung des EU-Austritts, der gar nicht realisiert werden muss. Wir müssen es nur wie Dänemark, Schweden oder Tschechien machen. Eine massive Ausgabenkürzung im Bundeshaushalt von Entwicklungshilfe über „Demokratieförderung“ bis zu EU-Ausgaben. Dann können fiskalpolitisch die Einnahmen =… Mehr

Nibelung
7 Monate her

Was ist denn daran auffällig wenn man weiß, welche Grundeinstellung ihr Chef gegenüber dem Staatsmonopolistien Kapitalismus von Jugend an hat. Deshalb konnte er ja auch problemlos mit der Kommunistin aus dem Osten eine Symbiose eingehen, die bis heute fröhliche Urständ feiert und doch kein Mensch mehr wundert, welche Ziele sie dabei verfolgen und das einzige anstrengende Problem ist die Dauerverstellung um nicht aufzufallen. Ihre Intention liegt in der Wiederherstellung alter Sozialistenherrlichkeiten und die freie Marktwirtschaft war ihnen stets ein Greuel, das war schon immer so bei ihnen, weil man die Kapitalisten haßte und deren Stellung selbst übernehmen wollte, damit man… Mehr