Hamburger Bürger wollen Industrie und Hafen endlich loswerden – alles nur noch Klima

Ein Sonntag voller Entscheidungen: In Hamburg stimmten die Bürger knapp für das „Klimaziel 2040“, während das Grundeinkommen klar scheiterte. Auch in mehreren Städten – von Frankfurt (Oder) bis Ludwigshafen – wurden neue Oberbürgermeister gewählt.

picture alliance/dpa | Georg Wendt

In Hamburg stimmten die Bürger über zwei Volksentscheide ab: den sogenannten „Hamburger Zukunftsentscheid“ (Klimaneutralität 2040) und den Modellversuch „Hamburg testet Grundeinkommen“. 53,1 Prozent der Hamburger stimmten mit „Ja“, 46,9 Prozent mit „Nein“. Damit ist das „Gesetz für besseren Klimaschutz (Klimaschutzverbesserungsgesetz)“ angenommen.

Der Vorstoß zum Grundeinkommen zeichnete sich um 19:40 Uhr als deutlich abgelehnt ab: 63,8 Prozent Nein zu 36,2 Prozent Ja (354 von 673 Gebieten). Beide Werte sind Zwischenergebnisse. Zuvor war eine Wahlbeteiligung von rund 43,6 Prozent gemeldet worden – mit einem sehr hohen Anteil an Briefwählern.
Dieser Volksentscheid hat bindende Wirkung. Der Senat von Hamburg muss ihn verbindlich umsetzen. Das unheilvolle Wirken des Reemtsma-Clans geht damit weiter. Die Folgen dürften erheblich sein: Heizen mit Öl, Gas und Kohle müsste verboten werden, ebenso der Betrieb von Verbrennerautos.

Allein die Kosten für die sogenannte „Dekarbonisierung des Hamburger Wohngebäudebestands“ werden auf mindestens 40 Milliarden Euro geschätzt. Der Hamburger Hafen sowie die Hüttenwerke von Aurubis und ArcelorMittal dürften schließen oder abwandern, sofern keine Milliarden an Fördermitteln fließen.
Mit dem gescheiterten Volksentscheid zum „Grundeinkommen“ wollten die Initiatoren einen staatlichen Modellversuch starten, bei dem 2.000 Menschen drei Jahre lang bedingungslos eine regelmäßige Geldzahlung erhalten sollten. Dafür sollten in Hamburg ganze Straßenzüge ausgewählt werden, deren Bevölkerung als möglichst repräsentativ gilt.

Die rot-grüne Landesregierung sowie alle Bürgerschaftsfraktionen – mit Ausnahme der Linken – hatten sich gegen beide Volksentscheide ausgesprochen. Handelskammer, Handwerkskammer, der Industrieverband und verschiedene Immobilienverbände stellten sich ebenfalls dagegen. Wohnungsunternehmer warnten vor einem Anstieg der Wohnkosten um bis zu vier Euro pro Quadratmeter, sollte der Klima-Entscheid umgesetzt werden.

„Wir haben gewonnen!“, posteten Lou Töllner und Annika Rittmann von der Initiative „Hamburger Zukunftsentscheid“, nachdem die ersten Ergebnisse bekannt wurden. „Fridays for Future“ und nicht mehr nüchtern kalkulierende Kaufleute, die die Hansestadt einst groß gemacht haben, bestimmen künftig die Klimapolitik an der Elbe.

Der SPD-Abgeordnete der Bürgerschaftsfraktion Dirk Kienscherf zeigte sich verärgert: „Wir müssen das annehmen, weil es ein Gesetz ist, aber wir müssen Schadensbegrenzung betreiben. Wir nehmen die Initiative und alle Unterstützer:innen in die Verantwortung, dass man jetzt darüber redet, wo das Geld herkommen soll. Außerdem ist es technisch einfach nicht umsetzbar.“

CDU-Bürgerschaftsmitglied Dennis Thering sagte gegenüber der Hamburger Morgenpost: „Heute ist ein bitterer Tag für Hamburg. Durch das Zustandekommen des sogenannten Zukunftsentscheids wird ein Kurs eingeschlagen, der unserer Stadt in vielerlei Hinsicht schadet.“

Ein Berlin als Failed City scheint nicht zu genügen. Noch ist Hamburg Geberland im Länderfinanzausgleich – das dürfte sich bald ändern.

Frankfurt (Oder): Strasser siegt klar – AfD verpasst OB-Premiere

In Frankfurt (Oder) gewann der parteilose Kandidat Axel Strasser die Stichwahl zum Oberbürgermeister deutlich. Er erhielt 69,8 Prozent der Stimmen, während Wilko Möller 30,2 Prozent erreichte.

Der bisherige Amtsinhaber René Wilke (ebenfalls parteilos) hatte im Mai das Amt des brandenburgischen Innenministers übernommen. Strasser, zuvor Mitarbeiter der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostbrandenburg, trat als unabhängiger Bewerber unter dem Motto „Gemeinsam für Frankfurt (Oder)“ an.

Möller und Strasser hatten sich in der ersten Runde gegen Désirée Schrade (CDU) und Simona Koß (SPD) durchgesetzt, wobei Strasser bereits vorn gelegen hatte.
Die Wahl stand unter besonderer Beobachtung, da erstmals ein AfD-Politiker zum Oberbürgermeister in Deutschland hätte gewählt werden können. Schützenhilfe erhielt Strasser vom brandenburgischen Verfassungsschutz, der den Landesverband der AfD in einem politisch bestellten „Gutachten“ als „gesichert rechtsextremistisch“ einstufte.

Strasser wird neuer Oberbürgermeister der 57.000-Einwohner-Stadt Frankfurt (Oder), der viertgrößten Stadt Brandenburgs. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehören die neuen Grenzkontrollen zu Polen, Fragen der Zuwanderung und die angeschlagene Wirtschaft.

In Eisenhüttenstadt gewann der von der SPD nominierte parteilose Marko Henkel die Stichwahl zum Oberbürgermeister mit 57 Prozent gegen Maik Diepold (AfD), der auf 43 Prozent kam. Die Wahlbeteiligung lag bei 43 Prozent.

Ludwigshafen: CDU/FWG-Kandidat gewinnt OB-Stichwahl

In Ludwigshafen am Rhein setzte sich Klaus Blettner (CDU/FWG) in der Stichwahl mit 58,5 Prozent gegen Jens Peter Gotter (SPD) durch, der 41,5 Prozent erreichte. Der Amtsantritt ist für den 1. Januar 2026 geplant.

Die Wahl stand im besonderen Interesse, da der AfD-Kandidat Joachim Paul von der Wahl ausgeschlossen worden war. Paul kündigte an, gegen die Wahl zu klagen.
Klaus Blettner sagte dem SWR zu Pauls Ankündigung: „Wir leben in einem Rechtsstaat.“

Der CDU-Kreisvorsitzende Torbjörn Kartes erklärte zum Wahlerfolg seines Parteikollegen: „Er hat diesen Erfolg durch seinen großen persönlichen Einsatz mehr als verdient. Die Menschen können sich auf ihn als Oberbürgermeister freuen.“ Dankbar zeigte er sich zudem für die gute Zusammenarbeit mit der FWG, die Blettners Kandidatur unterstützt hatte.

Nur 24,1 Prozent der wahlberechtigten Ludwigshafener gaben ihre Stimme ab.

Potsdam: Deutlicher Vorsprung für Aubel

In Brandenburgs Landeshauptstadt liegt Noosha Aubel (parteilos) in der OB-Stichwahl klar vorn. Nach Auszählung von 124 von 131 Wahlbezirken waren knapp 73 Prozent der Stimmen gemeldet – die Auszählung befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Endphase. Offizielle Stadt- und Landesportale dokumentieren den Fortgang.

Eisenhüttenstadt: SPD-nominierter Kandidat schlägt AfD-Bewerber

In Eisenhüttenstadt im Landkreis Oder-Spree gewann der parteilose, von der SPD nominierte Marko Henkel die Bürgermeister-Stichwahl mit 57 Prozent gegen Maik Diepold (AfD), der 43 Prozent erreichte.

In der einstigen sozialistischen Vorzeigestadt hatte Diepold im ersten Wahlgang noch mit 37,9 Prozent vorn gelegen. Das Stahlwerk von ArcelorMittal, größter Arbeitgeber der Stadt, befindet sich in einer schweren Krise – wie viele andere Stahlwerke in Deutschland.

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Kommentare ( 197 )

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Lennart Schulz
1 Monat her

Tja, wenn die Mehrheit keine Lust hat, sich an der Politik zu beteiligen, dann hat die Minderheit Narrenfreiheit. Von vielen Freunden (auch aus Hamburg) höre ich immer wieder „ich versuche, mich mit Politik nicht zu beschäftigen, weil das sowieso keinen Einfluss auf mich hat“. Doch, hat es. Möge Hamburg uns als abschreckendes Beispiel dienen, dass man sich aus der Politik nicht raushalten kann. Wer nicht wählt, unterstützt diejenigen, die unter den Wählenden die Mehrheit genießen.

Or
1 Monat her

Am Sonntag dürften in Rotterdam die Sektkorken geknallt haben.

Aber was soll’s. Nun haben wir ein lebendes, bzw. sterbendes Anschauungsbeispiel einer Stadt, die ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft den willkürlichen Dogmen der Klimakirche opfert.

Es war Volkes Wille. Eine schmale Mehrheit hat für den eigenen ökonomischen Selbstmord gestimmt und dem Großteil der Bevölkerung, die das nun auszubaden hat, war das völlig egal.

Dann is‘es halb so !

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Or

Die wählten, konnten das Ausmaß dessen, was sie damit in die Wege leiteten, gar nicht abschätzen, weil dumm informiert.
In der Schweiz müssen sie den Bürger über das Für und Wider wie die Auswirkungen eines solchen Entscheids kurz vor der Wahl ins Benehmen setzen.

Andreas Bitz
1 Monat her

Solche Volksbegehren sollten allüberall zu wichtigen kommunalen und auch bundesweit bedeutenden Themen möglich sein. So haben die Hamburger – Wähler und auch die Nicht-Wähler – klar die Verantwortung für den Niedergang ihrer Stadt übernommen. Geliefert wie bestellt. Immobilieneigentümer, Industrie, Handwerk etc. können klare Konsequenzen ziehen (nix wie weg). Hamburg wird warnendes Beispiel für die Folgen des grün-links woken Ökosozialismus.

H.Arno
1 Monat her

Bei über „80% Briefwahl-Stimmen“ für den Links-Grünen Klima-Wahn in Hamburg
– war das Tor zum Wahl-Betrug sperrangelweit offen! Die bezahlten (N)GOs
brauchten nur noch systematisch das Klientel – von Oma bis Bekanntenkreis
mit Weltuntergang animieren – und beim Briefwahlzettel alles fertig machen
um den Umschlag zum Briefkasten zu bringen!
„Briefwahl“ darf nur für „erkrankte“ Wähler genehmigt werden, die ihren Wunsch
zur Briefwahl mit Namen und Adresse – dem Wahlbüro mitteilen! – Ein Beamter vom Wahl-Ausschuss muss persönlich den Umschlag in einer verschlossenen Wahlurne für Briefwähler mitnehmen! Die Briefwahlurne wird gesichert aufbewahrt – bis zur Auszählung!

Dieter Rose
1 Monat her

Passt zwar nicht ganz, aber trotzdem die Frage: Staatsanwälte seien weisungsgebunden. Von wem erhalten die ihre Weisungen?

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Dieter Rose

Rose.
vom jeweiligen Justizminister.
Sie erinnern noch Harald Range, der von sich aus agierte und von Heiko Maas nicht nur zurück gepfiffen, sondern insgesamt geschasst wurde? https://de.wikipedia.org/wiki/Harald_Range#Ermittlungen_wegen_Landesverrats_gegen_netzpolitik.org
Auf Länderebene dito. https://www.bundestag.de/resource/blob/976306/459d0ec2492bcd363f7c00af667a0ee5/WD-7-081-23-pdf.pdf
Auch interessant wegen Schwachkopf-Affären und ähnlichem – oder?

Kalmus
1 Monat her

Hab ich mich verhört? Zur Begleitung und Kontrolle der Klimaneutralitäts-Aktivitäten werden in Hamburg 200 Stellen geschaffen?

CaTo23
1 Monat her

Ich wohne in Hamburg, werde aber spätestens jetzt mit diesem fatalen Ergebnis mein Haus verkaufen und wegziehen. Die Lebensqualität sinkt Jahr für Jahr, die ganze Stadt ist eine Baustelle, man steht nur noch im Stau (ist in Hamburg so gewollt) und jede Grünfläche wird systematisch zugebaut. Den Hamburgern ist nicht mehr zu helfen, wählen Jahr für Jahr den rot-grünen Filz.

Rainer Schweitzer
1 Monat her

Ah, Goethes Zauberlehrling hat endlich auch einen Namen: Peter Tschentscher. Und ja, natürlich SPD.
Aber, oh Wunder, in Hamburg zeigt sich, daß es eine ganze Menge Zauberlehrlinge gibt, speziell im Senat. Was für ein Glück, daß sie nicht Wasser auf die Mühlen der „Falschen“ kippt haben! Nun hat Hamburg eine glänzende Zukunft, ganz ohne CO2. Und ohne Industrie? Glückliches Hamburg! Glückliche hamburger Mieter!
Wer hätte gedacht, daß ein Bonmot des seligen Franz Josef Strauß sich ausgerechnet am anderen Ende der Republik bewahrheiten würde: „Vox populi, vox Rindvieh“.

JO3RG
1 Monat her

@Hamburg wird in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein eingemeindet werden

Jetzt mal nicht so pesimistisch hier, denkt an „Jede Krise als Chance begreifen“?!
Strategieplan: Schoen abwarten, bis die wirtschaftliche Talfahrt in HH Tempo aufnimmt, schon mal nen Buergerentscheid rechtssicher vorbereiten nach dem Motto: „Hamburger Buerger, ihr duerft eure Arbeitsplaetze, nicht-ganz-so-teure Energie, Hafen und Industrie behalten, wenn ihr eure Selbstaendigkeit aufgebt und euch ins Rechtssystem von NS oder SWH (Pest oder Cholera? ;-)) rettet. Dann laeuft euer Faux-Pas vom 12.10.25 ins Leere.“
Einfach mal kreativ Denken!
LG Joerg

Schlaubauer
1 Monat her

Der Sonntag war nicht der Tag der Entscheidungen. Die Würfel sind längst für Hamburg und das ganze Land gefallen. 5 Jahre mehr oder weniger spielt da keine Rolle. Die aktuelle Berichterstattung bestätigt nur die Schlafwandler, die überzeugt sind, das Hamburg die Außnahme ist.