Gerichtliche Ohrfeige für Thüringens Verfassungsschutzchef: Das Verwaltungsgericht Weimar erklärt Kramers programmatische Abkanzelung der AfD im Pressegespräch als Verstoß gegen das Gebot der Neutralität. Wer im Amt Parteien bewertet, verlässt den Boden fairen Wettbewerbs und macht das Amt zur Waffe.
picture alliance/dpa | Martin Schutt
In Thüringen hat ein Gericht dem Verfassungsschutzchef Stephan Kramer eine klare Grenze gezogen. Nicht, weil er beobachtet. Nicht, weil er berichtet. Sondern, weil er im politischen Wettbewerb in eine Rolle gerutscht ist, die ihm als Amtsinhaber nicht zusteht: die des Kommentators.
Auslöser war ein Pressegespräch im Juni 2023 mit der Zeitung „Freies Wort“. Dort bewertete Kramer die inhaltlich-programmatische Ausrichtung der Thüringer AfD in einer Weise, die das Verwaltungsgericht Weimar nun als Verstoß gegen das Neutralitätsgebot einordnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, aber die Botschaft ist unmissverständlich.
Beanstandet wurden mehrere Formulierungen, die nicht mehr nach behördlicher Einordnung klangen, sondern nach politischer Abwertung. Kramer sprach davon, eine Partei habe „eigentlich gar keine politischen Alternativen und Lösungen zu bieten“, er spottete über „kaum vorhandene Programmatik“ und setzte noch einen drauf: „Das Thema selbst ist dabei völlig egal.“ Das ist nicht Analyse anhand von belegbaren Fakten, das ist eine Pauschalwertung.
Genau hier setzt das Gericht an. Parteien sollen chancengleich am politischen Willensbildungsprozess teilnehmen können. Wenn Staatsorgane in diesen Wettbewerb eingreifen, kippt die Waage. Der Staat ist Schiedsrichter, nicht Spieler. Und wer ein Amt trägt, kann nicht nach Belieben zwischen Bericht und Meinung wechseln.
Interessant ist auch, was das Gericht nicht beanstandet. Eine Aussage Kramers, wonach Bürgerinnen und Bürger idealerweise gegen „Verfassungsfeinde“ stimmen sollten, ließ das Gericht durchgehen, weil die AfD darin nicht ausdrücklich genannt werde. Der Satz mag politisch lesbar sein, juristisch bleibt er in dieser Form aber unbestimmt.
Ebenfalls nicht rechtswidrig sei die Bemerkung Kramers, man habe es mit fortgesetzter Verunglimpfung der Demokratie zu tun, „nicht nur immer montags auf unseren Straßen“, sondern auch in Äußerungen von AfD-Vertretern in Parlamenten. Das Gericht sieht darin eine zulässige Erläuterung zu Feststellungen aus den Verfassungsschutzberichten 2021 und 2022, in denen entsprechende Belege genannt würden.
Damit läuft eine scharfe Linie durch die Entscheidung: Wo Kramer an Berichte anknüpft und deren Inhalte erklärt, bewegt er sich im zulässigen Rahmen. Wo er jedoch die Programmatik einer Partei mit abwertenden Pauschalsätzen kommentiert, missachtet er nach Auffassung des Gerichts die Neutralitätspflicht.
Das ist keine Spitzfindigkeit, sondern berührt den Kern der Demokratie. Wer staatliche Macht und staatliche Autorität mit politischer Herabsetzung vermischt, beschädigt nicht nur das Amt, sondern auch das Vertrauen in faire Spielregeln.
Für die AfD ist es ein Teilerfolg: in einem Punkt gewonnen, in zwei Punkten gescheitert. Für die Öffentlichkeit ist es vor allem eine Erinnerung: Neutralität ist keine Zierde, die man je nach Stimmung ablegt. Sie ist Pflicht – auch für einen Verfassungsschutzchef, der mit der Presse spricht.

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Vielleicht sollte dem Sozialpädagogen (FH) mal ein Jurist die rechtliche Bedeutung des Urteils erläutern.
An die Aussage Kramers werde ich mich halten: „….wonach Bürgerinnen und Bürger idealerweise gegen „Verfassungsfeinde“ stimmen sollten“. Mach ich. Ich werde gegen die Verfassungsfeinde des Brandmauerkartells stimmen, versprochen.
Ist Höcke nicht mal verurteilt worden, weil ein richter glaubte zu wissen, was Höcke meinte? Bei Kramers anderen, nicht beanstandeten Äusserungen weiss jeder (!), dass die AfD gemeint ist, nur anscheinend der Richter nicht. Manche Schweine sind halt… .
Bezüglich der AfD von „fairem Wettbewerb“ zu sprechen ist schon grotesk.
Wie neutral wird ein Kramer mit dieser vom Gericht gerügten Einstellung seine eigentliche Aufgabe wohl erfüllen? Und – man sieht hier auch, wes Geistes Kind dieser Kramer ist: wenn ich mit dieser persönlichen Einstellung gegen die AfD schon in meinem Job als Verfassungsschutzchef alles Erdenkliche gegen diese initiiere, entblöde ich mich dann doch nicht noch öffentlich.Bei Richtern nennt man sowas Befangenheit. Und was ist dort die Konsequenz? – Richtig – er ist raus!
Wenn Wörterbücher ihre Einträge mit Porträtfotos illustrierten, es wäre für untenstehende Einträge jeweils dasselbe …
Charakterschwein
Einschleimer
Karrierist
Nur beim Eintrag „Kostümjude“ fehlt sein Bild. Denn er ist wirklich und wahrhaftig zum Judentum konvertiert. Dass ein Rabbi so jemanden für geeignet befunden hat, ist mir bis heute unbegreiflich.
In welchem Land leben wir mittlerweile, dass dieser kriminelle Typ ein öffentliches Amt bekleiden darf?
zumal er nicht mal die erforderliche Qualifikation dafür besitzt.
Für die Öffentlichkeit ist es vor allem eine Erinnerung daran, dass der Verfassungsschutz von Figuren für persönliche Zwecke und Ansichten missbraucht wird und mit dem aktuellen Leistungsstand jegliche Glaubwürdigkeit verloren hat, auch wenn er die erste und einzige Referenz des ÖRR ist. Nach dem Grundsatz: „die hinterhältigste Lüge ist die Auslassung“, ist der Gerichtsentscheid zudem mit Vorsicht zu geniessen. Der Verfassungsschutz lässt alles aus, was für die AfD und gegten andere Parteien spricht und verfolgt einseitig die AfD. Kramer kann hundert richtige Dinge über die AfD sagen und im Ergebnis trotzdem lügen. Dies wenn Kramer einseitig die AfD verfolgt und jegliche… Mehr
Man könnte auch sagen, daß es den Verfassungsschutz überhaupt nur gibt, um die Verfassung vor bestimmten Typen zu schützen.
Klingt simpel, aber so habe ich diese Institution bislang ansatzweise toleriert.
Eines muss man dem Politiker Stephan Kramer lassen: Er weiß nicht nur ganz genau, welche Ansichten zulässig sind und welche nicht, sondern er weiß auch, wie man scheinbar unangreifbare Positionen im öffentlichen Diskurs erlangt, um Feinde zu markieren. Bevor er Verfassungsgerichtspräsident in Thüringen wurde, war er auch schon mal Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland. In dieser Eigenschaft erklärte er vor gut 16 Jahren Papst Benedikt XVI. zum Unberührbaren. Dieser habe seit seiner Wahl zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche „gegen die Werte der Aufklärung“ gekämpft: „Das Menschenbild des Papstes macht einen interreligiösen Dialog, der diesen Namen verdient, unmöglich.“ Tatsache… Mehr
Als ehemaliger Generalsekretär des jüdischen Zentralrates ergeht es ihm wie dem Zimmermann der überall nur braune Nägel sieht, die es einzuschlagen gilt und man dabei auch die Falschen treffen kann, wenn man es in der Betrachtung nicht so genau nimmt um dabei jedes Normalmaß zu verlieren, was ihm nun ein Gericht attestiert hat.