Der Kulturstaatsminister hat Treffen mit Kabinettskollegen und anderen Mandatsträgern verkauft. Das ist gesichert. Was hatten die derart verhökerten Politiker davon? Das ist unklar. TE hat sie befragt. Chronik einer Recherche.
picture alliance/dpa | Michael Kappeler
Wer Berufspolitiker verstehen will, darf nicht nur auf das hören, was sie sagen. Mindestens genauso wichtig ist das, was sie nicht sagen. Den Satz, liebe Leser, merken wir uns bitte kurz. Wir werden ihn gleich noch brauchen.
Schnell noch die Ausgangslage zur Erinnerung: Die Weimer Media Group (WMG) gehört zu jeweils 50 Prozent unserem Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und seiner Ehefrau Christiane Goetz-Weimer. Die WMG veranstaltet seit Jahren am Tegernsee den sogenannten „Ludwig-Erhard-Gipfel“ (LEG). Da gibt es mehrere Vorträge von Politikern und Wirtschaftskapitänen zu politischen und wirtschaftlichen Themen.
Für schlappe 80.000 Euro pro Karte können sich ausreichend solvente Interessierte ein VIP-Ticket kaufen. Damit, so wirbt Weimers WMG, erhalte man exklusiven Zugang zu hoch- und höchstrangigen Entscheidungsträgern. Mit anderen Worten: Weimer verkauft Treffen u. a. mit seinen heutigen Kabinettskollegen.
Das ist für sich genommen schon mindestens unappetitlich. Ob es auch strafrechtlich relevant ist, prüft derzeit die Staatsanwaltschaft nach mehreren Anzeigen. Die betreffen Weimer und seine Frau. Doch was eigentlich haben die angepriesenen und letztlich verhökerten Politiker von dem für Weimer einträglichen Geschäft?
Wir haben einfach mal nachgefragt. Das Ergebnis ist erhellend.
Phase Eins
Man nehme sich das Programmheft des Ludwig-Erhard-Gipfels, verfügbar auch im Internet. Um eventuelle statistische Ausreißer zu dämpfen, betrachte man die vergangenen drei Veranstaltungen – also 2023 und 2024 und 2025.
Danach notiere man sich alle Berufspolitiker, die einmal oder mehrmals als Teil des Vortrags- und Bühnenprogramms genannt werden: alle Amts- und Mandatsträger aller Ebenen – also Bürgermeister, Abgeordnete, Regierungsmitglieder aus Gemeinden und Kommunen bis hinauf zur EU.
Sodann schreibe man sie alle wie folgt an:
Sehr geehrte/r …
Sie werden in der Selbstdarstellung der Weimer Media Group (WMG) als Gast des sogenannten „Ludwig-Erhard-Gipfels“ aufgeführt.
Entsprechend der Vorschriften zur Auskunftspflicht von (ehemaligen) Abgeordneten und Amtsträgern gegenüber der Öffentlichkeit bitten wir Sie hiermit höflich um folgende Informationen:
1. Haben Sie in den Kalenderjahren 2023 und/oder 2024 und/oder 2025 Zuwendungen und/oder Vergünstigungen beliebiger Art von der Weimer Media Group und/oder deren Gesellschaftern, Dr. Wolfram Weimer bzw. Christiane Goetz-Weimer, erhalten?
2. Falls ja: wann genau und in welcher Höhe?
3. Falls ja: Waren die Zuwendungen bzw. Vergünstigungen an eine Gegenleistung gekoppelt (falls hierzu ja: an welche)?
Für Ihre Antworten haben wir uns XYZ (verschiedene Daten, Red.) vorgemerkt. Vielen Dank im Voraus.
Und nun warte man auf Antwort.
Phase Zwei
Man stellt fest: Es gibt Politiker, die selbst antworten – und solche, die das ihre Büros erledigen lassen. Dann gibt es Politiker, die sofort antworten (lassen) – und solche, die sich mehr Zeit nehmen; manchmal auch bis weit über die gesetzte Frist hinaus. Schließlich gibt es noch jene, die gar nicht antworten.
Und es gibt Friedrich Merz.
Zu ihm kommen wir gleich. Aber der Reihe nach: Die meisten der Angefragten antworten schnell und höflich. Bei all jenen, die antworten, lautet die Antwort: nein. Also: keine Vergütungen, keine sonstigen persönlichen Vorteile.
Die EU-Abgeordnete Svenja Hahn von der FDP legt Wert darauf, dass sie für ihre Teilnahme am LEG 2025 nicht nur kein Honorar bekommen, sondern auch die Reise- und Hotelkosten selbst getragen hat.
Ihre Partei- und Fraktionskollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann dagegen hat sich das Hotel von der WMG bezahlen lassen, aber nach eigenen Angaben kein Honorar oder andere Zuwendungen bekommen und auch die Reisekosten selbst übernommen.
Dasselbe gilt für die Grüne Diana Preztell, ihres Zeichens Oberbürgermeistern von Mannheim. Auch sie hat am Tegernsee umsonst übernachtet, aber ansonsten „keine weiteren Zuwendungen oder Kostenerstattungen“ erhalten.
Kanzleramtsminister Thorsten Frei und der Parlamentarische Staatssekretär Philipp Amthor, beide CDU, schicken eine durchaus freundliche Entschuldigung dafür, dass sie erst nach der gesetzten Frist antworten. Dann geben beide an: keinerlei Vergütungen.
Hier eine Übersicht der Antworten:


Phase Drei
Nun betreten die Problemfälle die Bühne. Mehrere Volksvertreter sehen sich nicht bemüßigt, auf Fragen aus dem Volk zu reagieren. Da bekommt man auch auf Nachfrage einfach keine Antwort.
Dabei sind die Damen und Herren Berufspolitiker durchaus auskunftspflichtig: bundesweit zum Beispiel nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) oder nach dem Abgeordnetengesetz (AbgG). Dazu gibt es in vielen Bundesländern eigene einschlägige Bestimmungen, in Bayern zum Beispiel das Bayerische Pressegesetz (BayPrG) oder auch das Bayerische Datenschutzgesetz (BayDSG).
Eine CSU-Parlamentspräsidentin, ein CDU-Ministerpräsident, eine grüne Oberbürgermeisterin, amtierende und ehemalige Bundesminister, Abgeordnete und ehemalige Parteivorsitzende von Grünen, SPD und FDP: Sie alle ignorieren unsere Anfrage komplett:

Und dann ist da noch Friedrich Merz.
Kurz vor Ablauf der Frist lässt der Bundeskanzler, Bundestagsabgeordnete und CDU-Vorsitzende in Personalunion einen Mitarbeiter seines Abgeordnetenbüros im Deutschen Bundestag folgendes Schreiben auf den Weg bringen:
„Ich möchte Sie bitten, sich in dieser Angelegenheit an die Pressestelle der CDU Deutschlands zu wenden, da wir uns ausschließlich zu Angelegenheiten äußern können, die unmittelbar das Bundestagsmandat von Herrn Merz betreffen.“
Das soll offenbar bedeuten, dass Merz 2023 und 2024 (da war er ja noch nicht Kanzler) nicht in seiner Rolle als Bundestagsabgeordneter, sondern in seiner Rolle als Parteivorsitzender am LEG teilgenommen hat.
Schön und gut. Also wenden wir uns, wie erbeten, an die CDU-Pressestelle und setzen eine neue, enorm großzügige Frist für eine Antwort. Auch die verstreicht, und nichts passiert. Keine Reaktion.
Friedrich Merz schickt Presseanfragen zu seinen Verwicklungen mit dem Ludwig-Erhard-Gipfel und mit der Weimer Media Group also zunächst in eine Runde Behörden-Pingpong („Bitte wenden Sie sich an…“) – und spielt dann toter Käfer.
Die Moral von der Geschicht‘
Einmal ganz abgesehen von der abgrundtiefen Arroganz der Macht, die hier sichtbar wird: Was haben die Berufspolitiker, die eine Antwort verweigern, eigentlich zu verbergen?
Warum will der Bundeskanzler ums Verrecken nicht sagen, ob er für seine Auftritte bei seinem Busenfreund Weimer Geld oder sonst irgendwelche Vergünstigungen bekommen hat?
Wie war das doch noch gleich? Wer Berufspolitiker verstehen will, darf nicht nur auf das hören, was sie sagen. Mindestens genauso wichtig ist das, was sie nicht sagen.

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Weimers Werbebroschüre war mit Sicherheit kein Rechtschreibefehler.
Es geht vermutlich längst zu wie im ukrainischen Parlament. Es braucht wohl die AFD, um diesen korrupten Sumpf offenzulegen.
Der „Andenpakt“ besteht mit Sicherheit weiter….wer schon in „jungen“ Jahren so ein Kungler war,wird sich nicht gross geändert haben
Ach Herrje, immer wieder dasselbe theater. Früher war es der Adel der die Leibeigenen ausraubte. Heute sind es die Politiker und politisch mit Macht ausgestattenen die die Untertanen pekuniär erleichtern. Würde die Gegenleistung etwas sinnvolles sein hätten wir all die Probleme nicht die wir haben. Das Volk, der Untertan muß sich selbst helfen. Das war immer schon so und wird auch wieder so sein. Die Günstlinge, Schlangenölverkäufer und sonstige Hütchenspieler hat es immer schon gegeben. Sie sterben niemals aus. Die Frage bleibt, wie lange sich der betuppte Steuerzahler dieses Theater noch ansieht. Langsam, ganz langsam ändert sich der Kurs. Das… Mehr
Mal ganz ehrlich?
Was haben Sie erwartet?
Einen Politiker, der zugibt, Geld genommen zu haben?
Einen Bundeskanzler ohne Erinnerungslücken?
Genau so gut könnten Sie erwarten, das vdL ihre Whatapp Nachrichten offenlegt.
Es war einmal…so beginnen in der Regel Märchen.
„Ich hab´nix genommen“ auch. Nur in der Politik.
Tja, es gab wohl kick-back-Ideen bei Herrn Weimer. Und nicht alle sind wohl reinen Herzens.
Herzlichen Glückwunsch zur akribischen Arbeit. Die kniffligen Rechtsfragen mögen Anwälte klären. Als privater Konferenzveranstalter kann Herr Weimer sicherlich Honorare von Teilnehmern nehmen soweit die Teilnehmer, als zahlende Kunden, interessiert sind zu bezahlen. Ob teilnehmende Mandatsträger, oder sonstige selten zu treffende Spitzenfunktionäre, Wissenschaftler oder Experten, die auf der Angebotsseite der Konferenz stehen Kostenerstattungen und/oder Honorare u.a. Vergünstigungen annehmen dürfen wäre zu klären. Die winkeladvokatische Argumentation von Herrn Weimer betreffend sein Ausscheiden aus der GF, oder der Übertragung seiner Geschäftsanteile an einen Treuhänder, scheint mir winkeladvokatischer Unsinn zu sein. Ob er derartiger Konferenzveranstalter und Minister gleichzeitig sein darf, wäre juristisch zu klären.… Mehr
80-tausend Euro für ein sinnloses, vollkommen nichtsnutziges Treffen mit einem hochrangigen Politiker zahlt doch niemand ernsthaft. Da steckt mehr dahinter. So viel Geld ausgeben muss sich lohnen. Leisten werden sich das nur große Firmen, die diese Summen dann als Sonderausgaben irgendwie von der Steuer abschreiben. Dann bezahlen wie meistens die Steuerzahler dieses Schmierentheater. Die Gewinne aus dieser Veranstaltung gehen natürlich an die Weimer Media Group.
Wenn man bei Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble eventl. noch davon ausgehen kann, dass das Schwarzgeld wohl für die Parteienfinazierung verwendet wurde, riecht es hier bereits nach Begünstigung und Vorteilsnhame, indem die eigene Position innerhalb der dt. Politik und manches Mandat zur Mehrung des persönlichen Vorteils genutzt wurde. Als ehemaliger Berliner erinnere ich mich noch an den Bankenskandal, in den häuptsächlich und überwiegend CDU-Politiker verstrickt waren. Auch dort agierten arrogante und von sich völlig überzeugte Parteifunktionäre der Landes-CDU, die ein System der Begünstigung und Vorteilsnahme gesponnen hatten und im Nachhinein kein Unrechtsbewußtsein erkennen ließen. Damals tönte man noch von Seiten… Mehr
Wer 80000 Euro für ein Ticket auf dem LEG zahlt, nimmt evtl. auch etwas Bargeld mit um dem einen oder anderen Gefälligkeitspolitiker unter die Arme zu greifen. Ich würde also die Frage nach Honorar oder Zuwendungen nicht auf den Gastgeber beschränken, sondern auf die zahlenden Gäste ausweiten (ich wüsste schon gerne wer diese sind :). Aber -ich seh es ein- dann hätte man direkt fragen können:“Sind Sie korrupt? „
Wer 80.000 Euro berappt, der WILL auch etwas dafür bekommen!
Alles andere wäre naiv! Und zwar extrem naiv!
Was hatten die derart verhökerten Politiker davon?……kontakte! Diese kann man dann nutzen um sein geld zu investieren oder das von verwandten/bekannten bzw man bekommt insider wissen/infomationen. Oder man knüpft kontakte für die man dann „arbeitet“ (politisch) um nach der politischen laufbahn einen richtig guten job zu bekommen – einen wo man nix tun muss aber fett abkassiert siehe zb aktuell C. Lindner FDP. Das taschengeld bekommen politiker wenn sie in unternehmen oder verbänden (lobbyisten) mal eine stunde blablabla machen – da sind dann schnell mal 10.000 euro oder mehr drin. Ich würde das was Weimar gemacht hat als premium variante… Mehr
Aaaach!
Correctiv wird das schon wieder geradebiegen.
Schnell mal ne neue Geschichte aussem Paulaner-Garten über die AfD und russische Einflußnahme und die Sache ist vergessen.
Die wissen doch mittlerweile, wie leichtgläubig (um nicht „dumm“ schreiben zu müssen), der Normalo von heute ist und wie leicht der hinter´s Licht zu führen ist.