Bertelsmann-Studie: Wirtschaftsforscher widersprechen, Medien jubeln

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) wirft der Bertelsmann-Studie über die gute Integration von Muslimen in den Arbeitsmarkt massive methodische Mängel vor. Bezeichnend: Viele Medien folgen unkritisch den erkennbaren Fake-News.

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Studien der Bertelsmann-Stiftung geben in deutsche Medien den Trend vor: Flächendeckend berichteten Print und TV über die gute Integration von Muslimen in den Arbeitsmarkt. Nur die Akzeptanz durch die Bevölkerung stehe einer erfolgreichen Integration im Wege. die Botschaft ist klar: Probleme mit Immigranten, die meist aus muslimischen Kulturen stammen, gibt es nicht – nur „Rassismus“ der Einheimischen. Es entspricht so ganz dem, was sich die Bundesregierung von staatsnahen Stiftungen und Medien wünscht: Rechtfertigung für ihre Einwanderungspolitik. Völlig unkritisch schreibt beispielsweise auch die FAZ.

Angreifbar: Bertelsmann-Studien

Dabei sind die Mängel der Studie offensichtlich und entsprechend andere Zahlen verfügbar. Bereits gestern hatte TE die Studie der Bertelsmann-Stiftung zum Thema Integration von Muslimen kritisch unter die Lupe genommen und dem Resümee der Stiftung Befunde anderer Studien zum Thema gegenübergestellt.

Nicht nur, dass die in der Studie mehr oder weniger vollzogene Gleichsetzung von genereller Integration und Integration in den Arbeitsmarkt zu kurz greift, indem sie wesentliche, für die Integration entscheidende Faktoren wie beispielsweise die Einstellung zum Staat und den hiesigen Werten unberücksichtigt lässt. Nicht einmal die Befunde zur Arbeitslosigkeit unter Immigranten können einer Überprüfung standhalten.

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) widerlegt in einem gestern erschienenen Kurzbericht sowohl Methode wie Zahlen der Stiftungs-Studie. Ergebnis auch hier: Die Befunde lassen sich mit anderen Befragungsdaten nicht bestätigen. Der Befund ließe „aufhorchen“, sei doch die „Arbeitslosigkeit von Ausländern traditionell weit höher als die von Deutschen“, heißt es da etwa.

Dazu kommt: Die Religionszughörigkeit werde in der Arbeitslosenstatistik gar nicht erfasst und auch in der Arbeitsmarktforschung sei die Religionszugehörigkeit in der Regel „kein interessierendes Merkmal“.

Bildungslücke
Qualifikation von Immigranten: Märchen und Realität
Eine sinnvolle Überprüfung der Befunde sei indes nur mittels eines anderen Befragungsinstruments (Sozio-Ökonomisches Panel, kurz SOEP) möglich, welches regelmäßig 30.000 Personen, darunter auch 1.400 Muslime im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren befragt. Die Befunde dieses Panels, so das IW, zeigten ein „diametral anderes Bild“ als die Ergebnisse der Bertelsmann-Stiftung. So seien Muslime, anders als in der Studie von Bertelsmann behauptet, deutlich seltener erwerbstätig und auch deutlich seltener in Vollzeit als Christen oder Konfessionslose.

Zum Vergleich: Bertelsmann sprach von einer Quote von 60 Prozent, die in Vollzeit arbeiteten. Die Auswertung des SOEP ergibt lediglich einen Wert von 33 Prozent (Muslime insgesamt) bzw. 36 Prozent (Muslime, die vor 2010 eingewandert sind). Die Arbeitslosenquote liegt gemäß des SOEP bei 15 bzw. 18 Prozent und ist damit mehr als dreifach so hoch wie bei Christen (fünf Prozent) und mehr als doppelt so hoch wie bei Konfessionslosen (acht Prozent). Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Eine Entlastung der Haushalte von Staat und Sozialversicherung durch Einwanderung ist nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Durch Arbeitslosigkeit bedingte Sozialausgaben werden weiter steigen.

Schlechte Integration in den Arbeitsmarkt

Das IW mahnt deshalb an, bei den Bemühungen um die Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt nicht nachzulassen. Trotz vieler Erfolge sei es gerade auch im Hinblick auf die gestiegene Zuwanderung in den vergangenen Jahren wichtig, „dass Politik und Wirtschaft weiterhin eng zusammenarbeiten und so gleiche Chancen für alle schaffen“, so das Fazit des Instituts.

Angesichts der Aussagen des IW sowie der gestern bereits vorgestellten Befunde einer Emnid-Umfrage aus dem Jahre 2016 und der bekannten  Studie des Migrationsforschers Ruud Koopmans, die den Befunden der Bertelsmann-Stiftung allesamt widersprechen, stellt sich darüber hinaus einmal mehr die Frage, weshalb die Ergebnisse der Bertelsmann-Stiftung so kritiklos von deutschen Medien übernommen wurden.

Landauf, landab verfassten deutsche Medienhäuser wohlwollende Überschriften, die den angeblichen Integrationserfolg verkündeten. In den Nachrichtensendungen des Landes das gleiche Bild. Die Studie wurde verkündet wie eine Wahrheit. Raum für Zweifel gab es nicht. Wer nicht die Zeit oder Muße hat, die Befunde selbst noch einmal einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, der wird mit der Erfolgsmeldung vom deutschen Integrationswunder allein gelassen. Während die Studie der Bertelsmann-Stiftung eine kritiklose Verbreitung auf allen Kanälen erfährt, finden Befunde, die dieser Studie diametral gegenüberstehen, keine sonderliche Beachtung. Schon gar nicht in den Abendnachrichten.

Über Vorwürfe, man würde Meldungen und Gewichtungen von Meldungen nach eigenen politischen Ansichten und Wünschen sortieren, muss sich die Mehrzahl deutscher Medien angesichts solcher Umstände nicht wundern. Das Bild vom gut integrierten Moslem – es kommt jetzt gerade kurz vor der Bundestagswahl, in Zeiten von Terrorbedrohung und einer zunehmenden Spaltung der Bevölkerung, wie bestellt.

Journalismus als politische Aktion
Wie ticken Journalisten, wenn sie schwindeln?
Einsprüche, die dieses Bild beschädigen könnten, werden geflissentlich ignoriert. Bestätigung wie durch die Bertelsmann-Stiftung werden kritiklos nachgebetet. Schlimmer noch: Man macht sich nicht einmal die Mühe, die Ergebnisse selbst auf den Prüfstand zu stellen. Das ist kein Journalismus, das ist Stimmungsmache. Bertelsmann liefert Fake-News, und die werden unkritisch repliziert. Journalismus sieht anders aus. Aber offensichtlich geht es nicht mehr darum. Es drängt sich der Eindruck auf, dass ein Stimmungsbild herbeigeschrieben und -gesendet werden soll, das die Konflikte beschönigt und Belastungen verschweigt, um das schwierige Thema Massenzuwanderung aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Oder ist es nur Gedankenlosigkeit in den Redaktionen? Dass es anders geht, Zeitdruck und ähnliche Schutzargumente nicht zutreffen, zeigt übrigens die WELT.

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