Mindestlohn, Hightech-Strategie und Wirtschaftsaufschwung. Die Regierung Friedrich Merz startet eine Optimismus-Offensive. Doch die bleibt im Schlamm der Realpolitik stecken – etwa, wenn Merz die Fördergelder zur Bekämpfung von „Long Covid“ streicht.
picture alliance/dpa/POOL AFP | Tobias Schwarz
Zugegeben. Immerhin im Bereich der PR hat das Team um Kanzler Friedrich Merz (CDU) dazu gelernt. Als es um Themen wie Richterinnenwahl oder Senkung der Stromsteuer ging, erspielte das Team vermeidbare Niederlagen. Dabei hinterließ die Truppe den Eindruck, als wenn Chaos das Einzige wäre, was sie auslösen könne. In der zweiten Hälfte dieser Woche versucht sich die Regierung Friedrich Merz nun in einer abgestimmten Aktion darin, endlich die Aufbruchstimmung auszulösen, die der Kanzler seit Februar so intensiv wie erfolglos beschwört.
Die Regierung Merz hat gute Nachrichten gesammelt, die sie gegen Ende der Woche setzt, um so Allerheiligen zum Fest des neuen Aufschwungs werden zu lassen: Das Statistische Bundesamt wird an diesem Mittwochabend oder am Donnerstagmorgen die Nachricht durchsickern lassen, dass das Bruttoinlandsprodukt im zurückliegenden Quartal leicht gestiegen ist. Warum dieser Jubelmeldung nicht zu trauen ist, hat TE bereits am Dienstag beschrieben.
Trotzdem wird das steigende Wachstum zum Kern der Merzschen Optimismus-Offensive. Um diesen Kern herum hat sein Team einige Erfolgsmeldungen angesiedelt, die den Effekt verstärken sollen. Etwa die von der Erhöhung des Mindestlohns, die nur eine Umsetzung der Empfehlungen der entsprechenden Kommission ist – und deutlich weniger, als die SPD im Wahlkampf versprochen hat. Aber wer Erfolgsmeldungen ins Schaufenster stellen will, aber nicht viel im Lager hat, der darf nicht wählerisch sein.
Stichwort Dorothee Bär (CSU). Die Raumfahrtministerin hat im Kabinett ihre „Hightech-Agenda“ vorgestellt. Der Deutschlandfunk erinnert Bär daran, dass Bundesregierungen schon viele Strategien für den Hightech-Standort vorgestellt hätten, aber die Gegenwart so trostlos sei, wie sie ist – und fragt, warum das jetzt anders sein soll. Weil es keine Strategie sei, sondern eine Agenda. Inhaltlich mag Doro Bär jetzt nicht so ganz die beste Politikerin sein, aber ihre Pointen prädestinieren sie für jeden Fasching.
An dem Punkt scheint die Optimismus-Offensive der Regierung Merz schon wieder gestoppt. Zumal die schlechten Nachrichten nicht abreißen. So erhält der Kanzler diesen Tag einen Brief, den die 13 Oberbürgermeister der Landeshauptstädte der Flächenländer zusammen verfasst haben. Sie beklagen darin, dass die Schere zwischen den Aufgaben und den Einnahmen auseinandergehe.
Das lässt sich doppelt verstehen. Die Folgen der legalen wie der illegalen Einwanderung haben die Defizite der Kommunen tatsächlich verdoppelt und verdreifacht. Davon sind vor allem die großen Städte betroffen. In ihnen gibt es in der Regel bereits entsprechende Communitys, die neue Einwanderer anziehen und damit die Kosten etwa rund um Wohngeld, Versorgung und Bürgergeld durch die Decke gehen lassen.
Aber das meinen die Sozialdemokraten unter den Bürgermeistern sicher nicht. Schon die Erwähnung des Wortes „Stadtbild“ reicht, um sie in den Normalzustand der moralischen Erregung zu versetzen und auf die Dachspitze des Rathausturms klettern zu lassen, von wo aus sie „Rassismus“ ins Land krähen. Wenn sie den Brandbrief an den Kanzler schreiben, wollen sie einfach mehr Geld. Sei es, indem Merz wieder mal ein Versprechen bricht und die Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie zurücknimmt. Oder sei es, indem Merz ihnen mehr aus der Schuldenorgie von 850 Milliarden Euro zukommen lässt.
An Allerheiligen gedenken die Gläubigen den vergessenen Heiligen: „Im Lauf der ersten Jahrhunderte wurde es wegen der steigenden Zahl von Heiligen zunehmend schwierig, jedes Heiligen an einem eigenen Fest zu gedenken“, drückt die entsprechende Wikipedia-Seite auf geradezu poetische Weise den Zweck dieses Festes aus. In diesen Tagen kommen einige gefallene Heilige dazu, denen die Gläubigen künftig gedenken können. Etwa den Priestern der letzten Tage der Menschheit, zu denen Greta Thunberg, Luisa Neubauer und Bill Gates gehörten, der diesen Quatsch jetzt persönlich für beendet erklärt. Thunberg hat umgeschult auf Hamas-Propagandistin. Neubauer bekennt sich jetzt offen dazu, Berufs-Tochter zu sein, und Gates macht weiter Geld, nur mit etwas weniger moralischer Attitüde.
Mit etwas weniger Aufmerksamkeit, als Milliardär Gates zu verursachen versteht, begräbt die Politik den nächsten Heiligen der letzten Jahre: den Kampf gegen „Long Covid“. Die Schnupfen-Prävention diente zu ihrer Hochzeit dazu, Millionen von Bürgern der freien Welt die Abschaffung ihrer Rechte als freie Menschen hinnehmen zu lassen. Jetzt fehlt es auch dafür an Geld. Wie das Handelsblatt berichtete, stehen im Entwurf für den Haushalt nur noch 16 statt wie bisher 150 Millionen für die Forschung bereit. Da Long Covid seinen Wert als Gruselgespenst eingebüßt hat, erhalten die Wissenschaftler, die es beschworen haben, weniger Geld. Hart aber fair.
Als Merz sein Versprechen gebrochen und mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil die Schuldenorgie gestartet hat, begann TE eine lose Serie: „Sie prügeln sich ums Geld“. Die Kernthese lautete, dass die christ- und sozialdemokratischen Regierungen in Bund, Länder und Kommunen jetzt so rücksichtslos Geld raushauen werden, dass es trotz Schuldenorgie bald wieder nicht reichen wird. Für diese These ist jetzt Erntedankfest. Denn genau das Vorhergesagte passiert aktuell.
Wenn zum einen allein das Saarland die Schuldenorgie nutzt, um davon 120 Millionen Euro für Schwimmbäder zu versenken. Während gleichzeitig diese Summe fehlt, um sie in die Forschung zu einer Krankheit zu stecken, die volkswirtschaftliche Schäden von 63 Milliarden Euro verursacht. So vermeldeten es zumindest Qualitätsmedien, die gleichzeitig jeden als ketzerischen Leugner des Glaubens an „die Wissenschaft“ brandmarkten, der diese Summe schon hinterfragt hat, als sie noch als „die Wahrheit“ galt. Die Oberbürgermeister, die Brandbriefe an den Kanzler schreiben, haben letztlich ihren Durst nach noch mehr Geld einfach auch noch nicht gelöscht.
Die Feiertage im November mögen für manche sinnstiftend sein. Aber sie haben doch mit dem Monat gemeinsam, dass sie eher dazu geeignet sind, Depressionen als Aufstiegsstimmung zu verbreiten. Damit zeigt sich dann doch wieder ein handwerklicher Mangel in der Optimismus-Offensive. Eine verrückte Idee wäre es, wenn die Regierung Merz den „Herbst der Reformen“ tatsächlich umsetzt, statt ihn nur anzukündigen und sich darauf ein Frühling des Aufbruchs tatsächlich einstellt. Ganz ohne PR-Tricks. Doch mit Ministerinnen, deren Gedanken in einem Paralleluniversum schweben, in der die Ankündigung einer Agenda mehr ist als nur eine Ankündigung, weil ja eine Agenda etwas viel konkreteres sei als eine Strategie … Am Ende bleibt die Optimismus-Offensive der Regierung Merz im trüben Schlamm der Berliner Realpolitik stecken.




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„An Allerheiligen gedenken die Gläubigen den vergessenen Heiligen“
Ich habe noch in der Schule gelernt, dass „gedenken“ eines der wenigen Verben ist, die des Genitivs bedürfen.
Umgangssprachlich ist natürlich der Dativ des Genitivs Tod. Aber ein Journalist sollte der korrekten Fall schon noch kennen. Also bitte:
An Allerheiligen gedenken die Gläubigen der vergessenen Heiligen.
Gut, dass wir hier in den USA die Deklination der deutschen Sprache nicht haben. Das verhindert jedenfalls den Auftritt von Oberlehrern. Macht einiges in der Kommunikation erheblich leichter. Allerdings haben die Russen es noch schwerer: da gibt es 6 Fälle. 😀 Und im Altgriechisch…ja, da geht noch was, aber nur 5 Fälle. Habe ich das Latein vergessen??
Aber gut, „deutsche Sprach‘, schwere Sprach‘“.
Ist doch schön, wenn es endlich wieder aufwärts geht, während die Gewinne schrumpfen daß die Schwarte kracht und hunderttausende ihren Job in Gesamtsumme verlieren, die nicht mehr wieder kommen, wenn das gesamte deutsche Geschäftsmodell weltweit nicht mehr gefragt ist und die KP in China nur einmal die Parole ausgeben muß, fremde Autos oder anderers zu kaufen sei gegen die Interessen der Nation gerichtet und schon hält sich jeder daran um nicht als Nestbeschmutzer zu gelten, was dort völlig üblich ist und in anderen asiatischen Ländern ebenso, wenn es verordnet wird. In der gleichen Zeit will Trump sein Atommodell wieder auffrischen,… Mehr
Mindestlohn heißt mehr Steuereinnahmen, wir gehen davon aus, das die Preise stabil bleiben, wer sollen das glauben, ich nicht. Positiv, die Reallöhne steigen, automatisch steigen dann die Diäten und Pensionen.
Von der Dorothee Bär weiß ich nur, dass die 2019 im peinlichen Latexkleid als „Wonder Woman“ posierte. Was macht die Frau eigentlich beruflich?
Die Dame ist definitiv die, mit riesengroßen Abstand, hohlste Nuss, die die CSU zu bieten hat, schlimm. 🙈🙈🙈
„…..etwa, wenn Merz die Fördergelder zur Bekämpfung von „Long Covid“ streicht.“ von einer unbefangenen Aufarbeitung der „Corona-Zeit“ spricht keiner mehr. So wie bei der Auflistung aller möglichen Mißstände die Bildung niemals auftaucht. „Long Covid“ können selbst Mediziner anhand von Symptomen nicht von möhglichen Folgen der Covid-Impfung unterscheiden. Da scheint niemand zu interessieren. Nichts hat sich geändert nach einem halben Jahr schwarz-rot. Den Sozis ist es egal, wer unter ihnen Kanzler ist. Die CDU ist steckengeblieben in ihrer 80er-Wehmut oder Merkelgläubigkeit. Was hat eine Energiewende nach mehr als einem halben Jahr noch als eine reale Option zu suchen? Warum ist die… Mehr
Mattz könnte mal nach Tschechien schauen (aber ohne dem Nachbar gleich zu drohen!): https://tkp.at/2025/10/29/tschechien-ist-gekippt/ > „… Das gemeinsame Programm dürfte in Brüssel Sorgenfalten machen. Es sieht höhere Staatsausgaben, allerdings nicht für den Krieg, vor, will von der EU-Klimapolitik abkehren. Zudem will man sich dem EU-Migrationspakt verweigern. Auch weniger Hilfe für die Ukraine ist geplant. Während Babiš für einen Verbleib in EU und NATO ist, ist die SPD, die im EU-Parlament in einem Bündnis mit der AfD ist, für einen Austritt. Innerhalb der Regierung dürfte Babiš also eher Druck gegen die EU als für die EU bekommen. …“ Es geht um… Mehr
„Nach dem Abitur 1999 am Franz-Ludwig-Gymnasium Bamberg studierte sie als Stipendiatin der Hanns-Seidel-Stiftung Politikwissenschaft an der Hochschule für Politik München und am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin mit einem Abschluss als Diplom-Politologin 2005.“, vgl. wiki. Quotentussi? Es ist so nett, dass bei wiki immer die Posten und Worte aufgelistet werden. Wieso nicht mal die Ergebnisse? Hier auch tolle Worte: https://www.bmftr.bund.de/DE/Forschung/HightechAgenda/DossierHightechAgenda/Dossier_HightechAgenda/_documents/3_mikroelektronik.html?nn=1104712 Was haben die noch mit der Realität zu tun? Das ist reines Wunschdenken, Träumerei. Bis diese Worte für die Homepage gefunden wurden, bis ausdiskutiert ist, wie das KompetenzCenter aussehen soll, bis es steht, da ist D und auch die EU… Mehr
Vor allem das OSI spricht für Qualität…(Sarkasmus off) Eine „C“SUlerin vom OSI ausgebildet. Herrlich. Beleg für ein weiteres linkes U Boot. Strauß hätte seine helle Freude gehabt, die gar nicht erst reinzulassen…
Die Probleme , die uns seit Angela Merkel aufgebürdet wurden , die kann die neue Regierung aus Rot-Schwarz nicht weglächeln ! Es wird Jahre dauern bis die Sozialleistungen für die verfehlte Migration gesenkt werden können . Unserer Industrie wird vielleicht jahrzehnte auf wettbewerbsfähige Stromkosten warten müssen . Uns Bürgern zieht der Staat das Geld aus der Tasche , für Wärmepumpe und das E-Auto . Verarmung droht den Bürgern der BRD !
> um sie in die Forschung zu einer Krankheit zu stecken, die volkswirtschaftliche Schäden von 63 Milliarden Euro verursacht
Gemeint ist „Long Covid“? Soll jetzt Frau Von Der per SMS genügend Piekse bestellen, dass es für jeden Untertan pro Quartal reicht?