Nestlé setzt die Axt an – 16.000 Jobs werden gestrichen

„Transformation“ klingt in Sonntagsreden edel und gut. Tatsächlich bedeutet es den massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen. Doch während grüne und sozialistische Politiker Jobverluste in der Automobilindustrie bejubeln, werfen sie Nestlé Profitstreben vor.

picture alliance / Markus Mainka | Markus Mainka

Der neue Nestlé-Chef Philipp Navratil kennt keine Schonzeit. Kaum sechs Wochen im Amt, kündigt der Schweizer den Abbau von 16.000 Stellen an. Das sind etwa sechs Prozent der weltweiten Belegschaft. Das Unternehmen will und muss effizienter werden, um weiter im Wettbewerb bestehen zu können.

12.000 Büroangestellte und 4.000 Produktionsmitarbeiter sollen gehen. So sollen rund 1 Milliarde Franken eingespart werden. Das ist doppelt so viel wie ursprünglich geplant. Bis 2027 will Nestlé die Kosten um 3 Milliarden Franken senken. Der Konzern hatte gerade gemeldet, dass Umsatz und Gewinn leicht über den Erwartungen gelegen hätten.

Navratil, vormals Chef der Edel-Kaffeemarke Nespresso, will „schneller handeln“ und „mehr leisten“. Bei Nestlé kann man sehen, dass der in der Politik so beliebte Begriff Transformation eben unterschiedliche Auswirkungen hat. Analysten applaudieren, dass der neue CEO „keine Marktanteilsverluste mehr akzeptiert“. Zehntausende Familien werden ihr Einkommen verlieren. Bemerkenswert ist, dass die grünen Sozialisten den Verlust von Arbeitsplätzen in der Automobilbrache bejubeln, hier aber der Meinung sind, die Jobs würden dem Profitstreben geopfert.

Die FAZ schreibt: „Tatsächlich setzen Analysten darauf, dass es unter der neuen Führung zu deutlichen Kurskorrekturen kommt: ‚Ich erwarte, dass Navratil gewisse strategische Anpassungen vornimmt und das Portfolio strafft‘, sagte Matthias Geissbühler, Anlagechef der Schweizer Raiffeisen-Bankengruppe. Nichts zu tun, sei keine Option. ‚Da muss jetzt etwas passieren. Das ist die Erwartung der Anleger.‘“

Zu den Bereichen, die bei Nestlé offenbar Probleme bereiten, gehört Health Science mit den Vitaminprodukten, Mineralstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln, das in den letzten Jahren mit Zukäufen vergrößert worden war. Neu an Bord geholte Marken wie Nature’s Bounty und Puritan’s Pride sind nicht oder kaum profitabel. Auch in China sind die Umsätze in letzter Zeit zurückgegangen.

Analysten fordern, Nestlé solle auch das schon lange schwächende Segment mit Tiefkühlprodukten und die viele Süßwaren auf den Prüfstand stellen. Vor allem bei den Süßwaren ist das Problem, dass es offenbar keinen oder nur wenig Aussicht auf Wachstum gibt, sondern, dass es auch schwer mit der Konzernstrategie „Good Food, Good Life“ in Einklang zu bringen sei.

Der neue Kurs markiert einen harten Bruch mit der einstigen Stabilität des Konzerns. Nach dem Rauswurf des früheren Chefs wegen einer Liebesaffäre und dem Wechsel an der Spitze des Verwaltungsrats zieht Nestlé nun die Reißleine. Alles steht auf dem Prüfstand, vom Wassergeschäft über Tiefkühlkost bis hin zu Schokolade.

Navratil verspricht eine „schonungslose Analyse“. In Konzernsprache heißt das verkaufen, verschlanken und auslagern. Selbst profitable Marken könnten auf der Streichliste landen, wenn sie nicht in das neue Wachstumsdogma passen.

Nestlé will neben „gutem Essen, gutes Leben“, eben auch gute Zahlen.

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Kommentare ( 37 )

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Endlich Frei
1 Monat her

Verständlich: Die Energiekosten bedingte Preisexplosion bei Lebensmitteln aus Deutschland wurde so brutal, dass viele Nestle-Produkte Ladenhüter wurden und regelmäßig in der Abfalltonne landeten bzw. die Regale blieben gleich ganz leer. Es war nur eine Frage der Zeit, bis NESTLE in Deutschland die Produktion zu einem großen Teil einstellen würde.

Das lässt sich jetzt als „positive Klimabilanz“ verbuchen – das CO2 kommt künftig ersatzweise dann halt aus einem nordafrikanischem Land (plus Transport über Meer & Straße), wo es auch garantiert die nächsten dreißig Jahre keine CO2-Auflagen geben wird….

Son of Bezzerk
1 Monat her

Gutes Essen heißt für mich auf diesen ganzen Nestle Kunstrotz zu verzichten ganz ehrlich das Zeug braucht niemand und von der Qualität dieser Füllstoffe brauchen wir nicht Reden und das Geschäfts Gebaren naja Food-Mafia trifft es gut

Donostia
1 Monat her
Antworten an  Son of Bezzerk

Zunächst darf sich jeder ernähren wie er möchte, und nicht jeder kann sich Bio vom Nachbarhof leisten. Haben Sie schon mal eine Firma die Nahrungsmittel herstellen von innen gesehen? Wissen Sie was für ein Reinigungsaufwand betrieben wird um die Abfüllanlagen bei einem Produktwechsel komplett zu reinigen weil z.B. Reste von Nüssen im nächsten Produkt vermieden werden müssen um allergische Reaktion durch Verunreinigung zu vermeiden? Wissen Sie was für Qualitätskontrollen durchlaufen werden um sichere Nahrungsmittel herstellen zu können? Die Produkte von großen Nahrungsmittelhersteller sind nicht per se ungesund. Sondern das Essen an sich kann ungesund sein. Ein fettiger Hamburger bei Mc… Mehr

Rosalinde
1 Monat her

Warum regt Ihr Euch wegen lächerlichen 16.000 weltweiten Arbeitsplätzen auf?
Wir haben, zumindest hier doch zuviele Arbeitsplätze. Sonst gäbe es keinen Fachkräftemangel.
Arbeitslose gibt es auch, aber diese sind eben andere Leute.

Ohanse
1 Monat her

In Kurzform und für die denkbenachteiligten CDU-Wähler hier: Klüger wählen sichert Wohlstand und Arbeitsplätze. Aber wozu geb ich mir Mühe, werden ja ganz von selbst immer weniger. Jedes Jahr eine Million , so ungefähr. Ist wie ein Losentscheid. Wenn man der CDU glaubt, die gerechteste Sache der Welt, nicht wahr? Merkt ihr was? Nein? Na, macht nichts. Siehe oben.

Thilo Braun
1 Monat her

Das ist die neue Strategie der Industrie: Hauptsache Arbeitsplätze abbauen. Ist in Deutschland ohnehin kein Problem, denn die Produktion wird hier zurückgefahren und woanders wieder aufgebaut.

Donostia
1 Monat her
Antworten an  Thilo Braun

Die Wähler, die auch Arbeitnehmer sind, haben oft noch nicht kapiert, dass sie nicht mit ihrem Arbeitgeber kämpfen müssen, sondern mit anderen Arbeitnehmer in anderen Ländern konkurrieren. Der Arbeitgeber sucht sich den Standort aus, wo er am günstigsten produzieren kann. Folglich müssten die Arbeitnehmer die Parteien wählen, die mit den richtigen Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass ihr Unternehmen günstig produzieren kann. Mit Klimawahn und Weltenrettung und vernachlässigter Bildungspolitik lässt sich nur schlecht mit dem Rest der Welt konkurrieren. Wissen sie warum das so ist? Ganz einfach, den Rest der Welt geht das Klimagedöns und Probleme in anderen Ländern am Arsch vorbei.… Mehr

verum dicere
1 Monat her

Ich wundere mich immer, warum solche Typen mit ihren immer gleichen Maßnamen zur Firmensanierung (Entlassungen) so bewundert werden.
Arbeitnehmer entlassen kann jeder Honk, dazu brauchts keinen überbezahlten „Manager, CEO“ mit Millionensummen als Abfindung, wenn sie erfolglos gehen. Siehe Deutsche Bahn.

NochNicht2022
1 Monat her

Bitte nicht vergessen: Wenn ein Firmenchef überJahre nur Weiber-Geschichten im Kopf hat, dann passiert. Solche Sachen sind immer ein Baustein von Unternehmensinsolvenzen

Donostia
1 Monat her
Antworten an  NochNicht2022

Glauben Sie wirklich, dass das Problem eine Weibergeschichte war? Nein der Vorgänger war einfach schlecht, ob mit oder ohne Affäre. Die Weibergeschichte diente nur dazu die Abfindung zu drücken. Compliance ist das Zauberwort, um Manager elegant ohne große Abfindung und mit Drohung einer Anklage, wenn er sich der Kündigung erwehren will, zu überziehen.

neverhoxha
1 Monat her

Stellenabbau ist doch wie eine Frischzellenkur. Man entledigt sich bei der Gelegenheit von bestimmten Strukturen, die Probleme machen und auch von bestimmten Personalien.
Für ein privatwirtschaftliches Unternehmen ist das eine ganz normale Sache und hat erst mal gar nichts mit der ideologisch getriebenen Transformation zu tun, oder vielleicht doch?

Milton Friedman
1 Monat her

Ich verstehe die Aufregung nicht ganz: Laut Nestlé sind die Stellenkürzungen global verteilt und machen gemessen an der Gesamtbelegschaft 6% aus. Das ist „hart“ aber noch kein Weltwirtschaftskrisen-Niveau. Mehr ein Schuh draus wird aus der Aufregung, wenn man sich die Berichterstattung anderer Medien anschaut. Das Handelsblatt frohlockt, dass für den linksprogressiven ESG-Kult endlich Heilige Kühe geschlachtet werden (sprich Nestlé sogar das Kerngeschäft dem Grünen Wahn unterwirft), zitiert den neuen Chef anbetungswürdig mit „wir müssen mehr Demut zeigen“. Wir sehen hier also mal wieder vollends den Zirkelschluss linksprogressiven Denkens, nachdem es ethisch wertvolle „Demut“ sei, wenn ein Elite-Uni-Absolvent (St.Gallen) mal eben… Mehr

Donostia
1 Monat her
Antworten an  Milton Friedman

Die meisten Stellen sollen ja Büroarbeitsplätze treffen. Bei so großen Firmen gibt es meisten Abteilungen die sich mit sich selbst beschäftigen oder aber andere Abteilungen mit unnötiger Arbeit belasten die Null zum Produkt beitragen. Das läuft oft so, dass ein Manger seinem Vorgesetzten berichten muss. Dieser Manager dirigiert dann diese Berichterstattung an seine untergeordneten Mitarbeiter oder auch an andere Abteilungen ihm die entsprechenden Informationen beizustellen. Diese Kette nach unten kann dann noch zwei oder drei Ebenen tiefer gehen. Und plötzlich beschäftigen sich zig Leute mit dem selben Thema. Ressourcen werden gebunden. Und manchmal kommt es dann zum Déjà-vu wenn man… Mehr

STRichter
1 Monat her

Naja, die Grünen und die Linken bejubeln den Jobverlust im der Automobilindustrie ja eigentlich nicht, sondern sie nehmen es ihr übel, dass sie zugrundegeht, nur weil sie ihr die Geschäftsgrundlage entzogen haben. Das ist wie das Pferd bei Charles Dickens, das an ein Leben ohne Futter gewöhnt werden sollte. Als man damit fast am Ziel war, ist es leider verhungert. Aber dass es soweit kommt, liegt nicht nur an Grünen und Linken, sondern an allen, die in irgendeiner Weise beteiligt sind, und sei es nur als Opfer, das es mit sich machen lässt.

Last edited 1 Monat her by STRichter