NRW-Regierung will Stellenbesetzungen bei Beamten „vereinfachen“: Nach Willkür und Parteibuch?

Die schwarz-grüne Regierung unter Hendrik Wüst wollte das Beamtenrecht in einem nebulösen Verfahren – quasi durch die Hintertür – ändern. Der Beamtenbund fürchtet, dass nicht mehr die Qualifikation entscheidend für eine Einstellung oder Beförderung ist, sondern Parteibuch und Sympathie. Das Vorhaben wurde nun aufgeschoben.

picture alliance / SvenSimon | Malte Ossowski/SVEN SIMON

Das Grundgesetz ist hier eindeutig. In Artikel 33 (2) heißt es: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“ Eignung, Befähigung und fachliche Leistung: Darum geht es bei der Einstellung von Bewerbern in den öffentlichen Dienst bzw. bei Beförderungen. Das ist der Verfassungstext. Man weiß zur Genüge, dass die Wirklichkeit oft eine andere ist. Dass politische Haltungen, Parteinähe, Parteizugehörigkeit und Spezlfreundschaften ebenfalls eine Rolle spielen, ist leider Alltag. Bis hinauf in höchste Beamtenränge.

Dass ein Bundesland jetzt aber auch noch per Landesgesetz solche Hintertürchen öffnet, ist dennoch ungewöhnlich. Die schwarz-grüne Koalition in NRW unter Führung des Merkelianers, Mediendarlings und gefühlten Kanzler-Kronprinz Henrik Wüst (CDU) will nun qua Hauruck-Verfahren das NRW-Beamtenrecht ändern: zugunsten von einfacheren Besetzungen und Beförderungen.

Allein der Ablauf ist skandalös: Man hat die NRW-Kommunalwahl abgewartet und will nun ohne das übliche Anhörungsverfahren die Einstellungs- und Beförderungspraxis bei Beamten radikal vereinfachen. Der Trick: Ursprünglich sollte über ein „Viertes Gesetz zur Änderung des Fachhochschulgesetzes öffentlicher Dienst“ im Oktober 2025 entschieden werden. Dann zogen die Koalitionäre die Abstimmung in das Plenum am 17. September vor. Nur zwei Tage vor der Sitzung tauchte dann ein Änderungsantrag auf. Man will, dass ergänzend zu den dienstlichen Beurteilungen weitere Auswahlinstrumente herangezogen werden könnten. Dabei geht es um – angeblich – „wissenschaftlich fundierte Auswahlmethoden, insbesondere Personalgespräche, strukturierte Interviews, computerbasierte Tests, Assessment-Center und Potenzialanalysen“.

Transparent ist all das nicht mehr; Einstellungen und Beförderungen verschwinden hinter einer nebulösen Wand. Der Beamtenbund fürchtet denn auch, dass nicht mehr die Qualifikation ausschlaggebend für eine Besetzung ist, sondern Parteibuch oder persönliche Sympathie. FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel kritisiert: „Das bereits chaotische Verfahren unter Abkürzung der vom Parlament beschlossenen Beratungsfolge wird durch CDU und Grüne immer dreister verändert. Jetzt sollen sachfremde, aber entscheidende Veränderungen im Landesbeamtengesetz vollzogen werden, die nie Debattengegenstand gewesen sind.“ Inhaltlich werde es dadurch erleichtert, Parteigänger oder sonstige Günstlinge vorbei an formalisierten Personalbeurteilungen leichter auf Stellen zu hieven.

Schließlich dann der Salto rückwärts: Schwarz-Grün zog den entsprechenden Antrag zurück. Der Sachverhalt solle in einer der kommenden Plenarsitzungen behandelt werden. Doch inhaltlich will man an dem Vorhaben festhalten. Simon Rock (Grüne), Sprecher für Haushalts- und Finanzpolitik, erklärte gegenüber der Rheinischen Post: „Ziel der geplanten Gesetzesänderung ist es, gesetzlich klarzustellen, dass bei der Einstellung und Beförderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landesverwaltung neben der reinen Aktenlage auch Vorstellungsgespräche, Einstellungstests und Assessment-Center eingesetzt werden dürfen.“

Ina Blumenthal, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, ging indes hart mit der Koalition ins Gericht. „Was auch immer die schwarz-grüne Koalition zu diesem parlamentarischen Foulspiel veranlasst hat: Es war hinterlistig und doch durchsichtig. Schwarz-Grün verlässt die Grundlagen des soliden Regierungshandwerks immer wieder. Aber wir passen auf und lassen der Koalition solche Unverschämtheiten nicht durchgehen.“ FDP-Fraktionsvize Witzel kam zu dem Schluss, die Einsicht zum „Verzicht auf den aktuellen Überfall im Beamtenrecht in letzter Sekunde“ sei offenbar rechtlich bedingt und beziehe sich leider wohl nur auf das Verfahren und nicht auf den Inhalt. „Die fachliche Kontroverse wird daher weitergehen. Wir sollten dabei die sachdienlichen Hinweise aus der Beamtenschaft berücksichtigen.“

Die Pläne und das Vorgehen von Schwarz-Grün erinnern daran, dass diese schwarz-grüne NRW-Koalition – die eigentlich eine grün-grüne ist – sich zuletzt jahrelang blamiert hat, als es um die Besetzung der vakanten Stelle des Präsidenten am Oberverwaltungsgericht ging. Da war nach der Landtagswahl 2022 nachträglich eine Abteilungsleiterin aus dem Innenministerium nach Ablauf der Bewerberfrist in das Verfahren nachgerückt, nachdem sie mit ihrem Duz-Bekannten, Justizminister Benjamin Limbach (Ex-SPD, jetzt Grüne), bei einem Abendessen ihr Interesse an der Stelle bekundet hatte.

Unterlegene Bewerber hatten gegen das Verfahren geklagt. Selbst das Bundesverfassungsgericht hatte Limbach gerügt. Inzwischen hat sich die Sache anders gelöst: Die Bekannte des Ministers ist ins Bundesfamilienministerium gewechselt und ein ursprünglich unterlegener Mitbewerber nachgerückt.


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Kommentare ( 13 )

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13 Comments
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Der Ketzer
2 Monate her

Eignung und Befähigung besteht bei Beamten, die üblicherweise für die Erledigung sog. „hoheitliche Aufgaben“ eingestellt werden, u.A. darin, dass sie eine juristische Aus- bzw. Vorbildung haben. Nicht ohne Grund gibt es die sog. „Amtshaftung“ (Art. 34 GG) in der zwar vorrangig der Staat für ein/e Fehlverhalten/Fehlentscheidung des Beamten haftet, dieser jedoch dafür u.U. in Regress genommen werden kann. Beamte müssen zudem hinreichende Kenntnisse zur Wahrnehmung ihrer Remonstrationspflicht haben. Wenn sie nicht wissen, was sie tun bzw. was sie nicht tun dürfen, sind die Bürger letztlich der Willkür von Poltikern ausgeliefert. Die Skrupellosigkeit der Politik ist deutlich erkennbar aber die Bürger… Mehr

Manfred_Hbg
2 Monate her

Zitat 1: „Das Grundgesetz ist hier eindeutig. In Artikel 33 (2) heißt es: „Jeder Deutsche hat….“ > Als wenn es den aus den AltparteienKARTELL kommenden „Wir-Demokraten-der-Mitte“ (im Kurzem auch: Pseudodemorakraten oder Sozialisten/Kommunisten) noch interessieren würde was unser Grundgesetz besagt oder welche Rechte der DEUTSCHE hat. _ _ _ _ _ _ Zitat 2: „Transparent ist all das nicht mehr; Einstellungen und Beförderungen verschwinden hinter einer nebulösen Wand. Der Beamtenbund fürchtet denn auch, dass nicht mehr die Qualifikation ausschlaggebend für eine Besetzung ist, sondern Parteibuch oder persönliche Sympathie“ > Und auch Worte wie „Transparent“ oder wie Offenheit usw ist doch etwas,… Mehr

santacroce
2 Monate her

Ganz früher, weit vor unserer Zeit, wurde mal nach Leistung, Eignung und Befähigung die Bestenauslese vorgenommen. Danach kam die Beförderung nach Alter, Dummheit und Gewicht. So ganz neu ist die Beförderung nach Haltung, Meinung und Parteibuch nicht. Das gibt doch schon seit bestimmt 20 – 30 Jahren in NRW, wurde von den Roten eingeführt, von den Grünen verstärkt und die CDU macht es jetzt offiziell. Beamte in Spitzenämtern mit anderer Meinung – auf gar keinen Fall, das geht nicht, ein absolutes no go, man muss sich schließlich auf seine Leute verlassen können – der deep state lässt grüßen. Nächster Schritt:… Mehr

Kassandra
2 Monate her

Vielleicht sind die eigenen Behörden auch schon lange gar nicht mehr „eigen“? Denn aus dem alten Al Andalus berichten sie: „Erst nachdem der Großteil der Iberischen Halbinsel erobert war, kam die arabische Elite; die aus dem umayyadischen Hause treu gebliebenen Kriegern und deren Familien bestand aus dem Nahen Osten (vor allem aus Syrien) nach Spanien, um umgehend die Leitung der Verwaltung und der militärischen Führung zu übernehmen.“ Aus einer Diplomarbeit Arabistik an der Universität Wien, (S. 92): http://othes.univie.ac.at/10204/1/2010-06-03_0417093.pdf Nicht umsonst haben die grünen Habeck/Müller den islamischen Schriftgelehrten, einen gewissen Ahmed Gaafar aus Kairo (ohne wiki!), lange als trusted flagger, also… Mehr

Greif
2 Monate her

Artikel 33 (2) hin oder her – in Wirklichkeit bestimmt der Grad einer Vernetzung zu allen möglichen und unmöglichen „Förderern“ die Aussicht auf eine Beförderung. Die natürlich viel Aufwand und Verstellung erfordert; bis zur quälenden Selbstverleugnung! Dieser Aufwand schlägt als Belohnung in einem Maximum an Beförderungsaussicht nieder; wohin gegen ein Verzicht auf diese Eigenwerbung zugunsten einer loyalen Erledigung der dienstlichen Aufgaben zu 100 % vielfach einen totalen Verzicht auf Protektion bedeutet. Die Feststellung: „bis hinauf in höchste Beamtenränge“ trifft meiner Ansicht nach nicht die Wirklichkeit; tatsächlich sind vornehmlich die „hohen“ Ränge zum überwiegenden Prozentsatz nahezu pathologisch um die eigen Karrieren… Mehr

Kassandra
2 Monate her

Sieht man diese beiden Artikel von TE im Zusammenhang, könnte einem deutlichst übel werden: https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/dobrindt-zertifikate-schwindel-einbuergerungen-organisierter-sozialbetrug/ . Der erschwindelte deutsche Pass ermöglicht nicht nur die Beamtenlaufbahn – und ich weiß von Vietnamesen, die sich in Vietnam Original!!papiere für alles zudem kaufen können. Das wird nicht nur dort der Fall sein. Man kann quasi darauf warten, bis solch „falsche 50er“ auffliegen – wenn es nicht hier wie in UK schon viel zu spät ist und die Macht nicht schon gewechselt hätte. . Und dann hat man solche „Gewählte“ wie z.B. eine Ilhan Omar, deren Hauptaugenmerk es zu sein scheint, dass „Somalia aufgebaut… Mehr

Last edited 2 Monate her by Kassandra
Kassandra
2 Monate her

Erst gibt es den deutschen Pass – und dann die Beamtenlaufbahn. Geschenkt?
Gar nicht wissen wird man wollen wie sie Stellen für Angestellte in den Ämtern bereits lange besetzen,
Trump heute in UK: „Trump on illegal immigration in the UK: „And it doesn’t matter if you call out the military. It doesn’t matter what means you use. But it’s going to destroy — it destroys countries from within.“ https://x.com/visegrad24/status/1968685772590264327

Last edited 2 Monate her by Kassandra
man without opinion
2 Monate her

Moin,
nach dem fulminanten Wahlsieg der CDU macht man halt Nägel mit Köpfen. Wer weiss, wie lange das noch geht.
Soweit ist das sschon (Nur für Wetterfeste):
https://lhr03-portal.owl-it.de/bewerber-web/?xsrf=B1BC2240E9418254FE426DFF935A1D1C&company=0230-FIRMA-ID&tenant=&lang=D&canShare=true&Uid=#position,id=0a19f869-1bc9-4e4e-90d2-ab01c3fc6dc3,popup=y
Wenn noch einfacher, dann einen Würfel beim Pförtner oder wie?
Kannste Dir nicht ausdenken, ist der neue Faktencheck.
LG

rainer erich
2 Monate her

Na sowas. Ist das Unfaehigkeit oder Vorsatz ? Es spricht alles fuer eine ganz böse Absicht. Die Gründe kennen wir. Und nun ?

hansgunther
2 Monate her

Es wird aber auch Zeit in NRW, die Beamtung für die fünfte Kolonne endlich aufzubohren. Bisher ist nahezu jede „Front“ eingestürzt, das muss fortgesetzt werden. Es wäre ja noch schöner, wenn die Übernehmer jetzt nicht in die Pötte kommen, um ihr Ding in trockene Tücher zu bekommen. Schließlich ist auch ihre Farbe schwarz und/oder grün, je nach Schärfe und Länge des Werkzeuges. Was den einen Grünen recht ist und gelungen, sollte den hereingeschneiten grünen Fahneträger billig sein. Wie der Name schon sagt, sind Wüst und Wüste „Brüder“ im Geiste, das Risiko dahingeschickt zu werden wächst täglich. Denn die Zeichen mehren… Mehr