Gewerkschaftsnahe Forscher warnen schwarz-rote Regierung vor „Stahlschock“

Verschwindet die Stahlproduktion aus Deutschland, so würde die Wirtschaft gleich mit ihr gehen. Dies geht aus einer Studie der Universität Mannheim hervor, die an diesem Dienstag veröffentlicht und durch die Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde.

IMAGO/Funke Foto Services

Nach der dem Gewerkschaftsbund DGB nahestehenden Hans-Böckler-Stiftung droht der deutschen Wirtschaft ein jährlicher Wertschöpfungsverlust von bis zu 50 Milliarden Euro, das entspricht 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Professoren Tom Krebs und Patrick Kaczmarczyk warnen vor einem möglichen „Stahlschock“. Also ein Szenario, in dem wichtige Exportländer wie China ihre Lieferungen nach Europa einschränken. Dies hätte verheerende Folgen. Insbesondere für den Maschinenbau, die Bauwirtschaft, die Automobilindustrie, die Elektrotechnik und die Metallerzeugung. Die Wissenschaftler halten aufgrund der dann höheren Kosten für Stahl Versorgungsengpässe, Preisanstiege und Produktionsausfälle in diesen Branchen für möglich. „Eine starke heimische Stahlproduktion ist Voraussetzung für die wirtschaftliche Resilienz Deutschlands“, heißt es in der Studie.

Die Stiftung spricht sich für eine deutlich stärkere politische Unterstützung der Branche aus. Dies könnte daran liegen, dass die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi, die von 2014 bis 2015 Generalsekretärin der SPD und von 2016 bis 2017 Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales war, meint, Investitionen in klimafreundliche Produktionsanlagen seien nötig, um die Transformation zu „grünem Stahl“ zu sichern. Andernfalls würde eine gefährliche Abhängigkeit von Importen „mit massiven sozialen und politischen Folgen“ drohen. Rund 30.000 Arbeitsplätze in der Stahlindustrie seien akut gefährdet, besonders in Duisburg, Bremen, Salzgitter, Eisenhüttenstadt und im Saarland.

Gewerkschaften konsequent auf Klimakurs
Zwischen Absturz der Industrie und grüner Gesinnungstreue
Rund vier Millionen Menschen arbeiten in Branchen, die auf Stahl angewiesen sind. Da 42 Prozent der Beschäftigten über 50 Jahre alt sind, seien in Folge der Überalterung indirekt weitere Arbeitsplätze in stahlverarbeitenden Industrien bedroht. Auch warnt die Studie vor der Gefahr eines industriellen Strukturbruchs, wie es schon in den USA oder Großbritannien der Fall war. Sollte die Stahlindustrie wegbrechen, wäre ein Wiederaufbau kaum realistisch, da viele Fachkräfte verloren gehen bzw. schlichtweg nicht mehr zur Verfügung stehen würden.

Zudem könnten soziale und politische Spannungen eintreten: „Eine solche Wirtschaftspolitik wäre ein Konjunkturprogramm für die AfD in den betroffenen Regionen“, stellt die Studie als Theorie auf.

Die vom DGB beauftragten Forscher schlagen als Lösung eine massive Beschleunigung der Investitionen in klimafreundliche Produktionsanlagen vor. Bisher geplante Projekte für sogenannten „grünen Stahl“ würden nicht ausreichen: Von benötigten 20 Millionen Tonnen „CO₂-armem“ Primärstahl seien nur Kapazitäten für acht Millionen geplant. Ohne mehr politische Unterstützung drohe Deutschland den Anschluss zu verlieren und zugleich stärker von Importen abhängig zu werden.

Eine solche Abhängigkeit, warnen die Autoren, sei geopolitisch riskant: Erfahrungen mit elektronischen Chips, Medikamenten und seltenen Erden hätten gezeigt, wie schnell globale Lieferketten ins Wanken geraten können. Eine starke heimische Stahlproduktion sei daher auch eine Frage der wirtschaftlichen Sicherheit und Resilienz Deutschlands. Die Studie wurde kurz vor dem für diesen Donnerstag geplanten Stahlgipfel im Kanzleramt veröffentlicht.

Auf dem Stahlgipfel soll es um Maßnahmen für günstigere Energiepreise und den Ausbau klimafreundlicher Produktion gehen. Auch die im Bericht geforderte stärkere politische Unterstützung der Stahlbranche dürfte Thema des Treffens sein. SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil hatte bereits Anfang der Woche gefordert, die Stahlimporte aus Russland zu beenden, um die europäische Eigenproduktion zu stärken.

Klingbeil sprach von „mehr europäischem Patriotismus“ und kritisierte laut Spiegel, dass Europa „den Markt für Putin weiter offenhält“. Vertreter aus Industrie und Opposition warnten davor, dass der Appell ohne wettbewerbsfähige Energiepreise reine Symbolpolitik bleibe. Entscheidend sei, dass die Stahlproduktion in Deutschland auch wirtschaftlich tragfähig bleibe, sonst würde kein Importstopp helfen.

Die Probleme der Branche sind allerdings nicht neu: Schon unter dem damaligen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Bundesregierung milliardenschwere Förderprogramme für die Umstellung auf klimafreundliche Stahlproduktion aufgelegt.

Mehrere Konzerne wie ArcelorMittal, Salzgitter und Thyssenkrupp haben ihre Projekte inzwischen gestoppt oder verschoben, da Energie aus Wasserstoff schlicht zu teuer sei. Die Unternehmen fordern seit Langem verlässliche Energiepreise und klare politische Rahmenbedingungen.

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Kommentare ( 51 )

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St.Elmo
2 Tage her

Interessant an der Sache ist, dass als Begründung für mehr Subventionen für „grünen“ Stahl genannt wird, dass nicht Handeln der AfD nutzt.Wenn man sich sicher ist das „grüner“ Stahl die Zukunft ist, dann sollte man das doch anders Begründen können oder nicht?

Juergen P. Schneider
2 Tage her

Der „Stahlschock“ ist nur ein Teil des Realitätsschocks, den das links-grüne Kartell jeden Tag erleidet. Allerdings glauben die Bewohner der Wagenburg an der Spree, dass sie die Realität auch in Zukunft einfach ausblenden können. Nur die Konsequenzen dieser Realitätsverweigerung, die werden sie nicht mehr lange ignorieren können.

SwingSkate
2 Tage her

Man muss die Regierung nicht warnen vor etwas, was diese vorsätzlich betreibt. Man kann sie höchstens warnen vor den strafrechtlichen Konsequenzen dieses vorsätzlichen Tuns.  

humerd
2 Tage her

Gewerkschaften sind mit die Treiber der hohen Abgaben auf Einkommen. Der permanente Ruf nach Subventionen im Land, das seit vielen Jahren an Subventionitis krankt und diese Subventionitis mit noch mehr Subventionen kuriert, ist mit ein Grund für hohe Abgaben auf Einkommen, für wenig netto vom brutto. Zur Erinnerung: „Das Unternehmen zeigt mit seinem sehr ambitionierten Projekt, dass es durch konsequenten Einsatz von Wasserstoff möglich ist, den Stahlsektor als größten industriellen CO2-Emittenten in Deutschland zu dekarbonisieren. “ … „Insgesamt zwei Milliarden Euro werden durch den Bund und das Land Nordrhein-Westfalen in die grüne Stahlproduktion bei Thyssenkrupp Steel in Duisburg investiert: 1,3 Milliarden Euro vom Bund, 700 Millionen Euro… Mehr

Nibelung
2 Tage her

Ganz ehrlich, wer ist denn da noch geschockt, übrigens bereits ein inflationärer Begriff, der rational denkenden Menschen nicht gemein ist, weil sie analysieren und dann zu dem Ergebnis kommen, daß diesem Land nicht mehr zu helfen ist und somit die Bürger alle zusammen zum Opfer von völlig unfähigen Leuten werden, die allenfalls die Statthalterrolle übernommen haben und sich in der blamablen Lage befinden, es noch so aussehen zu lassen, als würde man sich bemühen, sich über Wasser zu halten und dabei selbst die Mineure des Staudamms darstellen, bis alles abgesoffen ist und das Ahrtal war die erste Tragikkommödie aller Unfähigkeiten… Mehr

Juergen P. Schneider
2 Tage her
Antworten an  Nibelung

Wenn die Bürger nur die Opfer wären, könnte man das Ganze ja noch verstehen. Aber die „Opfer“ haben sich die Zustände selbst herbeigewählt.

Endlich Frei
2 Tage her

Mit dem Stahl verschwindet auch die SPD vom Äther.
Merzens grüner Opportunismus wird ihm die Karriere kosten.

Schmidtrotluff
3 Tage her

Grüner Stahl … Schwachsinn hoch hundert. Das wird es niemals geben. Wozu auch. CO² ist Leben. Keine Arbeit wird mit höherem Aufwand verrichtet als notwendig. Die Arbeiter müssen sich von diesen Parasiten und Kartellen befreien. Der DGB gehört verboten. Es gab Zeiten, da gab es überall Eisengießereien. Da gab es keine SPD und keine „Gewerkschaften“. Stattdessen gab es überall Arbeit, Lohn und Brot und Wohlstand. Und einen Kaiser.

drnikon
3 Tage her

Die deutsche Industrie ist ein ganz schlimmer CO2-Produzent. Furchtbar. Das CO2 macht unser Klima kaputt und vernichtet indirekt das Überleben der Grünen Wohlstandsblase. Wenn die deutsche Industrie deutlich dezimiert wurde, sinkt endlich das CO2, das Klima erholt sich und der Grüne Wohlstand bricht aus. Wie schön. Viel Spaß bei der Gewinnung neuer Erkenntnisse. – Ich bin dann mal weg.

Wuehlmaus
3 Tage her

Da sind wir ja nur noch erpressbar, von fast jeder Nation. Also weitermachen!

GP
3 Tage her

Dies könnte daran liegen, dass die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi, die von 2014 bis 2015 Generalsekretärin der SPD und von 2016 bis 2017 Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales war, meint, Investitionen in klimafreundliche Produktionsanlagen seien nötig, um die Transformation zu „grünem Stahl“ zu sichern. Da sind wir wieder bei dem Punkt angekommen an dem ich rufe „geliefert wie bestellt“. Wie kann es sein dass zehntausende DGB Mitglieder weiter brav ihre Beiträge bezahlten während so ein trojanisches Pferd mit SPD Anstrich ihre wirtschaftliche Basis zerstörte? Die Gewerkschaften, genau wie die gesamte Wirtschaft, wird von links/grünen Maulhelden an die Wand gefahren… Mehr