Zwischen Absturz der Industrie und grüner Gesinnungstreue

Eine Umfrage der IG Metall unter Betriebsräten der Industrie bestätigt die katastrophale Lage der deutschen Wirtschaft. Existenzangst greift um sich. Doch die Gewerkschaften feiern den „Green Deal“. Politik, Konzerne und Funktionäre halten Kurs auf den Abgrund.

picture alliance / dts-Agentur | -

Kein Tag vergeht ohne neue Horrormeldung aus der deutschen Wirtschaft. Die jüngste Nachricht, die auch international für Aufsehen sorgte: Volkswagen drohte ab dem kommenden Mittwoch mit einem Stopp der Golfproduktion im Stammwerk Wolfsburg. Die virulente Chip-Knappheit mag sich kurzzeitig in den Vordergrund geschoben haben. Sie kann aber die generelle Nachfrageschwäche der Branche nicht überdecken.

Volkswagen liefert ein wuchtiges Symbol – es beschreibt den Zustand der gesamten deutschen Wirtschaft auf den Punkt.

Sichtbare Erkrankung

Die deutsche Wirtschaft ist sichtlich schwer erkrankt. Sie hat im Zuge ökosozialistischer Regulierung und explodierender Energiekosten massiv an Wettbewerbsfähigkeit verloren und wartet nun händeringend auf eine politische Kehrtwende.

Eine aktuelle Umfrage der IG Metall unter Betriebsräten der Industrie bestätigt nun das Bild des allgemeinen Niedergangs: Rund 47 Prozent der befragten Betriebsräte sehen die Unternhmensperspektiven als schlecht oder sehr schlecht an. Nur in 49 Prozent der Betriebe gilt die Beschäftigung in den kommenden Jahren als gesichert.

Der Rest blickt in eine ungewisse, düstere Zukunft. Der Arbeitsplatzabbau schreitet weiter voran – ein sichtbares Zeichen der fortschreitenden Deindustrialisierung.

Etwa jeder fünfte Betrieb klagt über massiven Auftragsmangel, reduziert Arbeitszeiten und meldet Kurzarbeit an.

USA als Attraktor

Hinzu kommt die Zuspitzung auf der geopolitischen Bühne. Angesichts der aggressiven Zollpolitik der USA erwägen inzwischen rund 20 Prozent der deutschen Industrieunternehmen, ihre Produktion teilweise in die Vereinigten Staaten zu verlagern, um dem Zolldruck zu entgehen. Acht Prozent haben bereits konkrete Pläne auf dem Tisch.

All das sind Warnsignale, die längst zu einem politischen Umdenken führen müssten – vor allem in den Gewerkschaftszentralen.

Doch dort setzt man weiterhin auf Durchhalteparolen. Die erste Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, fordert mehr Engagement in „Zukunftsfeldern“: „Auch neue Branchen müssen wir mit voller Power erschließen. Kreislaufwirtschaft, Batterien, Recycling, Künstliche Intelligenz – die Möglichkeiten sind da.“

Kurs halten

Schöne Worte, gewiss. Doch sie zeigen vor allem eines, dass n Gewerkschaftskreisen kein ideologisches Umdenken stattgefunden hat. Man hält Kurs und bestätigt damit stillschweigend die fatale grün-sozialistische Politik aus Brüssel und Berlin.

Ohne Rückgrat durch die Krise
IG Metall setzt auf Subventionen, EU erhöht Zollmauer
Bereits im Frühjahr dieses Jahres wies Benner in einer Stellungnahme darauf hin, dass aus ihrer Sicht die grüne Transformation unausweichlich sei, um Wohlstand und Beschäftigung langfristig zu sichern.

Benner betonte, Deutschland müsse Technologieführer bei klimaneutraler Industrieproduktion werden. Staatliche Förderung solle innovationsorientiert, nicht kompensatorisch wirken.

Ein sozial gerechter Green Deal könne nur gelingen, wenn Beschäftigte frühzeitig beteiligt und standorttechnologisch ertüchtigt werden, so Benner. Was dies genau bedeuten soll, bleibt indes unklar.

Die Gewerkschaften halten also Kurs auf die grüne Transformation – koste es, was es wolle. Vergessen scheint der offene Brief an den Bundeskanzler vom Juli dieses Jahres, in dem die Betriebsräte von LEAG, BASF und ArcelorMittal eindringlich warnten, dass die deutsche Energiewende den Wirtschaftsstandort Deutschland zu überfordern drohe.

Es war der erste vorsichtige Versuch, den verheerenden Crashkurs wenigstens abzumildern, ihn graduell zu korrigieren. Auch IG BCE-Chef Michael Vassiliadis hatte sich damals diesen mahnenden Stimmen angeschlossen.

Doch diese Stimmen werden wohl vorerst verstummen. Es herrscht ein Geist des Korporatismus. Der Schulterschluss von Gewerkschaften, Konzernen und Politik. Man lässt keinen Zweifel daran: Der Kurs ist festgelegt, das neue Schuldenpaket wird vorübergehend für Ruhe sorgen. Eine Grabesruhe.

Altbackene Rezepte

Der Strategiekatalog der Gewerkschaften zur Überwindung der Industrie- und Wirtschaftskrise liest sich wie ein Kompendium sozialistischer Schlaglichter. Der DGB und insbesondere die von der Energiekrise besonders getroffene IG BCE fordern staatliche Maßnahmen zur Stabilisierung der Industrie. Was im Klartext nichts anderes bedeutet als einen subventionierten Industriestrompreis. Kritik an den Ursachen? Fehlanzeige.

Kollaps der Automobilwirtschaft
Gewerkschaften wollen den Status quo einfrieren
Der Green Deal, der Atomausstieg, das Ende des russischen Gases – alles Tabuthemen. Stattdessen will man den Steuerzahler erneut zur Kasse bitten, um mit frischen Beihilfen die Symptome zu überdecken.

Doch damit nicht genug: Ein breites Bündnis aus 22 Gewerkschaften und Organisationen hat sich nun auch der Steuerpolitik verschrieben. Das Muster ist bekannt – die „starken Schultern“, also jene, die ohnehin schon den Löwenanteil des Steueraufkommens tragen, sollen noch stärker belastet werden.
Wieder einmal steht die Wiedereinführung der Vermögenssteuer im Raum – jenes Instruments, das schon in seiner alten Form nicht verfassungskonform war. Ziel sei es, soziale Ungleichheit zu bekämpfen und den Sozialstaat zu „stärken“ – jenen Sozialstaat, der bei stetig wachsenden Steuereinnahmen im Geld schwimmt.

Kein Problembewusstsein

Dass das eigentliche Problem im aufgeblähten Staatsapparat liegt, dessen Bürokratie die deutsche Wirtschaft jährlich mit rund 60 Milliarden Euro belastet, kommt den Herren in den Chefetagen der Gewerkschaften nicht in den Sinn. Eine Debatte über die Lasten der illegalen Zuwanderung ist eh tabu.

Stattdessen wird ein neues Feindbild konstruiert: der „hohe CO₂-Fußabdruck der Reichen“.

Man übernimmt bereitwillig das Vokabular der Brüsseler Funktionärskaste und trägt den ökosozialen Klassenkampf nun auch auf deutschem Boden aus. Von hier ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Forderung der Linkspartei nach einem „sozialen Klimageld“ – ein Euphemismus für weitere Umverteilung unter grünem Deckmantel.

Was die Gewerkschaften dabei übersehen: Mit ihrer ökosozialistischen Klassenkampf-Rhetorik unterminieren sie nicht nur die Kapitalbasis des Landes, die ohnehin in rasendem Tempo erodiert. Sie schwächen vor allem jene, die sie eigentlich vertreten sollen – die Arbeitnehmer.

Denn mit der sinkenden Produktivität der deutschen Wirtschaft und dem fortschreitenden industriellen Niedergang werden in den kommenden Jahren Hunderttausende Jobs verloren gehen. Bereits in den letzten zwei Jahren sind in Industrie und verarbeitendem Gewerbe 270.000 Stellen abgebaut worden.

Das kann nicht im Interesse der Gewerkschaften sein. Sie müssten sich endlich von der Brüsseler und Berliner Linie emanzipieren und begreifen, dass sich die Frontlinien verschoben haben. Der Unternehmer ist längst nicht mehr der Klassenfeind.

In einer Wirtschaft, die unter Regulierung, Energiekosten und Staatslast zusammenzubrechen droht, sitzen Arbeitnehmer und Arbeitgeber längst im selben Boot. Nur wer das erkennt, kann noch verhindern, dass dieses Boot endgültig versinkt.

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Kommentare ( 72 )

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CIVIS
21 Tage her

Wie sagte Friedrich Merz kürzlich, wenngleich in anderem Zusammenhang:
„Frieden gibt´s nur auf dem Friedhof“
Ein Großteil der deutschen Industrie liegt schon auf der Intensivstation.
Hoffentlich passen die potentiellen Todeskandidaten bei der Menge der zu erwartenden „plötzlich und unerwarteten Abgänge“ in die Leichenhalle.

Und mangels industrieller Tätigkeiten wird es dann rund um den Industriefriedhof bestimmt auch ganz ruhig und friedlich zugehen!

Alliban
21 Tage her

Laut Wikipedia hat Frau Brenner eine Lehre als Fremdsprachensekretärin absolviert, danach hat sie Soziologie studiert. Offenbar direkt nach dem Studium ging sie zur IG-Metall, wo sie Karriere machte. Außerdem ist sie SPD-Mitglied. Mein Fazit: Sie ist offenbar in einer „Blase“ groß geworden, woher soll sie da Sorge und Nöte der Unternehmen kennen? Woher soll sie wissen, wie es im internationalen Wettbewerb zugeht? Da wundert mich die Qualität ihrer Vorschläge nicht.
Sie hat zwar diverse Aufsichtsratsposten, die sie aber vermutlich v.a. ihrer Zugehörigkeit zur Gewerkschaft zu verdanken hat.

Lehrer sind auch nur Menschen
21 Tage her

ja, leider treten die Leute aber auch aus den Gewerkschaften nicht aus. Sie klammern sich daran, dass die Gewerkschaften für Lohnerhöhungen kämpfen und bei Kündigungen rechtlich helfen. Nur in den meisten Fällen tut die Gewerkschaft das gar nciht.. es ist wie mit dem Glauben an die Kirche… Steuern zahlen, damit man in den Himmel kommt, dabei ist die Kirche krimineller als jede Mafia… Also, logisch gedacht, besser Geld an die Mafia zahlen, als an Kirche und Gewerkschaft… die mafia ist unter rot-grün ja auch einflussreicher

Klaus Uhltzscht
21 Tage her

Hat die Dame auch wieder die Nummer gebracht, daß die AfD ausländische Investoren und Fachkräfte abschreckt?

Alliban
21 Tage her
Antworten an  Klaus Uhltzscht

Laut Wikipedia: „Benner sieht in der in Teilen rechtsextremen Partei AfD eine Gefahr für die deutsche Wirtschaft…“

H. Hoffmeister
21 Tage her

Herr Kolbe, die Wirklichkeit ist insbesondere für grünwoke Ideologen inakzeptabel. Daher wird bis zum bitteren Ende der Klimaklamauk mit seinen Verästelungen in Stromerzeugung, Wärmebereitstellung, Mobilität und Lebensmittelproduktion zelebriert. Es wird interessant zu sehen, was mit dem in Armut und Verteilungskämpfen endenden Land passiert.

Klaus Uhltzscht
21 Tage her

Dringend notwendig bei der Fehlersuche im System ist eine Umfrage unter Gewerkschaftsmitgliedern, warum sie Mitglied in ihren Gewerkschaften sind.

WGreuer
21 Tage her

Die Gewerkschaften haben von je her engste Verbindungen zur SPD. Christiane Benner, erste Vorsitzende der IG Metall, ist Mitglied der SPD. (siehe https://igbce.de/igbce/michael-vassiliadis-29286)
Michael Vassiliadis, Chef der IG BCE, ist Mitglied der PD. (siehe https://www.gewerkschaftsgeschichte.de/biografien-55540-christiane-benner.htm)
Den Rest erspare ich mir. Die Führungen der Gewerkschaften sind also überwiegend Parteifunktionäre. Natürlich „führen“ die die Gewerkschaften in Richtung Parteipolitik, und die Parteipolitik führt in den Untergang der deutschen Wirtschaft.
Die Gewerkschaftsmitglieder sind daher selber schuldig, wenn Sie linksgrüne Politiker in die Gewerkschaftsgremien wählen, anstatt der eigenen Leute.
Geliefert, wie bestellt.
Noch Fragen?

Last edited 21 Tage her by WGreuer
AlexR
21 Tage her

Irgendwie hab ich das Verlangen, ständig auf dieses Bild einzuschlagen. Woran das wohl liegt?

Bernd Schulze sen.
21 Tage her

Die Gewerkschaften sind doch von den Genossen unterwandert und verhindern jedes aufbegehren gegen die Entscheidungen der Regierungen. Erst Recht bei den zu erwarteten Einschnitten beim Sozialsystem und der Geldvernichtung in der Ukraine uvam um zum Generalstreik aufzurufen. Wenn die Gewerkschaften zur Demo aufgerufen haben, dann ging es gegen die Afd und gegen die CDU. Um ihre Mitglieder friedlich zu stimmen oder eher gesagt zuveralbern, fordert man mehr Lohn. Doch unterm Strich, was brachte es den Arbeitnehmern, haben sie wirklich mehr auf dem Konto oder im Einkaufskorb? Jede Erhöhung ist mit Einsparungen von Arbeitsplätzen verbunden usw. Im nächsten Jahr schlägt noch… Mehr

Peter Pascht
21 Tage her

„wenn man das Personal anschließend nicht dem Sozialstaat oktroyiert“ ?
Doch, doch, dann drucken wir halt eben noch ein bisschen mehr Geld wie 500 Milliarden.
Keine Ahnung, ob man Geld seinen Kinder zu essen geben kann.
Die „Polit-Elite“ wird jedenfalls ihren Kindern so einen Fraß nicht zum essen vorwerfen.
Die Fahren dann eher nach Saint Tropez, St. Moritz und Gstaad zum Essen.