Die Energiewende sollte Deutschland in eine grüne Zukunft führen. Stattdessen treibt sie das Land in Deindustrialisierung, Ministerin Katharina Reiche spricht nun zaghaft erstmals unbequeme Wahrheiten aus. Reicht das oder bräuchte es nicht endlich Klartext? Von Thomas Eisenhuth
picture alliance/dpa | Katharina Kausche
Mit der Energiewende ist den Grünen im einstigen Land der Dichter, Denker und weltweit hoch angesehenen Ingenieure etwas Unglaubliches gelungen. Sie haben es in jahrzehntelanger Wiederholung teils wirklichkeitsfremder Glaubenssätze geschafft, Millionen von Deutschen das Märchen erfolgreich einzureden, dass, wenn man nur konsequent genug genau das Gegenteil von dem macht, was unsere Vorfahren gemacht haben, die das Land durch mehr Effizienz zu Wohlstand gebracht haben, indem man also dementsprechend mit Subventionen auf Ineffizienz umsteigt, uns allen eine ganz wundervolle Zukunft bevorstehen werde.
Als am 15. September dieses Jahres die deutsche Wirtschaftsministerin Katharina Reiche den sogenannten Monitoringbericht zum Stand der deutschen Energiewende zusammen mit dem Energiewirtschaftlichen Institut (EWI) und dem Beratungsunternehmen BET Consulting der Presse vorstellte, waren die Worte, die die Ministerin wählte, um die Situation der deutschen Energieversorgung zu beschreiben, interessant.
Die Ministerin machte klar, dass das ganze Vorhaben, die Energieversorgung Deutschlands von gesicherter Stromerzeugung auf eine wetterabhängige Energieproduktion umzustellen, die nicht mehr dem Bedarf, sondern vielmehr dem Zufallsprinzip folgt, sehr viel teurer sei, als bisher behauptet und Deutschland schon heute zeitweise viel mehr an Strom aus Photovoltaik und Windkraft habe, als an Strombedarf vorhanden sei, der deswegen zunehmend zu negativen Preisen im benachbarten Ausland entsorgt werden muss. Mit mehr Bedacht solle daher in Zukunft agiert werden. Der Ausbau der ineffizienten Stromerzeugung aus Sonne und Wind solle aber dennoch fortgesetzt werden, so die Ministerin. Nur nicht mehr im bisherigen Tempo und koste es, was es wolle.
Als sich im Jahr 1998 unter Kanzler Gerhard Schröder die SPD mit der Anti-Atompartei, den Grünen, die erste rot-grüne Koalition bildete, vereinbarten die Regierungspartner damals, den Anteil sogenannter erneuerbarer Energien mittels dauerhafter Subventionen auszubauen und aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie auszusteigen, die die Grünen aufgrund ihrer sachlichen Unkenntnis nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl als unkalkulierbares Risiko ansahen. Eine Abschaltung der gesamten gesicherten Stromerzeugung war damals nicht geplant. Auch von der Rettung der Welt, wie heute, sprach damals noch niemand. Vielmehr beschloss Rot-Grün seinerzeit, bestehende Atomanlagen und alte Kohlekraftwerke durch eine Vielzahl moderner Kohlekraftwerke zu ersetzen. Der Bau neuer Kraftwerke rentierte sich, da die Regierung Schröder den Investoren für zehn Jahre die Strafabgabe auf CO2 erließ und dementsprechend eine Zuteilung von Gratis-Zertifikaten zusagte. Die Weltwirtschaftskrise, die durch die Bank Lehman Brothers 2008 eingeleitet wurde, brachte schließlich fast alle diese etwa 40 Kraftwerksprojekte zum Erliegen (Datteln und Moorburg ausgenommen).
Katharina Reiche ist wie der Verfasser im Osten Deutschlands in der DDR aufgewachsen, wo wir von klein auf gelernt haben, zwischen den Zeilen zu lesen und durch die Blume zu sprechen. Aber ist das der richtige Weg angesichts der dramatischen Situation, in der Deutschlands Wirtschaft dank grüner Energiepolitik steckt? Das Land verliert jeden Tag Firmen, die wegen der hohen Energiekosten und zunehmend absurder werdenden Auflagen aufgeben oder abwandern. Die Insolvenzen sind auf Rekordniveau, und die Arbeitslosenzahlen steigen dramatisch. Die seit etwa sieben Jahren laufende Deindustrialisierung Deutschlands schreitet weiter voran.
Ist ein Pfeifen im Nebel ausreichend, wenn eigentlich ein lautes Nebelhorn
dringend nötig wäre, um im letzten Moment eine totale Kollision des Industriedampfers Deutschland doch noch zu verhindern?
Deutschlands Wirtschaft befindet sich im freien Fall, die Menschen verarmen, und die Stimmung im Lande ist hoffnungslos. Um die Stimmung auf diesem Schiff zu drehen, sind klare Worte an die Mehrheit der Menschen und die Wirtschaft dringend erforderlich, die die durch die Politik selbst verursachten Probleme klar benennen und versprechen, diese in absehbarer Zeit in Angriff zu nehmen.
Die gewollte Verteuerung von sinnvoller Energie durch eine Strafsteuer, um unsinnige Energie, die in Wirklichkeit nicht zu gebrauchen ist, zu subventionieren, muss beendet und den Menschen endlich deutlich vermittelt werden, dass man nur mit mehr Effizienz und nicht mit der Umstellung auf subventionierte Ineffizienz einen Mehrwert für das Land und die Welt erreichen kann.
Wer versucht, es in dieser dramatischen Lage, in der sich Deutschland befindet, es allen irgendwie recht zu machen, erreicht nur, dass es genau so weitergeht wie bisher. Dass dies das Ziel von Katharina Reiche ist, darf bezweifelt werden und das macht bei aller Kritik zumindest ein wenig Hoffnung für das Land.
Thomas Eisenhuth, geboren 1967, aufgewachsen in der DDR, arbeitet seit mehr als 30 Jahren in der Energiewirtschaft in Deutschland und seit 25 Jahren Österreich, wo er gemeinsam mit einem Partner seit 10 Jahren ein eigenes Energiehandelsunternehmen betreibt.






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„Ist ein Pfeifen im Nebel ausreichend, [..] um im letzten Moment eine totale Kollision des Industriedampfers Deutschland doch noch zu verhindern?“ Sagen wir es ganz klar: da ist nichts mehr zu verhindern, die Lawine kann nicht mehr aufgehalten werden, der kritische Punkt ist mMn seit ca. 1 Jahr überschritten. Der deutsche Tanker wird auflaufen und leck schlagen, die Frage ist nur noch wie heftig. Kann er durch eine vernünftige Regierung wieder flott bekommen werden? Dazu müssten jetzt die Weichen gestellt werden, da sehr ich aber weit und breit nicht. Selbst wenn morgen Neuwahlen wären und die AfD die absolute Mehrheit… Mehr
Frau Reiche dürfte erkannt haben, wohin diese katastrophale Energiewende führt. Nur darf sie sich, auf Geheiß von Merz , niemals trauen die Wahrheit auszusprechen und eine sofortige Kehrtwende einzuleiten. Das wäre nicht nur ihr Aus sondern auch das von Merz. Die Energiewende wurde mittlerweile Jahrzehnte von einer so breiten Masse in diesem Land, nicht nur Politik, Medien, Wirtschaft, NGO‘s, Kirchen usw., usw. eifernd mitgetragen, da gibt es kein Zurück. Alle müssten diesen Irrweg jetzt eingestehen! Letztendlich wird die Energielobby jeder Veränderung im Weg stehen, schneller und einfacher lässt sich schließlich nicht Geld verdienen!
Frau Reiche ist Mitglied der CDU. Reicht das nicht um zu verstehen, dass auch mit ihr der Marsch in den grünen Sozialismus fortgesetzt wird? Vielleicht nur etwas langsamer.
Ein weiterer Orden gebührt Robert Habeck dem Niedergang Thyssen-Krupps – das ist das Ergebnis seiner grünen Energiepolitik und des Schwachsinns mit dem Grünen Stahls. Künftig kochen die Inder im Ruhrpott Stahl. Das ist in für uns in NRW etwa so, als würden demnächst die Mongolen das Oktoberfest in Bayern übernehmen. Doch Thyssen-Krupp ist nur ein Habeckscher Niedergang von vielen: Diverse Aluwerke und die Chemie-Industrie am Rhein sowie Ford in Köln sind dabei die Zelte zu streichen. Derweil „verwirklicht“ sich Habeck da, wo ihn noch keiner kennt: In Berkley/Kalifornien. Für das Pendeln macht er die Baerbock und gönnt sich freilich, was… Mehr
Es ist auch von Frau Reiche nichts erwarten. Wollte sie wirklich etwas verändern, müsste sie Klartext sprechen und handeln. Sie macht eben genauso weiter, nur eben etwas langsamer.
Das haben die sogenannten Grünen als Fünfte Kolonne Washingtons doch super hinbekommen in dem Gebiet, was unter dem Namen Deutschland bekannt ist. Auch ich, als ehemaliger DDR-Bürger und Chemiker, konnte das Wirken der Grünen im Westen nie nachvollziehen.
N.b. die Ministerin heißt Katherina.
Moin, unbequeme Wahrheiten wurden hier schon lange verbreitet. Die Konsequenzen sind allerdings streitbar. Über 60 Gaskraftwerke erfordern einen Deal mit China oder ich erlebe die Eröffnung des ersten Fertigen nicht mehr. Andererseits wollen 60 Gaswerke auch versorgt werden. WCs mit Methanabsaugung wären eine Lösung. Katharina Reiche mag eine sympathische Frau sein und ausnahmsweise nicht boshaft, aber die Fußabdrücke von Altmaier sind ihr zu klein. Das wäre ja der totale Alptraum, wenn Solardacheigner eine 1:1 Einspeisevergütung mit ihrem Stromanbieter erhielten. Am Ende stellen die sich noch eine Pyrolyse in den Keller und versorgen den AG mit H2-Energie. Die wären am Ende… Mehr
Die betreffende Politik wäre gegen den Willen der Mehrheit des Volkes nicht fast dreißig Jahre möglich gewesen.
Ich gebe zu: Ich habe den Text nicht gelesen. Weil ich die Frage aus dem Titel sofort als ehemaliger Deutschleistungskursler (echtes humanistisches Gymnasium in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts), als Arzt seit 37 Jahren und als Christ sofort beantworten kann: „Braucht es Klartext?“ Ja was denn sonst? 1. „Du sollst nicht lügen!“ bzw. „…kein falsches Zeugnis ablegen!“ und, es ist definitiv so, ohne jede Ausnahme: „Nur klare Sprache führt zu klaren Gedanken!“
Wie sagte Captain Willard in „Apocalypse Now“, die nur durch Lügen möglich wurde: „Je mehr Lügen ich sah, desto mehr hasste ich Lügen.“
Die Wahlen in NRW haben anhand der der Ergebnisse für die CDU gezeigt, dass Michel immer noch nix verstanden hat. Dennoch ein Danke für diesen Artikel!