Der Tabubruch des CDU-Landrats und die instrumentalisierte Weihnachtsgeschichte

Der sächsische CDU-Landrat Udo Witschas hat auf Probleme der Migration hingewiesen und damit ein Tabu gebrochen. Die ihn nun dafür abstrafen wollen, missbrauchen dafür ausgerechnet die Weihnachtsgeschichte – kein besonders christliches Verhalten.

IMAGO / Sylvio Dittrich
Blick auf das vorweihnachtliche Bautzen mit Weihnachtsmarkt

Pünktlich vor Weihnachten fliegen der CDU ihre ungelösten Probleme um die Ohren. Ihr sächsischer Landrat Udo Witschas aus Bautzen hat in seiner Weihnachtsbotschaft ein Tabu ausgesprochen; er hat auf Probleme der Masseneinwanderung hingewiesen: Der Sport „blute aus“, wenn Sporthallen zu Massenunterkünften werden; der soziale Friede sei gefährdet, wenn in Mehrfamilienhäusern leerstehende Wohnungen rigoros mit Familien belegt werden, „die unsere Kultur und Regularien nicht kennen“.

Mit diesen unbeholfenen und holzschnittartigen Worten hat der CDU-Landrat eine Welle der Empörung losgetreten. Reflexartig fallen die üblichen Begriffe: „Rassistische Weihnachtsbotschaft“, „Ausländerfeindlichkeit“, „Menschenfeindlichkeit“, „brauner Sumpf“; so die nicht zimperlichen Kampfbegriffe, mit denen Tabuzonen abgesichert werden.

Viele CDUler sind um Schadensbegrenzung bemüht. Für die Regierungsparteien ist das ein gefundenes Fressen gegen die CDU, wenn der antifaschistische Schutzwall zur AfD Risse bekommt.

keine Kritik an Landrat Witschas
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Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke klagt über Dunkeldeutschland: „In Bautzen scheint moralisch kein Stein mehr auf dem anderen zu stehen.“ Der Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe schreibt: „Als Mitglied der CDU schäme ich mich“. Der CDU-Generalsekretär Mario Czaja hält dem Landrat entgegen: „Wir sind Demokraten und Christen.“ Auch der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz findet es pervers, wenn sein Parteikollege ausgerechnet „keinen Platz in der Herberge“ zur Kernbotschaft seiner Weihnachtsansprache mache.

Viele CDUler sind an dieser Stelle redlich bemüht, das „C“ und die „christliche Nächstenliebe“ in ihrer Partei hochzuhalten.

Spätestens hier werde ich als Pfarrer hellhörig. Ist jemand, der die unbegrenzte Masseneinwanderung infrage stellt, jenseits von Weihnachten und jenseits des christlichen Glaubens?

Erlauben Sie mir dazu acht Fragen:

Erstens: Sind die Weihnachts-Migrations-Ethiker so bibelfest, dass sie wissen, dass die Formulierung „sie fanden keinen Raum in der Herberge“ in der Bibel (Lukas 2,7) nichts mit Migration zu tun hat, sondern Folge einer staatlich erzwungenen 140-km-Wanderung von Maria und Josef ist, die innerhalb eines Landes von Nazareth nach Bethlehem gehen mussten, lediglich um bürokratische Steuer-Registrierungs-Anforderungen zu erfüllen?

Zweitens: Will die biblische Ein-Satz-Erfahrungsbeschreibung eines jungen Paares – „sie fanden keinen Raum in der Herberge“ – eine komplexe und weitreichende politische Agenda eines hochmodernen 83-Millionen-Staates begründen?

Drittens: Geht es der Weihnachtsgeschichte bei dem Satz „sie fanden keinen Raum in der Herberge“ um Ethik und Sozialpolitik, oder vielmehr um eine theologische Aussage über die menschliche Beziehung zu Gott, der in sein Eigentum kommt, „doch die Seinen nehmen ihn nicht auf“ (Johannes 1,11)?

Viertens: Warum steht in der biblischen Weihnachtsgeschichte allein das Kind in der Krippe im Mittelpunkt und nicht irgendwelche rigorosen Forderungen zur Armutsbekämpfung?

Fünftens: Warum hat die urchristliche Gemeinde die Weihnachtsgeschichte nicht so umgesetzt, dass sie vom Römischen Reich den Abriss des Limes und anderer Grenzschutzeinrichtungen gefordert hat, damit alle Germanen unbegrenzt einwandern dürfen und auch am römischen Wohlstand teilhaben können?

Sechstens: Meinen die Kritiker ihres Parteikollegen in der CDU, sie wären christlich, wenn sie so tun, als könne man mit einem einzigen Bibelvers völlig aus dem Kontext gerissen ohne Vernunft, Analyse und Folgenabwägung ein weltpolitisches Dilemma ethisch lösen?

Siebtens: Ist Ethik nur dann christlich, wenn sie kompromisslos und radikal Gesinnungsethik ist? Darf christliche Ethik für eine Begrenzung der Migration eintreten, wenn sich eine unbegrenzte Massenmigration auf die Dauer als zerstörerisch herausstellt (Überlastung der Sozialkassen, Gefährdung der aufklärerischen Identität, Untergrabung des inneren Friedens etc.)?

Achtens: Warum schließen die meisten Christen, die für Deutschland eine unbegrenzte Einwanderung fordern, ihre eigenen Wohnungen mit dem Schlüssel ab? Sind Schlüssel und verschlossene Türen also doch christlich vertretbar und mit der Weihnachtsgeschichte vereinbar?

Der Landrat von Bautzen hat ein Tabu gebrochen. Er hat auf Probleme hingewiesen, auf die man in Deutschland auch in der CDU nicht hinweisen darf. Wenn man es doch tut, kommt man als Tabubrecher selten ungeschoren davon. Und leider kann sich die Weihnachtsgeschichte nicht wehren, wenn sie als Steinbruch missbraucht wird, um Tabubrecher sozial zu steinigen.

Damit kommen wir allerdings bei der entscheidenden Frage nicht weiter, vor der nicht nur die CDU steht: Wie viel unqualifizierte Einwanderung verträgt unser Land, ohne ernsthaft Schaden zu nehmen? Vor der offenen Diskussion dieser Frage kann und will uns die biblische Weihnachtsgeschichte nicht befreien.

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Kommentare ( 37 )

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Axel Fachtan
1 Jahr her

Es gibt noch echte Christen in CDU und CSU? Glaube ich nicht! Der Gegenbeweis ist zulässig. Tatsächlich aber ist es so, daß die sich nur christlicher Folklore bemächtigt haben, um sich verblödetes Stimmvieh zu erhalten. Christus hätte Pofalla Gröhe und Merkel augenblicklich vor die Tür gesetzt.

giesemann
1 Jahr her

Tja, wenn die guten Menschen auch noch die andere Wange anbieten, dann kriegen sie halt alsbald eine geklebt. Das kömmt so wie das Amen in der Kirche. Ich wünsche allen ein nachdenkliches Weihnachtsfest zur Besinnung. Es ist an der Zeit.

libelle
1 Jahr her

Der Autor stellt in seinem Beitrag 8 wohlbegründete Fragen, welche trotz oder wegen ihrer, den Kern der gesellschaftlichen Deformation und nie dagewesenen Gesinnungsterrors und Willkürregimes treffenden Schärfe, die ganze Hilflosigkeit der Konservativen und Andersdenkenden ja aller Demokraten enthüllen. Für den totalitären Mainstream ist es nur ein weiterer amüsanter Versuch, durch intellektuelle Widerlegung des nunmehr auch die CDU treffenden bashings, etwas anhand von Argumenten bewegen zu wollen. Dies ist jedoch obsolet da es die Obrigkeit, mit Hilfe der ihr hörigen Göbbelspresse nie zulassen wird, dass eine diskursive Auseinandersetzung zu gerade diesem Thema geführt wird. Die Gegenargumente werden nicht wider legt, sondern… Mehr

Kassandra
1 Jahr her

Dass sie nicht wüssten, nehme ich nicht an. Sie wissen, was sie tun – und uns antun. . In der Politik passiert nichts zufällig. Wenn etwas passiert, können Sie wetten, dass es so geplant wurde.“ – Franklin Delano Roosevelt. Habeck weiß ja auch, was hier passiert und dass es Leichen geben wird, wenn Energielieferungen ausbleiben. In Davos wie bei Will erklärte er das sogar ganz offen in die Kamera. Und furchtbarer Weise hängt hier die falsche Migrations- mit der falschen Energiepolitik ganz eng zusammen. . „Wenn Sie sich vorstellen, dass ein Teil der Menschheit Hunger erleiden wird im Laufe des… Mehr

Chris Groll
1 Jahr her

Bei Maria und Josef handelte es sich nicht um Migranten.Es ging lt. Bibel um eine Vokszählung, weshalb sie nach Bethlehem gingen. Und sie bekamen auch einen Platz, der sicherlich nicht mit heutigen Vorstellungen vergleichbar ist. Sie bekamen und forderten allerdings keine Rundumversorgung noch versuchten sie die Gesellschaft in in radikaler Weise zu verändern.
Diese heutigen „Gutmenschen“ würden schnell alle Türen verschließen, wenn ein Ehepaar, wo die Ehefrau hoch hochschwanger ist, an ihre Tür klopften.
Man sollte auch nicht vergessen, daß heute der größte Teil der Invasoren, die zu uns kommen, keine Flüchtlinge, sondern kampferprobte junge Männer sind.

verblichene Rose
1 Jahr her

‘’Fünf sind geladen, zehn sind gekommen.
Gieß Wasser zur Suppe, heiß alle willkommen.’’

Tja, die Suppe wird für den Pöbel immer dünner.
Wer da aber nicht freiwillig Verzicht übt, wird schnell zum Nazi abgestempelt.
Wenn man Tiere zu eng hält, fangen sie an, sich gegenseitig zu verletzen.
Ein von mir gerade erfundenes “Naturgesetz” sagt übrigens das gleiche über Menschen aus.
Für Tiere gibt es daher ein Tierschutzgesetz, denn Tiere tolerieren nicht, oder nur selten!
Und Menschen können zwar bewusst tolerieren. Aber ich behaupte, dass es bei fast jedem Menschen dafür eine maximale Grenze gibt.
Frohe Weihnacht allen hier.

Alf
1 Jahr her

Landrat Udo Witschas hat auf Probleme der Migration hingewiesen und soll damit ein Tabu gebrochen haben? Hat die Weihnachtsgeschichte damit zu tun, daß die, die schon immer hier wohnen, Platz machen sollen für die, die illegal nach Deutschland migrieren? Müssen wir, unsere Kinder und Enkel, den Migranten den Vorzug lassen, das eigene Leben unterordnen? Wir, die wir schon länger hier wohnen, sind nicht verantwortlich für Fluchtursachen und eine Politik,die dem Land zunehmend schadet, die der Gesellschaft abverlangt, was diese nicht leisten kann? Müssen wir, unsere Kinder und Enkel, auf alles verzichten, was unsere Eltern geschaffen haben? Wir helfen Schutzsuchenden im… Mehr

hdbaustbb
1 Jahr her

Der Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe schreibt: „Als Mitglied der CDU schäme ich mich“.
Dazu hat er auch allen Grund: Wie er sich bei der CDU-Wahlparty zur Bundestagswahl 2013 widerstandslos von Merkel das Deutschlandfähnchen hat wegnehmen lassen und wie sie es angewidert weggeworfen hat, die SchleBuKaZ, die „Schlechteste BundesKanzler*in aller Zeiten“. Dafür kann er sich bis ans Ende seiner Tage schämen.

Hannelore Wolf
1 Jahr her

Ich halte die Aussagen keinesfalls für holzschnittartig! Darf man denn überhaupt nicht mehr sagen, was Sache ist! Er ist Landrat und zuständig für die Leute in seiner Gegend. Dafür wurde er gewählt. Das Gegenteil machte ein Landrat in Hessen, der meinte, es stünde jedem Deutschen frei , das Land zu verlassen, wenn ihm die grünrote Politik nicht passe. Nun fallen alle über ihn her und die Feigheit der politischen Akteure heutzutage ist phänomenal.

Jens Frisch
1 Jahr her

Da sie fragen, „wie viel Einwanderung kann ein Land vertragen, ehe es Schaden nimmt“?
Eine ziemlich unangemessene Frage angesichts von mehreren hundert ermordeten Deutschen, zigtausend vergewaltigter Frauen und durchschnittlich 700 Gruppenvergewaltigungen deutschen Frauen pro Jahr.
Sind das etwa KEINE „Schäden“!?