Verband der Automobilindustrie kritisiert E-Auto-Entscheidung des EU-Parlaments

Das gab es noch nie: Ein ganzer Kontinent soll nicht mehr mit Verbrennungsmotoren fahren dürfen. VDA-Chefin Hildegard Müller meint, man wolle "nicht wahrhaben, dass es in weiten Teilen Europas keine ausreichende Ladeinfrastruktur gibt".

IMAGO / aal.photo
Hildegard Müller, Präsidentin des Verband der Automobilindustrie

Das EU-Parlament stimmte gestern in Straßburg mehrheitlich dafür, dass ab 2035 nur noch Autos zugelassen werden sollen, die keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Das bedeutet, wenn die Mitgliedsstaaten nicht einschreiten, das Aus für bisherige Autos mit Benzin- oder Diesel-Motor. Die dürften nach diesem Votum ab 2035 nicht mehr zugelassen werden. Ab dann dürfte aus dem Auspuff neu zugelassener Wagen also nichts mehr kommen. Auch sogenannte synthetische Kraftstoffe soll es danach in der EU nicht mehr geben. Es sollen nach dem Diktum der EU nur noch Elektroautos gefahren werden dürfen.

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Jetzt muss noch der Europäische Rat dem Plan zustimmen. Doch wird nicht erwartet, dass die EU-Länder dem widersprechen. Deutschlands grüne Umweltministerin Lemke hatte schon im Namen der Bundesregierung eilig betont, dass in Deutschland bereits bis 2035 Benziner und Diesel verboten werden sein sollen. Begründet wird das Verbot damit, angeblich klimaschädliches CO2 bis zum Jahr 2050 eliminieren zu wollen.

Der zuständige Berichterstatter, der niederländische EU-Abgeordnete Jan Huitema (Renew) hatte noch im Umweltausschuss des EU-Parlaments erklärt, Kauf und Fahren emissionsfreier Autos für die Verbraucher werde günstiger. Dies sei besonders wichtig, da die Preise für Diesel und Benzin weiter steigen. Das erinnert an das Märchen mit der legendären Kugel Eis des ehemaligen Umweltministers Trittin.

Sogar Hildegard Müller, VDA-Präsidentin, scheint diese grüne Verbrennerstürmerei etwas übertrieben. Nach der obligatorischen Ergebenheitsadresse (»Die deutsche Autoindustrie bekennt sich zum Ziel der Klimaneutralität und investiert Milliarden, um dieses Ziel zu erreichen«) erklärt sie: 

»Mit dem Beschluss eines 0g-Ziels für den CO2-Ausstoß von neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen im Straßenverkehr ab dem Jahr 2035 hat das EU-Parlament heute jedoch eine Entscheidung gegen die Bürger, gegen den Markt, gegen Innovation und gegen moderne Technologien getroffen. So will diese Entscheidung nicht wahrhaben, dass es in weiten Teilen Europas keine ausreichende Ladeinfrastruktur gibt. Es ist daher für eine derartige Zielsetzung schlichtweg noch zu früh. Die Kosten der Verbraucher werden dadurch erhöht, das Verbrauchervertrauen aufs Spiel gesetzt.«

Müller spricht an, dass bisher niemand weiss, woher der Strom für Industrie, Bahn, Privathaushalte und jetzt für Millionen neue Elektroautos kommen soll: »Die Politik kann nicht mehr Tempo von der Industrie fordern, ohne selbst die Rahmenbedingungen zu schaffen, die dieses Tempo ermöglichen. Das gilt neben dem notwendigen Ausbau der Ladeinfrastruktur genauso für die mangelnde Digitalisierung und das fehlende Engagement bei den dringend notwendigen Rohstoff- und Energiepartnerschaften.«

Weiter schreibt sie: »In einem nächsten Schritt müssen sich die Mitgliedstaaten auf eine Position einigen. Danach können die Trilogverhandlungen beginnen. Dabei werden wir uns weiter dafür einsetzen, dass für eine so weitreichende Entscheidung zuerst die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden: Flottenregulierung und der Ausbau der Ladeinfrastruktur müssen zwingend zusammengedacht werden. Daher empfehlen wir ein Review im Jahr 2028, in dem über die finale Zielsetzung nach 2030 entschieden wird. Der Weg für technologieoffene Lösungen sollte grundsätzlich immer offen gehalten werden. Zudem gilt: Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es auch E-Fuels: Denn sie ermöglichen, den Fahrzeugbestand zu adressieren und entsprechend klimaneutral zu betreiben. Nur so kann das Ziel eines klimaneutralen Verkehrs erreicht werden.« 

Der deutsche grüne EU-Abgeordnete Michael Bloss verkündete am Mittwoch: »Damit haben wir uns für die Zukunft des Automobilstandort Europa entschieden.« Künftig würden die besten Elektroautos und neuesten Batterien aus Europa kommen. Zu befürchten ist, dass er das sogar glaubt.

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Kommentare ( 98 )

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monsalvat
1 Jahr her

Wenn ich Verantwortung bei einem der deutschen Autobauer hätte, würde ich meine Firma jetzt in ein anderes Land außerhalb der EU verlegen. Großbritannien wäre wohl eine gute Idee!

bfwied
1 Jahr her
Antworten an  monsalvat

Das tun die doch, nach China, USA v. a. Motorenentwicklung ist längst ausgelagert, viele Typen ebenfalls. Die bauen nur E-Autos in D., weil sie dafür vom Staat Geld bekommen. Da die E-Mobilität nur für Kurzstrecken taugt, aber der Strom nicht vorhanden ist, ist das eine Totgeburt. Wir werden alle, bis auf die Grün-Funktionäre, unter dieser ideologiegetriebenen Träumerpolitik sehr leiden müssen.

Rolfo
1 Jahr her

DAS Hauptproblem der europäischen / deutschen Wähler ist: Wer konservativ / liberal / grün / links wählt, der wählt seine eigene Heizung ab, seinen PKW, eventuell seinen Arbeitgeber, später dann Fleisch (!), Bargeld, aktuell seine Freiheit (Lockdowns), er bekommt einen Euro, der wie DM sein sollte aber nach jahrelangem Missbrauch der EZB nun schlimmer als Lira wird. Verfassungsgericht + Verfassungs-schutz, die die Abwehrrechte der Bürger gegenüber einem eventruell übergriffigen Staat dahingehend auslegen, dass „verfassungsschutzrelevante Staatsdelegitimierung“ zu beobachten, irgendwann dann wohl auch zu verfolgen ist.

Paul Brusselmans
1 Jahr her

Ach Frau Müller – bis 2021 hat doch A Merkel die Weichen mitgestellt, die sie doch kennen müssten.
„Am 22. November 2005 wurde Hildegard Müller als Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte für die Bund-Länder-Koordination in die von BundeskanzlerinAngela Merkel geführte Bundesregierung berufen.“

Armin Latell
1 Jahr her

Ach R6. „eMob ist super, aber nur wenn man an seinem Haus tanken kann“. Da die komplett dekadente, vollkommen realitätsferne Politik alle Stromerzeuger abschalten wird, und mittlerweile auch noch das Gasröhrennetz abgebaut werden soll, bleibt einfach nur die eine Frage offen: Wo soll der Strom herkommen, selbst wenn man am eigenen Haus tanken könnte?? Nein, eMob ist alles andere, nur nicht super! Wird niemals eine alleinige Alternative sein. Ich wünsche dem deutschen Dummwähler, dass dieser Zustand so schnell wie nur möglich eintritt.

Jan
1 Jahr her

Nutzt die nächsten Jahre, um euch noch einen guten Verbrenner beiseite zu stellen. Und wenn es nur für den Nachwuchs bzw. die Nachfahren ist.

Gute und gepflegte Verbrenner werden auf dem Gebrauchtmarkt an Wert steigen.

Rob Roy
1 Jahr her

Die Benzinpreise bleiben weiterhin hoch, um die Entscheidung, Verbrenner abzuschaffen, den Bürgern irgendwie schmackhaft zu machen. Daher kommt der Tankrabatt ja auch nicht an der Zapfsäule an.
So funktioniert es: Die Regierung gewährt einen Tankrabatt. Die Mineralölkonzerne geben diesen aber nicht weiter, sondern halten die Preise weiterhin hoch und klauen dem Tankkunden den Rabatt.
Die Regierung sagt den Mineralölkonzernenen, ihr profitiert vom Krieg, dafür müsst eine „Übergewinnsteuer“ (sprich, Kriegssteuer), zahlen, und klaut sich den eigentlich den Bürgern gewährten Rabatt zurück.
Alles bleibt wie gehabt, der Staat ist der eigentliche Kriegsgewinnler und der Bürger darf für die Kriegsanstrengungen blechen.

Ralph Martin
1 Jahr her

Die Mehrheit der Menschen will es nicht, es ist technisch nicht möglich und ökologisch mehr als zweifelhaft.
Und es wird trotzdem beschlossen.
Das ist EU Demokratie!

Peter Gramm
1 Jahr her

Von wem wird denn diese E-Mobilität mit Vehemenz vertreten. Man sehe sich doch nur mal deren Lebensläufe an. Da darf man doch keinerlei fachliche Kompetenz erwarten. Für viele dieser geistigen Größen war der Politikbetrieb der letzte Ausweg um sich vor Hartz IV zu retten. Da darf man doch keinerlei fachliche Expertise erwarten. Es wird halt etwas nachgequatscht was man irgendwo aufgeschnappt hat. Verantworten muß man ja so und so nichts. Es lebt sich halt sehr angenehm auf öffentliche Kasse. Spätestens dann wenn die Mülleimer nicht mehr genügend Rentenaufbesserungsgeld für Altglas abwerfen beginnt ein Umdenken in der Bevölkerung.

fatherted
1 Jahr her

Das ist ja das Schlimme…die „glauben“ das, was sie uns erzählen. Ohne Fachwissen und Expertise, ohne gesunden Menschenverstand….einfach nur indoktriniert und gebrieft von der rot/grünen Lobby…erzählen die genau das nach, was ihnen vorher in den Kopf gehämmert wurde. Ebenso geht es mit dem Kinderbuchautor….der blickt es immer noch nicht…obwohl er durch sein Ministerium doch nun endlich Einblick in Fakten haben sollte….perlt aber alles ab. Ideologen glauben immer an ihre „gute Sache“ und gehen dafür nötigenfalls auch über Leichen….

Edwin
1 Jahr her

Leider ist das, was ich zur Zeit wahrnehme genau anders. Die Arbeitsmoral ist drastisch gesunken, ja ist am Boden. Am liebsten arbeitet man weiter ohne Druck und Kontrolle im Home-Office. Und die Leute gehen eben nicht auf die Straße. Sie haben sich mit der Situation arrangiert. Beispiele gefällig: Ich war seit dem zweiten Januarmontag bis auf dreimal auf jeder Montagsdemo. Am ersten Montag nach dem Frühlingsbeginn, an dem 3G am Arbeitsplatz gefallen ist, waren es von den vorher knapp 1.000 Teilnehmern nur noch rd. 500 Teilnehmer und seit dem 1. April, seitdem die allgemeine Maskenpflicht gefallen ist, ging die Teilnehmeranzahl… Mehr