Das offizielle Deutschland bekommt wieder ein Staatsoberhaupt, das „passt“

Frank-Walter Steinmeier bleibt Bundespräsident. Er hat exakt die Eigenschaften, die die politische Klasse sich wünscht. Und die CDU, die offenbar noch nicht gemerkt hat, dass sie in der Opposition ist, macht mit.

IMAGO / Political-Moments
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Das politische und mediale Deutschland hat seit 2017 ein Staatsoberhaupt mit exakt den Eigenschaften, die man für dieses Deutschland inmitten von Transformation und Abschaffung braucht: ziemlich rot, ziemlich grün, politisch korrekt, rundgelutscht, stromlinienförmig, langweilig … Aller Voraussicht nach wird dieses offizielle Deutschland mit ebendiesem Frank-Walter Steinmeier weitere fünf Jahre ein solches Staatsoberhaupt haben. Auch CDU/CSU wollen es so. Die Union hat nämlich auch mit einem designierten Vorsitzenden Friedrich Merz immer noch nicht gemerkt, dass sie jetzt Opposition ist und Alternativen zu bieten hat.

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Also noch einmal für fünf Jahre Steinmeier! Ein farb- und profilloser Apparatschik, der sich als Büroleiter und als Staatssekretär beim damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder hochgedient hat. Der von 1999 bis 2005 Kanzleramtsminister bei Schröder war, Hartz IV mit eingefädelt hat, von 2005 bis 2009 und von 2013 bis 2015 Außenminister in Merkel-Kabinetten und zwischen 2009 und 2013 als SPD-Fraktionsvorsitzender Pseudo-Oppositionsführer war.

Im Frühjahr 2021 hat er sich selbst für eine zweite Amtszeit beworben. Peinlich genug in diesem Amt! Was von ihm davor und danach in Erinnerung bleibt, ist dürr bis skandalös. Rhetorische oder gar ideelle Lichtblicke waren es jedenfalls nicht. Hier ein paar ausgewählte Beispiele:

  • Als Noch-Außenminister und Deutschlands oberster Diplomat bezeichnete er den – damals voraussichtlichen – US-Präsidenten Donald Trump als „Hassprediger“.
  • Im Frühjahr 2015 trat er – noch Außenminister – mit Vehemenz einer Anerkennung des Völkermords an den Armeniern entgegen. Angeblich, weil eine solche Anerkennung den Holocaust relativiert hätte. Erdogan freute sich.
  • Dann schon Bundespräsident, gratulierte er im Februar 2019 den iranischen Machthabern zum 40. Jahrestag der iranischen Revolution. „Herzliche Glückwünsche“ schrieb er, „auch im Namen meiner Landsleute.“ Während in iranischen Gefängnissen Tausende von Systemkritikern oder Homosexuelle auf ihre Hinrichtung warteten.
  • Ein Jahr später gab es erneut – angeblich irrtümlich – ein Glückwunschschreiben an den Iran.
  • Im Sommer 2018 warb Steinmeier für ein Konzert linkradikaler Bands in Chemnitz. Diese gaben, etwa die Berliner Hip-Hopper-Band K.I.Z., vor 60.000 zusammengekarrten Zuhörern Sätze wie die folgenden zum besten: „Ich ramm die Messerklinge in die Journalistenfresse … Trete deiner Frau in den Bauch, fresse die Fehlgeburt …“ Zur früheren Nachrichtensprecherin Eva Herman verbreitete man: „Ich fick sie grün und blau, wie mein kunterbuntes Haus / Nicht alles was man oben reinsteckt, kommt unten wieder raus …“ Auch die Lieblingsband des Steinmeier-Nachfolgers als Außenminister, Heiko Maas, die Punkband Feine Sahne Fischfilet, mischte mit: „Es geht los, es geht los heute Nacht / Lieber ekelhaft, statt Einzelhaft / Wir sind zurück in unsrer Stadt/ Mit zwei Promille durch die Nachbarschaft / Wir sind zurück in unsrer Stadt / Und scheißen vor eure Burschenschaft … Wir haben Bock auf Stress und ’ne Menge Hass“. Distanzierung des Herrn Bundespräsidenten? FEHLANZEIGE!
  • Im März 2019 jettete Steinmeier – rund zwei Tonnen CO2 emittierte das Flugzeug dabei – von Berlin nach Schleswig-Holstein, um die FridayForFuture-Aktivisten bei einer „Mahnwache“ vor dem dortigen Rathaus zu loben.
  • Und so weiter, und so weiter.

Nun residiert Steinmeier also seit 2017 im Schloss Bellevue. Merkel wollte es 2017 so, weil sie Wolfgang Schäuble oder Norbert Lammert ausbremsen wollte und weil sie wusste, dass Steinmeier – anders als Horst Köhler – jedes noch so schräge Gesetz und jede noch so schräge Personalbesetzung durchwinken würde.

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Als was wird Steinmeier in die Geschichte eingehen, sofern er keinen 180-Grad-Schwenk macht? Er bleibt die geräuschlose Gesetzabzeichnungsmaschine. Gut, er sagt selten Falsches, aber er sagt auch nichts Erhellendes. Weder zu Hanau oder zu Halle, noch zu Corona, noch zum Thema Meinungs- und Demonstrationsfreiheit usw. „Er bemühte sich“, würde in einem Arbeitszeugnis stehen. Er hat – wie kolportiert wird – den Charme eines Bundes-Sandmännchens und einer Büroklammer. Dabei wären die aktuellen Umbrüche die große Zeit für ein Staatoberhaupt mit Charisma. Doch Steinmeier fehlt es an Worten und Gedanken.

Und die CDU/CSU-Opposition? Fehlanzeige!

Umso erstaunlicher ist, dass nun auch CDU und CSU plötzlich Steinmeier 2.0 haben möchten. Dabei hätte man durchaus veritable Kandidaten, zumindest Zählkandidaten, wie etwa eine Kristina Schöder, vormalige Familienministerin. Sie würde wohl nicht gewählt, aber man könnte mit ihr – da respektable Frau – den Keil in die Ampel treiben. Aber nicht – wie die FAZ fantasiert – mit einer Serap Güler! Stattdessen vernehmen wir Kotau über Kotau aus der Unions-Ecke. „Frank-Walter Steinmeier hat in den vergangenen Jahren als Bundespräsident mit großer Leidenschaft unsere Demokratie und den Zusammenhalt in unserem Land gestärkt“, sagte Noch-CDU-Vorsitzender Armin Laschet.

Und weiter: An der Spitze des Staates brauche es „eine glaubwürdige Stimme, die zusammenführt und nicht ausgrenzt“. Steinmeier sei ein überzeugter Europäer und vertrete Deutschland hervorragend im Ausland. Die Union verzichtet also auf einen eigenen Kandidaten. Steinmeier habe eine seriöse, integrative und überparteiliche Amtsführung gezeigt, sagte CSU-Chef Markus Söder. Man unterstütze Steinmeier mit „gutem Gewissen“. Und Friedrich Merz: Er gefällt sich in der Position des Rohrkrepierers.

Steinmeier hat all das schön eingefädelt. Wie wenn er gewusst hätte, dass es Ende 2021 zu einer Ampel kommt, machte er im Januar 2020 den Grünen bei deren Parteitag seine Aufwartung und beglückwünschte sie zum 40. Geburtstag. Die Grünen hätten „viel dazu beigetragen, dass dieses Land vielfältiger und moderner wird“, sagte er, dafür wolle er Danke sagen. Jetzt kann Steinmeier den Grünen erneut danken – denn nun haben sie den Weg für seine Wiederwahl geebnet.

Soeben, am 5. Januar 2022, ist der Amtierende und wieder Kandidierende 66 Jahre alt geworden. Und mit 66 fängt laut Udo Jürgens ja das Leben an. Wörtlich heißt es in diesem Song: „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an // Mit 66 Jahren, da hat man Spaß daran // Mit 66 Jahren, da kommt man erst in Schuss // Mit 66 Jahren, ist noch lange nicht Schluss // Und abends mach ich mich // Mit Oma auf den Weg //
Dann gehen wir nämlich rocken // In eine Diskothek.“

Ernsthaft wieder: Wann werden die Deutschen endlich ihr Staatsoberhaupt selbst wählen dürfen und ihren Volkswillen nicht wie 2017 in der Bundesversammlung an einen Fußballbundestrainer oder eine Drag-Queen übertragen müssen?

Wann werden die Deutschen wieder einen Bundespräsidenten bekommen wie Gustav Heinemann (1969 bis 1974)? Gewählt als SPD-Kandidat! Wie topaktuell doch seine Worte sind:

„Die Grundlage der Demokratie ist die Volkssouveränität und nicht die Herrschaftsgewalt eines obrigkeitlichen Staates. Nicht der Bürger steht im Gehorsamsverhältnis zur Regierung, sondern die Regierung ist dem Bürger im Rahmen der Gesetze verantwortlich für ihr Handeln. Der Bürger hat das Recht und die Pflicht, die Regierung zur Ordnung zu rufen, wenn er glaubt, dass sie demokratische Rechte missachtet.“

Ein Steinmeier ist von solchen Gedanken Lichtjahre entfernt.

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Kommentare ( 100 )

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Peter Silie
2 Jahre her

Steinmeier hat noch weitere Eigenschaften für den Suizid unseres Landes: er ist ein Spalter. Und seine Worte zu bestimmten Themen wie Trump, Ostdeutsche und Coronamaßnahmenkritikern lassen auf einen veritablen Hass schließen. Ein echter Deutschland-schafft-sich-ab-Präsident.

Hanno Spiegel
2 Jahre her

Bei den Worten von Gustav Heinemann fällt einem auf wie klein und unscheinbar doch dieser Steinmeier in der deutschen Geschichte bleiben wird.

Ho.mann
2 Jahre her

Dank Frank-Spalter, einer der wichtigsten Gestalter der Agenda 2010, haben wir nun den größten Niedriglohnsektor in Europa. Die Sympathiewelle, die ihn ins Märchen-Schloss getragen hat, kam und kommt nicht durch seinen Verrat der Arbeitnehmer, sondern von denen, die jetzt die ganze Bevölkerung verfassungswidrig drangsalieren. Ein Hohn, wenn man bedenkt, dass genau die drangsalierten Menschen im Land ihre eigenen Peiniger auch noch bezahlen müssen.

Bernd W.
2 Jahre her

So wird Frank Walter, der Spalter, letztlich ein ganzes Jahrzehnt lang unser Land vergiftet haben. Ein bigotter, weinerlicher Ausgrenzer, der nie die tatsächlichen Interessen großer Teile der Bevölkerung vertritt – und das als deren oberster Repräsentant! So lächerlich und deplatziert wie der Rest unserer politischen und gesellschaftlichen Führung. Deutschland – ein Trauerspiel!

AHamburg
2 Jahre her

Merz ist jetzt schon ein total Ausfall. Beim Thema Energie und Kernkraft hört man nix, weil man selber für diesen Mist verantwortlich ist. Die erste Großtat dieser KindergartenRegierung , 25000 Afghanen für Deutschland hört man auch nix. Die Cducsu glaubt immer noch in der Regierung dabei zu sein, der gemeinsame Kampf gegen Rääääächts, jetzt Steinmeier. Gruselig

StefanZ
2 Jahre her

Der logische Nachfolger wäre wohl „unser“ Heiko gewesen. Es geht immer noch schlechter, dass haben wir doch mittlerweile gelernt.

StefanZ
2 Jahre her

Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands steht fest zusammen. Herr Kraus, haben Sie tatsächlich etwas anderes erwartet?

niezeit
2 Jahre her

Hier ein Trost für die Persistenz des prominenten intellektuellen Mittelmaßes: In den kommenden 5 Jahren sparen wir Steuerzahler 5 x 200.000 EUR Salär, welches der Bundesuhu im Ruhestand bekommen hätte und somit erst später erhält. Und die nächsten Jahre werden hart genug. Jeder eingesparte Euro für die zahlreicher werdenden staatlich bezahlten Nichtstuer zählt.

Ohanse
2 Jahre her
Antworten an  niezeit

Die paar Kröten wären „Peanuts“, wenn man denn einen brauchbaren Bundespräsidenten erhielte. Das Wahlverfahren – soll heißen: die Politik – lässt das aber nicht zu.

Dreiklang
2 Jahre her

Das Abtauchen von Merz und der CDU in der BP-Frage ist bezeichnend. Man möchte ganz jovial mit der neuen Bundesregierung im gemeinsamen Boot bleiben. Und die „Brandmauer gegen die AfD“ (Merz) pflegen. Die CDU ist ein Nostalgie-Verein geworden. Erinnerung an die schönen Zeiten, in welchen Kanzler gestellt wurden und damit Posten wie Milch und Honig verfügbar waren. Welche neue liberale (echt liberale) oder konservative Partei wird aus ihr entstehen? Die CDU hält für die Zukunft nichts mehr bereit; sie wird nichts mehr anbieten.

Ohanse
2 Jahre her
Antworten an  Dreiklang

Die Union will offensichtlich „loyale Opposition“ sein. Also noch eine Stufe serviler als „konstruktive Opposition“, was an sich ja schon an Blödheit nicht zu überbieten ist.

Bernd W.
2 Jahre her
Antworten an  Ohanse

In der Tat! Die Union hat in den letzten 30 Jahren schon nicht mehr gut regiert, und für echte Opposition ist sie offenkundig auch zu dumm. Aber Hauptsache, immer schön brav auf die AFD eindreschen…

Petra Horn
2 Jahre her

Merz ist eine ängstliche opportunistische Null-Nummer.
Wie lange dauert es, bis es endlich alle verstanden haben?
Und ich kann immer noch nicht begreifen, daß ausgerechnet einer von Blackrock, einer der zwei größten Hedgefonds, die Milliarden in die Pharma-Industrie investiert haben, die Demokratie in Deutschland voranbringen soll.