Für Claudia Roth ist deutsche Geschichte alles, nur nicht die Geschichte der Deutschen

Das „Rahmenkonzept Erinnerungskultur“ aus Roths Behörde hat es in sich: Die Kulturstaatsministerin gibt darin Einblick in ihre Vorstellung, wie der deutsche Umgang mit Geschichte verändert werden muss. Aus ihrer Perspektive scheint eine deutsche Geschichte im eigentlichen Sinne gar nicht mehr existent. Vielmehr verkommt sie zu einem Sammelplatz von Erfahrungen von Leuten aus aller Welt.

picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler

Claudia Roth mag es bunt: Für die Kulturstaatsministerin muss immer alles vielfältig und divers sein. So auch die deutsche Erinnerungskultur. Im Februar lud die Roth-Behörde auf ihrer Website den Entwurf eines sogenannten „Rahmenkonzepts Erinnerungskultur“ hoch, um einen neuen Anstoß für den erinnerungspolitischen Diskurs in Deutschland zu geben. Nach kurzer Zeit verschwand das Papier wieder aus dem Netz, wandert seit einiger Zeit aber durch die Redaktionen des Landes und liegt auch Tichys Einblick vor.

Das Konzept hat es in sich: Die Kulturstaatsministerin gibt darin umfassend Einblick in ihre Vorstellung, wie der deutsche Umgang mit Geschichte umgestaltet werden muss. Und zwar, indem den beiden zentralen deutschen Erinnerungssäulen Nationalsozialismus sowie Deutsche Teilung/Deutsche Einheit drei weitere Themenfelder hinzugefügt werden: „Kolonialismus“, „Erinnerungskultur und Einwanderungsgesellschaft“, „Kultur der Demokratie“.

Allein anhand dieser Schlagwörter merkt man die Absicht und ist verstimmt. Ganz offenbar soll hier mittels Geschichtspolitik zum einen der „Kampf gegen Rechts“, zum anderen der Umbau zu einer „diversen“ Migrationsgesellschaft ideologisch flankiert werden. Oder wie es Claudia Roth Mitte Februar in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel formulierte: „Vor allem“ – sprich: zuvörderst – gelte es, „eine Erinnerungspolitik für die Einwanderungsgesellschaft zu gestalten“.

Deutsche Geschichte als Sammelplatz von Erfahrungen

Aus Perspektive der Staatsministerin scheint dabei eine deutsche Geschichte im eigentlichen Sinne gar nicht mehr existent. Vielmehr verkommt die Geschichte zu einem Sammelplatz von Erfahrungen von Menschen aus aller Welt. Voll im Diversitätsrausch gemeindet das Papier etwa gleich „auch die Geschichte der Vorfahren derjenigen, die zu uns gekommen sind“, vollständig in die „deutsche“ Geschichte ein. Damit ist deutsche Geschichte zwangsläufig zugleich alles und nichts.

Ausschweifend erklärt das Konzept, dass „eine offene und plurale Erinnerungskultur“ nur erwachsen könne, „wenn die Erfahrungen und Perspektiven möglichst vieler Menschen, die in Deutschland leben, anerkannt und in der Wahrung der Grundwerte unserer Gesellschaft Teil eines demokratischen Aushandlungsprozesses werden“. Deutsche Erinnerungskultur also als Vielfaltsgeschichte, die jeden Tag neu ausgehandelt wird zwischen denen, die schon länger hier leben, und denen, die dies noch nicht ganz so lange tun.

Kein Interesse besteht hingegen an spezifisch deutschen „Erinnerungsorten“: Flucht und Vertreibung von 12 Millionen Deutschen aus Ostdeutschland nach dem zweiten Weltkrieg etwa verbucht das Konzept ganz im grünen Jargon schlicht als eine Facette der Geschichte von „Mobilität und Migration“. Würdigung von Leben und Kultur der Deutschen als Deutsche von Schlesien bis Ostpreußen? Fehlanzeige!

„Kampf gegen Rassismus“

Insgesamt blickt das Papier mit einer auffallend asymmetrischen Brille auf das Aufeinandertreffen von Einheimischen und Migranten. So wird etwa besonders hervorgehoben, dass „sogenannte“ Gastarbeiter essentieller Teil des Wirtschaftswunders gewesen seien. Dem gegenübergestellt werden die „schlechten Arbeitsbedingungen, Fremdenfeindlichkeit und der Rassismus“, der ihre Integration erschwert habe. An anderer Stelle heißt es, den Integrationsanstrengungen von Einwanderern gebühre „große Anerkennung“. Kurz darauf wird festgehalten, im Alltag erlebten Einwanderer „Diskriminierung bis hin zu offenem Hass, Hetze und Gewalt“.

Wunderbar in den Gestus der Selbstgeißelung und in den Zeitgeist von Politik und Geschichtswissenschaft fügt sich dann auch ein, dass die Kulturstaatsministerin einen starken Schwerpunkt auf die Erinnerung an die deutsche Kolonialgeschichte legen will. Konkret geht es ihr etwa um eine weitere Beschäftigung mit der Rückführung „kolonialer“ Güter in die Ursprungsländer oder auch „den Umgang mit kolonialen Spuren im öffentlichen Raum“.

Voll auf postkolonialer Linie beklagt das Konzept, dass sich an den Folgen „von Imperialismus und Kolonialismus“ viele aktuelle Phänomene von Ungleichheit festmachen ließen. Die Ereignisse beeinflussten bis heute politisch-gesellschaftliche Verhältnisse, etwa in Form von Diskriminierung und Rassismus. Offen benennt das Konzept die Absicht, mit dieser geschichtspolitischen Schwerpunktsetzung den „Kampf gegen aktuellen Rassismus in der deutschen Gesellschaft“ zu betreiben.

Verharmlosung des Nationalsozialismus?

So stellt das „Rahmenkonzept“ insgesamt einen ziemlich platten Versuch dar, die historische Erinnerung zum bloßen Instrument grüner Ideologie zu degradieren. Dabei hat das Papier in einem Punkt ja sogar Recht: Die deutsche „Erinnerungskultur“ wird auf die massenhafte Migration aus fremden Kulturkreisen reagieren müssen. Das betrifft vor allem den Umgang mit dem Holocaust und Antisemitismus, wie uns die zahlreichen israelfeindlichen Demonstrationen in den vergangenen Monaten wieder vor Augen geführt haben.

Das Problem ist dabei folgendes: Mit Erzählungen über die Gräueltaten, die sich Hans, Herbert und Frank vor 80 Jahren zu Schulde kommen haben lassen, wird man Achmed, Mohammed und Hassan sicher nicht emotional erreichen. Stattdessen sollten wir sie deutlich mehr mit der Kollaboration konfrontieren, die sich ihre Vorfahren, Muslime und Araber, mit Nazi-Deutschland leisteten. So regt es etwa der Historiker Michael Wolffsohn an.

Das wären Fragen, um die sich ein „zeitgemäßes Erinnerungskonzept“ für die angebliche oder tatsächliche Einwanderungsgesellschaft wirklich drehen müsste. Im Roth-Papier sucht man die klare Erkenntnis, dass Migration nicht einfach toll, divers und bereichernd, sondern gerade Teil unseres erinnerungskulturellen Problems sein könnte, aber natürlich vergeblich.

Im Übrigen hat das Konzept auch im politischen und geschichtswissenschaftlichen Mainstream massive Kritik hervorgerufen, wenn auch aus anderen Gründen: Der „zentrale Stellenwert der Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen für das staatliche Selbstverständnis der Bundesrepublik“ werde in dem Konzept nicht deutlich, beklagten zahlreiche Gedenkstättenleiter in einem jüngst bekannt gewordenen Schreiben. Das zielte auf die endlose Erweiterung der Erinnerungskultur um alle möglichen Themen, wie es der Kulturstaatsministerin vorschwebt. Das Papier könne damit „als geschichtsrevisionistisch im Sinne der Verharmlosung der NS-Verbrechen verstanden werden“, so die Historiker. Eines muss man Claudia Roth wirklich lassen: Sie lässt kein Fettnäpfchen aus.

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Kommentare ( 66 )

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Riffelblech
5 Monate her

Mit der Bunten ,im wörtlichen und übertragenem Sinne ,Claudia Roth hat wohl eine der „“ allerhellsten „“ Kerzen in diesem Lande einen Posten erklommen der dem berühmtem Frosch auf dem Baum gleichkommt . Nun ist das Quacken des Frosches bei Weitem nicht dem Gesang der Vögel gleich ,für den sie sich nun hält . Soll doch aber nur heißen ,““den allergrößten Respekt““ vor dieser „ kulturellen Leistung ,wie geschehen ,sogenannte Koloniale Raubgüter an die Falschen Besitzer zurückgegeben zu haben . ( Behnin Skulpturen ) Es wird leider eine Tatsache bleiben das die grüne Ideologie sich in selbsternannte Restauratoren der Kultur… Mehr

johnsmith
5 Monate her

Laut unserer Bundestagsvizepräsidentin existiert ja keine deutsche Kultur.
Und laut Roth eben keine deutsche Geschichte.
Nur deutsche Steuern existieren, die Deutsche bezahlen dürfen um sie in der Welt zu verschenken.

Jens Frisch
5 Monate her

Was die Linken mit „Kampf gegen Rassismus“ meinen, zeigen sie in der „critical race theory“ (Kritische Rassenlehre):
Rassismus gegen weiße Menschen.

Endstadium0815
5 Monate her

Ich kann Roth beruhigen, denn sie wird sicher niemals ein Teil deutscher Geschichte sein. Sie wird vergessen werden und keiner wird sich an sie erinnern.

j.heller
5 Monate her

Was ist der Kern des Problems? Meiner Meinung nach geht es um eine links-woke Auflösung des Begriffes „Volk“, wie er nach wie vor weltweit gilt und bis Kohl selbstverständlich war (siehe Spätaussiedler). Das ist übrigens auch der Kern der Versuche der AfD (ich bin kein AfDler) Verfassungsfeindlichkeit nachzuweisen (Volk = Staatsvolk). Es geht um einen Selbst-Ethnozid. Der allerdings einigen revanchistischen Angehörigen fremder Völker auch zusagt. Der „Weiße“, vor allem der traditionell Deutsche, soll verschwinden. Bestenfalls zu einer Minderheit in der eigenen Heimat werden, die dann spürt, was es bedeutet diskriminiert zu werden. Weil man sich davon eine bessere Welt, frei… Mehr

Sozialer Demokrat
5 Monate her
Antworten an  j.heller

 Der „Weiße“, vor allem der traditionell Deutsche, soll verschwinden. Bestenfalls zu einer Minderheit in der eigenen Heimat werden, die dann spürt, was es bedeutet diskriminiert zu werden.

Ja genau. Wenn der traditionelle Deutsche eine Minderheit ist, switchen Leute wie Roth um:
Ab dann werden MInderheiten diskriminiert und zwar genau so, wie jetzt die traditionellen Deutschen.
Eines bleibt bestimmt gleich:
Die traditionellen Deutschen sollen arbeiten und Steuern zahlen und zwar solange bis sie dann am besten rentenlos ins Gras beißen.

Last edited 5 Monate her by Sozialer Demokrat
wackerd
5 Monate her

Auch die Grünen mit ihrer großen Transformation in ihren Öko-Sozialismus mit ewigem Kampf gegen die deutsche Bevölkerung werden scheitern. Das Narrativ „Böse Deutsche – Gute Migranten“ kommt schneller an den Kipppunkt als sie es merken. Zum Einen sicher durch extreme Migranten selbst, die den Blödsinn nicht mitmachen und stattdessen lieber von einem islamisch geprägten Deutschland inkl. Kalifat träumen und zum Anderen durch immer mehr deutsche Bürger, die eben am eigenen Leib erfahren (Energiemangel, steigende Lebenshaltungskosten, Unfreiheit, etc.) was es heißt, die „Welt“ retten zu wollen. Kann ein paar Jahre dauern, dann geht es in die andere Richtung. Darin ist Deutschland… Mehr

Wilhelm Rommel
5 Monate her

Ach, Herr Serafin, was soll man denn von jemandem erwarten, der 1990 stramm in einer Frankfurter Demo unter dem Motto: ‚Nie wieder Deutschland‘ mitmarschiert oder 2015 in Hannover an einem Antifanten-Aufzug teilnimmt, aus dem heraus das bekannte ‚Deutschland du mieses Stück Sch…“ skandiert wird. Henryk M. Broder hat die intellektuelle ‚Befindlichkeit‘ dieser Dame ja schon treffend charakterisiert – und abgesehen vom Broderschen ‚Doppelzentner‘ würde ich mal kühn behaupten, dass ein Hektar Rübenacker in der Magdeburger Börde über mehr historisches Bewusstsein verfügt als beispielsweise jemand, der einen zwischen dem 10./11. Jahrhundert einsetzenden hochkomplexen Entwicklungsprozess mit ungezählten Höhen und Tiefen reduziert auf… Mehr

Last edited 5 Monate her by Wilhelm Rommel
doktorcharlyspechtgesicht
5 Monate her

Geschichte wird immer von den Mächtigen geschrieben. Nachdem eine bürgerliche Geschichtsschreibung die ungeheure soziale Not des 19. Jhdts. großteils ignorierte, nachdem die Geschichte der BRD nach 1945 nicht bereit war, die Rolle vieler Großkapitalisten und bürgerlicher Politiker beim Aufstieg Hitlers hinzunehmen und die barbarischen Verbrechen im Osten hinter dem Holocaust verblassen liess, schreibt nun Claudia Roth ihre Version. Dabei ist wird der Jammermigrant kultiviert: eine mediale Kunstfigur, die erfunden wurde, um von wichtigen Hintergründen abzulenken: Gastarbeiter wurden ins Land geholt, damit deutsche Firmen weiterhin billig Gewinn machen konnten. Wider besseres Wissen wurden die Kosten und sozialen Folgen der Masseneinwanderung dem… Mehr

Warte nicht auf bessre zeiten
5 Monate her

Geschichtspolitik ist immer Zeitgeistpolitik. Sie ist in erster Linie Politik und nur sehr bedingt hat sie etwas mit Geschichtswissenschaft zu tun. Es wäre eher verwunderlich, wenn aus dem Hause Roth etwas anderes käme. Geschichtspolitiken kommen und gehen. Das Problem ist, dass mit solchen Konzepten auch wieder sehr viel Geld verteilt wird und im Ergebnis nicht mehr wissenschaftsimmanente Fragen die Forschung bestimmen, sondern die Politik. Tausende Dünnbrettbohrer aus dem geschichtswissenschaftlichen Prekariat werden den Gesichtsmarkt mit überflüssigen (und in diesem Fall „woken“) Texten überfluten, um in neuen „Gedenkorten“ eine Anstellung oder wenigstens ein Anschlussprojekt zu ergattern. Geschichtswissenschaft wird so letztlich erstickt. Die… Mehr

Niklot
5 Monate her

Es wird Zeit, dass dieser Spuk schnell ein Ende nimmt. Aber wie man die Deutschen kennt, braucht es ein böses Erwachen. Anders merken es die Leute nicht.

j.heller
5 Monate her
Antworten an  Niklot

Erwachen bringt auch nichts mehr, da alles irreversibel ist.

peer stevens
5 Monate her
Antworten an  j.heller

…es gibt immer ein Morgen!
…nur dauert der Wohlstandsschlaf der Schlafschafe leider wieder etwas länger
…das war und ist bei den -richtigen-Deutschen schon immer so in ihrer mehr als 1000 Jahre Geschichte
…aber wach werden sie dann doch noch irgendwann, VERSPROCHEN!