Merkel instrumentalisiert Corona für eine Art Länderfinanzausgleich der EU

Während sich die Kanzlerin in der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise den Bürgern noch als „schwäbische Hausfrau“ präsentierte, die auf eine sparsame Haushaltsführung Wert legt, setzt sie nun auf die Ausweitung von Schulden und die Finanzierung von Ausgaben anderer Länder.

imago Images/Hans Lucas
Wer derzeit angesichts der beginnenden Wirtschaftskrise in der EU die Medien zum Thema Rettungspolitik liest, hört und sieht, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die EZB wirft erneut die Druckerpresse an und beschließt, über die Banken 750 Milliarden EURO in den europäischen Finanzmarkt zu pumpen. Fast zeitgleich beschließen die EU-Finanzminister eine Reaktivierung und Ausweitung der Rettungsschirme, die nach der letzten Finanzkrise aufgespannt wurden, um überschuldeten Ländern die Insolvenz zu ersparen. Auf diesem Wege sollen weitere Milliarden in drei- bis vierstelliger Höhe locker gemacht werden. Und schließlich wollen der französische Präsident und die deutsche Bundeskanzlerin den EU-Haushalt um zusätzliche 500 Milliarden EURO aufstocken, die an notleidende Mitgliedstaaten verteilt werden sollen.

Da die EU-Kommission anders als die EZB selbst kein Geld drucken kann und die Staatskassen der Mitgliedsländer entweder schon leer sind oder sich aufgrund des Corona-Shutdowns gerade zu leeren beginnen, sollen für den umgestalteten Rettungsschirm und den Fonds von Macron und Merkel an den internationalen Finanzmärkten Schulden aufgenommen werden, für die alle Mitgliedsländer, allen voran Deutschland, haften. Die Empfänger der Gelder hingegen sollen diese zu einem erheblichen Teil nicht als rückzahlbare Kredite, sondern als Transferzahlungen erhalten, die nicht zu erstatten sind.

Angestrebt wird offenkundig eine Art Länderfinanzausgleich, wie es ihn zwischen den deutschen Bundesländern schon lange gibt. Legitimiert wird er von seinen Betreibern als zeitlich begrenzte Sondermaßnahme gegen eine unerwartete Wirtschafts- und Finanzkrisekrise, die die Mitgliedsländer laut den Betreibern alleine nicht bewältigen könnten. Ein weiteres Ziel der Gestalter der diversen Rettungspakete besteht wohl zusätzlich darin, die Gelegenheit des Corona-Schocks beim Schopf zu packen und mittels einer weitreichenden Schulden-Vergemeinschaftung einen weiteren Schritt in Richtung einer dauerhaften Transferunion zu unternehmen.

Gesetzt wird dabei nicht auf die bestehenden EU-Verträge, die diesem Ziel eher im Weg stehen, sondern auf die Macht des Faktischen, die im Bereich der Wirtschaft und der Finanzen in Krisenzeiten bekanntlich ihre besondere Wirkung entfaltet. Ein Procedere, das die Eurokraten in Brüssel und ihre Mitspieler in den Mitgliedsländern auf ihrem Weg hin zu einer „ever closer union“ inzwischen bestens beherrschen. Ebenso ehrlich wie treffend beschrieben hat dies der ehemalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit seiner bekannten Aussage: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Nach diesem bewährten Muster haben offenkundig auch Macron und Merkel ihren Corona-Rettungsfonds in den Raum gestellt und warten nun zunächst einmal ab, was sich innerhalb der EU so tut. Auf Kritik stoßen könnte ja nicht nur ihr Wunsch, die Gelder nicht als Kredite, sondern als Transferzahlungen an einzelne Länder zu verteilen, die andere Länder finanzieren. Kritisiert werden könnte auch, daß den EU-Rettungspolitikern angesichts einer einbrechenden Wirtschaft nur einfällt, die Staatsverschuldung in unermessliche Höhen zu treiben, um so ihrem Ziel einer in Brüssel zentralisierten Finanz- und Wirtschaftspolitik näher zu kommen. Gleichzeitig bleibt die Frage notwendiger Einsparungen in den Staatshaushalten und dem EU-Haushalt, vor allem bei den konsumtiven Ausgaben, völlig außen vor. Ganz im Gegenteil wird der Öffentlichkeit seitens der Bundesregierung signalisiert und versprochen, in der Krise könnten alle staatlichen Ausgaben sogar gesteigert werden – wohl um die Bürger angesichts anstehender Wahlen möglichst bei Laune zu halten.

Ihnen soll wohl eingeredet werden, die sich anbahnende wirtschaftliche und finanzielle Krise ließe sich lösen, ohne daß der Staat an irgendeiner Stelle seine eigenen Ausgaben zu reduzieren hätte, da er sich problemlos verschulden und so sogar die Ausgaben anderer EU-Länder finanzieren könne. Dies steht allerdings nicht nur zu den Erfahrungen der Bürger mit vergangenen Wirtschafts- und Finanzkrisen, sondern auch zu ihren Erfahrungen mit den Möglichkeiten ihrer privaten Haushaltsführung in diametralem Widerspruch. Ebenso widerspricht die Botschaft von der wundersamen Krisenlösung ohne Sparmaßnahmen dem Vorgehen von Unternehmen, wenn diese, wie jetzt wieder, in eine wirtschaftliche und finanzielle Schieflage geraten.

Investitionen in neues Wachstum werden in einer solchen Situation dort zwar auch forciert, wenn nötig und möglich auch über zusätzliche Schulden; gleichzeitig werden aber so schnell wie möglich unnötige Ausgaben gekappt und eingespart. In den großen Unternehmen in Deutschland gilt deswegen derzeit wieder einmal die Devise „Cash Protection“. Durch gezielte Einsparungen bei Personalkosten, Reisekosten, Materialkosten, externen Dienstleistern und Gewinnausschüttungen werden unter anderem Ausgaben in Forschung und Entwicklung oder Digitalisierung finanziert, die den Unternehmen dabei helfen sollen, sich wirtschaftlich zu erholen.

Von einem solchen auf Sparsamkeit und Investition ausgerichteten Vorgehen will Kanzlerin Merkel zusammen mit Präsident Macron und Kommissionspräsidentin von der Leyen offenkundig nichts wissen. Die vermeintliche Lösung der sich anbahnenden Wirtschafts- und Finanzkrise liegt aus deren Sicht allein in schuldenfinanzierten Ausgaben, nicht im Sparen. Von der „schwäbischen Hausfrau“ der letzten Krise ist insofern nichts übrig geblieben, ohne dass sie den Bürgern bislang erklärt hätte, warum.

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Kommentare ( 51 )

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Sag die Warheit
3 Jahre her

Ich kann mich nicht wehren aber ich habe den Eindruck unsere Politiker planen den Totalen Zusammenbruch. Leider scheert sich keine Regierung an den bedürfnissen der Bevölkerung. Da wird der zusammenbruch der Infrastruktur mit Klimawandel Bekämpfung verkauft, Um die Unwelt schert sich keiner. Überall nur selbsternannte Spezialisten und Wissenschaftler Lügner und Scharlatane da schreibt das statistische Bundesamt „15. Mai 2020 Sterbefallzahlen auch in der 16. Kalenderwoche über dem Durchschnitt der Vorjahre“ Zur selben Grafik eine seite weiter: „Um die Frage zu beantworten, ob COVID-19 zu einer Übersterblichkeit führt, beobachten wir anhand einer Sonderauswertung die vorläufigen Sterbefallzahlen in Deutschland. Im Moment sind… Mehr

usalloch
3 Jahre her

Frau Merkel war nie eine schwäbische Hausfrau. Sie ist eher die Vorsitzende der Sozialistischen Internationale. Von daher auch ihre der Großzügigkeit gegenüber allen anderen Ländern. Das eigene Land interessiert sie nicht. Für die Erfüllung der sozialistischen Träume müssen Opfer gebracht werden. Und da hat sie mit der jetzt ferngesteuerten Geldvernichtung Maschine an der Spitze der EU eine willige Partnerin. Die ist ja auch bekannt dafür, das sie es mit dem Gesetz und mit der Hygiene nicht so wichtig nimmt.

Finnegan
3 Jahre her

Selbst die „WeLT“ muss eingestehen: Frankreich und Italien werden in der EU zu Netto-Empfängern werden! Toll – weil sie ohnehin schon viel zu viele Schulden haben, fordern Paris, Rom, Madrid, Athen e tutti quanti jetzt Geschenke. Wer glaubt, dass es irgendeine Kontrolle über die Verwendung des geschenkten Geldes geben wird, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Von „Reformauflagen“ war ohnehin nie die Rede. Macrons Wirtschafts- und Finanzminister Le Maire (der übrigens die abstoßende Schäbigkeit aufbringt, mit den Zahlen der Toten zu argumentieren) freut sich auch schon öffentlich darauf, mit unserem Geld seine französische Autoindustrie aufzupäppeln (natürlich gegen selbige aus Deutschland).… Mehr

Porcelain by Nocken-Welle
3 Jahre her

*

Als das Haus Europa einstürzte
vor dessen Fehlkonstruktion sie gewarnt worden waren
seit langem und mehrfach und immer vergeblich.

Klammerten sich einige von ihnen
noch im Fallen an einzelne Balken
und lobten die Pläne der Architekten.

Rühmten auch das Fundament in dessen
sich rasch verbreiternden Rissen
sie am Ende verschwanden.

Und priesen noch aus der Tiefe
das schützende Dach dessen Trümmer
sie schließlich erschlugen.

*

ziemlich frei – nach Brecht

***

mathilda
3 Jahre her

Machiavellismus: „Wer eine hohe Ausprägung in Machiavellismus hat, ist vor allem ein Manipulator, durchsetzungsstark und ohne Mitgefühl für andere. Weil der Zweck für ihn die Mittel heiligt, stellt der Machiavellist seine eigenen Regeln auf und geht, wenn nötig, über moralische und gesetzliche Grenzen hinweg. Ihre Ziele stellen sie vor das Wohl anderer, sie setzen sie, einmal gefasst, ohne Rücksicht auf Verluste um. Das gelingt ihnen im Vergleich zu anderen Menschen oft spielend leicht – nicht nur, weil sie es clever anstellen, sondern auch, weil niemand sie aufhält. Der fehlende Anstand weniger Menschen führt gerade deshalb zum Erfolg, weil alle anderen… Mehr

November Man
3 Jahre her

Ein ehemals reiches und wirtschaftlich starkes Deutschland braucht keinen EU-Hilfen, sondern es braucht unverzüglich den Dexit um kulturell, wirtschaftlich und finanziell wieder gesund zu werden.

jwe
3 Jahre her

Ich verstehe nicht, wie sich manche hier immer aufregen. Es wird immer angeführt, die Infrastruktur wäre kaputt, Digitalisierung klappt nicht, … . Vor dem Hintergrund der anstehenden großen Transformation in Deutschland, nach der nichts mehr so sein wird wie zuvor (O-Ton Merkel), wird hier gar nicht mehr soviel Steuergeld im Land gebraucht. Durch die Mobilitätswende werden Autos überflüssig (Merkel: in wenigen Jahren werden sich die Menschen in DE fragen, wofür sie früher noch Autos brauchten). Wofür da in Infrastruktur investieren, die nicht mehr gebraucht wird.. Da ist das Geld doch besser an andere Länder verschenkt. Und da es innerhalb der… Mehr

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  jwe

Und das mit dem Klima hat sich bei all den Vorhaben der Frau dann einfach so mit links auch erledigt…
Wobei die uns eingebrockte Co² Steuer natürlich dennoch bleibt.

Contra Merkl
3 Jahre her

Selbst wenn Merkel diese Nummer noch durchbringt, wird sich nur wieder Zeit gekauft, aber nicht die Probleme gelöst. Dann werden die Schotten geöffnet und in einem halben oder dreiviertel Jahr säuft der ganze Kahn ab.
Immerhin gehen wir dann solidarisch mit unter.
Alles was die Frau anfasst, endet in der Grütze.
Sie kann es einfach nicht.

Johann P.
3 Jahre her

Es ist wirklich unerhört, was sich diese Person da im Kanzleramt alles erlauben kann! Jeder, der diesem schändlichen Treiben weiterhin tatenlos zusieht, ob Parlamentarier, Richter, Medienvertreter oder Wähler, jeder, der achselzuckend seinen eigenen Untergang sehenden Auges in Kauf nimmt, macht sich mitschuldig an der heraufziehenden Katastrophe. Mit der billigen Ausrede „aber das haben wir doch alles nicht gewußt“ kann sich in Zukunft jedenfalls keiner mehr herausreden.

November Man
3 Jahre her

Durch Merkel oder, eher unwahrscheinlich da unmöglich, durch Macron 500 Milliarden an Euro geschädigte Staaten zu verschenken oder als Kredite zu verleihen macht im vorliegenden Fall keinen Unterschied. Diese Geld ist sicher weg, das sehen wir wie schon so oft nie mehr wieder. Andere maroden EU-Staaten, zum Beispiel Frankreich, Spanien, Griechenland oder Italien, haben sich schon längst an solche Zahlungen gewöhnt, sich eingerichtet und Leben ganz gut damit. Wenn man schon selbst noch keinen Cent erwirtschaftet oder verdient hat, muss es eine wahre Freude sein, vom Geld anderer Leute zu leben und deren Geld auch noch zu verschenken. Und das… Mehr