Werden Ukrainer aus Deutschland an die Front geschickt?

2024 könnte das Verhältnis zwischen Deutschland und der Ukraine ändern. Es geht um eine Frage, die sich nicht mit Geld, Waffen oder Lippenbekenntnissen beantworten lässt: die Wehrpflicht. Zunächst für Ukrainer, die in Deutschland leben und sich so der Wehrpflicht entziehen.

IMAGO / ZUMA Wire

Bisher betonen Deutschland und die Ukraine ihre Partnerschaft gegen Russland. Doch nun steht eine Frage im Raum, die wie ein Spaltpilz wirken könnte. Bisher gab es die nicht. Die deutschen Waffenlieferungen waren den Ukrainern zwar immer zu wenig, aber aus einem deutschen Niemals wurde nach kurzer Zeit und Auftritten von Roderich Kiesewetter (CDU) oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) bei Anne Will immer ein Okay. Und Geld war sowieso kein Problem. Die Ampel war und bleibt bereit, für die Ukraine mehr Schulden zu machen, als es der Verfassung lieb ist.

Doch nun stehen die Wehrpflichtigen zur Debatte. Nach der gescheiterten Offensive gehen der Ukraine die Soldaten aus. Das Militär will daher 500.000 Mann nachverpflichten. Zum Vergleich: Das sind fast drei Mal so viele Männer, wie aktuell in der Bundeswehr dienen. Eine solche Aufstockung wird nicht möglich sein ohne die Wehrpflichtigen, die sich ins Ausland abgesetzt haben – vor allem nach Deutschland.

Das bringt die Ampel in ein Dilemma – vor allem die einstige Partei des Pazifismus. Dass diese im Zusammenhang mit der Ukraine all ihre Grundsätze über Bord geworfen hat, haben ihre Anhänger verziehen. Die Älteren unter diesen Anhängern haben in den 80ern jeden moralisch verurteilt, der nicht für Pazifismus war und tun dies heute mit jedem, der nicht dagegen ist. Grüne Jakobiner haben mit solchem Twist kein Problem – in der Kurve zeigt sich die Linientreue. Doch der grüne 180-Grad-Schwenk war auch deshalb möglich, weil das Kriegsgeschehen in der Ukraine bisher abstrakt war. Für Deutsche: Bilder aus einem fernen Land. Vorzensiert. Mitunter in ihrer Herkunft fragwürdig.

Doch mit den ukrainischen Wehrpflichtigen in Deutschland wird es konkret. Wollen eine Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und eine Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Ukrainer zwangsweise ihrem Vaterland überlassen, wenn dort Schlachten mit einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 20 Prozent auf sie warten? Das gibt hunderttausende Männer, die sich an RTL, die Bunte oder die jeweilige Lokalzeitung wenden können, um mit Tränen in den Augen zu bitten, dass sie im sicheren Deutschland bleiben dürfen. Um es im Sinne von Angela Merkel (CDU) zu sagen: keine schönen Bilder.

Zwar werden die grünen Journalisten versuchen, der Ampel zu helfen. Vor allem im Staatsfunk verteidigen sie stärker grüne Lebenslügen als ein Achtjähriger seinen Glauben an den Weihnachtsmann. Doch wird das tragen? Im Falle von Moldau und Georgien hat es funktioniert. Die beiden Länder hat die Ampel zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt und diesen Schritt auf ihrem Punktekonto in Sachen Kampf gegen Einwanderung verbucht.

Doch der Hintergrund ist ein anderer: Zwar droht den beiden Staaten ein Krieg, aber sie führen ihn noch nicht. Da war es leicht, so zu tun, als ob die Entscheidung nichts mit der Wehrpflicht zu tun habe – was aber so ist. Das wird in Sachen Ukraine anders sein – da wird es jedem Betroffenen klar sein, um was es für ihn geht, und auf staatsnahe Medien kommt eine Heidenarbeit zu, das schönzureden.

Wie sehr sich Deutschland in der Frage spreizen wird, hat bereits ein erster Aufschlag des ukrainischen Militärs gezeigt. Die deutsche Reaktion: Justizminister Marco Buschmann (FDP) will für den Verbleib der ukrainischen Wehrpflichtigen in Deutschland kämpfen. Erledigt er das so überzeugend und erfolgreich wie seine Jagd auf die Saboteure der Nord-Stream-Pipeline, können sich ukrainische Männer in Deutschland schon mal nach ihrer Konfektionsgröße für Uniformen erkundigen.

Roderich Kiesewetter hat einen besonders hübschen Vorschlag gemacht: Wer bisher in Deutschland Schutz gefunden hat, solle in der Ukraine nach der Rückkehr nur im Heimatschutz eingesetzt werden. Das ist das Schöne an Deutschland: seine Inklusion. Du kannst dich als komplett weltfremd erweisen und dennoch als Experte hofiert werden. Wer außer Kiesewetter kann sich die folgende Ansprache eines ukrainischen Feldwebels vorstellen? „Du hast dich bisher in Sicherheit gebracht, während wir unser Leben riskiert haben? Schön, dass du jetzt da bist, setz dich, es reicht, wenn du ab und zu ans Telefon gehst. Kann ich dir noch einen Tee machen, bevor ich in den Tod ziehe? Nein, dann mach’s dir bequem und tu dir nicht weh. Falls ich doch zurückkomme, mach‘ ich was zu essen.“ Vorschläge wie die von Kiesewetter kommen zustande, wenn jemand den Krieg nur aus dem Fernsehen und von inszenierten Truppenbesuchen kennt.

Wie es um den Krieg in der Ukraine steht, erfahren die Deutschen aus den Medien. Doch, doch. Das tun sie. Sie müssen nur genauer hinsehen. 2022 und Anfang 2023 brachte die Bild gefühlt dreimal die Woche Meldungen, dass Putin todkrank sei oder kurz vor dem Sturz stehe. Drei Tage die Woche war genauso zu lesen, dass die Ukraine bald die entscheidende Schlacht gewinne. Dazwischen gab es eine Analyse über Putins baldiges Ende und den bevorstehenden Sieg der Ukraine. Doch diese Berichte sind Vergangenheit. Es geht auch nicht mehr um ukrainische Drohnenangriffe auf Russland, sondern um über der Ukraine abgeschossene russische Drohnen. Am Duktus des baldigen Sieges hält die Bild dabei fest – nur die Orte des Kampfgeschehens haben sich verschoben. Entscheidend verschoben.

Bisher sind deutsche Medien und Politik an der Seite der Ukraine marschiert: mit Geld, Waffen und schöngefärbter Berichterstattung – hart an der Grenze zur Propaganda. Männer in einen wahrscheinlichen Tod zurückzuschicken, dürfte der Ampel bedeutend schwerer fallen. Wie heikel die Frage ist, zeigt sich daran, wer sich bisher zu Wort gemeldet hat: ein Hinterbänkler, der medial vom Krieg lebt, und ein Minister, der schon bewiesen hat, dass er ein Leichtgewicht ist – spätestens, als Karl Lauterbach (SPD) Buschmann bei den Corona-Verhandlungen wie einen Schoßhund vorgeführt hat. Klügere Politiker als er schweigen noch zu dem Thema. Die Frage der geflohenen ukrainischen Wehrpflichtigen ist zu heikel.

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Kommentare ( 174 )

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Marcel Elsener
4 Monate her

Interessant ist, wie die polnische Regierung reagieren wird. Schon vor dem Ausbruch des kriegerischen Konflikts vor fast 2 Jahren, weilten über eine Million Ukrainer im Lande. Man kann davon ausgehen, dass ein relevanter Anteil von diesen Ukrainern polnische Wurzeln hat. Man darf nicht vergessen, dass die Unterdrückung nichtukrainischer Ethnien in der Ukraine nicht bloss die russischstämmigen sondern auch die polnischstämmigen, die ungarischstämmigen und sonstige Minderheiten betrifft. Werden die polnischstämmigen, wehrfähigen Ukrainer von Polen an die Ukraine ausgeliefert, damit sie in den Krieg und in den wahrscheinlichen Tod geschickt werden? Eine sehr heikle Frage. Bei der vorherigen PiS-Regierung war ich mir… Mehr

Fatmah
4 Monate her

Nach meiner Beobachtung ist eher die Oberschicht nach Deutschland „geflüchtet“ Unsere Nachbar-Ukrainer machen auch einen gebildeten Eindruck und fahren standestypisch BMW X4 SUV. Ich zahle sehr gern meine Lohnsteuer damit diese armen Menschen eine 1600€ Wohnung kostenlos zur Verfügung haben können (Ironie).
Diese Kaste verreckt eh nicht im Schützengraben. Schön das sie bei uns Bürgergeld und Miete gesponsert bekommen und ihr eigenes Geld für die schönen Dinge im Leben wie Gucci Täschchen und edle Gastronomie ausgeben können.

GefanzerterAloholiker
3 Monate her
Antworten an  Fatmah

Höchste Ukro-SUV Dichte in der EU finden Sie in Portugal. Vermutlich sind sie auf Durchreise kurz in D vorbei und haben dort Geld beantragt. Läuft offenbar, diese Verarsche.

Reini
4 Monate her

Das versteht doch sowieso keiner. Ukrainische Wintersportorte sind von Einheimischen überlaufen die dort dem Wintersport nachgehen. Andere Ukrainer kommen nach Deutschland und landen sofort im Bürgergeld; wenn ich irgendwohin reise weil es mir hier nicht gefällt, dann muss ich dafür selbst aufkommen und lande nicht in der Vollversorgung.
Geradezu paradox ist, dass Milliarden deutsches Steuergeld für die Kriegsführung der Ukraine zur Abwehr der Russen versenkt werden und weitere hunderte Millionen für die Ukrainer ausgegeben werden, die sich davor drücken, ihr eigenes Land zu verteidigen. Finde den Fehler.

Sturmtief
4 Monate her

Herr Kiesewetter hat doch letzte Woche deutlich gesagt warum man der Ukraine helfen muss. Es geht um Rohstoffe (Manganerze, Lithium, Kobalt, Titan und Seltene Erden), und diese liegen im Donezk-Luhansk-Gebiet. Ohne diese Rohstoffe wird das nix mit der E-mobilität in der EU. Und dann sind da ja noch die Landwirtschaftlichen Flächen, rund 1,7 Millionen Hektar ukrainischen Ackerlandes in ausländischer Hand befinden – heute sind es offiziell fast 3,5 Millionen Hektar, von insgesamt 32 Millionen Hektar. Es ist stark anzunehmen, dass das westliche Landgrabbing nach einem stark hypothetischen Sieg der Ukraine gegen Russland ungehemmt weitergehen würde. Und nicht nur westliches Landgrabbing… Mehr

Skeptiker
3 Monate her
Antworten an  Sturmtief

.. und die E-Mobilität brauchen wir schliesslich unbedingt und um jeden Preis, sonst weinen die Grünen.

Hegauhenne
4 Monate her

„Stell dir vor es ist Krieg, und keiner geht hin“. Genau das machen uns die ukrainischen Männer jetzt vor. Scheinbar sind sie nicht bereit, für ihr durch und durch korruptes Vaterland und die ebenso korrupten Oligarchen-Marionetten und die Handpuppen der USA ihr Leben zu opfern. Ich kann das verstehen. Nur, daß wir sie hier durchfüttern, finde ich doch ärgerlich. Sie sollten ihr Bürgergeld wenigsten abarbeiten. Man sagt ja, daß viele auch ohne diese Unterstützung auskämen. Dann sollten sie das auch. Aber in den ziemlich sicheren Tod schicken? Niemals! Außerdem sind wir ja daran mit schuld, daß der Krieg immer noch… Mehr

Konservativer2
4 Monate her
Antworten an  Hegauhenne

„Stell dir vor es ist Krieg, und keiner geht hin“ Ja, vielleicht findet es der ein oder andere Ukrainer tatsächlich befremdlich von einem ex-Komödianten angeführt zu werden, dessen Partei genauso heißt wie seine Comedy-Serie und der heute eine Mischung aus Posterboy für gelangweilte West-Politiker und Schmalspur-Rambo gibt. Alleine damit, jeden Tag ein neues modisches uniformähnliches Oberteil mit Staatswappen zu schneidern, sind vermutlich x Modedesigner beschäftigt. Ich hätte da auch ein Problem damit, und zwar ein großes, wenn ich ehrlich bin.

Konservativer2
4 Monate her
Antworten an  Hegauhenne

„Stell dir vor es ist Krieg, und keiner geht hin“ Ich wiederhole mich, es passt aber auch: ja, vielleicht findet es der ein oder andere Ukrainer befremdlich von einem ex-Komödianten angeführt zu werden, dessen Partei genauso heißt wie seine Comedy-Serie und der heute eine Mischung aus Posterboy für gelangweilte West-Politiker und Schmalspur-Rambo gibt. Alleine damit, jeden Tag ein neues modisches uniformähnliches Oberteil mit Staatswappen zu schneidern, sind vermutlich x Modedesigner beschäftigt. Ich hätte auch ein Problem damit, wenn ich ehrlich bin. Und zwar ein großes.

Last edited 4 Monate her by Konservativer2
Fatmah
4 Monate her
Antworten an  Hegauhenne

Flucht vor dem Wehrdienst ist kein Asylgrund sondern m.E. ein Abschiebegrund.

Nibelung
4 Monate her

Die Ukraine kann gerade uns Deutsche noch Kopf und Kragen kosten, denn wenn dieser Wahnsinn so weiter geht, dann werden wir im Ernstfall mit die ersten Opfer sein und wie dumm oder erpreßbar muß man sein, solchen Wünschen anderer zu folgen, die nur Eigeninteressen verfolgen und wir dabei immer ärmer werden für eine Auseinandersetzung die uns überhaupt nichts angeht und jeder Einzelne dafür zahlen soll, ob er will oder nicht und uns gleichzeitig aller Chancen für die Zukunft berauben, was man täglich in allen negativen Facetten erleben kann. Diese Art des kollektiven Wahnsinns war uns schon immer hold, entweder haben… Mehr

Haedenkamp
4 Monate her

Krieg (angeblich gegen Putin) ja, aber möglichst ohne Soldaten. Atomkraftwerke abschalten, aber im Ausland kaufen. Bigott oder schizophren?

Jens Lueck
4 Monate her

Ich habe – ganz im Sinne unserer Regierung – eine tolle Idee: Wir schicken deutsche Bürgergeld-Empfänger zwischen 18 und 65 Jahren zum Kämpfen in die Ukraine! Das spart uns zukünftig sehr viel Geld, weil diese dadurch als zukünftige Rentner ausscheiden. Muslimische Bürgergeld-Empfänger gehen natürlich nicht, da die sich das nicht gefallen lassen würden. Ist ja logisch. Aber der Deutsche steigt stumm in den Zug Richtung Osten. Bei Bedenkenträgern könnte eine Bratwurst gratis Wunder wirken. Außerdem werden wir rechnerisch bunter, wenn alte weiße deutsche Männer weniger werden. Das freut dann auch die Grünen. Außerdem sind dann viele deutsche Frauen wieder Single,… Mehr

Last edited 4 Monate her by Jens Lueck
Berlindiesel
4 Monate her

„Männer in einen wahrscheinlichen Tod zurückzuschicken…“ Da ist er wieder, der naive, eskapistische deutsche Wegseh-Pazifismus, der sich darin suhlt, man sei „gut“ oder „besser“, wenn man sich „raushalte“ obwohl einem das in diesem Krieg weder die Russen noch die Ukrainer und am Ende niemand durchgehen lässt. Generationen, die mit der Postkarten-Wehrdienstverweigerung aufgewachsen sind, stellen fassungslos fest, dass Krieg nicht weggeht, wenn man „nicht hingeht“. Da sind mir die offenen Parteigänger Russlands hier im Forum, alles Namen, die nur auftauchen, wenn es um Russland oder die Ukraine geht, lieber weil sie offen sagen, dass jeder ukrainische Deserteur Russland seinem Sieg näherbringe… Mehr

Konservativer2
4 Monate her
Antworten an  Berlindiesel

„Deutschland hat ukrainische Fahnenflucht überhaupt nicht zu dulden oder zu unterstützen.“ Und russische????? „Es ist diese merkwürdige bis bizarre Gespaltenheit, die einen Staat nur als Ausreicher von Transfers definiert und Layalität daran festmacht, wie viel man davon abbekommt.“ Nach längerer Dienstzeit in den 80ern und aufgrund der Beobachtung der politischen Entwicklung der letzten 30 Jahre kann ich nur sagen: das Problem lässt sich nicht auf Ihre Aussage reduzieren. Während ich seinerzeit (jung und unerfahren) noch begeistert gedient hatte, wäre ich heute nicht mehr dazu bereit; für unser Führungspersonal in Berlin (ich verabscheue die meisten dieser Personen) würde ich den Kopf… Mehr

Last edited 4 Monate her by Konservativer2
Bambu
4 Monate her

Scholz hat sich einiges in seinem Leben zu Schulden kommen lassen. Lediglich sein Amt schützt ihn immer wieder vor Strafverfolgung. Mittlerweile gibt es weitere Verdächtigungen im Zusammenhang mit Wirecard. Wir können davon ausgehen, dass ausländische Geheimdienste sehr viel mehr gesichert wissen.

Bei den Leichen die Scholz im Keller hat, ist er erpressbar und mir scheint, dass dieses Wissen zunehmend genutzt wird, um Druck auszuüben.