Die Kommunalwahlen in NRW haben die AfD zur drittstärksten Kraft gemacht. Das Landesergebnis ist allerdings wenig aussagekräftig, um den tektonischen Wandel zu verstehen, der sich in vielen Kommunen vollzieht.
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In Hamm ist die Welt für die Sozialdemokraten in Ordnung. Sie erzielte dort bei den Kommunalwahlen am vergangenen Sonntag ein Ergebnis von 46,2 Prozentpunkten. Ihr Bürgermeisterkandidat Marc Herter verteidigte sein Amt mit einem Ergebnis von über 60 Prozentpunkten. Um das Ausmaß dieses Sieges zu verstehen, muss man das Ergebnis in historischer Perspektive betrachten: Es entspricht denen in den Glanzjahren der NRWSPD in den 1970er und 1980er Jahren unter dem Ministerpräsidenten Johannes Rau.
Vergleichbares ist aus Arnsberg zu berichten, der Heimatstadt von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Dort gewann der sozialdemokratische Bürgermeisterkandidat Ralf Paul Bittner im 1. Wahlgang mit 57,3 Prozentpunkten. Im Stadtrat erzielte sie ihr bestes Ergebnis seit 1999.
In beiden Städten gab es den gleichen Bundestrend zu Lasten der seit diesem Jahr amtierenden nicht mehr großen Koalition aus Unionsparteien und SPD in Berlin. Die Ergebnisse der anderen Parteien entsprachen aber weitgehend dem Bundestrend.
Die Grünen stürzten im Vergleich zu ihrem hervorragenden Wahlergebnis aus dem Jahr 2020 regelrecht ab. Dagegen wurde die AfD zur drittstärksten Partei. In Hamm kam sie auf 16,3 Prozentpunkte. Die Grünen verloren dagegen acht Prozentpunkte: Es war ihr schlechtestes Wahlergebnis seit ihrer erstmaliger Kandidatur im Jahr 1979.
Sieg der FDP in Hallenberg
Ist Hamm die neue „Herzkammer der SPD“? Ein Etikett, das einst Herbert Wehner (SPD) der Dortmunder SPD zugeschrieben haben soll. Tatsächlich sind diese Wahlsiege lediglich kommunalpolitische Momentaufnahmen. Es gibt weiterhin die berühmten Platzhirsche, die Wahlsiege gegen jeden Trend erringen können. Es wird dann ein Marc Herter gewählt, nicht die Bundes- oder Landespartei mit ihrem aktuellen Führungspersonal. Es ist auch zu bezweifeln, ob es noch viele Wähler gibt, die von den beiden Vorsitzenden der NRWSPD überhaupt schon einmal gehört haben.
Seit dem Rückzug der früheren Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Jahr 2017 dämmert die NRWSPD kraft- und führungslos vor sich hin. Sie weiß weder, was sie will, noch wozu sie da ist. Das gestrige Wahlergebnis in Dortmund ist eine Katastrophe: Die SPD erreichte noch nicht einmal 25 Prozentpunkte und lag damit zehn Punkte hinter dem der Arnsberger SPD. Das passierte in einer Stadt, wo die SPD seit 1946 die Kommunalpolitik dominierte. Die AfD überholte auch in Dortmund knapp die Grünen. Was häufig vergessen wird: Sie haben dort seit ihrer ersten Kandidatur im Jahr 1984 eine solide Basis mit knapp zehn Prozentpunkten Stimmenanteil.
Vergleichbare Wahlsiege können alle Parteien für sich reklamieren. So gewannen die Grünen in Münster noch dazu. Gleichzeitig konnten sie in ihren großstädtischen Hochburgen wie Köln, Düsseldorf, Aachen oder Bonn ihre Verluste in Grenzen halten. Das rettete sie über die Ziellinie – und verdeckt ihren Absturz in weiten Teilen des Landes. Die CDU verteidigte ihre klassischen Hochburgen. In der Städteregion Aachen konnte sie sogar fast fünf Prozentpunkte zulegen. Selbst die FDP darf sich freuen: Sie gewann in Hallenberg am äußersten Ende des Hochsauerlandkreises mehr als 16 Prozentpunkte hinzu. Allerdings reichte dafür ein Stimmenergebnis von 1568 Stimmen in der Ratswahl.
Landesergebnis als optische Täuschung
Nun trösten sich nicht nur die beiden Koalitionäre in Berlin mit dem landesweiten Endergebnis. CDU und SPD erzielten zwar ihr historisch schlechtesten Kommunalwahlergebnisse, aber es hätte noch schlimmer kommen können, so das Argument. Gleiches gilt für die Grünen, die ihre Stimmenverluste mit dem Hinweis auf ihr historisch zweitbestes Ergebnis schönreden. Der FDP ist das nicht möglich, trotz des Erfolges in der schönen Stadt Hallenberg. Die Linke blieb unter den Erwartungen. Sie konnte im rotrotgrünen Lager nicht die erhofften Zuwächse zu Lasten der SPD und der Grünen erzielen.
Aber das Landesergebnis ist eine optische Täuschung. Der eigentliche Durchbruch gelang der AfD in den Kommunalparlamenten. Sie wurde nicht nur in ihrer alten Hochburg Gelsenkirchen zur zweitstärksten Partei. Das gelang ihr auch nicht nur in Hagen oder Iserlohn. Wenn die AfD aber selbst im Landkreis Paderborn die zweitstärkste Kreistagsfraktion stellt, kann sie nicht mehr systematisch ausgegrenzt werden. Sie übertraf dort mit über 15 Prozentpunkten die Grünen und die SPD. Die AfD-Wähler kommen aus allen Schichten dieser Gesellschaft.
Die neu gewählten ehrenamtlichen Mandatsträger in den 396 Gemeinden haben wie ihre Kollegen aus den anderen Parteien mit den drastischen Folgen der Politik zu kämpfen: Eine abstürzende Wirtschaft mit sinkenden Steuereinnahmen; eine aus dem Ruder gelaufene Einwanderung, die in jeder Gemeinde erst sichtbar wird; eine zunehmende Verwahrlosung der kommunalen Infrastruktur. Die freien Mittel der Kommunen reduzieren sich dramatisch, weil ihre Einnahmen häufig nicht einmal mehr ausreichen, um die gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen.
Hendrik Wüst im Schlafwagen
Die mit Inbrunst vorgetragene Brandmauer-Rhetorik wird in den meisten dieser 396 Gemeinden der Realität nicht mehr standhalten. Dabei ermöglichte sie erst der AfD ihren flächendeckenden Durchmarsch in den nordrhein-westfälischen Kommunen. Sie ist dadurch zum Platzhalter gegen eine Politik geworden, die sich die Welt schöngeredet hat. Das übliche Gerede wird zwar einstweilen noch fortgesetzt: Die etablierten Parteien müssten mehr zuhören, so ist es überall zu hören und zu lesen.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gibt sich gedankenvoll. Das Ergebnis der AfD müsse „uns zu denken geben“, könne „uns auch nicht ruhig schlafen lassen“. Dabei beruht Wüsts Strategie darauf, die Macht in NRW im Schlafwagen zu verteidigen. Die desolate NRWSPD sitzt mit im Schlafwagen, wenn auch nur im Gang. Sie ist keine Alternative zu Wüst. So kann er zusammen mit seinem grünen Koalitionspartner den fürsorglichen Landesvater geben, der es in der Praxis an Fürsorge fehlen lässt.
Für den industriepolitischen Absturz des Landes fühlt er sich nicht zuständig. Dafür macht er zusammen mit seinem Koalitionspartner eine energiepolitische Transformationspolitik, die den Absturz maßgeblich verursacht. Wüst setzt darauf, dass es noch genügend Wähler für die CDU geben wird, die die Konsequenzen des Absturzes kaum spüren werden: Das Sankt Floriansprinzip als Wahlkampfstrategie. Wen interessieren dann schon Kommunen wie Gelsenkirchen? Die CDU kam dort auf 19,2 Prozentpunkte, ihr Koalitionspartner auf 4,6.
Die AfD kann natürlich darauf hoffen, dass die Ausgrenzungspolitik der anderen Parteien fortgesetzt wird. Dass sie weiterhin der Platzhalter bleibt, der ihr weitere Wahlsiege beschert. Aber dieser Wahlsieg ist ebenfalls nur eine Momentaufnahme. Sie muss ihre Strukturen in den Gemeinden professionalisieren, um dort zu einem Platzhalter mit kommunalpolitischer Kompetenz zu werden. Insofern kann sie sich die Grünen als Vorbild nehmen. Sie verdanken ihre parteipolitische Etablierung seit den 1980er Jahren ihrer zunehmenden Professionalität in der Kommunen. Mit bloßem Gerede konnte noch keine Partei zu einem ernsthaften Machtfaktor werden. Das gilt immer und überall.

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70-80% wählen weiterhin die Alt-Parteien, sie sind also mit deren Arbeit in der Vergangenheit zufrieden gewesen. Es kann denen und dem Land also gar nicht schlecht gehen. 14,5% sind lächerlich im Vergleich dazu. Man muss es ehrlich so sagen, die überwältigende Mehrheit will genau diese Politik in diesem Land. Und das hat rein gar nichts mit einer Kummunalwahl zu tun, wer unzufrieden ist mit der Politik der Alt-Parteien, der wählt auch bei der Kummunalwahl keine Altpartei, weil er weiss, dass auch die Kommunalpolitiker alles mitgetragen haben und mitmachen.
Das Land wandert auf den Abgrund zu. Aber solange es diesen noch nicht voll erreicht hat und komplett abstürzt, geht es den Leuten noch relativ gut, trotz der 1001 Warnzeichen, dass der Abgrund nicht weit ist. So scheinen sie auch zu wählen.
man fängt immer klein an und wenn man von 5% auf 15% springt,sich also verdreifacht,dann ist das nicht schlecht im zweigeteilten NRW(eine Hälfte tiefrot,eine dunkelschwarz)
bei uns in BW fing das auch so an,bei der letzten BW-Wahl war die AFD vor Ort hier die stärkste Kraft!
Sehr ausgewogener Kommentar. Meine Wahrnehmung als interessierter NRW- Bürger: Die CDU wird von den meisten Wählern (im Rentenalter) nicht als grün-linke Partei wahrgenommen. MP Wüst wird von dieser Klientel als „netter Schwiegersohn“ betrachtet, der es doch gut meint. Außerdem müsse dem Merz noch eine Chance gegeben werden. Für diese ARD/ZDF/Heimatzeitung sozialisierten Wähler bleibt die AfD unwählbar, weil „die sind in Ostdeutschland ganz braun“.Die AfD ist in NRW personell deutlich schlechter als in den östlichen Ländern aufgestellt (viele Karrieristen, die in anderen Parteien nichts werden konnten), mit einem ebenso farblosen Vorsitzenden (wie MP Wüst), der zusätzlich seine Position mit Ausgrenzung mißliebiger… Mehr
Nur zu, es geht voran in NRW: „Die Kapitulation und Balkanisierung von NRWHadmut Danisch 16.9.2025 23:09 Aktuelle Kapitulationsfortschritte. Der Westfälische Anzeiger: „Verankerung von Mehrsprachigkeit“: Klassenarbeiten in NRW künftig nicht nur auf Deutsch? Düsseldorf – CDU und Grüne wollen die Mehrsprachigkeit an Schulen stärken. Ein gemeinsamer Antrag der beiden regierungstragenden Fraktionen im Landtag sieht eine „Verankerung von Mehrsprachigkeit über die gesamte Schullaufbahn“ vor. Die Förderung von Mehrsprachigkeit als Kompetenzförderung müsse von der Grundschule bis zum Abitur „als integraler Bestandteil des Bildungswegs“ gedacht werden, heißt es in dem Antrag. Mehrsprachigkeit sei im Lehrplan stärker zu berücksichtigen.Nordrhein-Westfalen sei schon jetzt ein Land der… Mehr
Wüst ,Günther ,Merz ,im Osten Voigt ,Kretschmer Haseloff wie kommt Sowas an die Macht ?
Der glücklichste dürfte Voigt sein ,mit 10% hinter den Wahlgewinner ,so ist halt „unsere Demokratie“. Auch mit 49% Wähler-Zustimmung ist hier eine krachende Niederlage möglich .Solange die Doofen ihren nicht ganz so doofen zum Chef wählen ,werden Sie immer die Mehrheit besitzen .
Den Sozis stirbt die Zielgruppe weg. Bei den Grünen ist es anders: Die Zahl verhaltensgestörter Akademiker:innen dürfte in Zukunft eher zunehmen. Von deren Unbelehrbarkeit zeugen die beiden rheinischen Metropolen.
Es wird so werden wie immer: Die Linksgrünen bilden eine Wählergemeinschaft und setzen ihre OB- Kandidaten durch. Und sie lachen sich halb tot darüber, dass die Rechten zu blöd sind, es genauso zu machen! So kommen wir nicht weiter…
wer die Grünen heute mit der AFD auf der kommunalen Ebene vergleicht,der hat wirklich die letzten Jahre nicht aufgepasst…. es waere mir unbekannt,das Grünen Ehrenamtlichen die Autos angesteckt und die Häuser „verschönt“ würden,etwas,das bekennenden AFD-Repräsentanten schon fast Standardmaessig passiert. Wer sich unter diesen „Vorzeichen“ für die AFD ehrenamtlich und auf kommunaler Ebene engagiert,verdient allen Respekt! Und genau deswegen trauen sich auch meist nur ältere,schon nicht mehr „cancelbare“ Mitbürger anzutreten,daher auch die 7 verstorbenen. Nein,die AFD versucht wohl das Beste zu erreichen unter schweren Vorraussetzungen. Ich kenne die Thematik,lange bevor es eine AFD gab,war es für wirklich konservativ-deutsch denkende Bürger ähnlich… Mehr
AfD zur drittstärksten Kraft gemacht…..wenn schon AfD dann wäre das der richtige weg finde ich. Dann könnten die AfD politiker erstmal zeigen ob sie besser sind.
Wie hier richtig kommentiert beisst sich die Personalkatze der AfD in den Schwanz. Dazu bedarf es allerdings der relativ simplen Überlegung, wo das Personal fuer die Parteien so herkommt. Bestimmte Bereiche dürfen wir im Falle der AfD a priori ausschließen. Frauen und Studenten bestimmter Faecher z.B. , in der Regel deckungsgleich. Dass die Aelteren qua gewisser Störungen , partiell deckungsgleich mit denen der Studentinnen, ausscheiden, ist im Ergebnis weniger dramatisch. Bei den Berufstätigen dürfen wir aus mindestens 2 Gründen den ÖD ausschließen. Man muss sie hier nicht wiederholen. Dadurch Gleiche gilt fuer die Mio ! in den sogen sozialen und… Mehr
Etliche Befragten vor der Wahl gestanden ein das Sie schon immer die SPD gewählt haben, total mit der SPD unzufrieden sind, aber trotzdem weiterhin die SPD wählen aus Tradition.. Das gehört auch zur Wahlanalyse dazu.
Selbst bei diesen Kommunalwahlen lag der Anteil der Briefwähler je nach Stadt und Gemeinde bei bis zu 30%. Es ist ein leichtes die aufbewahrten Briefwahlscheine im stillen Kämmerlein vorm Auszählen von der unerwünschten Partei zu den erwünschten zu verschieben.
Man konnte doch sehr gut nachverfolgen wie sich die Auszählung zu ungunsten der AfD im Laufe des Abends verändert hat. Die einfachste Erklärung: Die Großstädte wie z. B. Köln und Düsseldorf haben mehr Zeit zur Auswertung benötigt. Und wer lebt noch in diesen Städten: Vor allem diejenigen welche vom Steuerzahler gut versorgt werden, besonders viele Grüne sind darunter.
Eine Professionalisierung ist flächendeckend sehr schwer, da dies mehrheitlich von ÖD-Personal bei den Parteien gestemmt wird… In den Kommunen ist viel ehrenamtliche Tätigkeit gefragt, man braucht also Menschen, die beruflich nicht ganz so ausgelastet sind, die beruflich auch abgesichert sind, die nicht fürchten müssen ihren Job zu verlieren wenn heraus kommt, dass man bei der Schwefelpartei mitwirkt… bleiben somit oftmals nur Rentner… Nein, die AfD braucht den Ministerpräsidenten in Sachsen Anhalt mehr als alles andere! Nur dann kann sie endlich loslegen und zeigen was möglich ist…. Sollte die Einheitspartei wie schon in Thüringen diesen Ministerpräsidenten verhindern, dann war es das,… Mehr