Oft bedeuten kleine Dinge das große Glück

Mögen die Glücksmomente des einen für den anderen banal, übertrieben, pathetisch klingen, so sind und bleiben sie etwas persönlich Bedeutendes, Wichtiges, Individuelles für denjenigen, der sie empfindet.

Barbara Goergen

 

Sie kosten materiell kaum etwas oder gar nichts, vermögen dennoch unendlich viel zu geben. Glückliche Momente zu erleben, zu durchleben, sie zu spüren, macht sie so unvergleichlich. Ein heimlicher Zauber wohnt ihnen inne, der jeden gefangen nimmt, ihn dem grauen Alltag zu entrücken vermag. Neue Kraft scheint zu wachsen, Ruhe und Zufriedenheit breiten sich aus – Glück eben.

Die Sehnsucht nach diesem wohligen Gefühl in Zeiten der Unsicherheit, des persönlichen Verunsichert-Seins überkommt uns speziell an Tagen wie Weihnachten oder zum Wechsel in ein neues Jahr.

Mögen die Glücksmomente des einen für den anderen banal, übertrieben, pathetisch klingen, so sind und bleiben sie etwas persönlich Bedeutendes, Wichtiges, Individuelles für denjenigen, der sie empfindet.


Heike Hermer – Traumwanderung 
Februar 2023

Endlich. Raus aus dem Alltag. Raus aus NRW. Freie Tage nur für mich. Angekommen in der Sächsischen Schweiz. Sachsen, meine Heimat.
 Statt des gebuchten kleinen Zimmers bekomme ich eine hübsche Ferienwohnung. Was für ein Glück. Also mache ich es mir erstmal gemütlich. Ich bin der einzige Gast hier. Noch hat die Saison nicht begonnen. Obwohl ich diese Einsamkeit genieße, ist der erste Abend voller Melancholie. Es läuft gerade das Lied „Wenn sie tanzt, ist sie woanders …“. Für mich „tanzen“ durch „wandern“ ersetzt, so passend. Ich heule. Dann reiße ich mich zusammen, ich wollte doch hier sein. Also los, was als Erstes? Schauen, wie morgen das Wetter wird und eine Wanderroute festlegen. Wetter sieht gut aus. Sonne und Schnee. Schon wieder Glück. Ich war schon oft zum Wandern in der Sächsischen Schweiz, aber noch nie bei Schnee. Ich freue mich drauf. Am nächsten Tag, der Rucksack ist gepackt mit allem Nötigen. Bloß nicht zu viel schleppen. Ich versuche minimalistisch zu sein. Ich laufe bei bestem Wetter, Schnee, strahlend blauer Himmel, Sonnenschein. Die Landschaft ist ein Traum. Die beeindruckenden Felsen heben sich dunkel und mystisch von der Schneelandschaft ab. Urige, verwunschene Wege schlängeln sich durch das Wald- und Felsenlabyrinth. Es geht über Wurzelgeflechte. Bäume, so schön, so dick, so schief, so ausdrucksstark, uralt, knorrig und irgendwie weise. Einige wachsen auf großen Felsen. Ihre Wurzeln umschlingen den Stein, wie ein Oktopus seine Beute. Dabei ist es eher wie eine Symbiose. Jeder profitiert von jedem. Ein Gemeinsam statt einsam. Wieso können Menschen das nicht? Baum und Stein sind doch auch völlig unterschiedlich und leben miteinander. Der Stein trägt den Baum, und der Baum hält den Stein. Die Wurzeln wachsen um den Stein herum bis ins Erdreich. Ich könnte stundenlang schauen und staunen und lernen. Der frische Schnee glitzert. Alles sieht verzaubert aus. Ich bin im Märchenland. Kilometerweit laufe ich allein durch den verschneiten Wald. Kein Mensch, kein Tier. Ich höre nur das Knirschen des Schnees unter meinen Füßen und das leise Bling Bling des kleinen Metallanhängers an meinem Rucksack. Sonst ist da nichts. Ich bleibe stehen, und dann höre ich nur noch mein Herz klopfen. Und sonst nichts. Ich laufe asketisch, einfach um des Laufens willen. Die Schönheit der Natur fasziniert mich und macht mich sprachlos. Auf meinem Weg werde ich nur von Tierspuren begleitet. Ich bleibe stehen und staune. Ich habe unendlich viel Zeit, denn Zeit spielt hier keine Rolle. Ich stehe wieder, staune und strahle und bin glücklich. Ich könnte ewig so weiterlaufen, mit meinem Rucksack, einfach nur so, weil es glücklich macht. Glücklich und satt von der wunderbaren Schönheit der Natur, die mich umgibt. Ich kann mich nicht satt sehen und bin doch satt vom Sehen. Und dafür bin ich unendlich dankbar.

Marika Faulhaber – Glücksmomente 2023

Viele Dutzend Male empfand ich besondere Glücksmomente beim Anlächeln meines Mannes und dessem liebevollen Zurücklächeln.

Glücksmomente schenkten mir die Fahrten auf dem e-bike: Lauer Fahrtwind weht um Körper und Gesicht, ich gleite mit dem Rad durch die Natur, Vogelstimmen, Düfte der Lindenblüten, frischgemähtes Gras, Heuduft zieht in meine Nase. Ein Genuss. Radeln ohne viel Anstrengung die Berge hoch, und mit Wonne und großer Geschwindigkeit wieder hinunter. Einfach schön!
Viele Glücksmomente empfand ich auf unseren Wander- und Kulturreisen im Osten Deutschlands, in Spanien, Frankreich und Italien.

Glücksmomente auch beim Schwimmen und Beblubbern lassen im wohlig warmen Wasser des Außenbeckens des nahen Stadtbades. Ach geht es mir gut! Dankbarkeit für diese Glücksmomente erzeugten neues Glück.

Isabella Schubert – Kindesglück

Mein persönlicher Glücksmoment war die Geburt eines meiner Kinder. Das Besondere daran ist auch, dass dieser Glücksmoment weiter anhält und ganz 2023 zum Glücksjahr macht. Daher wünsche ich allen Mitlesern unbedingt vom leidigen „in diese Welt kann ich kein Kind setzen“ abzusehen, und sich den andauernden Glücksmoment ins Haus zu holen. Umso mehr unsere neugeborenen „Glücksmomente“ als glückliche Menschen in glücklichen Familien aufwachsen, desto heller strahlt das Licht am Horizont der Zukunft.

Heike Heinbach – Das Katerchen

Ich „beherberge“ seit vierzehn Jahren einen kleinen Kater „bei freier Kost und Logis“. Sein Alter ist nicht genau bekannt, ich holte ihn aus einem Tierheim. Dort war er abgegeben worden, weil ein Mieter mit Sack und Pack aus seiner Wohnung verschwunden war und den Kater zurückgelassen hatte. Zum Glück fand der Vermieter das arme Tierchen rechtzeitig in einer staubigen Aussparung unter der Badewanne. Dennoch war der Kater nicht „traumatisiert“, sondern die ganzen Jahre über zutraulich, verschmust und sehr verspielt, bis, ja bis er vor drei Monaten plötzlich ganz still da lag, drei Tage lang nichts mehr fraß und vor allem nichts mehr trank. Nichts konnte ihn dazu bewegen, ein Häppchen oder Schlückchen zu sich zu nehmen, obwohl er gutem Futter stets sehr zugeneigt war. Zwei mobile Tierärzte kamen ins Haus, es wurden alle möglichen Untersuchungen gemacht, schließlich stellte sich eine Schilddrüsenüberfunktion heraus, die aber diesen völligen Zusammenbruch nicht erklärte. Ich dachte, nun müsse – oder wolle – er sterben. Das Herz wurde mir unendlich schwer, ich konnte nichts anderes tun, als genauso still neben ihm zu sitzen und ihn zu streicheln. Und dann geschah das kleine Wunder: Nach diesen drei trostlosen Tagen fing er allmählich wieder an zu fressen und zu trinken. Inzwischen ist er wieder ganz der Alte geworden. Wenn ich jetzt sehe, wie er mit Windeseile zu seinem Futternapf rennt und ihn laut schmatzend bis zum letzten Krümchen leert, dann sind DAS jeden Tag aufs Neue meine kleinen Glücksmomente.

Sicherlich werden viele Leser das nicht nachvollziehen können, aber für mich ist es ein Geschenk, für das ich dankbar bin.

Jörg Bouillon – Ein Liebesbrief

Wie könnte das Glücksgefühl größer und dankbarer ausgedrückt werden?
Mein Gefühl, das ich gerne der ganzen Welt mitteilen möchte.
Ohne weitere Worte, ein Liebesbrief meiner Frau, ein Gedicht:

„Du bist meine Sonne, du wärmst meinen Körper und meine Psyche. Du lässt mich in deiner Liebe wachsen und gedeihen, mich selbst finden und ganz ausgeglichen und glücklich sein. Du bist mein Regen, gibst mir Gespräche, Anregungen und Vertrauen in meine Fähigkeiten, was mir Ansporn ist, Selbstvertrauen und Lust auf Neues gibt. Und du bist derjenige, der das alles sieht, sich darüber freut und darauf reagiert. Und du zeigst Freude, wenn ich dich umsorgen und knuddeln und dir helfen möchte, einfach aus der tiefen Liebe in mir heraus. Und auch der Dankbarkeit und Anerkenntnis für deine unermüdliche, tapfere Arbeit für unser gemeinsames Paradies. Mit dir fühle ich mich wie eine Blume im Garten Eden. Ich liebe dich unendlich und fühle dies an jedem Tag mit meinem ganzen Ich. Deine Meike“

Ungeachtet dessen, formuliert sich gerade eine prägnante Kurzfassung als Kommentar zu Ihrer Einladung auf TE:

„Das Leben hinter den Krisen“: Für uns ist das Glück der Zusammenhalt und das gemeinsame Engagement gerade im Angesicht der „Krisen“. Die sogenannte Krise ist dann keine Krise mehr. Das Leben ist, was es ist, mit allen seinen Herausforderungen als natürlicher Bestandteil sowie Chance und Aufforderung zur Veränderung. Wir sind gemeinsam politisch engagiert. Meine Frau ist Teilhaberin und Mitarbeiterin in unserem Unternehmen, ebenso mit allen aktuellen Herausforderungen. Und sie unterstützt mich bei einem nächsten großen Schritt im politischen Engagement. Bereits das ist einen eigenen Liebesbrief in Romanumfang wert.

„Glücksmomente“ (Plural): Ich empfinde dieses Glück als schwingendes Kontinuum mit mehr oder weniger starken Amplituden in jeder Stunde, an jedem Tag sowie den großen Ausschlägen in markanten Momenten und an einschlägigen Jahres- und Festtagen.

2023: Das ist ein ganz besonderes Jahr und vielleicht und hoffentlich ein sehr wichtiges Jahr … vor dem nächsten.


Ob Talisman, ob Amulett, vierblättriger Klee, Glücksschweinchen oder ein anderer Glücksbringer – manch einer vertraut auf seine Schutzkraft, Böses abzuwenden. Vertrauen Sie auf sich selbst, starten Sie 2024 zuversichtlich und mit Optimismus. Viel Glück!

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Kommentare ( 6 )

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Sabine W.
11 Monate her

Danke, Justine, für diesen liebevollen Bericht. ?

Johann Thiel
11 Monate her

Persönliche Glücksmomente „Welche Augenblicke gab es, wird es möglicherweise im sich neigenden Jahr noch geben, in denen Sie sich glücklich fühlten?“ Tja, welche Augenblicke waren das eigentlich. Keine Ahnung, dachte ich zuerst, als ich den Beitrag gelesen habe. Mir fiel nichts ein. Aber diese Frage, sie ließ mir einfach keine Ruhe. Glückliche Augenblicke. Welche waren das? Und irgendwann fiel mir dann etwas ein, es ging dabei um eine Schraube an meinem Rasenmäher, also um eine buchstäblich „kleine“ Sache. Ich will hier gar nicht darauf eingehen, wie Schrauben von Rasenmähern Glücksgefühle auslösen, denn dann kam direkt schon der nächste Gedanke, und… Mehr

Last edited 11 Monate her by Johann Thiel
Urbanus
11 Monate her

Die kostbarsten Dinge kosten nichts. Sie liegen vor deinen Füßen.

Sabine W.
11 Monate her
Antworten an  Urbanus

Meine Füße müssen offensichtlich sehr groß sein, und obendrein bin ich kurzsichtig. Das zusammen ergibt nur ein kleines verschwommenes Bild.

Ich weiß, was Sie meinen. Und eigentlich teile ich (inzwischen abstrakt) Ihre Sichtweise, denn so habe auch ich die Dinge lange gesehen.
Leider aber gibt es scheinbar auch lange Zeiten im Leben, in denen beim besten Willen nicht einmal ein ‚Cent‘ vor deinen Füßen liegt.
Auch das ist möglich.
Und dann wird’s anspruchsvoll: Wie zaubere ich aus dem Nichts noch einen Sinn?

Urbanus
11 Monate her
Antworten an  Sabine W.

Alles ergibt einen Sinn, auch das Nichts. Vor allem das Nichts.

Sabine W.
11 Monate her
Antworten an  Urbanus

*ironie an*
Und aus dem Nichts ergibt sich der Sinn des Nichts. Denn alle gebeutelten Menschen werden eines Tages erkennen, dass es Sinn nur über die Anerkennung des Nichts gibt, aus dem wir die Sinnhaftigkeit des Daseins schöpfen werden können…
*ironie aus*
So, Schluss jetzt. Es nervt.
Schade dass ursprünglich ehrlich gesprochene Worte/Gedanken ad absurdum gelenkt werden.