Ein Land in zunehmendem Ausnahmezustand

Die Präsidentin der TU Berlin Geraldine Rauch hat Likes auf antisemitische Tweets inzwischen gelöscht, sich ein bisschen entschuldigt – nur um nahtlos und ohne Konsequenzen zur Tagesordnung überzugehen. Antisemiten blockieren und beschmieren Universitäten, auf den Straßen Berlins wird unverhohlen zur Vernichtung von Menschen aufgerufen – ebenfalls ohne Konsequenzen. Derweil jagen Politik und Medien die grölenden „Rich Kids“ von Sylt wie Schwerkriminelle.

picture alliance/dpa | Christoph Soeder
Geraldine Rauch, Präsidentin der TU-Berlin

Am Montag berief die Präsidentin der Technischen Universität Berlin, Geraldine Rauch, den Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität, Uffa Jensen, zum Antisemitismusbeauftragten der TU. Der Zentralrat der Juden kommentiert die Personalie als „große Enttäuschung“, wörtlich dazu:

„Die Benennung von Prof. Uffa Jensen als Antisemitismusbeauftragter der Technischen Universität Berlin ist eine große Enttäuschung. Prof. Jensen hat in der Vergangenheit nicht bewiesen, dass er die Situation von Jüdinnen und Juden versteht, er ist ein Gegner der IHRA Definition für Antisemitismus, die von der Mehrheit der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland aber auch weltweit befürwortet wird und von nahezu allen demokratischen Staaten in der Welt, inklusive der Bundesregierung, verabschiedet wurde. In der dramatischen Situation nach dem 7. Oktober 2023 hat es Prof. Jensen nicht geschafft, glaubwürdig die Gefahren des muslimisch geprägten Antisemitismus zu benennen. Schon zuvor ist er mit Relativierungen aufgefallen, unter anderem in Bezug auf BDS oder die Hamas-Parole ‚From the River to the Sea‘. Die Benennung durch die TU-Präsidentin und ihr Statement grenzen an Ignoranz gegenüber den jüdischen Studenten und Studentinnen. Wir hätten mehr Empathie und Fingerspitzengefühl bei der Auswahl einer Person für diese wichtige Position erwartet. Hiermit wird Linksextremen und Hamas-Sympathisanten der rote Teppich ausgerollt.“

Die Arbeitsdefinition der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) lautet: „Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“ Dagegen steht die fragwürdige Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus, mit der sich auch die antisemitische Israel-Boykott-Bewegung BDS verteidigen lässt. Die FAZ schreibt: „Stolz ist Jensen auf die Mitarbeit des Zentrums an der Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus, die er als Alternative zur Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) bewirbt.“

Während die Tür des Büros des Mitarbeiters des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Humboldt-Universität, der sich mit muslimischem Antisemitismus beschäftigt, während der Besetzung des Instituts übel zugerichtet wurde, macht Jensens Zentrum „um den israelbezogenen Antisemitismus und den islamischen Antisemitismus … für gewöhnlich einen weiten Bogen. Das ist erstaunlich, denn an der Virulenz des islamisch geprägten Antisemitismus gibt es innerhalb der Antisemitismusforschung keinen Zweifel“, schreibt der gutinformierte Thomas Thiel in der FAZ. Doch für Jensen drohe Gefahr immer nur von rechts.

In einer Redewendung heißt es: „Wie der Herr, so das Gescher“, es existiert eine ähnliche, in der es um den Kopf des Fisches und den Fisch geht. Einen Tag nach der Ernennung von Jensen wurde bekannt, dass seine Präsidentin, Geraldine Rauch, die Nancy Faeser in ihrem Kampf gegen Rechts noch zu überholen trachtet, ein deutlich antisemitisches Bild von Benjamin Netanyahu mit einem „Gefällt mir“ likte. Der Post, der Rauch so ausnehmend gut gefiel, könnte auch als Bebilderung des Slogans „Kindermörder Israel“ dienen, der gestern auf Berliner Straßen verbreitet wurde. Circa 1400 Menschen zogen vom Oranienplatz zum Hermannplatz.

Aus den Reihen der Demonstranten erschollen so liebevolle, den Respekt für das Land, das viele der Demonstranten aufgenommen hatte, dokumentierende, Dankbarkeit, Toleranz und Achtung vor Demokratie und Freiheit ausdrückende Parolen wie „Kindermörder Israel“ oder „From the river to the sea“, also die Auslöschung Israels oder den Aufruf zum Terror: „there’s only one solution-intifada revolution“, oder wurden Schilder mit der Aufschrift „Berlin shall burn“ (Berlin soll brennen) und „Fuck you Germany“ (Fick dich, Deutschland) mitgeführt.

Laut SPIEGEL soll Rauch außerdem Beiträge auf X mit ‚Gefällt mir‘ markiert haben, in denen unter anderem der Krieg in Gaza als Völkermord oder Israel als Kriegsverbrecher bezeichnet wird. Geraldine Rauch hat den Tweet inzwischen gelöscht, sich etwas Asche aufs Haupt gestreut, sich ein bisschen entschuldigt, um in unakademischer, politisch aktivistischer Weise weiterzumachen.

Wie Hohn klingt es, wie eine billige Instrumentalisierung, wenn Rauch verspricht, in den Austausch mit Antisemitismusforschern und jüdischen Menschen zu gehen. Für dieses Vorhaben steht der Präsidentin Uffa Jensen gern zur Verfügung. Zwar kam Jensen nicht umhin, den Tweet als „eindeutig antisemitisch“ einzuordnen, doch was soll’s, sie hat sich schließlich dafür entschuldigt und die anderen beiden Tweets, über Israel als „Kriegsverbrecher“ und über den Völkermord im Gaza, denen Rauch zugestimmt hat, findet Rauchs Antisemitismusbeauftragter Jensen schließlich „aus wissenschaftlicher Sicht nicht per se antisemitisch“ – und verweist – worauf wohl? – auf die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus.

Während Rauch für diese Entgleisungen keine Konsequenzen drohen, erteilt die Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaft einer Studentin Hausverbot, „das sich auch auf die Teilnahme von Lehrveranstaltungen erstreckt“. Weiter heißt es im Post der Hochschule: „Auf Grundlage des Hamburgischen Hochschulgesetzes wird aktuell geprüft, ob ein Exmatrikulationsverfahren eingeleitet werden kann.“ Hatte die Studentin antisemitische Posts geliked und retweetet oder mit der Berufung der Position des Antisemitismusbeauftragten an der Universität den „Linksextremen und Hamas-Sympathisanten den roten Teppich ausgerollt“, wie der Zentralrat der Juden bemängelt? Nein. Die Studentin hatte nichts weiter verbrochen, als ein geschmackloses Lied auf einer Party mitzusingen.

Die Studentin wird mit Exmatrikulation bedroht, die Präsidentin bleibt im Amt – Ampel-Deutschland im Mai 2024. Man muss das verstehen, schließlich habe die Präsidentin nicht erkannt, dass das Bild antisemitisch war, während die Studentin der volksverhetzende Charakter der Liedzeile gleich zu einem Anruf bei der örtlichen Antifa hätte treiben müssen.

Während am Montag Clan-Mitglieder mit schweren SUVs und Pick-up-Trucks Berliner Straßen blockierten, um die Abschiebung eines libanesischen Clanchefs zu verhindern, konnte am Freitag zuvor gottseidank in Magdeburg die Demokratie gerettet werden, denn wie heißt es im Polizeibericht: „… Ein Zeuge stand gegen 20:15 Uhr am Magdeburger Dom, als ein PKW mit lauter Musik an ihm vorbeifuhr. Aus der geöffneten Scheibe der Beifahrertür konnte man dabei gut wahrnehmbar laute Musik hören, wo unter anderem zu einem Lied von Gigi D’Agostino ‚Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!‘ gesungen wurde. Der Zeuge informierte daraufhin die Magdeburger Polizei, welche kurz darauf den beschriebenen PKW mit zwei Insassen im Breiten Weg feststellen und kontrollieren konnte. Der PKW sowie die beiden männlichen Insassen wurden daraufhin nach möglichen Tonträgern durchsucht, woraufhin die Mobiltelefone als mögliche Tatmittel beschlagnahmt wurden. Gegen die beiden Fahrzeuginsassen, zwei Magdeburger im Alter von 22 und 27 Jahren wurde zudem ein Ermittlungsverfahren zum Verdacht der Volksverhetzung eingeleitet.“ Glücklich das Land, dass so aufmerksame Bürger und so aufmerksame Präsidentinnen von Universitäten und Hochschulen und so großartige Antisemitismusbeauftragte wie die TU hat.

Und was passierte sonst noch? Nichts, was der Rede wert wäre: Der deutsche Chemieriese BASF will sein Engagement wegen der hohen Energiepreise in Deutschland reduzieren und in China erweitern. Ach ja, und der Stahlriese Arcelor-Mittal wird erst Mitte 2025 entscheiden, ob er Habecks Subventionen will, oder doch lieber nach Belgien zum günstigen Atomstrom zieht. Und der bekannte Möbelhersteller Hülsta ist insolvent.

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Kommentare ( 58 )

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58 Comments
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Alexis de Tocqueville
1 Monat her

Rechte sind zugegebenermaßen nicht unbedingt immer Freunde der Juden. Den meisten sind sie jedoch egal. Linke dagegen sind immer und ausnahmslos Judenhasser. Judenhass gehört zur Definition von links. Von KPdSU über NSDAP bis zur Ba`ath Partei, jede sozialistische Partei oder sonstige sozialistische Gruppierung in der Weltgeschichte hasste Juden. Das ist bei den Rotgrünen (ergo Braunen) und Woken heute nicht anders, kann es gar nicht sein.

Angela Honecker
1 Monat her

Eine „Technische Universität“, die ein „Zentrum für Antisemitismus“ betreibt, an dem einer Chef ist, der offensichtlich auch noch mit Juden nichts anfangen kann. Was hat so ein Zentrum in der Organisationsstruktur einer Technischen Universität zu suchen? Mehr muß man über den Zustand der Wissenschaften in Deutschland wohl nicht wissen, sage ich da als Diplom-Ing.(FH). Und die Präsidentin ist auch ganz gewiß eine große Leuchte in einer MINT-Wissenschaft.

rainer erich
1 Monat her

Es ist natuerlich nur Zufall, dass uns die Quote und Bologna im Wertewesten nur noch mit Universitaetspraesidentinnen beglücken, die, wie die meisten anderer AkademikerInnen auch, sehr viele an der Zahl, kognitiv schnell an Ihre Grenzen stoßen. @Logiker hat es zutreffend ausgeführt. Die Effeminisierung auch und gerade in diesem Bereich hat mehrere Folgen. Der “ Betrieb“ wird ideologisch anfällig und bestimmte psychologische Merkmale gewinnen funktionale und öffentliche Dominanz. Bei den Damen, ganz sicher mit einem interessanten persoenlichen Hintergrund, geht es nicht nur um eine “ linke“, antisemitische Ideologie, um Feigheit und Opportunismus, sondern um eine Faszination fuer eine spezielle Form der… Mehr

Marcel Arndt
1 Monat her

Der „eiserne, rechte Besen“ muss endlich durch das Land fegen. Zukünftig dürfen auch für bestimmte ideologische Gruppierungen Berufsverbote kein Tabu mehr sein. Auch wenn es dem Freien Markt widerspricht. Dieser muss auch geschützt werden.

gernot69gernot
1 Monat her

Ich denke der Steuerzahler und der mündige Bürger sollte es ,durch Konsumverweigerung in der Bundesrepublik, nicht zulassen das die strotzdumme Linke ihre menschenverachtenden Parolen auf Staatskosten durch die Gegend plärren sie unterstützen nur die Extremisten. Es kostet Menschenleben siehe am Beispiel Ayatollah Khomeini.

Deutscher
1 Monat her

Typisch, diese selbstherrlichen Tussis, die glauben, ihre persönlichen Präferenzen zum Allgemeinkonsens erheben zu dürfen, nur weil sie sich in einer „Männerdomäne“ etabliert haben. Hab es so satt….

Waehler 21
1 Monat her

Meine Meinung ist, dass wir es mit der Generation ICH zu tun haben. Was sonst könnte eine Präsidentin dazu bewegen den Lebenslauf eines Menschen zu gefährden? Hat es ein Verfahren gegeben bei dem der Studiosus sich hätte rechtfertigen können? Gibt es überhaupt eine Richtlinie die ein solches Verhalten dieser Präsidentin ins Recht setzt? Gibt es überhaupt eine Verurteilung eines Gerichtes der Sänger und Sängerinnen? Zerrt diese Frau doch einmal vor die Kamera! Dann kann sie sich zu ihrem vorauseilenden Gehorsam ja mal was sagen, doch das Thema einfach erledigen läd nur Nachahmer ein. Nie wieder Willkür, egal von welcher Seite.… Mehr

Alexis de Tocqueville
1 Monat her
Antworten an  Waehler 21

Wann gab es denn in Deutschland jemals Willkür von rechts? Soweit ich weiß, kam das nur mal in den USA vor, in der McCarthy Ära.

Waehler 21
1 Monat her

Danke für diese Frage! Hier ist meine: Wann hatten wir denn je in Deutschland eine rechtsorientierte Regierung?
Das Kaiserreich mit seinen erlauchten Aristokraten? Das auf eine Anfrage an den Kaiser mit berittenen Husaren reagiert?
Ich sehe hier nur eine kleine Zeitspanne nach dem 2.Welkrieg. Der Rest war mehr oder weniger immer auch ein Selbstbedienungsladen der Mächtigen. Doch die haben immer zugesehen , schon aus reiner Selbsterhaltung, das es ein Morgen gibt. Von Otto dem 1. einmal abgesehen.

Last edited 1 Monat her by Waehler 21
siebenlauter
1 Monat her

Das Hauptproblem ist charakterlicher, mentaler Art. Es grassiert eine Unverbesserlichkeit, die lieber andere opfert als sich selbst zu ändern.

FundamentalOpposition
1 Monat her
Antworten an  siebenlauter

Nennt sich Sozialismus. Eigene Risiken werden auf jemand anderes verteilt, damit der Sozialist Risiko-lose private Profite machen kann.

GR
1 Monat her

Diese Definition von Antisemitismus ist Blödsinn. Wenn ich George Soros für einen Arsch halte, weil er die Zerstörung des Westens unterstützt, bin ich, weil er Jude ist, Antisemit?

Logiker
1 Monat her

Ein paar Anmerkungen zum ‚offiziellen‘ Wahlomat und der KI.

Füttert man ChatGPT mit den Fragen des Wahlomats – und zwar mit allen Fragen gleichzeitig – dann ergibt sich eine Übereinstimmung mit den Grünen von fast 90%, mit der AfD von weit unter 20 %.

Wenn Extremisten die KI trainieren kommt Extremismus raus.
Es gibt schon jetzt eine Verdummung der KI.
Deshalb sind die Nichtskönner und Ideologen auch so scharf auf KI.

Detailierte, interessante Erkenntnisse dazu hier:

https://youtu.be/2aBU7fCTFc0

Last edited 1 Monat her by Logiker
Evero
1 Monat her
Antworten an  Logiker

Danke für die Info. Nichts anderes habe ich erwartet.
Gestern hieß es Expertensystem. Heute heißt es KI. Wer hat’s gemacht? Hinz und Kunz.